Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Diekmann hat in seinen Ausführungen am vergangenen Donnerstag eine ganze Reihe von Fragen zur Kritik gestellt. Ich möchte zu dieser sachlichen Kritik doch Stellung nehmen. Besonders dankbar begrüße ich es, daß der Herr Kollege Diekmann im letzten Teil seiner Ausführungen auch Worte der Anerkennung für die Arbeiten des Bundespostministeriums gefunden hat.
Das Jahr 1953 schloß in der Ertragsrechnung mit einem Verlust von 220 Millionen DM ab. Diese 220 Millionen DM waren kein periodenechter Verlust. Vielmehr müssen wir davon 109 Millionen als nicht periodengebundenen Verlust abziehen, so daß für 1953 111 Millionen DM Verlust zu buchen sind. Das Jahr 1954 brachte einen Nominalgewinn von 135 Millionen DM. Von diesen 135 Millionen DM müssen wir wieder 58 Millionen DM als Buchgewinn in Abzug bringen, so daß in der Ertragsrechnung ein Gewinn von 77 Millionen DM zu verzeichnen ist. Der gesamte Unterschied von 111 minus zu 77 plus vom Jahre 1953 zum Jahr 1954
— wobei ich bemerken muß, daß das Jahr 1954 bei der Bundespost nur neun Monate zählte, weil es ein Rumpfgeschäftsjahr war; das hängt zusammen mit der Umstellung von Rechnungsjahr auf Kalenderjahr —, dieser Unterschied von 188 Millionen DM ist nur zu 85 Millionen DM durch die Gebührenerhöhung erbracht worden; die anderen 103 Millionen DM mußten durch Rationalisierung hereingebracht werden. Rationalisierung ist im Rahmen der Bundespost sehr intensiv betrieben worden.
Der Vorwurf, der im ersten Teil der Ausführungen von Herrn Abgeordneten Diekmann anklang
— daß die Bundespost ihre Monopolstellung dazu benutzt, Gebühren zu erhöhen —, ist, glaube ich, nicht ganz berechtigt; schon deshalb nicht, weil bei allen Gebührenmaßnahmen der Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost entscheidend mitwirkt. Auch muß man bedenken, daß an den Gebühren, die von der Erhöhung betroffen worden sind, eine unendlich lange Zeit hindurch festgehalten worden ist. Man sollte einmal überlegen, daß die Drucksachengebühr von 3 Pfennig im Jahre 1880 nunmehr bis zum Jahre 1954 mit 4 Pfennig beibehalten wurde. Ich glaube, es gibt in den 75 Jahren, in diesem dreiviertel Jahrhundert kaum einen Tarif, der so konstant geblieben ist wie unser Posttarif. Auch unser allgemeiner Briefposttarif ist von 10 Pfennig auf nur 20 Pfennig erhöht worden. Aber wenn man bedenkt, daß im Postbetrieb leider
fast die ganze Arbeit noch von Hand getan werden muß, kann man erkennen, daß diese Erhöhung von 100 % im Laufe von 75 Jahren wirklich nicht außergewöhnlich hoch genannt werden kann, sondern vielmehr als außergewöhnlich niedrig bezeichnet werden muß.
Ich darf vielleicht auf die Anregung von Herrn Abgeordneten Hübner eingehen, der fordert, daß wir sehr daran denken sollen, auch im Postbetrieb zu rationalisieren, sowohl technisch als auch organisatorisch. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß das Posttechnische Zentralamt — das Sie ja auch zitierten, Herr Abgeordneter — intensiv darum bemüht ist, eine automatische Verteilung von Briefen und Postkarten vorzunehmen, und zwar in der Art, daß nicht mehr von Menschenhand verteilt zu werden braucht, sondern wie beim Lochkartensystem die Sendungen automatisch auseinandergeworfen werden, so daß künftig die sehr anstrengende und zermürbende Arbeit des Briefverteilens von Hand wegfallen wird und wir auch entsprechend Personal einsparen können.
Wenn man daran denkt, vom unseren gesamten Betriebsausgaben 74 v. H. auf Personalkosten entfallen, dann wird wohl klar, daß unsere Hauptsorge sein muß, die Personalkosten herunterzudrücken und auf automatischen Dienstablauf hinzuarbeiten.
Herr Abgeordneter Diekmann hat bemängelt, daß die Postsparkassengelder und Postscheckgelder offenbar nicht rentabel genug angelegt würden. Ich darf diesen Vorwurf wohl mit einigen kurzen Worten entkräftigen. In unserer Finanzübersicht steht allerdings eine Verzinsung, die sehr minimal erscheint. Man muß dabei aber berücksichtigen, daß die Entnahme von der Bundespost selbst nicht mit kalkulatorischen Zinsen eingesetzt worden ist und damit natürlich das Gesamtzinsniveau herunterdrückt. Wenn wir die an Dritte ausgeliehenen Gelder betrachten, so ergibt sich, daß wir im Postscheckwesen immerhin im Jahre 1954 einen Zinssatz von 6,6 v. H. und im Postsparkassendienst von 5,6 v. H. erzielten, und ich glaube, wenn man berücksichtigt, daß wir sehr risikofreie Anlage suchen müssen, ist dieser Zinssatz durchaus anzuerkennen.
Ich möchte ganz kurz noch auf die Frage eingehen, ob es sich empfiehlt, den Omnibusbetrieb unter eine Dachgesellschaft zu stellen. Herr Abgeordneter Diekmann deutete selbst an, daß die Konstruktion einer Monopolgesellschaft selbstverständlich Stärken und Schwächen hätte. Ich möchte aber betonen, wie eng der Omnibusdienst mit dem sonstigen Dienst der Post verwachsen ist, daß kaum ein Omnibus fährt, der nicht auch Postgüter befördert, und daß die insgesamt 4500 Omnibusse und Anhänger doch in einer Betriebsgemeinschaft von insgesamt rund 30 000 Postkraftfahrzeugen stehen, mit all den Vorteilen der gemeinsamen Pflege, Wartung und dergleichen.
Ich möchte auch einmal aussprechen, daß die Benutzer selbst den Postomnibus, der ja das flache Land erschließt, schon deshalb kaum entbehren wollen, weil sie sich auf seine Betriebssicherheit und seine Zuverlässigkeit voll verlassen können und weil der Postonimibus zum Nutzen des flachen Landes auch da zu allen Jahreszeiten verkehrt, wo von keinem Unternehmer eine Rentabilität erzielt werden könnte.
Aber vielleicht kann man der Anregung von Herrn Abgeordneten Diekmann insoweit folgen, daß man in den Verzahnungsgebieten — wo also Post und Bahn Parallellinien laufen lassen — von einem Gemeinschaftsbetrieb Gebrauch macht, einem Gemeinschaftsbetrieb, wie er sich auch zwischen der österreichischen und deutschen Postverwaltung im Postomnibusbetrieb des Grenzverkehrs durchaus bewährt hat.
Herr Abgeordnter Diekmann hat die Arbeiten des Beauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung angesprochen. Die Deutsche Bundespost hat sich dem Beauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung gegenüber etwa so gefühlt wie ein Mensch, der sich gesund fühlt und sich doch einer ärztlichen Untersuchung unterziehen muß. Diese Untersuchung nimmt man selbstverständlich nur ungern in Kauf, zumal man auch das Honorar dafür entrichten muß. Wenn aber der Arzt einem die volle Gesundheit bestätigt oder aber, wenn er einem gute Ratschläge geben kann, wie man seine Gesundheit durch kleine Maßnahmen fördern kann, dann glaube ich vergißt man gerne den Schmerz, den die Untersuchung verursacht hat, und die Honorarzahlung. Ich habe den Eindruck, daß in den zwei Jahren, in denen der Bundesbeauftragte für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung bei uns gearbeitet hat, sich doch schon manche Ratschläge herauskristallisiert haben, die für uns durchaus wichtig und nützlich sind und die sich auch auf die vom Herrn Abgeordneten Hübner angesprochene organisatorische Vereinfachung beziehen. Er wird feststellen, welche Oberpostdirektionen eventuell eingezogen werden können, wieweit sich das Arbeitsgebiet des posttechnischen und fernmeldetechnischen Zentralamtes erstrecken wird und welche Arbeiten vom Postministerium zu anderen Instanzen verlagert werden können. Wir haben im übrigen die Oberpostdirektionen schon wesentlich durch Bildung von Zentralämtern entlastet, die also die Funktionen von mehreren Ämtern in sich vereinigen, z. B. von Bau- und Betriebsämtern auf dem Fernmeldegebiet.
Wenn der Bundesbeauftragte diese umfangreiche Durchprüfung eines Betriebes mit 350 000 Beschäftigten vornimmt, dann ist das eine Arbeit, deren Zeitdauer wir zunächst auch etwas unterschätzt haben. Es besteht aber Grund zur Annahme, daß wir in etwa zehn Monaten mit der Prüfung zu Ende sein werden. Das Junktim, das einmal zwischen dem Festhalten unserer Planstellen und der Beendigung der Prüfung bestand, ist schon aufgehoben worden. Wir können uns also demnächst auf dem Gebiete des Planstellenwesens freier bewegen. Alle diejenigen, die auf höherbewerteten Dienstposten sitzen, ohne die zugehörige Planstelle und damit die Besoldung zu haben, werden in sehr kurzer Zeit befriedigt werden können.
Die Deutsche Bundespost stellt im übrigen umfangreiche Untersuchungen an, um die Wirtschaftlichkeit ihrer einzelnen Betriebszweige zu überprüfen. Ich hoffe, daß wir in naher Zukunft in dieser Beziehung laufend klarsehen werden.
Die Durchführung durch den Beauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung ist in ihrem finanziellen Aufwand nicht ohne weiteres zu schätzen. Aber soviel mag gesagt werden: Der Bundesbeauftragte hat für diese Arbeit etwa zehn hochqualifizierte Herren des Bundesrechnungshofes zur Verfügung gestellt, und es werden von seiten des Bundespostministeriums etwa drei Kräfte ständig für diese Aufgabe beschäftigt. Daraus läßt sich leicht der Aufwand für Gehalt und Reisekosten er-
rechnen, und dieser Aufwand ist naturgemäß nicht unbeträchtlich. Im Vergleich zur Größe des Unternehmens aber, das mit einem Jahresumsatz von 3,5 Milliarden DM arbeitet, bleiben die Aufwendungen doch verschwindend gering.
Herr Abgeordneter Diekmann hat mit vollem Recht herausgestellt, daß die Deutsche Bundespost, bezogen auf die Gesamtbevölkerung, noch nicht den Prozentsatz an Fernsprechteilnehmern aufzuweisen habe wie andere vergleichbare europäische Länder. Er hat die präzise Frage gestellt, wann denn der Nachholbedarf gedeckt sein wird. Man kann den Nachholbedarf etwa folgendermaßen errechnen: Wenn man die im Jahre 1939 in Deutschland unterbrochene Entwicklung auf dem Fernmeldegebiet ohne zeitliche Einbrüche sich fortgesetzt denkt, hätte am 1. Januar 1955 im Gebiet der Bundesrepublik eine Dichte an Fernsprechhauptanschlüssen von 5 pro 100 Einwohner vorliegen müssen; tatsächlich besaß zu diesem Zeitpunkt die Bundesrepublik aber nur 3,8 Fernsprechhauptanschlüsse pro 100 Einwohner. Umgerechnet auf rund 50 Millionen Einwohner fehlten demnach 600 000 Hauptanschlüsse. Will man die durch die Hauptanschlüsse der Post entstehenden Kosten ausrechnen, so muß man für jeden Hauptanschluß einen Betrag von 3000 DM einsetzen. Man kommt also bei 600 000 Hauptanschlüssen auf eine Summe von 1,8 Milliarden DM. Auf dem Fernmeldegebiet investieren wir in jedem Jahr 500 Millionen DM neu. Man kann rechnen, daß von diesen 500 Millionen DM etwa 200 Millionen DM dem Nachholbedarf dienen, so daß also nach dieser Rechnung der Nachholbedarf der Deutschen Bundespost in neun Jahren gedeckt sein wird.
Herr Abgeordneter Diekmann hat weiterhin die Frage der kurzfristigen Verschuldung der Deutschen Bundespost angeschnitten und hat gefragt, ob durch die vom Kabinett bewilligte Konsolidierungsanleihe von 100 Millionen DM, die nach seiner Ansicht zu gering ist, nicht etwa die Investitionen gestoppt würden. Ich kann ihn in dieser Beziehung beruhigen. Wir haben im diesjährigen Haushalt einen Betrag von 500 Millionen DM zur Verfügung; im kommenden Haushalt werden wir voraussichtlich den gleichen Betrag bekommen. Es bereitet uns natürlich Sorge, die kurzfristige Verschuldung Verschuldungen mit Rückzahlungsfristen bis zu drei Jahren nennen wir hier kurzfristige Verschuldungen — von etwa 800 Millionen DM vor uns herzuwälzen. Wir sind aber schon dankbar, daß man im Kabinett anerkannt hat, daß eine Konsolidierung notwendig ist, und daß eine erste Tranche von 100 Millionen DM bewilligt worden ist.
In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit will ich Ihre Geduld nicht länger in Anspruch nehmen.