Rede von
Hermann
Ehren
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Niemand in diesem Hause hat erwartet, daß die Opposition dem Einzelplan 04 für den Geschäftsbereich des Bundeskanzleramts ihre Zustimmung geben würde. Ihr Änderungsantrag kommt daher nicht überraschend. Es ist das selbstverständliche Recht der Opposition, solche Anträge zu stellen. Aufgabe der Koalition hingegen ist es, sie auf ihren tatsächlichen Wert zu überprüfen und, wenn sie es für notwendig erachtet, solche Anträge abzulehnen.
Uneingeweihte, die die Begründung des Änderungsantrages zur Kenntnis nahmen, konnten der Meinung sein, daß es sich bei der Summe in Tit. 300 um einen geheimnisumwitterten Fonds der Regierung handele ohne Vorbild in anderen großen westlichen Demokratien. Wie sieht es nun in der Wirklichkeit auf diesem Gebiete aus? Während man in der Bundesrepublik in der Diskussion vielfach so argumentiert, als sei die Informationspolitik mit den Grundsätzen einer demokratischen Regierungsform unvereinbar, können wir feststellen, daß die westlichen Demokratien über umfassende Informationseinrichtungen verfügen.
Ich gebe dem Herrn Kollegen Kühn recht: es kommen, wenn wir über dieses Kapitel diskutieren, so manchmal etwas unliebsame Erinnerungen an alte Zeiten auf. Aber ich halte es doch für notwendig, daß wir uns von diesen Ressentiments freimachen und notwendige Aufgaben nicht deshalb vernachlässigen, weil im „Dritten Reich" Schindluder da- I mit getrieben worden ist.
Vielleicht interessiert es das Hohe Haus, zu wissen, daß beispielsweise das Central Office of Information, das in England den Rang einer selbständigen Regierungsabteilung mit eigenem Budget hat, das ausführende Organ für die Herstellung und Verwertung von Informationsmaterial für die Regierung ist. Die Arbeit dieser englischen Regierungsstelle konzentriert sich auf das Inland. Die Auslandsinformationen werden vom englischen Auswärtigen Amt durchgeführt und in drei Abteilungen gegliedert. Die britische Information im In-und Ausland wirkt heute im wesentlichen in folgenden Richtungen: erstens den Ausländern Kenntnisse über England zu vermitteln und das Verständnis für die Politik des Landes wachzurufen, zweitens die britische Außenpolitik zu unterstützen, drittens Verständnis für die Aufgaben des Commonwealth zu erwecken und viertens den Exporthandel durch gute Informationsarbeit zu unterstützen. Für diese Gesamtinformation standen der englischen Regierung nachfolgende Summen zur Verfügung: Im Rechnungsjahr 1947/48 12,9 Millionen Pfund Sterling, von 1948/49 an alle Jahre hindurch 11,62 Millionen bis zum Jahre 1952/53 9,78 Millionen. Bei Bewertung dieser Summe ist interessant, festzustellen, daß die damalige sozialistische Regierung in England den höchsten Betrag für die Aufklärung und Information einsetzte.
Wir wissen, daß es in den Vereinigten Staaten auf diesem Gebiete noch anders aussieht, daß dort noch bedeutend mehr Geld eingesetzt wird. Von 1945 bis einschließlich 1953 bewilligte der amerikanische Kongreß für internationale Information und
Erziehungstätigkeit die Summe von 500 Millionen Dollar. Während der Regierungsjahre 1948 bis 1952 beliefen sich die Sonderzuwendungen an das Außenministerium für Informationszwecke auf 342,5 Millionen Dollar.
Man wird einwenden, meine Damen und Herren, daß die Bundesregierung diese Gelder — das hat Herr Kühn ja auch so durchblicken lassen — zur Propagierung ihrer Politik verwendet. Ich unterstelle einmal, daß dem so wäre: Meine Damen und Herren, welche Regierung täte das nicht! Ich glaube, das tut sowohl der Herr Ministerpräsident Zinn, wie es auch Niedersachsens verflossener Ministerpräsident Hinrich Kopf getan hat.
Meines Erachtens erfüllt jede Regierung mit einer solchen Tätigkeit den Willen ihres Auftraggebers, nämlich des Volkes. Die Regierung Adenauer ist durch eine ganz klare Willensäußerung des Volkes auf ihren Platz berufen worden, und — was mehr bedeutet — sie hat durch das Wahlergebnis den unmißverständlichen Auftrag erhalten, die Politik zu verwirklichen, die von den Parteien vertreten wird, die diese Regierung stützen und tragen. Ich bin der Meinung, daß jede von der Mehrheit des Volkes getragene Regierung nicht nur das Recht, sondern die Pflicht hat, ihre Aufgaben populär zu machen und an das Volk heranzutragen!
Ich bin weiter der Meinung: Wenn die Regierungen der Weimarer Republik es vor 1933 besser und umfassender verstanden hätten, das Volk aufzuklären, vielleicht wäre uns das furchtbare Erlebnis des „Dritten Reiches" erspart geblieben!
Aber trotz dieser Binsenwahrheit wird das zur Verfügung stehende Geld in Wirklichkeit gar nicht in der Hauptsache für die Information im eigenen Land verwandt; in Wirklichkeit wird der größte Teil des Geldes eingesetzt, um unserem Land und Volk draußen in der Welt wieder eine echte Vertrauensbasis zu schaffen!
Ich glaube, zu dieser Aufgabe muß sich doch auch die Opposition bekennen.
Welches Volk in der Welt, so frage ich, hätte denn nach dem Erlebnis des „Dritten Reiches" und im Hinblick auf die Folgen für unser Volk in der Welt hier eine größere Aufgabe zu erfüllen als gerade wir!
Meine Damen und Herren, daß wir heute als Handelspartner der Welt wieder eine geachtete Stellung einnehmen, daß man heute wieder Vertrauen zu Deutschland hat, kam nicht etwa von ungefähr. Um dieses Ziel zu erreichen, mußten wichtige Vorarbeiten geleistet werden. Es galt und gilt auch heute noch, durch eine zielbewußte Aufklärung die deutschfeindliche Stimmung im Ausland zu überwinden.
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Kühn hat so einige, wie er wohl meinte, geheimnisvolle Organisationen genannt. Eine Organisation, die ebenfalls durch das Bundespresseamt unterstützt wird, hat er zu nennen vergessen: die Gesellschaft „Informaciones". In der Kuratoriumssitzung dieser Gesellschaft war unser verehrter Herr Kollege Professor Schmid der Auffassung, daß die Arbeit dieser Gesellschaft sehr gut sei; nicht nur das, die Gesellschaft müsse vor allen Dingen durch höhere Mittel unterstützt werden!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Herr Kollege Kühn — und auch der Herr Kollege Prinz zu Löwenstein — hat die Summen kritisiert, die für Gebäude ausgegeben worden sind; es wurde der Etat kritisiert. Wenn wir feststellen, daß eine einzelne Zigarettenfirma in Deutschland für die Werbung ihrer Fabrikate mehr Geld zur Verfügung hat als die Bundesregierung für die Erfüllung ihrer Aufgaben besonders im Hinblick auf die Aufklärung im Ausland, . dann müssen wir doch zu der Überzeugung kommen, daß die im Etat angesetzte Summe viel zu gering ist und daß der Antrag der SPD auf Streichung fast der Hälfte dieser zur Verfügung stehenden Gesamtsumme einfach inopportun ist.
Zu der zweiten Forderung der SPD in ihrem Antrag Umdruck 399, die eine Änderung des Zweckbestimmungsvermerks betrifft, folgendes: Der Betrag, um den es hier geht, kann doch nicht etwa nach Lust und Laune zum Fenster hinausgeworfen werden! Die amtlichen Stellen sind bei der Verwendung der Gelder an klare Richtlinien der Bundesregierung gebunden, und wenn die Regierung für die Verausgabung des Geldes eine besondere Vollmacht verlangt, die von der sonstigen Praxis abweicht, dann halten wir diese Forderung in Anbetracht des besonderen Charakters der Aufgaben dieses Amtes für begründet.
Im übrigen, meine Damen und Herren — auch Sie, meine Damen und Herren von der Opposition —: Wir haben uns doch erst vor einigen Tagen über ein ähnliches Thema unterhalten, als es um einen Dispositionsfonds des Bundesvertriebenenministeriums ging. Als aus dem Hause die Forderung kam, einen Ausschuß für die Verteilung des Fonds einzusetzen, konnte Herr Minister Oberländer, ohne Widerspruch zu finden, erklären, daß man ihm als dem besten Sachkenner schon die Verteilung des Geldes überlassen müsse; ansonsten könne er ja einen Obersekretär mit der Verteilung der Gelder beauftragen.
Ich glaube, es gehört auch zu den demokratischen Gepflogenheiten, daß wir einer Regierung in so delikaten Angelegenheiten das Vertrauen schenken müssen. Es geht ja nicht nur um das Ausland, es geht auch um die Ostzone. Es geht um Dispositionen, die eventuell stündlich getroffen werden müssen. Dann müssen wir der Regierung das Vertrauen schenken, daß sie in dem Sinne, wie wir es beschlossen haben, handelt. Wir sollten nicht vergessen — Kollege Kühn hat es ja auch gesagt —, daß jede Mark, die hier ausgegeben wird, vom Bundesrechnungshof auf ihre ordnungsgemäße Verwendung überprüft wird. Wer die Praxis des Bundesrechnungshofes kennt, weiß, daß hier eine sorgfältige und echte Kontrolle ausgeübt wird.
Und zum Schluß: Als Journalist interessiere ich mich besonders für die Arbeit, die im Bundespresse- und Informationsamt geleistet wird, und ich darf sagen, — —