Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige allgemeine Bemerkungen zu dem Haushalt des Bundesverkehrsministeriums, da die übrigen Anträge, die auf verschiedenen Umdrucken vorliegen, noch nicht begründet sind. Der Herr Berichterstatter hat schon betont, welche Bedeutung dem Haushalt des Bundesverkehrsministeriums mit einem Zuschuß von rund 1 Milliarde zukommt. Hier im Hause ist bis jetzt aber immer nur von der Bundesbahn und vom Straßenbau gesprochen worden. In den Bundesverkehrshaushalt gehören noch einige andere Verkehrsarten, die man eigentlich mit ansprechen sollte.
Wir sind im ganzen von dem Haushalt nicht so recht befriedigt und schließen uns insofern den Ausführungen des Kollegen Bleiß an. Auch wir meinen, daß der Herr Bundesverkehrsminister bei seinen Forderungen ruhig etwas, sagen wir einmal, robuster hätte sein können und daß doch wohl auch aus den ordentlichen Haushaltsmitteln noch etwas mehr für die Bedürfnisse des Straßenbaus und für sonstige Verkehrsnotwendigkeiten hätte aufgebracht werden können.
Uns scheint das noch nicht genügend berücksichtigt zu sein, und ich glaube, hier sind noch Möglichkeiten gegeben, wobei ich wiederum das berühmte, für die Allgemeinheit schwer verständliche Sockelaufkommen aus dem Verkehrsfinanzgesetz und die Zuwachsraten ansprechen möchte, die ja auch anfallen werden, wenn die Wirtschaft und die Entwicklung des Verkehrs so weitergehen, und die nun sang- und klanglos in dem allgemeinen Topf des Bundeshaushalts und des Bundesfinanzministers verschwinden, ohne daß der Verkehr entsprechend partizipiert. Wir sind uns völlig darüber im klaren, daß ohne das Verkehrsfinanzgesetz die notwendigen Mittel überhaupt nicht hätten aufgebracht werden können, und wir sind insofern von dem Ergebnis des Verkehrsfinanzgesetzes ganz befriedigt. Ich möchte deshalb die grundsätzliche Debatte, die beinahe wieder aufgerollt worden wäre, jetzt nicht noch einmal aufreißen.
Aber ich möchte hier eine Notiz im Bulletin von Herrn Ministerialrat Korff erwähnen, worin dieser ausdrücklich feststellt, keine der beteiligten Stellen der Bundesverwaltung sei der Auffassung, daß genügend für den Straßenbau getan worden sei. Das stellt er als Mitglied des Bundesfinanzministeriums ausdrücklich fest. Und dann muß man sehen, daß im ordentlichen Haushalt 1955 sogar 2 bis 2 1/2 Millionen weniger als in den Vorjahren für die Bundesstraßen ausgeworfen worden sind.
— Die 2 1/2 Millionen im ordentlichen Haushalt sind nach wie vor nicht da; im ordentlichen Haushalt! Das reimt sich doch nicht ganz zusammen.
Wir sind auch der Auffassung — ich glaube, Herr Kollege Bleiß hatte das schon angedeutet —, daß wir uns in der Zukunft wahrscheinlich noch viel mehr Gedanken über den Transportraum überhaupt machen müssen, der den steigenden Bedürfnissen der Wirtschaft zur Verfügung gestellt werden muß. Es ist zu prüfen, ob sein Ausmaß ausreichend ist. Wir sollten etwas positiver an die ganzen Fragen herangehen, als es das Bundesverkehrsministerium nach unserer Auffassung in der letzten Zeit getan hat. Ich erinnere nur an das vorgesehene Straßenentlastungsgesetz, an die vorgesehene, nach unserer Meinung über das Notwendige hinausgehende Beschränkung der Länge und der Gewichte der Lkws, an die etwas undurchsichtigen Bestimmungen in dem Personenbeförderungsgesetz und andere Dinge. Wir meinen schon, daß wir hier auch die Sorge haben müssen, daß überhaupt der Transportraum in der nächsten Zeit zur Verfügung steht.
Insoweit begrüßen wir außerordentlich die Hilfe, die der Bundesbahn aus dem Verkehrsfinanzgesetz, aber auch aus den sonstigen Haushaltsmitteln zugekommen ist. Wir meinen feststellen zu können, daß die Bundesbahn aus sich heraus schon im letzten Jahr durch eine Rückwanderung des Verkehrs, besonders im Personenverkehr, von der Straße auf die Schiene Erfolge erzielt hat. Das scheint mir ein wesentlich erfreulicheres Anzeichen zu sein als alle
Hilfe, die man über den
Haushalt und über sonstige Finanzmittel der Bundesbahn zukommen läßt. Ich meine, wir müßten uns im Gegenteil bemühen, der Bundesbahn die Kraft zu geben, sich aus sich heraus weiter zu entwickeln und das zu erreichen, was wir haben wollen: eine Rationalisierung, eine Modernisierung auf dem natürlichen Wege. Wenn wir das alles hier etwas künstlich aufpulvern, dann besteht leicht die Gefahr, daß die Empfänger der Ansicht sind, das könnte so weitergehen, ohne daß sie sich selbst genügend Mühe geben müßten. Wir meinen, daß das, was bisher gegeben worden ist, der Bundesbahn helfen wird, und sind deshalb nicht der Ansicht, daß man, dem Antrag der SPD folgend, diese Mittel erhöhen sollte. Wir meinen allerdings — und das ist ein besonderes Anliegen —, daß die Bundesbahn sehr wohl noch weitere Mittel für ihre Modernisierung braucht, daß sie da aber endlich den Versuch machen sollte, auf den Kapitalmarkt zuzukommen. Wir hatten schon in den Ausschußbesprechungen vorgesehen, einen besonderen Betrag auszuwerfen, um eine Zinsverbilligung für aufgenommene Kapitalien für die Bundesbahn sicherzustellen. Die Bundesbahn hat natürlich Sorge, jetzt an den Kapitalmarkt heranzutreten, nachdem die alten Schulden noch keine befriedigende oder überhaupt keine Regelung gefunden haben. Das müßte einer baldigen Lösung zugeführt werden. Ich glaube, es wäre für die Bundesbahn und den Bundeshaushalt ebenso wie für den Herrn Bundesfinanzminister das erfreulichste, wenn dann die Entwicklung so weiterginge, wie wir sie uns denken.
Dabei ist noch notwendig die Abgleichung zwischen Bundesbahn und Bundespost im eigenen Hause. Hier scheinen mir sehr viele Möglichkeiten für eine bessere Arbeitsteilung in Organisationen, die der Bundesverwaltung selbst unterstehen, zu liegen. So höre ich, daß z. B. in den Eisenbahnstationen keine Fahrpläne für die Bundespostfahrzeuge ausgehangen werden und umgekehrt es genau so ist. Das sind ja nicht nur Ressortstreitigkeiten, sondern eigentlich Manipulationen, die sonst nur von kleinen und unbedeutenden Konkurrenzunternehmen vorgenommen werden. Hier müßte man zu einer besseren Zusammenarbeit und Arbeitsteilung kommen, die in der Frage des Per-
sonenbeförderungsgesetzes, auf das das Hohe Haus später noch eingehen muß, eine Rolle spielen werden.
Ganz bedauerlich ist es aber, daß trotz der immerhin recht erheblichen Mittel und Anstrengungen der Betroffenen, die das Verkehrsfinanzgesetz fordert, praktisch nur 16,3 Millionen für die Bundesstraßen übrigbleiben, nachdem die Mittel für die Bundesbahn, die Mittel für die Autobahnen und die erheblich gestiegenen Mittel für die Betriebsbeihilfe auf Grund der Erhöhung der Mineralöl- und Dieselpreise abgesetzt sind. Es bleiben also tatsächlich nur 16,3 Millionen für die Bundesstraßen. Wir hören aber, daß der Aufwand allein für die Frostschäden auf 50 Millionen geschätzt wird. Wir fragen uns dabei auch — ich weiß nicht, ob die Auskunft gegeben werden kann —, ob diese 50 Millionen überhaupt ausreichen, um die Straßen wirklich von Grund auf instand zu setzen, oder ob sie nur dafür ausreichen, die Löcher einigermaßen zuzuschütten und auszugleichen. Dann hätte das ja eigentlich gar keinen Sinn; denn dann würde in wenigen Jahren derselbe Schaden wieder auftreten.
Erfreulich ist die Regelung durch das Bundesfinanzministerium, daß eine Vorfinanzierung im Straßenbau durch die Öffa vorgenommen werden kann. Ich glaube — wenn ich das hier einschalten darf —, wenn auch die 4 Millionen, die wir für die nichtbundeseigenen Eisenbahnen vorgesehen haben, auf diesem Wege zugesichert werden können, so würde damit schon eine Lösung dieses Fragenkomplexes gegeben sein.
Wir sehen also, daß das ganze Verkehrsproblem bei diesen Verkehrsträgern einer grundsätzlichen Neuordnung bedarf. Das ist hier schon angesprochen worden. Das Bundesverkehrsministerium spricht auch selbst von einer gesunden Aufgabenteilung durch eine vernünftige Tarifpolitik. Es fragt sich nur: Was ist das Primäre? Ist die Tarifpolitik vorher zu ordnen, oder ist zunächst eine gesunde Aufgabenteilung zu finden? Hier sind wir etwas besorgt, daß man mit weiteren Ausschüssen und weiteren allzu gründlichen Untersuchungen Monate und Jahre vergehen läßt und zu überhaupt keiner richtigen Konzeption kommt. Wir meinen, daß es jetzt schon möglich sein muß, eine klarere Verkehrspolitik zu betreiben, und daß es nicht unbedingt notwendig ist, bis auf den letzten Pfennig genau eine Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Wenn man diese Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen einmal theoretisch hergestellt hat, kann das sowieso nur ein Augenblicksbild sein, und in wenigen Tagen und Monaten ist diese Gleichheit der Wettbewerbsverhältnisse wieder verschwunden. Andererseits steht doch wohl unbestritten fest, daß bei dem Flächenverkehr und dem Transport von eiligen Gütern die Straße bevorzugt werden müßte, hingegen der Transport von Massengütern, der Knotenpunktverkehr und der Verkehr auf große Entfernungen der Bundesbahn und der Schiene zugewiesen werden müßten.
Aus diesen grundsätzlichen Klarheiten heraus, die man doch in den letzten Jahren gewonnen hat, scheint es mir möglich zu sein, daß der Bundesverkehrsminister nun die richtige Ausgangsstellung den einzelnen Verkehrsträgern zuweist, von der aus sie dann weiter arbeiten können. Ich möchte hier der Auffassung meiner Freunde ganz deutlich Ausdruck geben: wir würden einer dirigistischen Verkehrspolitik in Form von staatlichen Regelungen bis zum letzten unbedingt widersprechen. Wir halten sie auch gar nicht für notwendig. Wir halten es aber für notwendig, daß von dem Herrn Bundesverkehrsminister schon recht bald eine klarere Politik getrieben wird, damit die Verkehrsteilnehmer wissen, wohin der Weg geht. Dabei ist es notwendig, daß sich die Bundesbahn mit dem Kraftverkehr zusammensetzt und daß sie auch der Beschränkung der Ausdehnung ihres Verkehrs auf den Straßen Rechnung trägt. Herr Bleiß hatte sich beinahe versprochen und hatte gemeint, daß für Kraftfahrzeuge der Bundesbahn neue Mittel bereitgestellt werden sollten. Das war aber wirklich nur ein Versprechen.