Rede von
Dr.
Heinrich
Lübke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ein alter Grundsatz von mir, daß ich mir von niemandem etwas gefallen lasse.
Ich habe vor allen Dingen nicht die Absicht, mir ohne Widerspruch diese Anwürfe gefallen zu lassen, die der Herr Kollege Mauk in seiner kurzen Ansprache gemacht hat. Er hat erklärt, die Lage der Landwirtschaft scheine mir bekannt; sie sei so, daß sie direkte und sofortige Eingriffe notwendig mache. Die deutsche Landwirtschaft warte darauf, daß nunmehr endlich hinsichtlich der Unkostensenkungen oder sonstiger produktiver Maßnahmen die Durchführung erfolge, damit die Lage verbessert würde.
Er hat nichts davon erwähnt, daß man in diesem Jahre durch die Maßnahmen der Bundesregierung allein an Steuern und Zinsen der Landwirtschaft 225 Millionen DM erspart hat.
Ich hätte durch eine 10% ige Ermäßigung der Maschinenbezüge und der Handelsdüngerbezüge bestenfalls 200 Millionen DM einsparen können, wenn mein alter Plan zur Senkung der Produktionsmittelpreise in Erfüllung gegangen wäre. Dies ist mir leider nicht gelungen, wenigstens bisher nicht. Ich habe das dadurch auszugleichen versucht, daß ich im Kabinett und im Ringen mit dem Herrn Finanzminister diese Erleichterungen für die Landwirtschaft jährlich durchgesetzt habe.
Das wird draußen nicht zur Kenntnis genommen. Herr Mauk, der das alles weiß, legt das auch ohne weiteres so aus, als wenn nichts geschehen wäre. Ich finde es außerordentlich bedauerlich, daß eine derartige „Aufklärung" der deutschen Bauernschaft draußen vor sich geht. Von dem, was an produktiver Arbeit geleistet wird, wird nichts gesagt; dann hat man es mit den Vorwürfen etwas leichter!
Die jährlichen Zinsermäßigungen, deren Kosten der Herr Bundesfinanzminister auf sich genommen hat, haben dafür gesorgt, daß wir im Jahre 1954 einen Betrag von 426 Millionen DM an zinsverbilligten Mitteln bekommen haben. Wir haben ferner eine entsprechende Unterstützung bei der Sicherung der Erntehilfe gehabt. Außerdem haben wir im Jahre 1955 einen Kreditbetrag von über einer halben Milliarde DM zu vergeben, — alles für produktive Zwecke.
Außerdem hatten wir, was die Frage der Preisbildung angeht, im Jahre 1954 einen um 7 DM pro Zentner höheren Rindfleischpreis als im Vorjahr, und in diesem Jahre liegt er wiederum beachtlich über dem des vorigen Jahres.
— Ja, mein sehr verehrter Herr Kollege, wenn Sie diesen Zwischenruf machen, dann haben Sie vielleicht schon einmal etwas über den Schweinezyklus gehört. Wenn in der Landwirtschaft infolge der guten Preise der vorigen Jahre eine solche Massenerzeugung von Schweinen eingetreten ist, daß in diesem Jahre über drei Millionen Schweine mehr am Markt sind, dann ist es doch wohl schwer möglich, das mit den normalen Mitteln der Agrarpolitik in Ordnung zu halten.
Ich darf Ihnen aber sagen: Wenn Sie sich den Monatsdurchschnitt der Schweinepreise seit Dezember vorigen Jahres, in dem der Preisverfall in starkem Maße begann, vor Augen führen, dann sehen Sie an einem gleichmäßigen Herunter- und Heraufgehen die Wirkungen, die auf das Eingreifen der Bundesregierung zurückzuführen sind. Es sind noch niemals größere Massen an Schweinefleisch und lebenden Schweinen ins Ausland ausgeführt worden als in diesen Monaten.
Nennen Sie mir einen einzigen Sachverständigen, der hier etwas vorschlagen könnte, was ich unterlassen hätte. Sagen Sie mir einen!
Wir haben den Konsum, zum Teil auch durch Vereinbarungen mit dem Fleischerhandwerk, so gesteigert, daß in den ersten vier Monaten dieses Jahres über eine Million Schweine mehr geschlachtet wurden als im Jahre 1953. Wir haben im Mai 1955 1 250 000 Schweine geschlachtet, im Mai 1954 waren es 950 000. Wenn das nicht auf die teilweise preisstabilisierenden Maßnahmen, die wir über die Einfuhr- und Vorratsstelle durchgeführt haben, zurückzuführen wäre, dann möchte ich einmal wissen, wer denn anders in diesen Ablauf eingegriffen hat. Alle diese Maßnahmen werden verschwiegen. Vielleicht ist es auch darauf zurückzuführen, daß man es an äußerer Propaganda fehlen läßt. Aber diejenigen Blätter, die es bringen könnten, bringen es ja nicht.
Ich muß draußen in Versammlungen, in denen ich spreche, diese Dinge selber sagen, weil andere Leute sie nicht bekanntgeben.
Ich möchte aber noch auf einen Vorwurf eingehen, der ebenso unberechtigt ist wie die übrigen. Herr Mauk behauptet — und damit werden ja wohl auch die Bemerkungen in der vorletzten Nummer des „Agrarbriefs" im Zusammenhang stehen —, ich hätte in der Frage des Landwirtschaftsgesetzes keine klare Stellung eingenommen, vor allem keine positive Einstellung gezeigt.
Meine Damen und Herren, ich habe im Dezember 1953 hier die erste Rede über Parität gehalten und unter Ablehnung der Einkommensparität und der Indexparität gesagt: Die einzige Art von Parität, die wir schaffen können, ist die Deckung des Aufwands durch den Ertrag.
Das heißt also: die Aufwands-Ertrags-Parität, die wir heute hier im Gesetz haben. Ich habe weiterhin gesagt: Die Hauptsache in diesem Gesetz wird sein, daß wir nicht nur die Kostendeckung haben, sondern daß wir für den Betriebsleiter einen angemessenen Zuschlag, für die Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals einen angemessenen Zuschlag haben und auch die Löhne für die fremden und familieneigenen Arbeitskräfte so gestalten können wie in den vergleichbaren Berufen der gewerblichen Wirtschaft.
Das ist eine Formulierung, die heute im Gesetz steht, und durch meine Bemühungen ist das auch der Hauptangelpunkt des Gesetzes geworden.
Leider kann man gegen derartige Unterstellungen nichts anderes tun, als hier den richtigen Sachverhalt darzulegen.