Rede von
Dr.
Karl
von
Buchka
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es hat doch etwas für sich und ist sehr schön, daß in unseren Plenarsitzungen ein sauberes stenographisches Protokoll geführt wird; denn je länger, je mehr könnte man bei dieser Besetzung des Hauses sonst zu dem Argwohn kommen, wir verhandelten hier unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Aber sei dem, wie ihm wolle.
Es sei mir als einem, der nicht Rechtsanwalt ist, gestattet, zu diesem Gesetzentwurf zu sprechen. Es ist selbstverständlich nicht möglich und auch nicht der Sinn einer ersten Lesung, daß in jedem Diskussionsbeitrag auf jede Einzelheit eingegangen wird. Ich werde das auch meinerseits sorgsamst vermeiden und beabsichtige, nur auf einen einzigen Punkt zurückzukommen. Das ist der § 236 des Entwurfs, der sich mit der Übernahme der Verwaltungsrechtsräte in die Rechtsanwaltschaft befaßt. Die Verwaltungsrechtsräte verdanken ihre Existenz einem preußischen Gesetz vom 25. Mai 1926. Wieso kam es überhaupt zu der Schaffung solcher Verwaltungsrechtsräte? Ich darf als bekannt voraussetzen, daß schon in der damaligen Zeit das gesamte Verwaltungsrecht im weitesten Sinne einen derartigen Umfang angenommen hatte, daß es ein ausgesprochenes Spezialgebiet geworden war. Das ist es heute noch. Es kommt hinzu, daß — zumindest damals bei Erlaß dieses preußischen Gesetzes — das Verwaltungsrecht in einer normalen Anwaltspraxis mehr ein Randgebiet darstellte. So haben sich denn die Verwaltungsrechtsräte in ihrer nunmehr jahrzehntelangen Praxis tatsächlich auch sehr um die Rechtspflege verdient gemacht, und es ist mir ein Bedürfnis, gerade auch an dieser Stelle den Verwaltungsrechtsräten Dank und Anerkennung für ihre Leistungen auszusprechen.
Je länger, je mehr haben sich — das erkenne ich durchaus an — gewisse Schwierigkeiten herausgestellt. Es ist ja kein Geheimnis, daß die Grenzen zwischen dem Verwaltungsrecht und dem übrigen Recht vielfach flüssig sind. Daher sind Überschneidungen und Mißhelligkeiten nicht allzu selten zu verzeichnen gewesen. Ich erinnere im übrigen auch daran, daß gerade neuerdings im Zusammenhang mit dem Bundesentschädigungsgesetz Schwierigkeiten und Mißhelligkeiten aufgetaucht sind, indem eine große Anzahl von Gerichten ein Auftreten der Verwaltungsrechtsräte in diesen Sachen abgelehnt hat.
Ich begrüße es außerordentlich, daß sich die Bundesregierung bei dem Entwurf einer Bundesrechtsanwaltsordnung dazu entschlossen hat, die Übernahme der Verwaltungsrechtsräte in die Rechtsanwaltschaft — auf Antrag, wohlgemerkt — vorzuschlagen. Ich kann dies um so ehrlicher und aufrichtiger tun, als ich weiß, daß es auch den Wünschen der Verwaltungsrechtsräte selbst entspricht.
Eine Bemerkung noch am Rande. Sollten sich hiernach etwa in dem Entwurf des Gesetzes über die Verwaltungsgerichte Änderungen als notwendig erweisen, so würde das in den kommenden Beratungen über den betreffenden Gesetzentwurf noch zu berücksichtigen sein.
Wenn nunmehr die Verwaltungsrechtsräte in der allgemeinen Anwaltschaft aufgehen, so habe ich allerdings einen dringenden Wunsch, ja, eine Forderung anzumelden. Hierzu muß ich im voraus etwas bemerken. Ich bin früher Regierungsreferendar und Regierungsassessor gewesen, gehöre also — horribile dictu — der Laufbahn an, die hier vorhin von meinem alten Freund Dresbach als die vornehmere bezeichnet worden ist. Auch das will ich nicht weiter vertiefen. Lassen Sie mich nur eines sagen — es mag sein, daß ich das als alter Spezialist ein bißchen mit begrenztem Horizont ansehe; das will ich gern auf mich nehmen —: wenn wir künftig eine einheitliche Anwaltschaft haben werden, halte ich es für unbedingt notwendig — und ich möchte fast glauben, daß Sie mir alle darin zustimmen werden —, daß unser juristischer Nachwuchs, gerade auch der Nachwuchs für die Anwaltschaft so universell juristisch ausgebildet wird wie nur irgend möglich und daß er auch das Verwaltungsrecht wirklich funditus, ganz genau beherrscht. Diese meine dringende Bitte deckt sich durchaus mit den Erfahrungen, die bei den Verwaltungsgerichten in der Praxis der letzten Jahre gemacht worden sind.
Sie ersehen aus der Drucksache, daß auch der Bundesrat mit der Vorschrift des § 236 durchaus einverstanden ist. Er hat aber noch einige Verbesserungsvorschläge dazu gemacht, indem er etwas günstigere Termine festgelegt sehen will. Ich kann das im Interesse der Betroffenen und im allgemeinen Interesse auch meinerseits nur wärmstens befürworten.
Ich beschränke mich, wie gesagt, auf diesen einen Paragraphen von den insgesamt 264 Paragraphen. Ich halte ihn im allgemeinen Interesse für dringend notwendig und erwünscht. Selbstverständlich muß im Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht noch eingehend über die Einzelheiten beraten werden. Es ist mein lebhafter Wunsch — ich glaube bestimmt, daß er in Erfüllung gehen wird —, daß auch in diesem Punkte der Gesetzentwurf zum Gesetz werden wird.