Rede von
Dr.
Luise
Rehling
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedaure es aufrichtig, Frau Hubert und Frau Ilk, daß ich, wie im vorigen Jahre, auch in diesem Jahre mit Ihnen in der Beurteilung des Einzelplans 29 nicht einig gehen kann.
das Frau Ulla Lindström übertragen worden ist. — Ja, Sie rufen dazwischen: Mit was für Aufgaben! — Sehen Sie sich doch einmal die Aufgaben an, die vorn im Einzelplan 29 für unser Familienministerium gekennzeichnet sind; dann werden Sie feststellen, daß Frau Lindström die gleichen Aufgaben hat!
Sie hat den Auftrag, die gesamte Gesetzgebung, soweit sie Familienbelange berührt, zu beobachten und durch ihre Mitarbeit im Kabinett zu beeinflussen.
Sie hat verschiedene sicherlich anders gelagerte Arbeitsgebiete. Schweden hat über hundert Jahre hindurch keinerlei kriegerische Verwicklungen durchzustehen gehabt und hat nicht die Nöte, die wir haben. Wenn man trotzdem auch in Schweden die Errichtung eines Familienministeriums für notwendig hielt, dann muß doch schon irgendwie ein tieferer Grund hinter der ganzen Sache stecken. Gegenwärtig befaßt sich Frau Lindström hauptsächlich mit den Problemen der Haushaltsführung, der Qualität der Konsumgüter, des Kinderschutzes, der Familienzulagen, der Kinderheime und der Ferienkolonien. Ich kann beim allerbesten Willen keinen großen Unterschied zwischen den Aufgaben des Familienministeriums in Schweden und denen des unsrigen hier entdecken.
Ich sagte vorhin schon: vor dem ersten Weltkrieg gab es keine vergleichbare Familienpolitik. Angefangen hat damit Frankreich im Jahre 1920. In den dreißiger Jahren haben sich die Bestrebungen dann wesentlich auch auf andere Länder verbreitert. Immerhin müssen wir feststellen: Während his zum ersten Weltkrieg auch in den Verfassungen lediglich von den Rechten des Individuums die Rede war, ist nach dem ersten Weltkrieg in den verfassungsrechtlichen Bestimmungen von der Familie die Rede; der besondere Schutz der Familie wird gefordert. Die UNO-Charta der Menschenrechte widmet dem Schutz der Familie einen ganzen Abschnitt, und diese Grundgedanken sind in die Verfassungen von 33 Ländern aufgenommen worden.
Nun sagen Sie, Sie hätten aus dem Rechenschaftsbericht des Bundesfamilienministeriums nicht feststellen können, daß es sonderlich etwas geleistet hätte. Ich möchte Ihnen und Frau Ilk sagen: Es kommt natürlich immer darauf an, mit welchen Empfindungen und mit welcher Voreingenommenheit man an die Lektüre eines solchen Berichts herangeht.
Sie wissen doch sehr genau — genau so gut wie ich —, weil es eben in dem Vorwort des Haushaltsplans 29 steht, daß die Kompetenzen des Familienministers eingeschränkt sind und daß ihm vor allen Dingen immer da, wo es sich um finanzielle Maßnahmen handelt — und sie bilden nun einmal die Grundlage für eine wirtschaftliche Stützung der Familie —, durch unsere Situation — wir haben ja den zweiten Weltkrieg hundertprozentig verloren und nicht gewonnen — leider gewisse Schranken gesetzt sind.
Ich finde, es ist durchaus anerkennenswert, daß es nun gelungen ist, schon bei den Steuertarifen eine gewisse Verbesserung zu erreichen. Es hat niemand gesagt — auch der Familienminister nicht —, daß er gedenke, auf diesen Lorbeeren auszuruhen, sondern diese Reformen sollen auch weiterhin vorwärtsgetrieben werden.
Sie haben ihm dann weiter — und da wende ich mich auch gleichzeitig an Frau Ilk — Vorwürfe gemacht, daß er zwar sage, daß das Ministerium es als seine besondere Aufgabe ansehe, etwas für die Mütter zu tun, daß es aber hier noch an den nötigen Resultaten fehle. Es ist natürlich sehr leicht, festzustellen, wo überall noch etwas fehlt. Aber ich meine, Sie sollten auch hier dem Minister die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß er mitsamt seinen sehr fleißigen Mitarbeitern nun einmal nicht in der Lage ist, Wunder zu tun.
In zwei Jahren läßt sich nicht alles durchsetzen, was man durchsetzen möchte; und ich für meine Person habe die Zuversicht, daß der Minister auch in der Zukunft überall da, wo er den deutschen Müttern helfen möchte — und, Frau Ilk, auch gerade den erwerbstätigen Müttern -, nicht in seinen Anstrengungen erlahmen wird.
Wir wissen auch, daß es heute leider notwendig ist, daß sehr viele Frauen erwerbstätig sind, und wir bemühen uns — und das tut auch das Familienministerium —, irgendwie darauf hinzuarbeiten, daß die Möglichkeiten zur Halbtagsarbeit etwa für erwerbstätige Mütter ausgeweitet und vermehrt werden. Wir wären sicherlich sehr glücklich, wenn es uns bei einer günstigen politischen Gesamtentwicklung gelänge, den Prozentsatz der Mütter, die heute genötigt sind, mit zum Erwerb beizutragen, weiter zu verringern.
Ich habe vor wenigen Tagen eine Statistik der Lehrerverbände in die Hand bekommen, wo in ganz nüchternen Zahlen auf einer Seite untereinander von Stuttgart und Frankfurt und einer Reihe von anderen Städten angegeben wurde, wie viele Kinder durch die Erwerbstätigkeit der Mütter die nötige Nestwärme entbehren müßten. Von seiten dieser Lehrerverbände wurde außerordentlich bedauert, daß diese Tatsache zu verzeichnen ist. Uns ist wirklich daran gelegen, alles zu versuchen, um der Familie den Mittelpunkt zu erhalten bzw. wieder zurückzugeben, dessen sie gerade im Hinblick auf die Kinder und deren Erziehung bedarf.
Sie haben in Ihren Ausführungen, Frau Ilk, den Aufgabenbereich des Ministeriums allerdings kollossal erweitert und, ich möchte sagen, damit vielleicht ungewollt einen Beweis für die Notwendigkeit seiner Errichtung geliefert.
Bei der Bezugnahme auf die verschiedenen Reden haben Sie Altes und Neues miteinander verknüpft und einiges angeführt, was der Herr Minister schon
vor etwa Jahresfrist richtiggestellt hat. Ich kann
mich zu den verschiedenen Reden nicht äußern, weil ich sie nicht gehört und auch keinen Bericht über sie bekommen habe.
Es hat mich außerordentlich gefreut, Frau Hubert, daß Sie auf das umstrittene Kindergeldgesetz zu sprechen kamen, bei dem nach Ihrer Ansicht der Herr Familienminister meinem Kollegen Winkelheide den Ruhm nicht streitig machen sollte. Wir in der CDU/CSU sind mit dem Anlaufen des Kindergeldgesetzes außerordentlich zufrieden.
Wir haben den Eindruck, daß sich dieses Kindergeldgesetz durchaus zum Vorteil für unsere Partei und unsere Konzeption auswirken wird.
— Wir haben es doch allein hier durchgezogen, wir
sind doch allein dafür verantwortlich, Herr Kollege!
Nach Ihren Ausführungen zum Wohnungsbau, Frau Hubert, möchte ich nur hoffen, daß die Vertreter Ihrer Fraktion im Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen unsere Wünsche für das Familienheimgesetz kräftig unterstützen werden;
denn hier sehen wir ein ganz besonderes Anliegen für die Familie, das wir gern verwirklicht sehen möchten.
Sie haben darauf hingewiesen, daß die Arbeit des Familienministeriums sehr wohl in den einzelnen Ressorts getan werden könnte. Das mag in absolut normalen Zeiten möglich gewesen sein. Aber in einer Zeit, in der so viele drängende Aufgaben alle Ministerien überlasten, begrüße ich es durchaus, daß ein Ministerium vorhanden ist, das im Kabinett und bei den verschiedenen Ministerien die Belange der Familie sehr nachdrücklich vertritt.
Wir haben bisher den Eindruck, daß hier von den Mitarbeitern des Ministers und von ihm selbst schon eine ersprießliche Arbeit geleistet worden ist. Wir glauben, daß weitere Aufgaben in Zukunft noch auf uns zukommen. Ich denke hierbei etwa an die bevorstehende Sozialreform, die gerade im Hinblick auf die Familie eine Menge sehr wichtiger Probleme aufwirft.
Aus der Erkenntnis, daß dieses Ministerium durchaus seine Daseinsberechtigung erwiesen hat, möchte ich das Hohe Haus bitten, den Antrag der SPD abzulehnen.