Rede:
ID0208403200

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2084

  • date_rangeDatum: 27. Mai 1955

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 84. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Mai 1955 4593 84. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. Mai 1955 Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Bausch 4593 C Geschäftliche Mitteilungen 4628 D Beurlaubte Abgeordnete (Anlage 1) . . 4629 A Nächste Fragestunde 4593 C Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 175 (Drucksachen 1281, 1422) . 4593 C Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Vorbereitung von Viermächteverhandlungen zur Wiedervereinigung Deutschlands (Drucksache 1370, Umdruck 372) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Viermächteverhandlungen (Drucksache 1355) 4593 C, 4628 C Wehner, Anfragender und Antragsteller 4593 D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 4598 C, 4613 B Ollenhauer (SPD) 4607 B, 4611 D Dr. von Merkatz (DP) . . 4611 D, 4624 C Kiesinger (CDU/CSU) . . 4613 D, 4616 B, C Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 4616 B, C Dr. Dehler (FDP) 4619 D Dr. Mocker (GB/BHE) 4622 C Dr. Menzel (SPD) 4628 C Namentliche Abstimmung über den An- trag Umdruck 372 4628 C, 4630 Nächste Sitzung 4628 D Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 4629 A Anlage 2: Antrag der Fraktion der SPD betr. Vorbereitung von Viermächteverhandlungen zur Wiedervereinigung Deutschlands (Umdruck 372) 4629 C Zusammenstellung der namentlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Vorbereitung von Viermächteverhandlungen zur Wiedervereinigung Deutschlands (Umdruck 372) 4630 Die Sitzung wird um 9 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten ;D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    *) Siehe Anlage 2. *) Vgl. das endgültige Ergebnis Seite 4634. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Scheel 2. Juli Dr. Graf Henckel 30. Juni Held 25. Juni Richter 25. Juni Hufnagel 20. Juni Dr. Jentzsch 18. Juni Keuning 18. Juni Frau Ackermann 11. Juni Behrisch 11. Juni Elsner 4. Juni Dr. Lenz (Godesberg) 4. Juni Brockmann (Rinkerode) 31. Mai Peters 31. Mai Rademacher 31. Mai Berendsen 28. Mai Dr. Horlacher 28. Mai Frau Keilhack 28. Mai Kemmer (Bamberg) 28. Mai Frau Korspeter 28. Mai Onnen 28. Mai Pelster 28. Mai Welke 28. Mai Barlage 27. Mai Frau Brauksiepe 27. Mai Frenzel 27. Mai Friese 27. Mai Dr. Graf 27. Mai Dannemann 27. Mai Dr. Höck 27. Mai Leibfried 27. Mai Frau Dr. Kuchtner 27. Mai Kühn (Bonn) 27. Mai Mauk 27. Mai Dr. Miessner 27. Mai Dr. Lindenberg 27. Mai Lotze 27. Mai Dr. Kopf 27. Mai Kriedemann 27. Mai Dr. Pünder 27. Mai Schlick 27. Mai Schneider (Bremerhaven) 27. Mai Schuler 27. Mai Seiboth 27. Mai Seidl (Dorfen) 27. Mai Dr. Atzenroth 27. Mai Dr. Bucerius 27. Mai Brese 27. Mai Neuburger 27. Mai Dr. Schild (Düsseldorf) 27. Mai Frau Dr. Steinbiß 27. Mai Walter 27. Mai Dr. Weber (Koblenz) 27. Mai Dr. Wellhausen 27. Mai Wittmann 27. Mai Wirths 27. Mai Dr. Gleissner (München) 27. Mai Dr. Moerchel 27. Mai b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Onnen 25. Juni Gefeller vom 31. Mai bis 25. Juni Anlage 2 Umdruck 372 (Vgl. S. 4628 C) Antrag der Fraktion der SPD zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Vorbereitung von Viermächteverhandlungen zur Wiedervereinigung Deutschlands (Drucksache 1370): Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. mit Rücksicht darauf, daß während der Vorbereitung und Durchführung von Viermächteverhandlungen zur Wiedervereinigung Deutschlands keine unabänderlichen Tatsachen in der Bundesrepublik geschaffen werden dürfen, durch die aussichtsreiche Verhandlungen erschwert werden könnten, in Gesetzgebung und Verwaltung alle Maßnahmen zurückzustellen, die in den Bereich der militärischen Folgerungen aus den Pariser Verträgen gehören; 2. das Einvernehmen der Vertragspartner in der Nordatlantikvertragsorganisation und der Westeuropäischen Union hierzu herbeizuführen unter Hinweis darauf, daß sie in der Londoner Schlußakte vom 3. Oktober 1954 und den anschließenden Erklärungen der Regierungen aller Mitgliedstaaten des Nordatlantikvertrages zum Ausdruck brachten, daß „die Schaffung eines völlig freien und geeinten Deutschlands durch friedliche Mittel ein grundlegendes Ziel ihrer Politik bleibt"; 3. in Vorbesprechungen mit den Westmächten darauf hinzuwirken, daß in den Viermächteverhandlungen die in den Pariser Verträgen und im Warschauer Vertrag vorgesehenen einseitigen militärischen Bindungen der beiden Teile Deutschlands ersetzt werden durch die Einbeziehung des wiedervereinigten Deutschland in ein im Rahmen der Satzung der Vereinten Nationen und der Mitgliedschaft des wiedervereinigten Deutschlands in den Vereinten Nationen zu schaffendes System der kollektiven Sicherheit. Bonn, den 27. Mai 1955 Ollenhauer und Fraktion Namentliche Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD (Umdruck 372) zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD (Drucksache 1370) betreffend Vorbereitung von Viermächteverhandlungen zur Wiedervereinigung Deutschlands (Vgl. S. 4628 C, 4629 C) Name Abstimmung Name Abstimmung CDU/CSU Frau Ackermann . . . . beurlaubt Fuchs Nein Dr. Adenauer Nein Funk Nein Albers Nein Dr. Furler Nein Arndgen Nein Gedat Nein Barlage beurlaubt Geiger (München) . . . Nein Dr. 'Bartram Nein Frau Geisendörfer . . . beurlaubt Bauer (Wasserburg) . Nein Gengler . Nein Bauereisen Nein Gerns Nein Bauknecht Nein D. Dr. Gerstenmaier . . beurlaubt Bausch — Gibbert Nein Becker (Pirmasens) . . . Nein Giencke . Nein Berendsen beurlaubt Dr. Glasmeyer Nein Dr. Bergmeyer Nein Dr. Gleissner (München) beurlaubt Fürst von Bismarck . . . — Glüsing Nein Blank (Dortmund) . . . Nein Gockeln . — Frau Dr. Bleyler , Dr. Götz Nein (Freiburg) Nein Goldhagen Nein Blöcker Nein Gontrum Nein Bock Nein - Dr. Graf beurlaubt von Bodelschwingh . . . beurlaubt Griem beurlaubt ) Dr. Böhm (Frankfurt) . Nein Günther Nein Brand (Remscheid) . . . Nein Gumrum Nein Frau Brauksiepe . . . . beurlaubt Häussler Nein Dr. von Brentano . . . . Nein Hahn Nein Brese beurlaubt Harnischfeger Nein Frau Dr. Brökelschen . . Nein Heix Nein Dr. Brönner Nein Dr. Hellwig Nein Brookmann (Kiel) Nein Dr. Graf Henckel . . . beurlaubt Brück Nein Dr. Hesberg Nein Dr. Bucerius beurlaubt Heye Nein Dr. von Buchka . . . . Nein Hilbert Nein Dr. Bürkel Nein Höcherl Nein Burgemeister Nein Dr. Höck beurlaubt Caspers Nein Höfler Nein Cillien Nein Holla Nein Dr. Conring Nein Hoogen Nein Dr. Czaja Nein Dr. Horlacher beurlaubt Demmelmeier — Horn Nein Diedrichsen Nein Huth Nein Frau Dietz Nein Illerhaus Nein Dr. Dittrich Nein Dr. Jaeger Nein Dr. Dollinger Nein Jahn (Stuttgart) . . . . Nein Dr. Dresbach Nein Frau Dr. Jochmus . . . Nein Donhauser Nein Josten Nein Eckstein beurlaubt Kahn Nein Ehren Nein Kaiser Nein Engelbrecht-Greve . . . Nein Karpf Nein Dr. Dr. h. c. Erhard . . . — Kemmer (Bamberg) . beurlaubt Etzenbach beurlaubt Kemper (Trier) Nein Even Nein Kiesinger Nein Feldmann Nein Dr. Kihn (Würzburg) . . Nein Finckh Nein Kirchhoff Nein Dr. Franz Nein Klausner beurlaubt Franzen Nein Dr. Kleindinst Nein Friese . . . . . • . . . beurlaubt Dr. Kliesing Nein 1 Abstimmung Name Abstimmung Name Knapp Nein Richarts Nein Knobloch Nein Frhr. Riederer von Paar Nein Dr. Köhler Nein Dr. Rinke Nein Koops Nein Frau Rösch beurlaubt Dr. Kopf Nein Rösing . . . . . . . . Nein Kortmann .. Nein. Rümmele Nein Kramel Nein Ruf Nein Krammig Nein Sabaß Nein Kroll Nein Sabel beurlaubt Frau Dr. Kuchtner . . . beurlaubt Schäffer Nein Kühlthau Nein Scharnberg Nein Kuntscher Nein Scheppmann Nein Kunze (Bethel) Nein Schill (Freiburg) . . . . beurlaubt Lang (München) . . . . Nein Schlick Nein Leibfried Nein Schmücker Nein Dr. Leiske Nein Schneider (Hamburg) . . Nein Lenz (Brühl) Nein Schrader Nein Dr. Lenz (Godesberg) . . beurlaubt Dr. Schröder (Düsseldorf) — Lenze (Attendorn) . . . Nein Dr.-Ing. E. h. Schuberth Nein Leonhard Nein Schüttler Nein Lermer Nein Schütz Nein Leukert Nein Schuler beurlaubt Dr. Leverkuehn . . . . Nein Schulze-Pellengahr . . . Nein Dr. Lindenberg . . . . beurlaubt Schwarz . . . . . . . . Nein Dr. Lindrath Nein Frau Dr. Schwarzhaupt Nein Dr. Löhr Nein . Dr. Seffrin Nein Lotze beurlaubt Seidl (Dorfen) beurlaubt Dr. h. c. Lübke Dr. Serres Nein Lücke beurlaubt Siebel Nein Lücker (München) Nein Dr. Siemer Nein Lulay beurlaubt Solke Nein Maier (Mannheim) . . Nein Spies (Brücken) Nein . . . . Majonica Nein Spies (Emmenhausen) . Nein 3) Dr. Baron Manteuffel- Spörl Nein Szoege Nein Graf von Spreti . . . . Nein Massoth Nein Stauch Nein Maucher Nein Frau Dr. Steinbiß beurlaubt . . Mayer (Birkenfeld) . . Nein Stiller Nein Menke Nein Storch — Mensing Nein Dr. Storm Nein Meyer (Oppertshofen) . Nein Strauß — Meyer-Ronnenberg . . . Nein Struve Nein Miller Nein Stücklen Nein Dr. Moerchel beurlaubt Teriete Nein Morgenthaler — Unertl Nein Muckermann Nein Varelmann Nein Mühlenberg Nein Frau Vietje Nein Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) Nein Müller-Hermann . . . . Nein Dr. Vogel Nein Voß beurlaubt Müser Nein Wacher (Hof) Nein Naegel beurlaubt Nellen Nein Wacker (Buchen) Nein Neuburger beurlaubt Dr. Wahl Nein Nein Niederalt Nein Walz Nein Frau Niggemeyer . . Nein Frau Dr. Weber (Aachen) Dr. Oesterle Nein Dr. Weber (Koblenz) . . beurlaubt Oetzel Nein Wehking Nein Dr.Orth Nein Dr. Welskop beurlaubt Orth . Pelster beurlaubt Frau Welter (Aachen) . Nein Dr. Pferdmenges . . . . — Dr. Werber beurlaubt Frau Pitz — Wiedeck Nein Platner Nein Wieninger Nein Dr. Pohle (Düsseldorf) . — Dr. Willeke Nein Frau Praetorius . . . . Nein Winkelheide Nein Frau Dr. Probst . . . . — Wittmann beurlaubt Dr. Dr. h. c. Pünder . . beurlaubt Wolf (Stuttgart) . . . . Nein Raestrup Nein Dr. Wuermeling . . . . Nein Rasner Nein Wullenhaupt Nein Frau Dr. Rehling . . . . Nein Name Abstimmung Name Abstimmung SPD Frau Albertz Ja Keuning beurlaubt Frau Albrecht Ja Kinat Ja Altmaier Ja Frau Kipp-Kaule . . . Ja Dr. Arndt Ja Könen (Düsseldorf) Ja Arnholz Ja Koenen (Lippstadt) . Dr. Baade Ja Frau Korspeter . . . . beurlaubt Dr. Bärsch Ja Dr. Kreyssig Ja Bals Ja Kriedemann beurlaubt Banse Ja Kühn (Köln) Ja Bauer (Würzburg) . . . Ja Kurlbaum Ja Baur (Augsburg) . . . . Ja Ladebeck Ja Bazille Ja Lange (Essen) Ja Behrisch beurlaubt Frau Lockmann . . . Ja Frau Bennemann Ja Ludwig Ja Bergmann Ja Dr. Lütkens Ja Berlin Ja Maier (Freiburg) . . . Ja Bettgenhäuser Ja Marx Ja Frau Beyer (Frankfurt) Ja Matzner Ja Birkelbach Ja Meitmann Ja BLachstein Ja Mellies . . Ja Dr. Bleiß Ja Dr. Menzel . . . Ja Böhm (Düsseldorf) . . . Ja Merten Ja Bruse JA. Metzger Ja Corterier Ja ' Frau Meyer (Dortmund) Ja Dannebom Ja Meyer (Wanne-Eickel) . Ja Daum Ja Frau Meyer-Laule . . . Ja Dr. Deist Ja MiBmahl Ja Dewald Ja Moll Ja Diekmann Ja Dr. Mommer Ja Diel Ja Müller (Erbendorf) . . . Ja Frau Döhring . . . . Ja Müller (Worms) . . . . Ja Erler Ja Frau Nadig Ja Eschmann . . . . . . . Ja Odenthal Ja Faller Ja Ohlig Ja Franke Ja 011enhauer Ja Frehsee Ja Op den Orth Ja Freidhof Ja Paul Ja Frenzel beurlaubt Peters Ja Gefeller Ja Pöhler Ja Geiger (Aalen) Ja Pohle (Eckernförde) . . Ja Geritzmann Ja Dr. Preller Ja Gleisner (Unna) . . . . Ja Priebe Ja Dr. Greve Ja Pusch Ja Dr. Gülich Ja Putzig Ja Hansen (Köln) Ja Rasch Ja Hansing (Bremen) . . . Ja Regling Ja Hauffe Ja Rehs Ja Heide Ja Reitz Ja Heiland Ja Reitzner beurlaubt Heinrich Ja Frau Renger Ja Hellenbrock Ja Richter beurlaubt Hermsdorf . . . . . . . Ja Ritzel Ja Herold Ja Frau Rudoll Ja Höcker Ja Ruhnke Ja Höhne Ja Runge Ja Hörauf Ja Sassnick Ja Frau Dr. Hubert . . . . Ja Frau Schanzenbach . . Ja Hufnagel beurlaubt Scheuren Ja Jacobi Ja Dr. Schmid (Frankfurt) . Ja Jacobs Ja Dr. Schmidt (Gellersen) . Ja Jahn (Frankfurt) . . . . Ja Schmidt (Hamburg) . . Ja Jaksch Ja Schmitt (Vockenhausen) . Ja Kahn-Ackermann . . . Ja Dr. Schöne Ja Kalbitzer Ja Schoettle Ja Frau Keilhack Ja Seidel (Fürth) Ja Frau Kettig Ja Seither Ja Name Abstimmung Name Abstimmung Seuffert Ja Stahl . . . . . . . . — .Stierle Ja Dr. Stammberger . . . Nein Sträter Ja Dr. Starke Nein Frau Strobel Ja Dr. Wellhausen . . . . beurlaubt Stümer Ja Wirths beurlaubt Thieme Ja Traub Ja Trittelvitz Ja Wagner (Deggenau) . Ja Wagner (Ludwigshafen) Ja GB/BHE Wehner Ja Wehr Ja Bender Nein Welke beurlaubt Nein Weltner (Rinteln) . . Ja Dr. Czermak Dr. Dr. Wenzel . . . . Ja Dr. Eckhardt — Elsner beurlaubt Wienand Ja Engell enthalten Wittrock Ja Feller Nein Ziegler Ja Gräfin Finckenstein . . Nein Zühlke Ja Frau Finselberger . . Nein Gemein Nein Dr. Gille Nein Haasler Nein FDP Dr. Kather beurlaubt Dr. Keller Nein Dr. Atzenroth . . . Nein Dr. Klötzer Nein Dr. Becker (Hersfeld) . . Nein Körner Nein Dr. Blank (Oberhausen) . Nein Kraft — — Kunz •(Schwalbach) . • Nein Dr. h. c. Blücher — Kutschera Nein Dr. Bucher beurlaubt Dr. Mocker Nein Dannemann Dr. Dehler Nein Dr. Dr. Oberländer . . . — » Dr.-Ing. Drechsel . . . . Nein Petersen Nein Eberhard Nein Dr. Reichstein Nein Euler Nein Samwer Nein Fassbender Nein Seiboth beurlaubt Frau Friese-Korn . . . Nein Dr. Sornik Nein Srock Frühwald Nein Dr. Strosche Nein Gaul Nein Dr. Hammer Nein Held beurlaubt Hepp Nein Dr. Hoffmann Ja Frau Dr. Ilk Nein DP Dr. Jentzsch beurlaubt Kühn (Bonn) beurlaubt Becker (Hamburg) Nein Lahr Nein Dr. Brühler Nein Lenz (Trossingen) . . . beurlaubt Eickhoff Nein Dr. Dr. h. c. Prinz zu Lö- Dr. Elbrächter Nein wenstein enthalten Hellwege — Dr. Luchtenberg . . Nein Matthes Nein Dr. Maier (Stuttgart) . . — Nein von Manteuffel (Neuß) Nein Dr. von Merkatz .. . . Nein Müller (Wehdel) Margulies Nein Dr. Schild (Düsseldorf) . beurlaubt Mauk beurlaubt Schneider (Bremerhaven) Nein Dr. Mende Nein Dr. Schranz . . . . . . Nein Dr. Miessner beurlaubt Dr.-Ing. Seebohm . . . — Neumayer Nein Walter beurlaubt Onnen beurlaubt Wittenburg Nein Dr. Pfleiderer Nein Dr. Zimmermann Nein beurlaubt Dr. Preiß Dr. Preusker Nein Rademacher beurlaubt Dr. Schäfer Nein Scheel beurlaubt Fraktionslos Schloß — Dr. Schneider (Lollar) Nein Brockmann (Rinkerode) beurlaubt Schwann Ja Stegner Ja Zusammenstellung der Abstimmung Abstimmung Abgegebene Stimmen 391 Davon: Ja 145 Nein 244 Stimmenthaltung . 2 Zusammen wie oben . . 391 Berliner Abgeordnete Name Abstimmung Name Abstimmung CDU/CSU Mattick Ja Dr. Friedensburg . . . . Nein Neubauer — Dr. Krone Nein Neumann Ja Lemmer Nein Dr. Schellenberg . . . . Ja Frau Dr. Maxsein beurlaubt Frau Schroeder (Berlin) . Ja . . Stingl Nein Schröter (Wilmersdorf) . Ja Dr. Tillmanns Nein Frau Wolff (Berlin) . . Ja FDP SPD Dr. Henn beurlaubt Brandt (Berlin) . . . . Ja Hübner Nein Frau Heise Ja Frau Dr. Dr. h. c. Lüders Nein Klingelhöfer Ja Dr. Reif Nein Dr. Königswarter Ja Dr. Will Nein Zusammenstellung der Abstimmung der Berliner Abgeordneten Abstimmung Abgegebene Stimmen 19 Davon : Ja 10 Nein 9 Stimmenthaltung . — Zusammen wie oben . . 19
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Mocker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (GB/BHE)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GB/BHE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir dürfen nicht vergessen, daß Grundlage der heutigen Verhältnisse in Mitteleuropa und insbesondere in Deutschland die Konferenz von Jalta ist. In Jalta waren die Absprachen von Feindseligkeiten, ja Haß und unbeherrschtern Siegerwillen diktiert. Dieses Vorgehen der damaligen Alliierten wirkt soweit verständlich, als es dem Bestreben diente, den seinerzeitigen gemeinsamen Feind endgültig niederzuschlagen und ein verhaßtes Regime auszurotten, wenn auch heute gerade die seitherige Entwicklung wieder einmal eindeutig demonstriert, daß sich ein Sieger auf dem Höhepunkt seines Triumphes nicht von Haßgefühlen leiten lassen, sondern vielmehr maßhalten sollte, wenn er nicht eines Tages wegen seines Hasses selbst Leidtragender werden will.
    Die in Jalta beschlossenen Maßnahmen trafen und beseitigten aber nicht bloß das damalige System Deutschlands, sondern trafen vor allem auch das deutsche Volk. Niemand wird behaupten wollen, daß die Aufrechterhaltung von Maßnahmen gegen ein Volk, welche von Feindseligkeit diktiert sind, Grundlage einer friedlichen Entwicklung oder gar Freundschaft sein könne. Ein so hart getroffenes Volk wie das deutsche wird genau registrieren, wo ein Abrücken von dieser feindseligen Einstellung und den darauf fußenden Maßnahmen erfolgt und wo nicht. Das ist eine Selbstverständlichkeit bei jedem, der das einem Besiegten über das notwendige Maß hinaus auferlegte Joch zu spüren bekommt. Er wird dankbar die Hand eines jeden ergreifen, der sie ihm entgegenstreckt, um ihn zu einem gleichberechtigten Partner in Frieden und Freiheit zu machen, und darum geht es doch in erster Linie in der nächsten Zeit bei allen Wiedervereinigungsgesprächen.
    Selbst das, was Jalta als Deutschland übriggelassen hat, ist heute in zwei Teile zerrissen. Es gilt also vorerst doch, diese Zerreißung aufzuheben und wenigstens das, was heute Deutschland heißt, zu einem einheitlichen Staat zu machen. Dann erst wird es einen Partner Deutschland zur Behandlung und Lösung aller weiteren Probleme geben, bei welchen die Mitwirkung Deutschlands notwendig ist.


    (Dr. Mocker)

    Nun erklärt nicht nur der Westen, sondern auch der Osten, die Wiedervereinigung, d. h. die Zusammenführung der Bundesrepublik mit der Sowjetzone, zu wollen. Der Unterschied besteht aber darin, daß der Westen bereit ist, diese Vereinigung durch den freien Willen des deutschen Volkes sich vollziehen zu lassen, während der Osten zwar auch von Wiedervereinigung in Freiheit spricht, aber Bedingungen und Voraussetzungen an seine Zustimmung zur Wiedervereinigung knüpft, die nicht dem Wesen wahrer Freiheit entsprechen und von vornherein ausschließen, daß Deutschland ein gleichberechtigter Partner in Frieden und Freiheit wird. Wir haben volles Verständnis dafür, daß die Sowjetunion Kautelen eingebaut sehen will, damit nicht etwa dieses Deutschland in Zukunft direkt oder indirekt mit zum Instrument der Gefährdung ihrer Sicherheit werden kann. Wir können aber für ein Mehr, das noch in den Bedingungen der Sowjetunion enthalten ist, kein Verständnis aufbringen, da dies zu einem unfreien Deutschland führen würde, zu einem Deutschland, das niemals Partner echter Friedensverhandlungen sein könnte
    Meine Fraktion ist der Ansicht, daß dem Wunsche des deutschen Volkes nach Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit und dem Sicherheitsbedürfnis der Sowjetunion am besten entsprochen werden kann, wenn die Deutschlandfrage nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit der Errichtung eines Sicherheitssystems, das auf einer allgemeinen Abrüstung fußt, beraten werden würde. Gerade in dieser Spanne liegen die verschiedensten Lösungsmöglichkeiten, die aber nur von jenen Mächten gefunden werden können, die tatsächlich die Abrüstung durchzuführen haben, die aber nicht herbeigeführt werden kann durch neuerliche Vorleistungen der Bundesrepublik selbst, noch dazu auf Kosten der Vertragstreue.

    (Zustimmung beim GB/BHE und bei der CDU/CSU.)

    Es wird entgegengehalten, daß diesem Verfahren die Pariser Verträge entgegenstünden. Dem vermag ich nicht zuzustimmen, denn die Verträge sehen gerade für den Fall der Wiedervereinigung die Möglichkeit von Modifikationen vor.
    Es wurde auch gesagt, daß die Sowjetunion nach der Ratifizierung der Verträge zu irgendwelchen Gesprächen nicht mehr bereit sein würde. Das hat sich nicht nur nicht bewahrheitet, sondern es wird sogar behauptet, daß die Pariser Verträge die Wiedervereinigungsverhandlungen erst in Gang gebracht und die Bereitschaft der Sowjetunion hierzu herbeigeführt hätten. Andere wieder bestreiten dieses Faktum. Dem sei nun, wie ihm wolle. Jedenfalls steht fest, daß diese Bereitschaft der Sowjetunion sich erst seit dem Bestehen der Verträge zeigt.
    Im übrigen glaube ich, daß die Lehre, die manche aus der Entwicklung ziehen, die zum österreichischen Staatsvertrag führte, dem wahren Sachverhalt am nächsten kommt, nämlich daß Rußland dann, wenn es einmal aus irgendwelchen Gründen eine Einigung wünscht, auch zu realen Verhandlungen bereit ist. Solange das aber nicht der Fall ist, sind sämtliche Konzessionen vom Westen her nur geeignet, Moskau anzureizen, seine Bedingungen höher zu schrauben, um eine bessere Ausgangsposition für mögliche spätere Gespräche zu haben.
    Die SPD verlangt nun, daß jetzt eine Modifikation der Verträge bzw. ein Verzicht Deutschlands
    auf die Mitgliedschaft bei der NATO herbeigeführt und daß mit der Durchführung der Verträge zugewartet werden soll.
    Meine Fraktion hält es für gefährlich, so zu taktieren. Die Verträge sind, wie man zu ihnen auch vorher gestanden haben mag, nun einmal ratifiziert; sie sind also eine politische Realität, die eben da ist. Die Bundesrepublik hat die Vertragsbestimmungen zu respektieren und den Bestand der Verträge mit zur Grundlage ihrer Politik zu machen. Es darf daher nichts geschehen, was geeignet wäre, bei den Vertragspartnern Zweifel an der Vertragstreue aufkommen zu lassen. Dies würde nur zum Schaden des deutschen Volkes die Meinung in der Welt neu beleben — meiner Ansicht nach ist sie unberechtigt, aber sie besteht —, daß wir Deutsche Verträge nicht halten.
    Wenn mir entgegengehalten wird, daß eine solche Regelung nur im Einvernehmen mit den Vertragspartnern herbeigeführt werden soll, dann muß ich sagen, daß allein schon die Äußerung eines solchen Wunsches zu diesem Mißtrauen in der Welt führt Die Verträge sind nun einmal Bestandteil der Politik der Bundesrepublik, weil sie als verpflichtender politischer Faktor vorhanden sind.
    Ich unterstelle einmal, daß Herr Ollenhauer morgen die Bundesregierung zu bilden hätte und sie dann führte. Er stände damit vor der Entscheidung, ob er bei der Behandlung der Deutschlandfrage die Verträge respektieren will oder nicht. Ich bin überzeugt, daß er die Verträge respektierte und sehr darauf bedacht wäre, als treuer und fairer Vertragspartner zu gelten. Von dem aber, wozu die Sozialdemokratische Partei hinsichtlich einer deutschen Politik als Regierungspartei verpflichtet wäre, ist sie meiner Ansicht nach als Oppositionspartei nicht befreit.

    (Zustimmung beim GB/BHE und bei der CDU/CSU.)

    Meine Fraktion steht auf dem Standpunkt, daß unbeschadet dieser Vertragstreue alle Möglichkeiten, die die Verträge geben, zu einer Ostpolitik in deutschem Sinne und im vollem Umfange auszuschöpfen sind. Dies werden wir um so mehr und in einem um so größeren Umfange tun können, je weniger Zweifel wir an unserer Vertragstreue aufkommen lassen. Wir müssen Möglichkeiten zu dieser Ostpolitik schon deshalb voll ausschöpfen, um der Sowjetunion zu zeigen, daß unser Beitritt zu den Verträgen kein gegen sie gerichteter Akt ist, sondern nur zur Erhaltung unserer Freiheit erfolgt ist.

    (Abg. Dr. von Brentano: Sehr gut!)

    Die Sowjetunion macht den Vorschlag, ein wiedervereinigtes Deutschland in einen neutralisierten Sicherheitsgürtel einzubeziehen. Eine Neutralisierung Deutschlands lehnt meine Fraktion entschieden ab. Wir halten im Zeitalter der modernen Waffen nichts von einem cordon sanitaire. Es wäre auch nur eine Frage der Zeit, bis ein neutralisiertes Deutschland zwischen den beiden Machtblöcken zerrieben wäre. Ein Volk von 70 Millionen und von der Tradition des deutschen Volkes zu neutralisieren, hieße, es zu entmachten, es zur Bedeutungslosigkeit herabzuwürdigen und es der völligen Unsicherheit preiszugeben.
    Auch andere Überlegungen können nur zur Ablehnung einer Neutralisierung Deutschlands führen. Es wird wohl so sein, daß die sowjetischen Bemühungen, einen Neutralitätsgürtel zu bilden, ernst gemeint sind. Nach sowjetischer Auflassung


    (Dr. Mocker)

    müssen aber von diesem Neutralitätsgürtel unbedingt die „Volksdemokratien", also die Satelliten, ausgeschlossen sein. Es sollen also für einen solchen Gürtel nur solche Staaten in Frage kommen, die zum Westen gehören.
    Die Neutralisierung dieser westlichen Staaten stellt sich die Sowjetunion nach dem österreichischen Muster vor. Danach ist jeder dieser Staaten im Neutralitätsgürtel zwar politisch zum Westen gehörig, weil zur Zeit auch gar keine andere Möglichkeit besteht, wirtschaftlich ist aber ein solcher Staat eng an den Ostblock angeschlossen und schließlich militärisch auf jeden Fall schwach. Für den engen wirtschaftlichen Anschluß kann als Muster der § 2 des österreichischen Staatsvertrages gelten. Österreich hat mit diesem hohen Preis wohl erreichen wollen, unter allen Umständen die russische Besatzung loszuwerden. Der Westen konnte aus Prestigegründen nicht nein sagen, und außerdem kann er auch die Neutralisierung eines kleinen Staates wie Österreich verkraften. Österreich kann also als der erste Erfolg der sowjetischen Neutralisierungspolitik angesehen werden. Der Umstand, daß die Manöver der Balkanpakt-Staaten an der bulgarischen Grenze abgesagt wurden, wird dahin gedeutet, daß der Balkanpakt militärisch erledigt sei. Schließlich besteht auch noch die Vermutung, daß der Besuch Gromykos am Ende vorigen Jahres in Stockholm dem Ziel diente, den Neutralitätsgürtel zu erweitern. Auf die darauf folgende amerikanische Forderung, daß zu einem Neutralitätsgürtel auch die „Volksdemokratien"
    müßten, hat die Sowjetunion sehr scharf erklärt, diese Forderung sei unannehmbar.
    Die Sowjetunion bekräftigte diesen ihren Standpunkt, indem sie wenige Tage später den Warschauer Vertrag abschloß, der in den §§ 5, 6 und 7 die Volksdemokratien politisch, wirtschaftlich und militärisch auf 20 Jahre an die Sowjetunion fesselt. Gleichzeitig hat eine Kampagne in der Sowjetunion und vor allem auch in den Volksdemokratien gegen jeden Versuch einer Neutralisierung der Volksdemokratien begonnen.
    Diese Tatsachen zeigen, daß die Sowjetunion einen neutralen Gürtel quer durch Europa will, daß sie aber nicht bereit ist, dafür auch nur einen Fußbreit Baden aus ihrem Machtbereich freizugeben. Die Opfer für diese Neutralisierung soll nur der Westen bringen. Es zeichnet sich also damit klar das Ziel ab, daß die Sowjetunion einen ganzen Gürtel von Staaten aus dem Westen herauslösen, auf diese Weise die westliche Front aufbrechen und die Verteidigungsmöglichkeit des Westens auf einen schmalen Rand beschränken will, der fraglos für ein wiedervereinigtes Deutschland keine Sicherheit mehr bedeuten würde. Die Verteidigungsbaues und damit die Sicherheit für ein wiedervereinigtes Deutschland wäre selbst dann nicht größer, wenn die Sowjetunion im Zuge von Verhandlungen gestatten sollte, in den Neutralitätsgürtel auch noch Satellitenstaaten aufzunehmen.
    Aus diesen Gründen ergibt sich im Hinblick auf die Freiheit und Sicherheit eines wiedervereinigten Deutschlands der Schluß, daß die Einbeziehung Deutschlands in einen Neutralitätsgürtel, also eine Neutralisierung, abgelehnt werden muß. Die Ablehnung eines Neutralitätsgürtels bedeutet nicht auch eine Ablehnung des Sicherheitsbedürfnisses der Sowjetunion — ich habe bereits gesagt, daß wir ein Sicherheitsbedürfnis der Sowjetunion anerkennen —; es muß aber auch ein Sicherheitsbedürfnis Deutschlands anerkannt und berücksichtigt werden.
    Dem Verlangen nach allseitiger Sicherheit kann nicht durch einen Sicherheitsgürtel quer durch Europa, sondern nur durch eine kontrollierte Abrüstung im Rahmen eines allgemeinen Sicherheitssystems Rechnung getragen werden. In Verbindung damit sollte es bei gutem Willen aller Mächte möglich sein, die Bundesrepublik mit der Sowjetzone zu einem einheitlichen deutschen Staat zu vereinen, der allein erst Partner eines Friedensvertrages sein kann. Alle weiteren Probleme Deutschlands müssen den Verhandlungen über diesen Friedensvertrag vorbehalten bleiben.
    Für die Wiedervereinigung auf diesem Wege haben wir alle unsere Kräfte einzusetzen. Es muß der Welt klar sein, daß es ohne die Wiedervereinigung keine Entspannung gibt. Es ist gut und notwendig, wenn wir unsere Vorstellungen darüber sorgfältig vorbereiten. Es ist aber schlecht, alle möglichen Lösungen in aller Breite zu erörtern und die verschiedensten Rezepte anzupreisen. Ein Verhandlungspartner wird weder ernst genommen, noch hat er Erfolg, wenn er sich vorher durch Geschwätzigkeit alle Vorteile seiner Verhandlungsposition beraubt.

    (Beifall beim GB/BHE.)

    Ich glaube, daß wir gut tun, diese Erfahrungstatsache besonders hier zu berücksichtigen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. von Merkatz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Joachim von Merkatz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst einen kleinen Freundschaftsdienst für meinen sehr verehrten Kollegen Herrn Kiesinger tun. Bei der Aufzählung der Teilnehmerstaaten von Bandung hat mein Kollege Kiesinger, wie das bei einer solchen Aufzählung leicht mal passieren kann, vergessen, Thailand zu erwähnen. Ich möchte das für ihn hier nachholen, und zwar mit seinem besonderen Wunsch und Willen, den er mir zum Ausdruck gebracht hat, und ich tue das um so lieber, da uns allen in diesem Hause bekannt ist, daß dieser Staat Thailand ein Beispiel für Europa gibt in seiner Festigkeit, seiner politischen Haltung und seiner inneren, auf Traditionen gegründeten Ruhe, ein Beispiel, wie man selbst in gefährdeter Lage seine Linie in der Politik konsequent halten kann, eine Tatsache, für die wir hier in Europa dankbar sind.
    Es ist natürlich nicht ganz einfach, am Schluß einer Rednerkette zu stehen, zumal dann, wenn die einzelnen Kollegen jetzt den Wunsch haben, zu ihren Familien zu fahren. Aber es ist notwendig, daß wir, alle Fraktionen dieses Hauses, unserer politischen Pflicht genügen und unsere Stellungnahme geben.
    Im Grunde genommen muß ich Ihnen sagen, daß man in dem gegenwärtigen Zeitpunkt der weltpolitischen Situation und auch der europäischen Situation nicht sehr aufgelegt sein kann, eine außenpolitische Debatte zu bestreiten, die man nicht gewünscht hat, weil die Stunde eher eine gewisse Zurückhaltung, ein gefestigtes Abwarten fordern würde. Nun, die Debatte hat stattgefunden. Es ist die erste außenpolitische Debatte in diesem Hause, nachdem die Bundesrepublik., Deutschland den Status eines souverän handelnden Staates erhalten hat. Man wird in der Welt auf das, was heute morgen im Bundestag gesagt worden ist, sehr aufmerksam hören. Darum ist ein


    (Dr. von Merkatz)

    besonders Maß an Verantwortung für jede Darlegung gegeben, bei aller Zurückhaltung, die uns geboten erscheint.
    Souveränität, so problematisch der Begriff in der heutigen Welt sein mag, in der der Nationalstaat nicht mehr in der Lage ist, sein Dasein aus eigenem heraus zu verteidigen, bedeutet vor allen Dingen die Kraft zu einer selbständigen Politik, zu einer Selbstverantwortung im politischen Raum. Wir haben unsere Interessen als Volk und Staat mit den Interessen des Friedens, mit den Interessen der anderen in Einklang zu bringen, um durch diese Synthese, durch diesen Einklang die von uns erkannten Ziele zu erreichen. Ich habe mit einem gewissen Bedenken die Darlegungen des Herrn Kollegen Ollenhauer angehört, in denen immer so selbstverständlich davon ausgegangen wurde, daß sich die großen Vier über den Status Deutschlands einigen müßten, daß vorab eine solche Einigung notwendig sei, ehe man überhaupt in den innerdeutschen Wiedervereinigungsprozeß eintreten könne. Gewiß, die Machtlage in der Welt dürfte so sein, daß Deutschland in der Gefahr steht - ganz Deutschland meine ich damit —praktisch einen Diktatfrieden auferlegt zu bekommen. Die Spanne, in der sich eine gesamtdeutsche Regierung überhaupt bewegen kann, dürfte also verhältnismäßig klein sein. Es liegt aber nicht im Interesse unseres Landes, diese Tatsache noch von uns aus zu unterstreichen. Unsere drei westlichen Bündnispartner haben in den Verträgen ausdrücklich zugestanden, daß über Deutschland und mit Deutschland ein Verhandlungsfrieden geschlossen wird. Das ist eine klare rechtliche Position, auf die wir uns berufen können. Meine Freunde legen großen Wert darauf, das heute festzustellen: Wenn man sich fragt, welchen Status Deutschland haben soll — ganz Deutschland, das Deutschland, das einen Friedensvertrag bekommt —, dann wird unsere Haltung die sein, daß die gesamtdeutsche Regierung im Wege der Verhandlungen zu einem Status ihre Zustimmung zu geben hat und daß niemand berechtigt ist, diesen Status schon vorab festzulegen und zu bestimmen.

    (Abg. Dr. von Brentano: Sehr gut!)

    Namens meiner Fraktion stimme ich den Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers zu. Es handelt sich zwar nicht um eine formelle Regierungserklärung, sondern um Ausführungen von einer besonderen Tragweite und Bedeutung. Ich darf sagen, daß unsere Zustimmung sich auf alle Punkte seiner Darlegungen bezieht. Meine Aufgabe als Sprecher meiner Fraktion ist es nun, zu begründen, warum wir seinen Ausführungen zustimmen.
    Es ist klar, daß die Weltlage in Fluß gekommen ist. Das spüren wir alle. Gerade durch die Pariser Verträge ist eine merkliche Auflockerung, ich möchte sagen, der weltpolitischen Situation erfolgt. Man darf auch mit einem gedämpften Optimismus feststellen, daß ein Bemühen aller Mächte um eine Entspannung in der Welt zu erkennen ist. Ich bejahe diese Feststellung, soweit es sich um eine Entspannung mit dem Ziel des Friedens handelt, ich warne aber vor der Illusion und vor einer Art der Feststellung der Entspannung, die als Vorwand für ein Nachlassen in der Wachsamkeit dient. Das ist ein ganz erheblicher Unterschied.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Es ist heute viel über die Existenz der Machtblöcke und über die Notwendigkeit gesprochen worden, den Gegensatz dieser Machtblöcke, die sich in der Aufrüstung steigern, aufzulösen, um eine dritte Katastrophe in der Welt zu verhindern. Man muß sich aber auch darüber klar sein, wie es zu diesen Machtblöcken gekommen ist. Die Unordnung in der Welt und in Europa, die durch die zweite Kriegskatastrophe angerichtet worden ist, hat doch dazu geführt, daß ganz Osteuropa und praktisch auch Mitteleuropa in den Einflußbereich des Ostblocks geraten ist. Wenn man sich also fragt: was ist denn der Grund der Unsicherheit in der Welt und auf dem europäischen Kontinent — ich spreche nicht von Ostasien; Probleme, die mindestens die gleiche Gewichtigkeit haben —, was ist denn der Grund der Spannung?, so ist es doch die Tatsache, daß sich der von der Sowjetunion geführte Machtblock weit über die Grenzen der Sowjetunion erstreckt hat, bis in das Herz Europas hinein, bis in unser geteiltes Land. Der Machtblock des Westens, die Verteidigungsorganisation der Atlantikpaktstaaten ist ja kein Selbstzweck gewesen, kein Ding, das aus sich heraus entstanden ist, sondern ist eine Organisation der Abwehr, die notwendig geworden ist, nachdem alle Versuche einer Verständigung zwischen Ost und West, die seit dem Kriegsausgang von 1945 gemacht worden sind, gescheitert waren. Nachdem die Sowjetunion die Tatsache ihres eigenen Machtblocks mit der Integrierung Osteuropas und mit dem Versuch, ganz Deutschland zu integrieren und damit ganz Europa in ihren Machtblock zu integrieren, geschaffen hat, nachdem diese starre, bedrohliche Politik vom Ostblock aus geführt worden ist, kann man doch heute nicht sagen, daß durch ein Unterlassen jeder Gegenwehr, durch ein Aufgeben jeder Abwehrorganisation der Zustand der Sicherheit und der Entspannung erreichbar wäre. Man muß von den realen Tatsachen, die von der Sowjetunion selber in der Welt gesetzt worden sind, ausgehen: das sind ihr Block und ihre bisherige Politik der Bedrohung der Sicherheit in der Welt und vor allem auch hier in Europa.
    Es ist gefordert worden, einen Verhandlungsplan zu machen. Ich bin überzeugt davon, daß man Verhandlungspläne hat; aber mit erdachten Entwürfen, sozusagen mit einer juristischen Relation, die im harmonischen Gefüge eines logischen Gedankengebäudes aufgebaut worden ist, kann man doch in solche Verhandlungen überhaupt nicht hineingehen, vor allen Dingen kann man das nicht in der Position, in der Deutschland steht.

    (Zuruf von der SPD: Also unlogische?)

    — Mein lieber Herr Zwischenrufer, es gibt kaum etwas so Unlogisches und Überraschendes wie den Raum der Politik! Man muß sich da auf allerhand gefaßt machen. Wer das Gefühl für das Unberechenbare nicht hat, sondern glaubt, man könne sozusagen durch einen Aufriß einen geschichtlichen Ablauf bestimmen, der wird von der Geschichte schwer enttäuscht werden. Nehmen Sie es mir nicht übel: es ist eine alte Erbschaft des Marxismus, daß man glaubt, diese lebendigen Abläufe in einen solchen Aufriß bannen zu können. Ich glaube, darin liegt eine besondere Schwäche Ihres politischen Denkens.
    Man hat in der Diskussion der letzten Wochen und Monate allmählich auf allen Seiten, bei allen Parteien eine ganze Preisliste für das aufgestellt, was man anzubieten hat. Ich befürchte, daß der Verhandlungsgegner sich aus dieser Preisliste das Passende heraussuchen wird und das formuliert, bis er schließlich für die Ziele, die er erreichen will, bloß einen Schleuderpreis zu bezahlen hat. Das ist


    (Dr. von Merkatz)

    die Gefahr, in der wir stehen. Nun, ich glaube, daß nach dieser Debatte die Produktion solcher am grünen Tisch ersonnenen Verhandlungspläne zurückgehen wird.
    Ich stimme auch durchaus dem zu, was die Opposition gesagt hat: daß zwischen Regierung und Parlament ein Kontakt vorhanden sein muß, daß das Parlament zu informieren ist und daß auch eine Regierung auf den Rat ihres Parlaments hören soll; richtig!

    (Zurufe von der SPD.)

    — Das ist kein starkes Stück, Herr Wehner; das haben Sie selber gesagt!

    (Zuruf von der SPD: Für ein zukünftiges Kabinettsmitglied ist das doch allerhand! — Abg. Hansen [Köln]: Seien Sie vorsichtig! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    — Ich rede ja als Sprecher meiner Fraktion, und die notwendige Vorsicht, Herr Kollege Wehner, ist eine politische Pflicht, die wir in diesem Hause haben. Diese notwendige Pflicht ist gerade in außenpolitischen Debatten öfters gründlich verletzt worden.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Also sehr richtig gesagt: das Verhältnis zwischen Exekutive und Legislative ist so, wie es Herr Kollege Ollenhauer beschrieben hat. Aber ist denn das, was hier von der Bundesregierung in diesem Antrag und in der Interpellation verlangt worden ist, im Rahmen der Zuständigkeitsbereiche der Exekutive und der Legislative geblieben? Ist es zweckmäßig, daß diplomatische Instruktionen — etwas, was man früher mit besonderer Vorsicht behandelt hat; jeder Staat war glücklich, wenn er in den Besitz einer diplomatischen Instruktion seines Verhandlungspartners kam, denn damit war ihm sozusagen die ganze Verhandlungslast schon abgenommen — im Parlament besprochen oder in einem Ausschuß mitgeteilt werden? Soweit ich darüber aus den Quellen unterrichtet bin, wäre das ein völlig neuer Vorgang in der deutschen Parlamentsgeschichte. Etwas ganz anderes ist nötig — und das liegt auch im Interesse des Hauses und im Interesse der Regierung —: daß diese Verhandlungen zwischen Ost und West, die, wie wir alle so dringend hoffen, kommen mögen, von breiten politischen Überzeugungen in unserem Volk und in unseren Parteien getragen werden, damit die Regierung, die sich bei diesen Verhandlungen in der treuhänderischen Wahrnehmung der gesamtdeutschen Souveränität in einer schweren Verhandlungsposition befindet, sich jederzeit auf die breite politische Basis der öffentlichen Meinung im Volke berufen kann. Für uns Parlamentarier ist ja gerade die Aufgabe, diese breite Überzeugung durch ein möglichst klares Vertreten unserer Meinung hervorzurufen. Deswegen geht unser Appell immer wieder an die Opposition — wir werden darin niemals müde werden —, daß es in diesen grundsätzlichen Lebensfragen unseres Volkes eine Verständigung geben muß. Ich bin überzeugt — ich weiß nicht, was noch alles vor unserem Volke steht —, daß es sie eines Tages auch geben wird.
    Die heutige Aussprache hat, so glaube ich, vieles zur Klärung der Standpunkte beigetragen. Aber wir sollten uns ganz einfach einmal klarmachen: Was heißt Verhandlungsplan? Was ist die positive Vorstellung, die wir für Verhandlungen zwischen Ost und West auf den Weg geben können? Verhandlungsplan heißt nichts anderes, als daß die Ziele einer Verhandlung festgestellt werden und daß man sich über das Unverzichtbare klar ist,
    über das, was man nicht preisgeben kann. Dazwischen liegt der Raum des Kompromisses, und erst der Ablauf der Verhandlungen kann zeigen, wohin der Weg geht.
    Vorhin wurde hier von einer ganzen Skala von Möglichkeiten gesprochen. In Wirklichkeit sucht doch die ganze Welt nach der einen realen Möglichkeit, nach dem einen beschreitbaren Weg der Entspannung zwischen Ost und West. Wenn dieser Stein der Weisen schon gefunden wäre, die ganze Welt würde glücklich sein! Alle sind doch auf der Suche, d e n möglichen Weg zu finden, und zwar aus einer uferlosen Menge von Vorschlägen und Phantasien. Zunächst kristallisiert sich ja doch noch nichts deutlich heraus. Es wird auch keinem in diesem Hause gelingen — auch der Opposition ist das nicht gelungen —, einen positiven Vorschlag, der die Entkrampfung zwischen Ost und West bringen könnte, zu entwickeln.
    Übereinstimmung der Interessen zu suchen, ist die Aufgabe der Politik. Wir haben durch die Außenpolitik, die von der Koalition getragene Außenpolitik, die Übereinstimmung mit wichtigsten Interessen der Westmächte erreicht. Vor drei Jahren, ja, noch vor einem Jahre, selbst auf der Berliner Konferenz

    (Abg. Dr. von Brentano: Richtig!)

    war die Einmütigkeit der Grundanschauung über das Ziel einer solchen Konferenz der Entspannung und über das Unverzichtbare noch keineswegs so deutlich im Raume, wie das jetzt der Fall ist. Und dabei ist klar: Niemals können wir einwilligen in eine Entspannung, die auf der Grundlage einer friedlichen Koexistenz, auf der Grundlage der Teilung unseres Landes aufgebaut wird. Wir dürfen niemals in irgendein Konzept einwilligen, das zu Lasten der realen Sicherheit und der Freiheit unseres Landes geht.
    Ein Wort lassen Sie mich hier einmal am Rande bemerken: Das infame Wort von dem angeblich satten Behagen der Bevölkerung oder der Verantwortlichen im Westen Deutschlands, dieses Wort ist ein Wort des Nihilismus. Hören Sie einmal, was die Feinde dieses freien Teiles Deutschlands alles gesagt haben, um dem deutschen Volk die Möglichkeit zu nehmen, gegen die Vergewaltigung durch den Bolschewismus aufzuschreien. In Wirklichkeit ist das alles ein Attentat gegen die Glaubwürdigkeit, gegen die Festigkeit und gegen die Willensstärke unserer Politik, wenn hier von einem satten Behagen gesprochen wird. Ich warne davor, sich gewissermaßen zum Helfershelfer böswilliger Kräfte durch die Aufnahme solcher Parolen zu machen, die letzthin darauf gerichtet sind, die Ernsthaftigkeit, die Willensstärke und auch die Herzenskräfte zu schwächen, von denen unsere Politik getragen wird.

    (Beifall rechts und in der Mitte.)

    Die Ziele sind klar. Die Grundlage des Friedens ist — und das sei in aller Deutlichkeit im Namen meiner politischen Freunde klargestellt — eine europäische Gemeinschaft. Nur eine europäische Gemeinschaft wird die Grundlage für eine wirkliche, auf die Dauer berechnete Friedensordnung in diesem Teil der Welt geben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ungeachtet dessen, daß es — nachdem mehrere
    Versuche in dieser Richtung nicht die Erfolge gebracht haben, die man sich erhoffen konnte —,
    Mode geworden ist, mit einer gewissen blasierten
    Überheblichkeit über den Integrationsgedanken zu


    (Dr. von Merkatz)

    sprechen, sind wir der Meinung: Das ist das Grundziel. Wir müssen eine Politik betreiben, die diese Integration möglich macht, und auch die Sowjetunion muß einsehen, daß diese Gemeinschaft zu gemeinsamem politischem, wirtschaftlichem, sozialem und finanziellem Handeln zusammengeschlossener Nationen eine Grundlage für die Neuordnung in diesem Teil der Welt ist. Wir lassen von diesem Ziel nicht ab.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Diese Integration beruht — ich möchte hier einmal ein Wort meines Kollegen Gerstenmaier wiederholen — auf der Integrität der Völker, der Nationen. Das ist ein Grundziel, das unverzichtbar ist.
    Die deutsche Einheit ist zwar nicht die einzige Frage, die bei der Spannung zwischen Ost und West im Spiele ist; aber sie ist die wichtigste Frage für uns, wie es der Herr Bundeskanzler gesagt hat, und diese deutsche Einheit muß und wird die Grundlage des Friedens in Europa sein. Sie ist gewissermaßen die Voraussetzung einer Neuordnung Europas in diesem friedlichen Rahmen, den ich angedeutet habe.
    Nun zur Frage des Sicherheitssystems, die uns so sehr beschäftigt und zu der die sozialdemokratische Opposition den konkreten Vorschlag eines kollektiven Sicherheitssystems im Rahmen der UNO gemacht hat. Ich bin der Auffassung, daß es im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht um die Frage der Auflösung der Machtblöcke geht, sondern daß es hier in erster Linie zunächst einmal um die Frage des Machtausgleichs zwischen diesen beiden Blöcken gehen muß.
    Ich muß mich sehr deutlich von den Ideen eines Neutralitäts- oder sanitären Gürtels — oder wie man das alles bezeichnen mag - absetzen. Wenn man sich mit diesem Problem etwas intensiver beschäftigt und durchdenkt, wie denn die vertragliche Sicherung eines solchen sanitären Gürtels sein soll, dann erkennt man, daß alle diese Fragen, alle diese Vorstellungen der Neutralitäts- und Neutralisierungspolitik letzthin Vorstellungen aus einem Staatensystem und aus einer internationalen Ordnung sind, die der Vergangenheit, die dem 19. Jahrhundert angehören. Damals gab es die klassische Neutralitätspolitik. In dem Augenblick, in dem kriegerische Verwicklungen im weltweiten Rahmen ganzer Kontinente möglich werden, ja jeder Krieg die Eigenart hat, zu einem Weltkrieg auszuarten, seitdem es die Massenvernichtungsmittel gibt, die nur durch ungeheure Wirtschaftskräfte der am Krieg beteiligten Partner geschaffen werden können, seitdem die Gefahren der großen Katastrophe mit diesen Massenvernichtungsmitteln gegeben sind, seitdem kann es in dem Raume Europas und in der ganzen Welt echte, klassische Neutralitätspolitik oder auch einen cordon sanitaire gar nicht mehr geben. Das sind Vorstellungen der Vergangenheit.
    Und denken Sie an den Versailler Vertrag! Was hat denn die osteuropäische Ordnung, was hat denn den Zusammenbruch unserer europäischen Ordnung nach sich gezogen? Es war das Schaffen eines Gürtels schwacher Staaten von Norden nach Süden hin, die dann eines Tages eine Beute der Sowjetunion geworden sind. Damit ist doch die europäische Tragödie eingeleitet worden.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Soll man heute denselben Weg der Pariser Vorortverträge gehen nur in morgenthauisierter Aufmachurig. Soll man immer wieder in dieselben Irrtümer verfallen? Wir fordern mehr, und es ist auch mehr notwendig, um den Frieden in der Welt zu sichern.
    Die sozialdemokratische Opposition hat die Behauptung aufgestellt: Freie Wahlen plus einer NATO-Mitgliedschaft sei ein Programm gegen die Wiedervereinigung, d. h. also — den Schluß muß man daraus ziehen, Herr Kollege Ollenhauer -, freie Wahlen ohne NATO-Mitgliedschaft sei eine reale Möglichkeit. Das bedeutet also, Sie wollen auf den einzig realen Punkt Verzicht leisten, nämlich auf die Sicherheit, die nicht nur für Deutschland, für den mitteleuropäischen Raum, sondern für ganz Westeuropa gegeben ist und die vom Westen her als Notwendigkeit und Abwehr gegen einen nicht unerheblichen Druck aufgebaut worden ist. Ich halte das für außerordentlich gefährlich.

    (Zuruf von der SPD.)

    — Ich komme noch darauf, was ich hierzu ergänzend zu sagen habe. Ich halte es für außerordentlich gefährlich, diese realen Sicherheitsgrundlagen, diese Existenzgrundlagen für die Möglichkeit des Aufbaus eines Systems, das einen wirklichen Ausgleich zwischen Ost und West bietet, von vornherein preiszugeben.
    Abgesehen davon ist gerade die NATO-Organisation, insbesondere wenn man sich mit ihrer inneren Struktur, ihrem politischen Hintergrund und den politischen Funktionen der einzelnen Organe der NATO eingehender befaßt, ein bisher einzigartiges Instrument, das in der Defensive sehr wirksam sein wird, aber für die Offensive gar nicht in Gang gesetzt werden kann. Deshalb sind alle die Befürchtungen, die man wegen des Machtgewichtes des mitteleuropäischen Raumes hat, unbegründet. Gerade ein Einbeziehen dieses mitteleuropäischen Raumes in die NATO und in ihren Funktionszusammenhang würde, ganz im Gegensatz zu der Ostblockpropaganda, ein ganz wesentliches Instrument sein, um die Möglichkeiten eines kollektiven Sicherheitssystems in der weiteren Entwicklung dieses Sicherheitssystems ins Auge zu fassen.
    Die Angst vor der dritten Katastrophe ist kein genügendes Element der Sicherheit in der Welt. Augenblicklich beruht die Sicherheit in der Welt im wesentlichen auf der Angst und auf dem Risiko, daß eine Gewalttat die dritte Katastrophe auslösen könnte. Wir brauchen auch mehr als Deklarationen. Die zehn Gebote sind schon lange in der Welt. Trotzdem geschehen Verbrechen und größtes Unrecht. Die Anerkennung der Prinzipien von Tschu En-lai als Substrat, als Inhalt der gegenwärtigen völkerrechtlichen Ordnung ist etwas Gutes; wir sollten sie anerkennen. Ich könnte mir Konferenzen vorstellen, auf denen diese Prinzipien Grundlagen der Verhandlungen werden, um sie zu konkretisieren. Aber sie genügen ohne eine Konkretisierung und ohne Garantien nicht.
    Ich möchte etwas, was in der Erklärung des Herrn Bundeskanzlers enthalten war, als sehr wesentlich unterstreichen, nämlich seine Ausführungen über die Abrüstung. Im Hinblick auf die Existenz der nuklearen Waffen und der Massenvernichtungsmittel scheint mir tatsächlich eine zwingende Notwendigkeit gegeben zu sein, um eine konkrete Abrüstungspolitik treiben zu können. Ich möchte mich deshalb auch nicht mit einer an und für sich gebotenen Kritik an den sowjetrussischen Abrüstungsvorschlägenaufhalten. Diese Abrü-


    (Dr. von Merkatz)

    stungsvorschläge enthalten zum Teil wesentliche Elemente des englisch-französischen Abrüstungsplanes vom Oktober 1954. Auf diesem Wege sollte mit zäher Geduld weiter verhandelt werden, solange es auch dauern mag. Bei der Abrüstung liegt das konkrete Programm, zu einem Machtausgleich zwischen den beiden Blöcken zu kommen, um damit, wenn die Sicherheit zuvor einmal hergestellt ist, langsam und vorsichtig zu einer Neuordnung vorzuschreiten, die eine dritte Katastrophe verhindert. Es ist bisher in der Geschichte noch kein kollektives Sicherheitssystem geschaffen worden, das wirksam gewesen ist. Vielleicht sind jetzt wirkliche Ansatzpunkte dadurch gegeben, daß es die Massenvernichtungswaffen gibt, und dadurch, daß die Erkenntnis in der ganzen Welt wächst, daß jeder Krieg eine Niederlage, eine Katastrophe für Sieger und Besiegte werden wird.
    Sicherheitssysteme mit nachträglichen Sanktionen taugen nichts. Das hat Kollege Kiesinger schon klargemacht. Wir brauchen Sicherheitssysteme mit einer vorbeugenden Kontrolle. Und diese vorbeugende Kontrolle läßt sich bei gutem Willen und bei Anwendung höchster technischer Erfahrung in einem weltumspannenden Abrüstungsplan durchaus entwickeln. Das dürfte eines der Hauptthemen sein, die die nächsten Jahre beherrschen. Es handelt sich hier um realisierbare Dinge.
    Lassen Sie mich noch ein Wort sagen, was weiter in ein solches System der Entspannung gehört. Wir müssen die Möglichkeiten der friedlichen Streitschlichtung noch ganz anders wahrnehmen und ausbauen. Wir leben heute nicht mehr in einer strategischen und machtpolitischen Situation wie bei den großen Friedenskonferenzen im Haag, als man das Völkerrecht zu kodifizieren versuchte. Wir leben auch nicht in der Situation des Völkerbundes., ja auch schon nicht mehr in der Situation, als man die Vereinten Nationen zu schaffen begann. Jetzt, wo es die wirklichen Massenvernichtungswaffen gibt, wo der Krieg, wie der Herr Bundeskanzler gesagt hat, nicht mehr .das Mittel der Politik ist, jetzt scheint es mir wahrhaft möglich, den Gedanken der friedlichen Streitschlichtung ganz realistisch weiter auszubauen. Das ist dann allerdings eine Aufgabe, in der die Vereinten Nationen mit den Aufgaben einer regionalen europäischen Gemeinschaft verzahnt werden können.
    Aber vor allen Dingen kommt es darauf an, auch ein politisches System ins Auge zu fassen, das nicht nur eine Streitschlichtung, sondern eine Streitverhinderung vorsieht. Und da spielt das Rückgängigmachen des Deutschland durch seine Teilung angetanen Unrechts tatsächlich die wichtigste Rolle, wenn man wirklich Frieden und Entspannung will, um damit einen der gefährlichsten Streitpunkte in der Mitte Europas auszuräumen. Auf alles dies wird sich die Energie der Verhandlungen zu richten haben.
    Herr Kollege Kiesinger hat gegenübergestellt: Entspannung durch Wiedervereinigung - ich habe etwas in diesem Sinne gesprochen — oder Wiedervereinigung durch Entspannung. Wissen Sie, das sind so Syllogismen, genau so wie man bei der Abrüstung nicht sagen kann, sie sei die Voraussetzung oder die Folge eines Sicherheits- oder eines Befriedungssystems. Sie ist beides zugleich. Dieser Weg der Entspannung, ein Sicherheitssystem aufzubauen, das nichtallein auf nachträglichen Sanktionen beruht, sondern durch vorbeugende Kontrolle, durch friedliche Streitschlichtung und durch den grundsätzlichen Machtausgleich
    in der Staatenordnung aufgebaut wird, macht es erforderlich, in Parallellität alle Möglichkeiten auszunutzen, die zu diesem Ziel führen können.
    Um aber diese Politik der Entspannung zu führen, haben wir in voller Vertragstreue zu bleiben. Das ist überhaupt nicht in Frage zu stellen. Die politische Dynamik, die in den Verträgen liegt, die ja nichts Konstantes sind — es sind politische Verträge, die sich von Tag zu Tag wandeln —, haben wir durch die schöpferische Konsequenz und Stabilität unserer eigenen Politik zu einem kraftvollen Instrument zu machen, damit das große Werk gelingt, die in Scherben gegangene Welt und das in Scherben gegangene Europa wiederaufzubauen und damit als Volk in Einheit und Freiheit unseren Frieden zu finden. Bisher ist nach unserer Auffassung nur eine aktive Wiedervereinigungspolitik geführt worden, die reale Politik der Koalition.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)