Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Arndt nur in einigen Punkten eine kurze Erwiderung geben, damit seine Worte nicht unwidersprochen stehenbleiben. Der Herr Kollege Arndt hat seine Rede damit eingeleitet, daß er zu dem Problem, das heute hier zur Debatte steht, sagte: Nicht jetzt! Nun, das „Nicht jetzt" wissen wir seit dem 27. Mai, seit dem Antrag, den die sozialdemokratische Fraktion damals hier ,eingebracht hatte. Er hat weiter gesagt: Nicht so; er wolle sich mit diesem „Nicht so" und er wolle sich ausdrücklich mit der staatsrechtlichen Angelegenheit der Frage beschäftigen. Ich habe Ihre Ausführungen, Herr Kollege Arndt, sehr aufmerksam verfolgt, und ich habe mir vor allen Dingen eine Stelle angemerkt, bei der Sie gesagt haben, es gehe hier nicht um die juristische Frage der formellen Verfassungsergänzung, sondern urn &e Verfassungspolitik und die Verfassungsmoral. Ich stelle also fest, daß Sie zum mindesten den von der Regierung hier .ausgesprochenen Standpunkt, daß es aus rechtlichen Gründen einer Ergänzung des Grundgesetzes nicht bedürfe, offensichtlich teilen.
Die zweite Frage: ob man aus verfassungspolitischen Gründen
eine Änderung der Verfassung vornehmen möchte.
— Genau so, wie Sie mich mißverstanden haben! Darauf komme ich noch zurück, Herr Arndt!
Dazu hat die Regierung ja in ihrer Regierungserklärung die Koalitionsvereinbarung angesprochen.
Ich habe mich zum Wort gemeldet, weil Sie, Herr Arndt, mit Ihren Ausführungen über die Frage der Kriegsdienstverweigerer hier dartun wollten, daß von der Regierung quast ein Attentat 'auf diejenigen geplant sei, die aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe in der Hand verwei-
gern. Ich darf doch den Art. 4 Ziffer 3 des Grundgesetzes zitieren. Da heißt es:
Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Das Grundgesetz selber ist doch wohl der Ausdruck dafür, daß das Nähere durch ein Gesetz zusätzlich zu regeln sei. Nun haben Sie meine Regierungserklärung nicht richtig zitiert. Ich bitte Sie, Ihre eigenen Ausführungen noch einmal zur Hand zu nehmen. In der Regierungserklärung ist gesagt — ich zitiere mit der Erlaubnis des Herrn Präsidenten noch einmal —, daß „Wehrdienstausnahmen — insbesondere aus gesundheitlichen, persönlichen und Ausbildungsgründen — gesetzlich klar umrissen werden." Daran schließt sich der Satz: „Das gleiche gilt für :das Recht der Kriegsdienstverweigerung." Das heißt doch wohl, Herr Dr. Arndt: es soll gesetzlich klar umrissen werden, und die Bestimmung des Art. 4 des Grundgesetzes, daß niemand gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe 'gezwungen werden darf, ist dabei die unverrückbare Grundlage. Die Bundesregierung hat sich :also in ihrer Regierungserklärung ganz klar an :die Bestimmungen des Grundgesetzes gehalten.
Nun, bei der Frage, wie man solche Ausnahmebestimmungen in einem Gesetz, und zwar in dem zukünftigen Wehrpflichtgesetz, zu regeln hätte, befinden wir uns, Herr Dr. Arndt, allerdings nicht auf so 'unbekanntem Boden, wie Sie offenbar meinen, sondern es 'gibt in einer ganzen Reihe von Staaten, und zwar von Staaten, die eine alte rund festgefügte Demokratie haben, Bestimmungen über diese Kriegsdienstverweigerung.
Sie dürfen gewiß sein, daß wir uns zur Rechtsvergleichung dieses Material schon besorgt haben, und Sie dürfen gewiß sein, daß 'es fleißig studiert wird und daß das Hohe Haus auch in dieser Frage kein Gesetz beschließen wird, das der Regierung quasi die Möglichkeit eines Attentats auf die Gewissen gibt, sondern daß es ein Gesetz beschließen wird, :das :den Gesetzen in anderen gewachsenen Demokratien der Welt entspricht. Ihre diesbezügliche Besorgnis wollte ich mit diesen meinen Ausführungen beheben.