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    2. Deutscher Bundestag — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Juli 1955 5305 94. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. Juli 1955. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 5353 C, 5355 A Beurlaubte Abgeordnete(Anlage 1) . . . 5355 A Mandatsverzicht des Abg. Dannemann . . 5306 D Eintritt des Abg. Graaff (Elze) in den Bundestag 5306 D Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 174, 178, 179, 181 (Drucksachen 1379, 1542; 1435, 1547; 1454, 1548; 1468, 1554) 5306 D Mitteilung über Vorlage eines Berichts des Bundesministers für Wirtschaft über Maßnahmen zur Sicherstellung der Rentabilität der deutschen Filmproduktion (Drucksache 1546), eines Berichts des Bundesministers der Justiz über den Stand der Überprüfung des geltenden Genossenschaftsrechts (Drucksache 1544) und der Anleihedenkschrift 1954 5306 B Erklärungen nach § 36 der Geschäftsordnung betr. Zwischenruf in der 93. Sitzung Mellies (SPD) 5307 A Dr. Krone (CDU/CSU) 5317 C Fragestunde (Drucksache 1540): 1. betr. Zollabfertigung für Gepäck von Reisenden aus dem Ausland auf dem Bahnhof Bonn: Dr. Menzel (SPD) 5307 B, C, D Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . 5307 C, D 2. betr. Beförderung von „Luftpost" nach und von Berlin mit Interzonenzügen: Dr. Menzel (SPD) 5307 D, 5308 A Dr. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . . 5308 A 3. betr. Ausstellung oder Flüchtlingsausweise „C" bei Gleichstellungsberechtigten nach Art. 131 GG: Miller (CDU/CSU) . . . 5308 B, D, 5309 A Dr. Dr. Oberländer, Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte 5308 B, D, 5309 A 4. betr. Ausrüstung von Krankenwagen mit Kennscheinwerfern und Sondersignalen: Leonhard (CDU/CSU) 5309, A, C Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 5309 B, C 5. betr. Beschlagnahme landwirtschaftlichen Grundbesitzes durch die britische Besatzungsmacht: Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein (FDP) 5309 D, 5310 A Blank, Bundesminister für Verteidigung 5309 D, 5310 B 6. betr. Rückübertragung an Holland, Belgien, Frankreich, Luxemburg und das Saargebiet zur vorläufigen Auftragsverwaltung übergebener deutscher Gebiete: Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein (FDP) 5310 B, C Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 5310 C, D 7. betr. Verwertung zerstörter Lokomotiven und Güter- und Personenwagen: Ritzel (SPD) 5310 D, 5311 B, C Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 5310 D, 5311 B, C 8. betr. Verhandlungen mit englischen Dienststellen wegen Zerstörung des Naturschutzparks Lüneburger Heide durch Panzer-Fahrübungen: Schmidt (Hamburg) (SPD) . 5311 C, 5312 A Blank, Bundesminister für Verteidigung 5311 D, 5312 A 9. betr. Benutzung des deutschen Autobahnnetzes durch schwere Panzer alliierter Truppen: Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . 5312 A, C Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 5312 A, C 10. betr. Unterhaltung von Bordellen in deutschen Städten mit Wissen der Landesregierungen und der Ortsbehörden: Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) 5312 C, D, 5313 A Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 5312 D, 5313 A 11. betr. Zuerkennung der deutschen Staatsangehörigkeit an heimatlose Ausländer und nichtdeutsche Flüchtlinge: Dr. Menzel (SPD) 5313 B Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 5313 B 12. betr. Überwachung von Post- und Telefonleitungen durch die Pariser Vertragspartner: Dr. Menzel (SPD) . . . 5313 C, 5314 B, C Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts . . . 5313 C, 5314 B, C 13. betr. Schenkungen der Organisation für Kinderhilfe an Deutschland bzw. Beiträge Deutschlands an diese Organisation: Zurückgezogen 5314 C 14. betr. Bundeszahlungen zur Durchführung des Gesetzes nach Art. 131 GG: Kortmann (CDU/CSU) 5314 C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . . 5314 D 15. betr. Einrichtung von Hausbriefkästen: Müller-Hermann (CDU/CSU) 5314 D, 5315 A Dr. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . 5815 A, B 16. betr. Anwerbung italienischer Steinbrucharbeiter: Frehsee (SPD) 5315 B, D, 5316 A Storch, Bundesminister für Arbeit 5315 B, D 17. betr. Einrichtung einer Stelle für die Anwerbung von Ausländern: Frehsee (SPD) 5316 A, B Storch, Bundesminister für Arbeit 5316 A, B 18. betr. Maßnahmen gegen Straßenlärm: Reitzner (SPD) 531613, 5317 A Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 5316 C, 5317 B, C 19. bis 35. wegen Fristablaufs der Fragestunde abgesetzt 5317 C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Drucksache 1272) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Drucksache 1444) und mit der Ersten Beratung des von den Abg. Stücklen, Dr. Jaeger, Lücke u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Drucksache 1494) 5317 D Rehs (SPD), Antragsteller . 5318 A, 5348 D Dr. Schneider (Lollar) (FDP), Antragsteller 5320 C Stücklen (CDU/CSU), Antragsteller 5325 A, 5326 D Hermsdorf (SPD) 5326 D Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 5329 D, 5343 D Scharnberg (CDU/CSU) . 5332 A, 5334 A Dr. Menzel (SPD) . 5334 A, 5340 B Euler (FDP) 5335 B, 5347 D Dr. Elbrächter (DP) 5337 C Stegner (Fraktionslos) 5343 D Petersen (GB/BHE) 5346 B Ausschußüberweisung . 5349 A Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über die Erklärung der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die allgemeinen Rechte der dänischen Minderheit und über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Nationales Minderheitenrecht (Drucksachen 1490, 1451, Umdruck 277) 5349 A, 5356 A Dr. HalLstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 5349 B Paul (SPD), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 5356 A Diekmann (SPD) 5351 C Dr. Jentzsch (FDP) 5352 D Rasner (CDU/CSU) 5353 A Abstimmungen 5353 B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 1537) 5353 C Überweisung an den Ausschuß für den Lastenausgleich 5353 C Erste, zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Drucksache 1543) 5353 C Schäffer, Bundesminister der Finan- zen 5353 C Beschlußfassung 5354 B Nächste Sitzung, Tagesordnung: Stücklen (CDU/CSU) 5354 B Dr. Greve (SPD) 5354 C Abstimmung 5355 A Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten . 5355 A Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses über die Erklärung der Bundesregierung über die allgemeinen Rechte der dänischen Minderheit (Drucksache 1490) 5356 A Die Sitzung wird um 14 Uhr durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich D. Dr. Gerstenmaier 15. August Dr. Blank (Oberhausen) 30. Juli Dr. Pohle (Düsseldorf) 30. Juli Schoettle 30. Juli Dr. Vogel 30. Juli Albers 23. Juli Dr. Graf Henckel 23. Juli Dr. Dresbach 16. Juli Koenen (Lippstadt) 16. Juli Morgenthaler 16. Juli Pelster 16. Juli Karpf 9. Juli Kemper (Trier) 9. Juli Lulay 9. Juli Schuler 9. Juli Wiedeck 9. Juli Graaff (Elze) 8. Juli Hörauf 8. Juli Frau Kipp-Kaule 8. Juli Onnen 8. Juli Dr. Rinke 8. Juli Demmelmeier 7. Juli Hansing (Bremen) 7. Juli Könen (Düsseldorf) 7. Juli Dr. Orth 7. Juli Stauch 7. Juli Böhm (Düsseldorf) 6. Juli Dr. Bürkel 6. Juli Frau Dietz 6. Juli Hansen (Köln) 6. Juli Jacobs 6. Juli Jaksch 6. Juli Kühltau 6. Juli Leibfried 6. Juli Oetzel 6. Juli Pusch 6. Juli Rademacher 6. Juli Rasch 6. Juli Frau Dr. Schwarzhaupt 6. Juli Dr. Seffrin 6. Juli Frau Dr. Steinbiß 6. Juli Weltner (Rinteln) 6. Juli Dr. Werber 6. Juli Ziegler 6. Juli Delegierte rund Stellvertretende Delegierte bei der Beratenden Versammlung des Europarates: Altmaier 9. Juli Dr. Becker (Hersfeld) 9. Juli Birkelbach 9. Juli Erler 9. Juli Even 9. Juli Gräfin Finckenstein 9. Juli Gerns 9. Juli Haasler 9. Juli Dr. Hellwig 9. Juli Höfler 9. Juli Kalbitzer 9. Juli Kiesinger 9. Juli Dr. Kopf 9. Juli Lemmer 9. Juli Dr. Lenz (Godesberg) 9. Juli Dr. Leverkuehn 9. Juli Dr. Lütkens 9. Juli Marx 9. Juli Dr. von Merkatz 9. Juli Frau Meyer-Laule 9. Juli Dr. Mommer 9. Juli Dr. Oesterle 9. Juli Paul 9. Juli Dr. Pfleiderer 9. Juli Dr. Dr. h. c. Pünder 9. Juli Frau Dr. Rehling 9. Juli Dr. Schmid (Frankfurt) 9. Juli Frau Schroeder (Berlin) 9. Juli Schütz 9. Juli Graf von Spreti 9. Juli Trittelvitz 9. Juli Dr. Wahl 9. Juli Frau Dr. h. c. Weber (Aachen) 9. Juli b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Dr. Höck 31. Juli Bauer (Würzburg) 30. Juli Dr. Kreyssig 30. Juli Anlage 2 Drucksache 1490 (Vgl. S. 5349 D) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (4. Ausschuß) über die Erklärung der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die allgemeinen Rechte der dänischen Minderheit (Drucksache 1451) und über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend nationales Minderheitenrecht (Umdruck 277) *) Berichterstatter: Abgeordneter Paul Dem Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten ist in der 60. Sitzung des Deutschen Bundestages am 10. Dezember 1954 der Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP — Umdruck 277 — betreffend Nationales Minderheitenrecht überwiesen worden. In diesem Antrag wurde die Bundesregierung aufgefordert, umgehend Verhandlungen mit dem Königreich Dänemark aufzunehmen mit dem Ziel, durch einen Minderheitenvertrag oder eine andere zwischenstaatliche Regelung dem Anliegen der Minderheiten beider Nationen auf der Basis der Gegenseitigkeit großzügig Rechnung zu tragen. Der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten hat sich mit dem ihm zugewiesenen Antrag Umdruck 277 wiederholt beschäftigt. Bei diesen Anlässen wurde ihm von der Bundesregierung mitgeteilt, daß zwischen der Regierung des Königreichs Dänemark und der Bundesregierung Verhandlungen eingeleitet worden seien, die ein beiderseits befriedigendes Übereinkommen über die Minderheitenfrage erwarten ließen. Diese Verhandlungen konnten am 29. März 1955 beendet und durch die Unterzeichnung von Erklärungen des Herrn dänischen Ministerpräsidenten H. C. Hansen sowie des Herrn Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland Dr. Adenauer abgeschlossen werden. Die zur Mitberatung des Antrags Umdruck 277 bestimmten Ausschüsse für Angelegenheiten der inneren Verwaltung und für Rechtswesen und Verfassungsrecht haben von dem Stand dieser Verhandlungen ebenfalls Kenntnis erhalten und konnten daher auf eine Mitberichterstattung verzichten. Der Ausschuß für auswärige Angelegenheiten hat zur Kenntnis genommen, daß die Ergebnisse dieser Verhandlungen von der Regierung des Königreichs Dänemark dem Dänischen Reichstag und von der Regierung der Bundesrepublik Deutschland in der Drucksache 1451 auch dem Deutschen Bundestag kundgemacht wurden. Der Ausschuß stellt fest, daß mit dieser Erklärung dem Antrag Umdruck 277, der u. a. forderte, daß „eine zwischenstaatliche Regelung den Anliegen der Minderheiten beider Nationen auf der Basis der Gegenseitigkeit großzügig Rechnung tragen" solle, entsprochen worden ist. Der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten begrüßt das Zustandekommen dieser zwischenstaatlichen Regelung über die Rechte der beiderseitigen Minderheiten im dänisch-deutschen Grenzgebiet und gibt der Hoffnung Ausdruck, daß diese im Geiste wahrhaftiger europäischer Verständigung auf beiden Seiten volle Verwirklichung findet. Bonn, den 23. Juni 1955 Paul Berichterstatter *) Siehe Anlage 15 zum Stenographischen Bericht der 58. Sitzung.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
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    Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?


Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Bitte!

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    Rede von Hans Hermsdorf


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Abgeordneter Stücklen, meinen Sie nicht auch, daß der Untergang der Weimarer Demokratie nicht eine wahltechnische Frage, sondern auch eine Folge der Anfälligkeit des Bürgertums gewesen ist?

    (Lachen bei der CDU/CSU. — Gegenruf des Abg. Baur [Augsburg] : Ja, das wollen Sie nicht wahrhaben!)

    Stücklen (CDU/CSU), Antragsteller: Herr Kollege, da ist etwas dran, und ich will Ihnen sagen, was an dieser Frage dran ist, die Sie gestellt haben. Das Wahlsystem hat es ja ermöglicht, daß jede einzelne Interessentengruppe mit Erfolgsaussichten bei den nächsten Wahlen als Partei aufgetreten ist.

    (Abg. Lücke: Sehr richtig! — Abg. Dr. Menzel: Wie war es denn z. B. mit Hugenberg, mit der Harzburger Front?)

    — Kommt später, Herr Dr. Menzel! Ich habe die Deutschnationalen bisher nicht erwähnt; ich habe


    (Stücklen)

    bisher immer nur von ,den tragenden Parteien der Weimarer Koalition gesprochen. Ich wollte sagen, daß gerade das Verhältniswahlsystem ehrgeizigen Politikern und reinen Interessentenvertretern die Möglichkeit gab, mit Erfolg in den nächsten Wahlkampf zu gehen. Denn einzelne Mandate wird man bei einem Verhältniswahlrecht ohne Sperrklausel immer erzielen. Das hat doch geradezu den Anreiz gegeben, daß die unzufriedenen Kräfte, ganz gleich, welcher Richtung, sich zu jenen Parteien entwickelten. Wir alle kennen jene bitteren Erscheinungen, die wir gehabt haben, mit Miittelstandspartei, mit Landbundpartei usw. usw. Ich habe Ihnen ja auch in Zahlen dargelegt, wohin das geführt hat.
    Ich möchte selbstverständlich korrekt sein und nicht sagen, allein das Verhältniswahlsystem habe den Zusammenbruch der Weimarer Republik gebracht. Wir wissen selbstverständlich, daß eine ganze Reihe von anderen Gegebenheiten sich negativ für die Durchführung einer Demokratie ausgewirkt haben. Ich erinnere nur an die falsche Behandlung der deutschen Staatsmänner durch die Siegermächte — sie war psychologisch falsch; was man ihnen verweigert hat, hat man später Hitler gegeben —, ich erinnere an die wirtschaftlichen Erschütterungen.
    Ich glaube, ich kann grundsätzlich feststellen, daß es eine Tragik in unserer deutschen Demokratie ist, daß sie immer dann antreten und die Regierung übernehmen mußte, wenn irgendein anderes System nach einem verlorenen Kriege abtreten mußte.

    (Abg. Rehs: Sehr richtig!)

    Aber dann muß man auch die Maßnahmen einbauen, die die größtmögliche Sicherheit geben, daß
    diese Demokratie auch tatsächlich erhalten bleibt.
    Wenn wir schon zu der Feststellung kommen, daß die Geschichte die Lehrmeisterin der Völker ist, dann sollten wir auch aus den letzten dreißig Jahren lernen und unsere Konsequenzen ziehen. Die Konsequenz, die wir ziehen wollen, ist, daß wir auf der einen Seite unser Grundgesetz nun so stabil gestaltet wissen wollen, daß von d e r Seite aus keine Gefahr mehr droht, und daß wir jetzt auf der anderen Seite eine der wesentlichen Säulen unserer Demokratie, das Wahlgesetz, so ausbauen und so ausgestalten wollen, daß auch von dieser Seite aus wenigstens keine Gefahr mehr für unsere Demokratie und unseren Staat besteht.
    Wenn wir von diesen staatspolitischen Erwägungen ausgehen — und nur solche dürfen zugrunde gelegt werden —, dann kommen meine politischen Freunde und ich zu dem Ergebnis, daß das relative Mehrheitswahlrecht die größtmögliche Sicherheit dafür gibt, daß sich nicht das wiederholt, was ich eben skizziert habe.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Baur [Augsburg]: Das ist eine Selbsttäuschung!)

    Welche Anforderungen stellten wir an ein neues Wahlgesetz?
    Die Verhinderung eines Vielparteienstaates soll ein erstrebenswertes Ziel sein. Die relative Mehrheitswahl zwingt zur Konzentration der Wähler und fordert vom Wähler eine echte politische Entscheidung. Da nur ein Kandidat in einem Wahlkreis zum Zuge kommt, wird der Wähler seine Stimme auf Grund seiner gesamtpolitischen Konzeption abgeben, und damit treten enge Gruppeninteressen in den Hintergrund.

    (Abg. Lücke: Richtig! — Abg. Dr. Mocker: Typischer Fall von „denkste"!)

    Das beinhaltet automatisch die Begrenzung der Zahl von Parteien. — Herr Mocker, wenn Sie mich öfter ansprechen, dann nehme ich an, daß Sie wünschen, daß ich darauf eingehe. Das tue ich sehr
    gern.

    (Abg. Dr. Mocker: Na bitte!)

    Ich würde dann als Vertreter einer kleineren Partei — ich sage nicht: einer Splitterpartei, sondern: einer kleineren Partei — nicht in dem Augenblick protestieren, wenn wir davon sprechen, daß es für uns ein staatspolitisches Anliegen ist, einen Vielparteienstaat zu verhindern.

    (Abg. Lücke: Sehr gut!)

    Das sollten Sie also einmal ganz kollegial zur Kenntnis nehmen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Mocker.)

    Die Verringerung der Zahl der Parteien und die in der Regel geschaffenen Mehrheitsverhältnisse erleichtern die Regierungsbildung, und die unerfreulichen Regierungsbildungen, von denen Herr Kollege Kühn in der Haushaltsdebatte gesprochen hat, gehören dann hoffentlich und Gott sei Dank der Vergangenheit und bald auch der Vergessenheit an. Da nehme ich gar keine aus, weder die von oben noch die von unten.
    Dadurch, daß eine klare Regierungsmehrheit auf der einen Seite und eine klare Opposition auf der andern Seite geschaffen ist, eine Opposition, die die reelle Chance hat — und das müßte doch eigentlich von den alten Sozialdemokraten klar erkannt werden —, verantwortlich an die Regierung zu kommen, ist diese auch während der Oppositionszeit zu größerer und konstruktiverer Verantwortung gezwungen. Denn das, was sie heute als Opposition von der Regierung verlangt, muß sie bereit und in der Lage sein, als Regierung zu erfüllen. Diese Tatsache allein zwingt die Opposition schon zur Mäßigung und entgiftet die Atmosphäre zwischen Regierung und Opposition.

    (Abg. Arnholz: Besonders wenn der Kanzler Adenauer heißt!)

    Bei diesem System bekommt ja erst die in der Demokratie notwendige Wechselbeziehung von Regierung und Opposition ihren eigentlichen und tieferen Sinn. Das Verhältniswahlsystem macht es der Opposition zu leicht, zu kritisieren und zu fordern. Denn sie weiß ja, daß, selbst wenn sie nach der nächsten Wahl an die Regierung kommt, eine Koalition notwendig wird; und damit ist ein Teil der Verantwortung aufgehoben.

    (Abg. Lücke: Richtig!)

    Man hat dann immer die Ausweichmöglichkeit, zu sagen, daß der Koalitionspartner mit der Erfüllung der einen oder anderen Forderung nicht einverstanden sei und daß man allein zu schwach sei, sie durchzusetzen. Schaffen wir daher klare Verhältnisse in Regierung und Opposition!
    Da die Opposition bei den nächsten Wahlen die Mehrheit anstrebt, diese aber nur erreicht, wenn sie in der Mehrzahl der Wahlkreise zum Zuge kommt, wird sie gezwungen, sich nicht nur an eine bestimmte soziologische oder konfessionelle Schicht zu wenden, sondern sie muß sich bemühen, in den


    (Stücklen)

    anderen Bereich hineinzuwirken. Damit ist ein Strukturwandel, eine Auflockerung, allzu dogmatischer Fronten wahrscheinlich, was gerade bei den deutschen Parteien sehr zu begrüßen wäre.

    (Abg. Arnholz: Besonders bei Ihnen!)

    Eines der wesentlichsten Merkmale des Mehrheitswahlrechts ist die Hervorhebung der Persönlichkeit. Die Mehrheitswahl, die ja keine Ersatzlisten keimt, ermöglicht — jetzt würde ich gut aufpassen, jetzt kommt etwas, dem Sie eigentlich begeistert zustimmen müßten — jeweils den Parteien, den Wählern nur eine Person in einem Wahlkreis zu präsentieren. Damit fällt die Verherrlichung eines oder einiger Parteiführer für Landes- bzw. Bundeslisten aus.

    (Abg. Lücke: Richtig!)

    Das hebt aber gleichzeitig die Bedeutung der Persönlichkeit im Wahlkreis, also des Wahlkreiskandidaten. — Ich vermisse Ihren Beifall. Nicht angekommen.

    (Zurufe.)

    — Ich glaube, auch Herr Schneider hätte mir Beifall gegeben. — Er kann es jetzt nicht. — Entsprechend dieser Tatsache wird auch die Auswahl des Kandidaten mit aller Sorgfalt vollzogen, und unter Berücksichtigung der Resonanz dieser Persönlichkeit bei den Wählern des Wahlkreises,

    (Abg. Dr. Mocker: Ich würde aus der Koalition austreten!)

    da der Kandidat von den Parteimitgliedern bzw. -delegierten des Wahlkreises nominiert werden muß, wird zwangsweise der Einfluß der Parteizentrale zugunsten der persönlichkeitsnahen Entscheidung zurückgedrängt.

    (Abg. Lücke: Richtig!)

    Dadurch wird der gewählte Abgeordnete gegenüber seiner Parteileitung unabhängiger, umgekehrt aber stärker seinem Wahlkreis verbunden sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Mocker: Das klingt ja direkt nach Revolution!)

    — Wenn Sie wollen, ist es nicht eine Revolution, aber in Wahlrechtsfragen eine Evolution, und dahin müßten wir alle streben.
    Der Abgeordnete in einem Wahlkreis wird mit der Gesamtheit der Bevölkerung einen engeren Kontakt suchen und herstellen. Durch diese Verbundenheit wird auch dem Wähler die Institution des Parlaments, des Parlamentariers, der Demokratie schlechthin näher gebracht, was gerade auch für die deutschen Verhältnisse notwendig ist. Aus diesem Grunde sollen die Wahlkreise auch verkleinert werden, damit eine möglichst enge Verbindung des Abgeordneten zu den Wählern gewährleistet ist.
    Damit habe ich einige wesentliche Merkmale des Mehrheitswahlrechts herausgestellt. Ich darf betonen, daß diese Gesichtspunkte keinen parteipolitischen Überlegungen entsprungen sind, sondern auf Grund der Erfahrungen für Deutschland eine staatspolitische Notwendigkeit sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD.)

    — Es kommt noch deutlicher, wo Sie dazwischenrufen können.

    (Erneuter Zuruf von der SPD.)

    — Das sage ich aus Bayern.
    Neben den staatspolitischen Überlegungen sollte man aber auch die Vorstellungen des einfachen Wählers so weit als möglich berücksichtigen. Was erwartet nun der Wähler von einem Wahlgesetz? Das Wahlgesetz soll populär sein, es muß eine ausreichende Resonanz finden, und es darf vor allem nicht den bitteren Beigeschmack haben, als sollte mit ihm der Bestand einer Partei, einer Koalition oder einer Regierung gesichert werden.

    (Abg. Dr. Mockert: Aha!)

    Von diesem Verdacht ist die CDU/CSU frei.

    (Lachen und Oho-Rufe bei der SPD.)

    — Ja, meine Herren von der Sozialdemokratie, wenn ich Ihnen heute die Sünden vorhielte, die Sie in den Wahlrechtsfragen schon begangen haben, und ich Ihr Beichtvater wäre,

    (Zuruf von der SPD: So sehen Sie aus!)

    so würde ich sagen: „Geh' heim und bessre dich!" — Von diesem Verdacht ist die CDU/CSU frei; denn sie hat sich bereits von der Gründung an in ihrem Programm, im Parlamentarischen Rat, im 1. Deutschen Bundestag und heute wieder für das relative Mehrheitswahlrecht eingesetzt.

    (Zurufe von der SPD.)

    Es wäre zu wünschen, daß die 29 SPD-Abgeordneten und die 9 FDP-Abgeordneten, die unterschriftlich erklärt haben, sich für das Mehrheitswahlrecht einzusetzen,

    (Zuruf von der Mitte: Wo sind sie?)

    und die zu einem großen Teil noch Mitglieder dieses Hauses sind,

    (Hört! Hört! in der Mitte)

    ebenso konsequent zu ihren damaligen staatspolitischen Erkenntnissen ständen, wie wir das tun.

    (Beifall 'bei der CDU/CSU.)

    Das Wahlgesetz muß auch für jeden vollinhaltlich verständlich sein. Der Wähler muß bei der Stimmabgabe wissen, was mit seiner Stimme geschieht, wie eine Stimme gewertet wird. Er soll wissen, daß, wenn er den Kandidaten A wählt, seine Stimme nur für diesen Kandidaten zählt und nicht etwa, so wie beim personalisierten Verhältniswahlsystem, plötzlich einer weitgehend anonymen Ergänzungsliste zugute kommt, weil der Kandidat A nicht zum Zuge kam. So war es doch beim 49er Wahlgesetz, und so sieht es auch der SPD-Entwurf heute wieder vor. Diese Methode ist, gelinde gesagt, eine Täuschung des Wählers; denn er übersieht nicht die letzte Konsequenz seiner Stimmabgabe. Genau das war es doch, was die SPD im letzten Bundestag anprangerte, nämlich daß der Wähler bei dem vom Kollegen Scharnberg sehr stark forcierten Wahlsystem nicht übersehen könne, wohin letzlich seine Stimme fällt und wie sie gewertet wird. Genau das haben Sie (zur SPD) uns in Ihrem Wahlgesetzentwurf wieder auf den Tisch gelegt.

    (Abg. Hermsdorf: Das ist Sophismus! Das glauben Sie selber nicht!)

    — Nein, ich könnte Ihnen das im einzelnen erklären, aber wir wollen das der zweiten Lesung vorbehalten.

    (Abg. Hermsdorf: Aber daß man heute den Vorschlag von Herrn Scharnberg dem Wahlsystem von 1949 überhaupt nicht gegenüberstellen kann, ist völlig klar!)



    (Stücklen)

    — Ich stelle gar nicht gegenüber. Sie machen das komplizierter. Ich habe nur gesagt, daß bei einem Wahlgesetz, wie Sie es vorgeschlagen haben, bei Wahlkreisabgeordneten die Stimme dann Wege geht, die der Wähler nicht übersehen kann; denn wenn der Kandidat der SPD im Wahlkreis nicht gewählt wird, wird ganz automatisch die Stimme, die für den Herrn SPD-Kandidaten „Müller" abgegeben worden ist, auf die Ergänzungsliste der SPD genommen; und da werden nun Persönlichkeiten gewählt, die der Wähler gar nicht kennt oder nicht kennen kann oder nur beschränkt kennt.

    (Zuruf von der SPD: Ich weiß ja nicht, was bei euch los ist! — Weitere Zurufe von der SPD. — Glocke des Präsidenten.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich werde Sie nicht mehr länger belästigen; denn ich kann mir vorstellen, daß dieses Wahlgesetz für Sie beinahe eine physische Belastung darstellt.

    (Zurufe von der SPD.)

    Aber lassen wir uns von dem Ergebnis der Wahl vom 6. September 1953 nicht täuschen. Dieses Wahlergebnis ist bestimmt nicht wegen des Wahlgesetzes erreicht worden,

    (Zuruf von der SPD: Doch!)

    sondern trotz des Wahlgesetzes ist dieses Ergebnis zustande gekommen.

    (Zuruf vom GB/BHE: Wollen Sie denn noch mehr haben?! Sie haben doch die Mehrheit!)

    Aber, vergessen wir nicht — ich fahre fort; ich habe doch psychologisch Ihre Zwischenrufe so genau abgestimmt, daß ich sofort in meinem nächsten Satz den Gegenbeweis bringe —,

    (Zuruf vom GB/BHE: Wir wollen es Ihnen doch nur erleichtern!)

    daß diese Wahl am 6. September unter günstigsten Voraussetzungen stattgefunden hat: weitgehende wirtschaftliche und auch soziale Befriedung, außenpolitische Erfolge und nicht zuletzt

    (Zuruf von der SPD: Viel Geld!)

    die überragende Persönlichkeit des Herrn Bundeskanzlers.

    (Beifall in der Mitte und rechts. — Zurufe von der SPD.)

    Ich weiß nicht, wie das Wahlergebnis ausgefallen wäre, — —

    (Zuruf von der SPD: Wenn Sie weniger Geld gehabt hätten!)

    - Nein, Herr Kollege, wollen wir lieber nicht darüber reden!

    (Zuruf von der SPD: Doch, doch!)

    Sie haben doch einen Aufwand getrieben, der sehr beachtlich war.

    (Zuruf von der SPD: Erzählen Sie das doch keinem!)

    - Natürlich war er sehr beachtlich, es war nur
    psychologisch nicht ganz klar; denn ich hätte nicht
    immer den Adenauer auf Ihre Plakate genommen!
    Darf ich nun einmal den Satz von vorn beginnen, damit Sie ihn vollinhaltlich erfassen können: Ich weiß nicht, wie das Wahlergebnis ausgefallen wäre, nicht in bezug auf die CDU/CSU, sondern allein in Hinsicht auf die parteipolitische und parlamentarische Integration, wenn wir einige Millionen
    Arbeitslose, politische Krisen und keine so stabile Regierung mit der Persönlichkeit unseres Bundeskanzlers gehabt hätten.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Wie hätte dann dieser Bundestag ausgesehen?! Er hätte dann auch ein Wahlgesetz machen müssen, an dem vielleicht ein Herr Remer, ein Herr Loritz und ein Herr Renner — manchmal sitzt er hier oben; mir persönlich gar nicht so unsympathisch, nur das, was dahinter steht

    (Abg. Menzel: Persönlichkeit!)

    — persönlich, nur persönlich! — und andere noch unbekannte politische Persönlichkeiten wie ein Herr Gregor Straßer mitgearbeitet hätten.

    (Zuruf vom GB/BHE: Ist doch tot!)

    — Entschuldigen Sie, der andere, der Otto Straßer natürlich! — Wenn dann noch die von der SPD in ihrem Wahlgesetzentwurf vorgesehene Splitterklausel von 5 % — auf die Landesebene bezogen — durchkäme, dann wären wir wieder schneller, als manche es für möglich gehalten hätten, in der Parteienzersplitterung, in der Desintegration wie in Weimar, und das grausame Spiel könnte von vorne beginnen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Um das zu verhindern, haben meine politischen Freunde und ich aus tiefster Verantwortung für den Bestand unserer Demokratie und damit den Bestand unseres Volkes diesen Wahlgesetzentwurf, der das relative Mehrheitswahlrecht vorsieht, vorgelegt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)