Rede von
Dr.
Gerhard
Schröder
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes über das Apothekenwesen hiermit einzubringen. Dieses Gesetz regelt die Rechtsform, nach der in der Bundesrepublik eine Apotheke zu betreiben ist.
Apotheken sind Gewerbebetriebe besonderer Art. Der Staat muß an ihnen wegen der Bedeutung, die sie für die Volksgesundheit haben, ein besonderes Interesse nehmen. Der Apotheker selbst unterliegt besonderen gesetzlichen Bestimmungen über seine Ausbildung und die Befähigung für seinen Beruf. Auch die Apotheke braucht als eine Einrichtung im Rahmen des Verkehrs mit Arzneimitteln und als eine der Ausübungsformen des Apothekerberufs eine gesetzliche Regelung.
Dem Gesetzentwurf ist eine ausführliche Begründung beigegeben. Ich will deshalb von einer Darstellung der Motive und des Gesetzesinhalts im einzelnen absehen und mich auf einige Bemerkungen beschränken.
Der Regierungsentwurf hält an dem Grundsatz fest, daß eine Apotheke nur mit einer staatlichen Erlaubnis betrieben werden darf und daß die Zahl der Apotheken beschränkt gehalten werden muß.
Er will das Wesen der deutschen Apotheke, wie es sich durch Jahrhunderte entwickelt hat und durch das sie in der ganzen Welt Ansehen genießt, bewahren und fördern. Der Entwurf stellt nun den ersten Versuch dar, die verschiedenen historisch gewordenen Formen der Betriebsberechtigung in ein gesetzliches System zu bringen und damit der künftigen Entwicklung eine feste und klare Grundlage zu geben. Dadurch soll dem dringenden, im übrigen auch vom Bundesrat ausgesprochenen Wunsche nach einer bundeseinheitlichen Regelung Rechnung getragen werden. Die Kompetenz des Bundes zum Erlaß eines solchen Gesetzes ist gegeben.
Der Gesetzentwurf sieht davon ab, die verschiedenen Betriebsrechtsformen auf eine einzige Form zu vereinheitlichen mit Ausnahme der Lizenz in der ,amerikanischen Zone. Die Bundesregierung hält das Nebeneinanderbestehen von Privilegien, Realkonzessionen und Personalkonzessionen aus sachlichen und auch aus sozialen Gründen für eine gute Lösung, zumal die Personalkonzession durch die Einführung eines Initiativrechts der Apotheker bei der Neuerrichtung von Apotheken eine Auflockerung erfahren soll. Das Prinzip einer sogenannten gelenkten Niederlassungsfreiheit, das gleichzeitig die allgemeine Veräußerlichkeit und Vererblichkeit aller Apotheken umfassen soll, vermag die Bundesregierung nicht als geeigneten Weg für eine bundesgesetzliche Regelung anzusehen. Es besteht vielmehr die Besorgnis, daß ein solches System in kurzer Zeit das Wesen der deutschen Apotheke in einer Weise verändern würde, die wir alle nicht wünschen.
Dazu kommt ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt. Die Zahl der Apotheken muß beschränkt bleiben, um einen Konkurrenzkampf der Apotheken untereinander auszuschließen. Ein solcher Kampf muß im Interesse der ordnungsmäßigen Erfüllung der Aufgaben der Apotheken unter allen Umständen vermieden werden. Nach Auffassung der Bundesregierung läßt sich ein gesetzlich festgelegter Konkurrenzschutz mit einem freien Verfügungsrecht über sämtliche Apothekenbetriebsberechtigungen schwerlich vereinbaren.
Ich darf ganz kurz, wie das Herr Kollege Platner bei der Einbringung seines Initiativgesetzentwurfs getan hat. auch zu den Fragen Stellung nehmen, die er in den Vordergrund gerückt hat. Der von ihm eingebrachte Entwurf hat viel Ähnlichkeit mit einem Entwurf. der bereits dem 1. Bundestag vorgelegen hat. Dieser Entwurf hat damals lange Zeit den Gesundheitsausschuß beschäftigt, ist aber nicht Gesetz geworden. Die Beratungen im Gesundheitsausschuß sind nicht über die Generaldebatte hinaus gediehen. Es zeigte sich, daß die Grundgedanken dieses Entwurfs, der weitgehend mit dem aus der Apothekerschaft stammenden sogenannten Frankfurter Entwurf übereinstimmte, nicht die Resonanz im Ausschuß fanden, die zu eine positiven Beschlußfassung geführt hätte.
Der Entwurf, wie er jetzt vorgelegt wird, weicht nur unwesentlich von dem damaligen Entwurf ab. Auch er steht im Zeichen der sogenannten gelenkten Niederlassungsfreiheit. Das will sagen, jeder qualifizierte Apotheker soll die Freiheit haben, sich als selbständiger Apotheker niederzulassen, also eine Apotheke zu erwerben oder neu zu errichten. Die Freiheit zur Neuerrichtung einer Apotheke soll jedoch insofern gelenkt werden, als die behördliche Erlaubnis dazu vor allem dann zu versagen
wenn nicht zu erwarten ist, daß die bestehenden Apotheken und die neu zu errichtende Apotheke eine einwandfreie Arzneimittelversorgung für die Bevölkerung durchführen können. Dies wird vornehmlich dann der Fall sein, wenn die bestehenden Apotheken und die neu zu errichtende Apotheke nicht mehr über die erforderliche wirtschaftliche Grundlage für eine geordnete Arzneimittelversorgung verfügen.
Auch wenn dies in dem Gesetzentwurf der Herren Abgeordneten Platner und Genossen im Gegensatz zu dem früheren Entwurf nicht ausdrücklich ausgesprochen ist, sollen auch nach diesem Entwurf alle Apotheken verkäuflich und vererblich sein, also auch die bisher auf Grund von Personalkonzession betriebenen. Der vorliegende Entwurf will allerdings daneben noch das Recht der Behörden zur Ausschreibung von neu zu errichtenden Apotheken aufrechterhalten.
Die Bundesregierung hat sich in Verbindung mit dem von ihr vorgelegten Entwurf eines Gesetzes über das Apothekenwesen eingehend mit dem Prinzip der sogenannten gelenkten Niederlassungsfreiheit beschäftigt, das auf der Umwandlung aller Apothekenbetriebsrechte in verkäufliche und vererbliche Rechte beruht, Sie hat sich nicht überzeugen können, daß die Abschaffung der Personalkonzession als unverkäuflichen und urivererblichen Betriebsrechtes vertretbar ist. Sie ist vielmehr der Meinung, daß diese Betriebsrechtsform neben den verkäuflichen und vererblichen Privilegien und Realkonzessionen bestehenbleiben muß. Sie will bei der Neuerrichtung von Apotheken von dem Ausschreibungsmonopol der Verwaltungsbehörden abgehen und unter bestimmten Voraussetzungen die eigene Initiative der Apotheker zum Zuge kommen lassen. Sie glaubt aber, daß diesem Initiativrecht der Apotheker ein bestimmterer Rahmen gegeben werden muß, als dies in dem vorliegenden Entwurf der Herren Abgeordneten Platner und ,Genossen vorgesehen ist. Die hierin enthaltene Vorschrift für eine Versagung der Erlaubnis macht der Behörde den ihr obliegenden Beweis für das Vorliegen des Versagungsgrundes so schwer, daß sie sich, besonders vor einem Verwaltungsgericht, damit praktisch kaum wird durchsetzen können. Das aber würde auf die unlenkbare Niederlassungsfreiheit hinauslaufen. Ich bedaure daher, in diesem Entwurf in seiner vorliegenden Fassung ein geeignete Grundlage für eine geordnete Arzneimittelversorgung nicht erblicken zu können.
Auch der Begründung, die zu diesem Gesetzentwurf gegeben wird, bedaure ich nicht folgen zu können. Ich kann nicht zugeben, daß das bisherige gemischte System, nämlich das Nebeneinanderbestehen von Realrechten, Realkonzessionen und Personalkonzessionen gegen das Gleichheitsprinzip des Art. 3 des Grundgesetzes verstößt. Diese Betriebsrechtsformen haben sich historisch entwickelt, sie sind nicht willkürlich geschaffen worden. Ihr Nebeneinanderbestehen läßt sich auch heute noch durchaus rechtfertigen, ja es erscheint sogar als notwendig. Die Möglichkeit, Apothekenbetriebsberechtigungen sowohl durch Kauf oder Erbschaft als auch im Wege der staatlichen Verleihung auf Grund des Betriebsberechtigungsalters zu erwerben, wird von der Bundesregierung als eine den heutigen sozialen Verhältnissen am 'besten gerecht werdende Lösung des Problems des Zugangs zu einer Apothekenbetriebsberechtigu.ng angesehen. Da die Wahl zwischen diesen beiden Möglichkeiten allen Personen, 'die für die Ausübung des Apothekerberufs qualifiziert sind, gleichmäßig offensteht, ist dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes Rechnung getragen.
Es trifft ferner nicht zu, daß das Grundrecht des Art. 12 des 'Grundgesetzes verletzt sei. Wie das Bundesverwaltungsgericht in der schon erörterten Entscheidung vom 15. Dezember 1953 ausgesprochen hat, kann das Grundrecht der freien Berufswahl nicht in Anspruch genommen werden, wenn dadurch die für den Bestand der Gemeinschaft notwendigen Rechtsgüter gefährdet würden. Zu diesen notwendigen Rechtsgütern, so erklärt das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich, gehört auch die Volksgesundheit.
Der Heimfall einer Personalkonzession an den Staat und die Neuverleihung an einen von dem Staat zu bestimmenden Bewerber stellt auch keinen Verstoß gegen Art. 14 des Grundgesetzes dar. Diese Betriebsrechte sind persönliche Erlaubnisse, die von den Vermögenswerten, die zu ihrer Ausübung dienen, wie Einrichtungsgegenstände und Warenlager, rechtlich völlig zu trennen sind und die im Gegensatz zu diesen weder zu Eigentum erworben noch vererbt werden können.
Die Begründung des Gesetzentwurfs meint, durch den bisherigen Zustand im Apothekenwesen sei die Arzneimittelversorgung gefährdet. Dazu darf ich nachdrücklich bemerken, daß die Arzneimittelversorgung in der Bundesrepublik durchaus nicht gefährdet ist. Das Gesetz über die vorläufige Regelung der Errichtung neuer Apotheken vom 13. Januar 1953, das aus der Mitte des Bundestags hervorgegangen ist, hat die planlose und ungelenkte Vermehrung von Apotheken in der amerikanischen Besatzungszone, die bei einer Fortdauer allerdings sehr bald zu einer Gefährdung der Arzneimittelversorgung in dieser Zone geführt hätte, gestoppt.
Meine Damen und Herren, ich darf abschließend der Hoffnung Ausdruck geben, daß trotz der Schwierigkeiten, die die Behandlung dieser Materie sicher haben wird, und trotz der in dieser Beziehung nicht allzu ermutigenden Erinnerungen aus den Zeiten des 1. Bundestags es dem 2. Bundestag vergönnt sein möge, den Wurf der Vereinheitlichung des Apothekenrechts in 'Deutschland bald und befriedigend zu verwirklichen.