Rede:
ID0207706700

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2077

  • date_rangeDatum: 31. März 1955

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 77. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. März 1955 4227 77. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 31. März 1955. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 4228 A, 4240 C Beurlaubte Abgeordnete (Anlage 1) . . . 4293 B Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Pferdmenges 4228 B Mitteilung über Vorlage eines Berichts des Bundesministers der Finanzen betr. Mißstände auf dem Gebiet der Besatzungsbauten (Drucksache 1307) 4228 B Mitteilung über Vorlage des Geschäftsberichts der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein für das Geschäftsjahr 1953/54 4228 B Mitteilung über Zurückziehung des Antrags der Fraktion der DP betr. Einfuhr- und Vorratsstellen (Drucksache 196) . . . . 4228 B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Statut der Saar (Drucksache 1245) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Veröffentlichung des Schreibens von Bundeskanzler Dr. Adenauer an den französischen Außenminister Pinay (Drucksache 1293 [neu]) 4228 B Dr. Mommer (SPD), Antragsteller . 4228 C, 4236 D Dr. Adenauer, Bundeskanzler 4232 C, 4236 B Dr Kopf (CDU/CSU) 4233 A Dr. Arndt (SPD) 4234 D Mellies (SPD) (zur Geschäftsordnung) 4238 A Dr. Krone (CDU/CSU) 4238 B Abstimmungen 4237 D, 4238 B Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Sozialpolitik im Mündlichen Bericht über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Steigerungsbeträge für Zeiten der Arbeitslosigkeit (Drucksachen 1162, 973; Antrag Umdruck 292) 4238 C Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Drucksache 1158) in Verbindung mit der Fortsetzung der ersten Beratung des von den Abg. Höcherl, Stücklen, Seidl (Dorfen), Dr. Dollinger u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Drucksache 1253) und mit der Fortsetzung der ersten Beratung des von den Abg. Dr. Böhm (Frankfurt), Dr. Dresbach, Ruf u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Drucksache 1269) . . . 4238 D Dr. Horlacher (CDU/CSU) 4239 A Dr. Reif (FDP) 4241 D Samwer (GB/BHE) 4244 D, 4280 B Illerhaus (CDU/CSU) 4246 A Dr. Elbrächter (DP) 4250 A Unterbrechung der Sitzung . . 4252 C Scheel (FDP) 4252 D Raestrup (CDU/CSU) 4256 D Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 4260 B Bender (GB/BHE) 4260 D Dr. Böhm (Frankfurt) (CDU/CSU) . 4264 B Dr. Hellwig (CDU/CSU) 4266 A Dr. Schöne (SPD): zur Sache 4267 D zur Geschäftsordnung 4280 D Lenz (Brühl) (CDU/CSU) 4279 D Dr. Köhler (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 4280 C Ausschußüberweisungen . . . . 4280 B, 4281 A Änderungen der Tagesordnung . . 4263 D, 4281 A Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betr. Erhöhung der Straßenbenutzungsgebühren in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands (Drucksache 1316) . . . . 4263 D Beschlußfassung 4264 B Erste Beratung des von den Abg. Platner, Dr. Leiske u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Apothekenwesen (Drucksache 1083) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Apothekenwesen (Drucksache 1233) 4281 A Platner (CDU/CSU), Antragsteller . 4281 A, 4292 A Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 4283 B, 4292 C Frau Dr. Steinbiß (CDU/CSU) . . . 4284 D Dr. Hammer (FDP) 4285 D Geiger (München) (CDU/CSU) . . 4286 C Stegner (Fraktionslos) 4288 D Becker (Hamburg) (DP) 4289 B Dr. Reichstein (GB/BHE) 4290 A Lange (Essen) (SPD) 4290 D Horn (CDU/CSU) 4291 D Samwer (GB/BHE) 4292 C Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . 4292 D Ausschußüberweisungen 4293 A Beschlußunfähigkeit festgestellt und Weiterberatung vertagt 4293 C Nächste Sitzung 4293 C Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 4293 B, C, 4294 Die Sitzung wird um 9 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Dr. Wahl 14. Mai Stingl 14. Mai Feller 7. Mai Dr. Bucher 7. Mai Dr. Furler 7. Mai Dr. Rinke 7. Mai Neumann 7. Mai Heiland 7. Mai Dr. Lenz (Godesberg) 7. Mai Peters 23. April Pelster 23. April Kunze (Bethel) 23. April Dr. Maier (Stuttgart) 16. April Kühlthau 9. April Mißmahl 9. April Frau Lockmann 9. April Frau Kettig 2. April Dr. Pfleiderer 2. April Morgenthaler 2. April Dr. Kather 2. April Gedat 2. April Bauknecht 2. April Schuler 2. April Dr. Seffrin 2. April Frau Beyer (Frankfurt) 2. April Rademacher 2. April Dr. Jentzsch 2. April Euler 2. April Dr. Hesberg 2. April Kirchhoff 2. April Schrader 2. April Diedrichsen 2. April Frau Welter (Aachen) 2. April Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 1. April Ladebeck 1. April Frau Dr. Schwarzhaupt 1. April Feldmann 1. April Berendsen 1. April Hepp 31. März Dr. Baade 31. März Frau Nadig 31. März Dr. Wellhausen 31. März Naegel 31. März Frau Dr. Probst 31. März Hufnagel 31. März Brockmann (Rinkerode) 31. März Dr. Leverkuehn 31. März Even 31. März Seiboth 31. März Haasler 31. März Walz 31. März Paul 31. März Schütz 31. März Schneider (Bremerhaven) 31. März Neuburger 31. März Kalbitzer 31. März Jahn (Frankfurt) 31. März Dr. Kreyssig 31. März Dr. Schmid (Frankfurt) 31. März Brandt (Berlin) 31. März b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Dr. Becker (Hersfeld) 30. April Dr. Graf Henckel 30. April Kalbitzer vom 12. April bis zum 16. Mai Josten vom 4. April bis zum 20. Mai
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Meine Damen und Herren, Sie haben den Vorschlag auf Einschränkung der Beteiligung der mitberatenden Ausschüsse gehört. Gerade für den Rechtsausschuß, Herr Kollege Dr. Schöne, wäre die Bemerkung nicht notwendig gewesen; denn der Rechtsausschuß, dem ich schon immer angehöre, hat sich seit jeher in, ich möchte sagen, vorbildlicher Weise an seine Aufgabe gehalten, dann, wenn er nicht federführend war, nur die rechtspolitischen Probleme der ihm überwiesenen Gesetze zu betrachten.
    Ist das Haus mit dieser Art der Überweisung einverstanden?

    (Zustimmung.)

    — Dann ist so beschlossen.
    Punkt 4 der heutigen Tagesordnung ist im allgemeinen Einvernehmen abgesetzt.
    Ich rufe Punkt 5 auf:
    a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Platner, Dr. Leiske und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Apothekenwesen (Drucksache 1083);
    b) Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Apothekenwesen (Drucksache 1233).
    Ich schlage dem Hause vor, so zu verfahren, daß zunächst die beiden Begründungen gegeben werden und wir dann die Debatte über die Entwürfe unter a und b zusammenziehen. — Ich höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen.
    Zur Begründung des Entwurfs Drucksache 1083 erteile ich dem Abgeordneten Platner das Wort.
    Platner (CDU/CSU), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Rechtsebene unserer Zeit der Gleichheit und Freiheit nimmt sich das gegenwärtig in der Bundesrepublik noch geltende Apothekenrecht gleichsam wie ein Schutzgebiet historisch überholter, antiquierter Rechtsfiguren aus. Wir haben da Realrechte und Privilegien und Realkonzessionen, die veräußerlich und vererblich sind, und wir haben ferner — um es kurz zu machen — Personalkonzessionen, die nun auf der anderen Seite unveräußerlich und unvererblich sind. Man hat angesichts dieses fundamentalen Unterschiedes bisher von dem gemischten System gesprochen.
    Im Jahre 1949 proklamierte die amerikanische Militärregierung im Bereich der amerikanischen Zone die unbeschränkte Niederlassungsfreiheit. Als deren Folge trat in Teilgebieten der amerikanischen Zone nahezu eine Verdoppelung der Zahl der Apotheken ein. Es war also zu vermuten, daß durch eine weitere Vermehrung der Zahl der Apotheken eine Gefährdung der Existenz des einzelnen Apothekers entstehen könne und damit mittelbar eine generelle Gefährdung der gesicherten Arzneiversorgung der Bevölkerung.
    Als Abwehraktion kam im Jahre 1950 aus dem Bereich der deutschen Apothekerschaft der Frankfurter Entwurf eines bundeseinheitlichen Apothekengesetzes. In einer Urabstimmung der deutschen Apothekerschaft über diesen Gesetzentwurf stimmten 92 % der an der Abstimmung teilnehmenden Apotheker dem Gesetzentwurf zu.
    In der Folge — im Juli 1951 — wurde er dann durch die CDU-Fraktion im 1. Bundestag eingebracht, blieb dann aber im 1. Bundestag in der Beratung stecken. Als Riegel gegen eine drohende
    weitere Vermehrung der Apotheken wurde dann ebenfalls auf Initiative des 1. Bundestages im Januar 1953 das sogenannte Apothekenstoppgesetz eingebracht, zunächst mit einer Geltungsdauer von sechs Monaten. Da auch innerhalb dieser sechs Monate gemäß dem Frankfurter Entwurf kein einheitliches Bundesapothekengesetz zustande kam, wurde durch zwei Verlängerungsgesetze die Geltungsdauer dieses sogenannten Apothekenstoppgesetzes bis zum Ende des Jahres 1955 verlängert.
    Das Land Bayern, ebenfalls zur amerikanischen Zone gehörend, schuf seinerseits im Sommer 1952 ein eigenes Landesapothekengesetz. In Anbetracht des auf der Bundesebene ergangenen Apothekenstoppgesetzes erhob die bayerische Landesregierung im Februar 1953 im Normenkontrollverfahren bei dem Bundesverfassungsgericht Feststellungsklage; sie begehrte Feststellung dahin, daß das Apothekenstoppgesetz mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sei. Zur Begründung führte die bayerische Landesregierung aus, es sei keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes gegeben. Hiermit wird die bayerische Landesregierung beim Bundesverfassungsgericht voraussichtlich insofern Erfolg haben, als die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes gemäß Art. 72 Abs. 2 des Grundgesetzes unter dort normierten Voraussetzungen sogenannte Bedarfskompetenz ist. Die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 sind aber bei diesem Apothekenstoppgesetz nicht gegeben.
    Diese, insgesamt gesehen, sehr ungewisse Situation zwingt uns also auf Bundesebene zur schnellen Schaffung einer bundeseinheitlichen Regelung des Apothekenrechts. Dabei möchte ich grundlegend vorausschicken: Es besteht in beiden Lagern, sowohl in dem Lager der Abgeordneten, die hinter dem Regierungsentwurf stehen, als auch bei den Abgeordneten, die hinter unserem Entwurf stehen, allseitiges Einverständnis darüber, daß der beherrschende gesundheitspolitische Gesichtspunkt der Sicherung der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung eine Beschränkung der Zahl der Apotheken fordert.

    (Abg. Dr. Hammer: § 3 b Ihres Gesetzentwurfs!)

    Wir werden also vom Grundsatz einer beschränkten oder, wie man es auch genannt hat, gelenkten Niederlassungsfreiheit auszugehen haben. Das bedeutet mit anderen Worten, daß die Neuerrichtung von Apotheken nur mit behördlicher Erlaubnis vor sich gehen kann.
    Die konkrete Ausgestaltung dieses Grundsatzes unter Schaffung einer allen Apotheken gemeinsamen Betriebsform muß aber gemäß der zwingenden Bindung des Art. 1 Abs. 3 des Grundgesetzes entsprechend der Grundrechtsordnung unserer Verfassung vor sich gehen. Es handelt sich demnach bei der Ausgestaltung dieses Grundsatzes im Rahmen eines Gesetzes fast ausschließlich um Rechtsfragen. Das Anliegen einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit unter Schaffung einer für alle Apotheken geltenden Betriebsform ist aber unseres Erachtens rechtlich auf dem Wege der sogenannten Personalkonzession nicht realisierbar, denn bei der Personalkonzession fällt beim Tode des Konzessionsträgers die Konzession an den Staat zurück. Sie ist also, mit anderen Worten, unveräußerlich und unvererblich. Die Realrechte, Privilegien und Realkonzessionen dagegen sind veräußerlich und vererblich. Wollte


    (Platner)

    man die Personalkonzession bei der Schaffung eines einheitlichen, gleichen Apothekenrechts zur alleinigen Betriebsrechtsform für alle Apotheken machen, so würde für die Privileg-, Realrechts-und Realkonzessionsinhaber eine Entziehung von Rechten Platz greifen. Da nach herrschender Ansicht die Realrechte und Realkonzessionen Vermögenswerte und daher Eigentum im Sinne des Art. 14 des Grundgesetzes sind, würde hier ein Konflikt mit der genannten Bestimmung des Grundgesetzes eintreten. Art. 14 gewährleistet das Eigentum und läßt Enteignungen nur zum Wohle der Allgemeinheit und gegen Entschädigung zu. Die Vereinheitlichung des Apothekenrechts auf der Basis der Personalkonzession als einheitlicher Betriebsform für alle Apotheken würde also auf dem angedeuteten Wege zu weitgehenden Entschädigungsforderungen der Realrechtsinhaber und Realkonzessionäre führen.
    Der Regierungsentwurf, der die Personalkonzession für neu zu errichtende Apotheken zum Prinzip erhebt, ist deshalb genötigt, das gemischte System unter Konservierung der bisherigen Betriebsrechtsformen beizubehalten. Aber dadurch kommt der Regierungsentwurf unseres Erachtens in einen grundsätzlichen Konflikt mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3. Nach diesem muß der Gesetzgeber Gleiches gleich behandeln. Nach der inzwischen bereits weit entwickelten Rechtsprechung unseres Bundesverfassungsgerichts können bei Schaffung eines Gesetzes allerdings Differenzierungen aus dem Gesichtspunkt des Herkömmlichen zulässig sein; aber gerade vom Grundsatz der Gleichheit ausgehend kennt das moderne Recht nur das Gesetz mit allgemeinem, abstraktem Inhalt.
    Diesem fundamentalen Gedanken der Rechtsgleichheit widerspricht das Privileg als sogenanntes Individualgesetz, denn das Privileg ist ein Fall individueller Begünstigung, und zwar entweder eines einzelnen oder einer Gruppe. Das Privileg als Individualgesetz ist also ein wesensfremdes Element im Recht unseres Zeitalters der Gleichheit. Die gesetzliche Bestätigung, die hier erstmalig hinsichtlich solcher Individualgesetze vorgenommen werden soll, würde aber so fundamental gegen den kategorischen Grundsatz der Gleichheit verstoßen, daß die durch diesen Verstoß geschaffene Ungleichheit nicht mehr unter dem Gesichtspunkt des Herkömmlichen als irrelevant für die Prüfung der Frage einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes betrachtet werden kann.
    Aber auch soziale Gesichtspunkte sprechen gegen die Personalkonzession unter Beibehaltung des gemischten Systems. Die Personalkonzession mußte bisher in ihrer Praktizierung ersessen werden. Der Bewerber mußte ein ziemlich erhebliches Anwartschaftsalter besitzen, um in der Praxis die Personalkonzession erhalten zu können. Daraus resultierte die Tatsache, daß solche Anwartschaftsbewerber, die eine Personalkonzession erhielten, im Durchschnitt ein Lebensalter von 55 bis 60 Jahren hatten. Andererseits hatten die Realrechte und Realkonzessionen hohe Idealwerte, die in der Vergangenheit zum Teil die zehnfache Höhe eines nüchternen Geschäftswertes erreichten. Solche Apotheken mit derart hohen Idealwerten waren also nur für sehr vermögende Apotheker käuflich.
    Ein wirklich einheitliches und gleiches Betriebsrecht für alle Apotheken entsprechend den Bestimmungen unseres Grundgesetzes kann aber
    meines und unseres Erachtens nur durch die veräußerliche und vererbliche Betriebserlaubnis als alleinige Betriebsrechtsform für die Apotheken geschaffen werden. Diese Erlaubnis darf bei Neugründungen von Apotheken nicht wieder von einer eigentlichen Bedürfnisprüfung abhängig gemacht werden, sondern wir müssen hier einen Weg finden, der lediglich zum Charakter einer bloßen Zulassungsbeschränkung führt, weil sonst eine gesicherte Arzneiversorgung in Frage gestellt werden kann. Wir müssen uns dabei auch darüber klar sein, daß die derzeitige Rechtsprechung der höheren Verwaltungsgerichte und die gutachtliche Stellungnahme des Bundesgerichtshofs zu fünf verschiedenen Ansichten bezüglich der Zulässigkeit der Bedürfnisprüfung geführt hat. Es gibt also noch keine ausgetragene feste Stellungnahme der Rechtsprechung. Hier tut sich die Problematik der Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 des Grundgesetzes auf.
    Folgt man dabei allerdings der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in den Urteilen vom 15. Dezember 1953 und 10. März 1954, so kann das Grundrecht der Berufsfreiheit nicht in Anspruch genommen werden, wenn dadurch ein für den Bestand der Gemeinschaft notwendiges Rechtsgut — das wäre hier das Rechtsgut der Volksgesundheit — gefährdet wird. Das ist also die hier vorhandene Problematik.
    Die Bundesregierung lehnt nun in ihrem Entwurf das System der gelenkten Niederlassungsfreiheit ab, und zwar — das ergibt sich aus dem generellen Teil der Begründung des Entwurfs der Regierung — aus vorwiegend berufsinternen Gründen. Diesen Gründen wird meines Erachtens im Regierungsentwurf ein zu großes Gewicht eingeräumt. Diese Gründe der Regierung sind folgende. Die Regierung sagt, eine gelenkte Niederlassungsfreiheit lasse für die bisherigen Personalkonzessionäre einen erheblichen Geschäftswert entstehen. Das führe zu folgenden Folgen: Verteuerung des Betriebs der Apotheken, Verringerung der Möglichkeit für jüngere Apotheker, Apotheken zu kaufen, und letztlich dazu, daß es an hinreichendem Nachwuchs von Apothekern fehlen werde. Diese Argumente vermögen wir nicht als richtig anzuerkennen. Die Begründung des Regierungsentwurfs wird unseres Erachtens durch die tatsächliche Entwicklung widerlegt, wie sie sich in der amerikanischen Zone abgezeichnet hat. Wir haben dort auf Grund der von den Amerikanern vorübergehend eingeführten unbeschränkten Niederlassungsfreiheit die Tatsache zu verzeichnen, daß die hohen Einheitswerte der Realrechte und Realkonzessionen steuerlich weitgehend abgeschrieben wurden und neue Geschäftswerte in vernünftigen Grenzen festgesetzt werden. Hier zeichnet sich also eine durchaus gesunde Entwicklung ab, die bei der Realisierung unseres Entwurfs in der gesamten Bundesrepublik gleichmäßig Platz greifen würde. Damit würde aber unseres Erachtens folgender Zustand herbeigeführt: Es würde die Möglichkeit für jüngere Apotheker, Apotheken zu kaufen, erheblich erweitert, weil die hohen Werte der Realrechte und Realkonzessionen — und das ist ja über ein Drittel aller Apotheken — auf einen vernünftigen Stand zurückgeführt würden.
    Diese Entwicklung und das in unserem Entwurf vorgesehene Initiativrecht des Apothekers zur Einreichung eines Antrags auf Erteilung der Erlaubnis zur Neuerrichtung einer Apotheke sind


    (Platner)

    aber nach unserer Ansicht ein hinreichender Anreiz für junge Menschen, den Apothekerberuf zu ergreifen. Der Art. 2 unseres Grundgesetzes, der das Recht des Menschen auf freie Entfaltung der Persönlichkeit proklamiert, und soziale Gesichtspunkte haben uns dazu geführt, in unserem Entwurf ein Initiativrecht des Apothekers zur Errichtung neuer Apotheken vorzusehen. Wer die Möglichkeit der Neuerrichtung einer Apotheke aufspürt, muß das Recht haben, den Antrag auf Betriebserlaubnis von sich aus zu stellen, und soll nicht erst eine Initiative der Behörde im Wege der Ausschreibung, wie es bisher bei der Personalkonzession Übung war, abwarten müssen.
    Soziale Gesichtspunkte wie auch der Grundsatz der Gleichheit führen uns ferner in unserem Entwurf zu der Forderung, daß jeder Apotheker nur eine Apotheke haben soll. Soziale Gesichtspunkte verlangen aber schließlich auch die Sicherstellung einer Altersversorgung im Rahmen eines einheitlichen Apothekengesetzes, und zwar einer Altersversorgung für die nicht selbständigen Apotheker. — Damit habe ich in wenigen Worten die grundsätzlichen Anliegen unseres Entwurfs hervorgehoben.
    Ich darf zum Abschluß noch darauf hinweisen, daß wir bei. der Ausarbeitung unseres Entwurfs bestrebt waren, ihm eine möglichst kurze Fassung zu geben. Da es bei der Ausgestaltung eines deseinheitlichen und gleichen Apothekenrechts nach unserer Auffassung nur um Rechtsfragen geht, stelle ich hiermit den Antrag, unseren Entwurf an den Rechtsausschuß als federführenden Ausschuß und ferner an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß sowie an den Ausschuß für Gesundheitswesen zu überweisen.

    (Zuruf von der Mitte: Das hat doch mit Wirtschaft nichts zu tun!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich erteile das Wort zur Einbringung des Gesetzes über das Apothekenwesen, Drucksache 1233, dem Herrn Bundesinnenminister.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerhard Schröder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes über das Apothekenwesen hiermit einzubringen. Dieses Gesetz regelt die Rechtsform, nach der in der Bundesrepublik eine Apotheke zu betreiben ist.
    Apotheken sind Gewerbebetriebe besonderer Art. Der Staat muß an ihnen wegen der Bedeutung, die sie für die Volksgesundheit haben, ein besonderes Interesse nehmen. Der Apotheker selbst unterliegt besonderen gesetzlichen Bestimmungen über seine Ausbildung und die Befähigung für seinen Beruf. Auch die Apotheke braucht als eine Einrichtung im Rahmen des Verkehrs mit Arzneimitteln und als eine der Ausübungsformen des Apothekerberufs eine gesetzliche Regelung.
    Dem Gesetzentwurf ist eine ausführliche Begründung beigegeben. Ich will deshalb von einer Darstellung der Motive und des Gesetzesinhalts im einzelnen absehen und mich auf einige Bemerkungen beschränken.
    Der Regierungsentwurf hält an dem Grundsatz fest, daß eine Apotheke nur mit einer staatlichen Erlaubnis betrieben werden darf und daß die Zahl der Apotheken beschränkt gehalten werden muß.
    Er will das Wesen der deutschen Apotheke, wie es sich durch Jahrhunderte entwickelt hat und durch das sie in der ganzen Welt Ansehen genießt, bewahren und fördern. Der Entwurf stellt nun den ersten Versuch dar, die verschiedenen historisch gewordenen Formen der Betriebsberechtigung in ein gesetzliches System zu bringen und damit der künftigen Entwicklung eine feste und klare Grundlage zu geben. Dadurch soll dem dringenden, im übrigen auch vom Bundesrat ausgesprochenen Wunsche nach einer bundeseinheitlichen Regelung Rechnung getragen werden. Die Kompetenz des Bundes zum Erlaß eines solchen Gesetzes ist gegeben.
    Der Gesetzentwurf sieht davon ab, die verschiedenen Betriebsrechtsformen auf eine einzige Form zu vereinheitlichen mit Ausnahme der Lizenz in der ,amerikanischen Zone. Die Bundesregierung hält das Nebeneinanderbestehen von Privilegien, Realkonzessionen und Personalkonzessionen aus sachlichen und auch aus sozialen Gründen für eine gute Lösung, zumal die Personalkonzession durch die Einführung eines Initiativrechts der Apotheker bei der Neuerrichtung von Apotheken eine Auflockerung erfahren soll. Das Prinzip einer sogenannten gelenkten Niederlassungsfreiheit, das gleichzeitig die allgemeine Veräußerlichkeit und Vererblichkeit aller Apotheken umfassen soll, vermag die Bundesregierung nicht als geeigneten Weg für eine bundesgesetzliche Regelung anzusehen. Es besteht vielmehr die Besorgnis, daß ein solches System in kurzer Zeit das Wesen der deutschen Apotheke in einer Weise verändern würde, die wir alle nicht wünschen.
    Dazu kommt ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt. Die Zahl der Apotheken muß beschränkt bleiben, um einen Konkurrenzkampf der Apotheken untereinander auszuschließen. Ein solcher Kampf muß im Interesse der ordnungsmäßigen Erfüllung der Aufgaben der Apotheken unter allen Umständen vermieden werden. Nach Auffassung der Bundesregierung läßt sich ein gesetzlich festgelegter Konkurrenzschutz mit einem freien Verfügungsrecht über sämtliche Apothekenbetriebsberechtigungen schwerlich vereinbaren.
    Ich darf ganz kurz, wie das Herr Kollege Platner bei der Einbringung seines Initiativgesetzentwurfs getan hat. auch zu den Fragen Stellung nehmen, die er in den Vordergrund gerückt hat. Der von ihm eingebrachte Entwurf hat viel Ähnlichkeit mit einem Entwurf. der bereits dem 1. Bundestag vorgelegen hat. Dieser Entwurf hat damals lange Zeit den Gesundheitsausschuß beschäftigt, ist aber nicht Gesetz geworden. Die Beratungen im Gesundheitsausschuß sind nicht über die Generaldebatte hinaus gediehen. Es zeigte sich, daß die Grundgedanken dieses Entwurfs, der weitgehend mit dem aus der Apothekerschaft stammenden sogenannten Frankfurter Entwurf übereinstimmte, nicht die Resonanz im Ausschuß fanden, die zu eine positiven Beschlußfassung geführt hätte.
    Der Entwurf, wie er jetzt vorgelegt wird, weicht nur unwesentlich von dem damaligen Entwurf ab. Auch er steht im Zeichen der sogenannten gelenkten Niederlassungsfreiheit. Das will sagen, jeder qualifizierte Apotheker soll die Freiheit haben, sich als selbständiger Apotheker niederzulassen, also eine Apotheke zu erwerben oder neu zu errichten. Die Freiheit zur Neuerrichtung einer Apotheke soll jedoch insofern gelenkt werden, als die behördliche Erlaubnis dazu vor allem dann zu versagen


    (Bundesminister Dr. Schröder)

    wenn nicht zu erwarten ist, daß die bestehenden Apotheken und die neu zu errichtende Apotheke eine einwandfreie Arzneimittelversorgung für die Bevölkerung durchführen können. Dies wird vornehmlich dann der Fall sein, wenn die bestehenden Apotheken und die neu zu errichtende Apotheke nicht mehr über die erforderliche wirtschaftliche Grundlage für eine geordnete Arzneimittelversorgung verfügen.
    Auch wenn dies in dem Gesetzentwurf der Herren Abgeordneten Platner und Genossen im Gegensatz zu dem früheren Entwurf nicht ausdrücklich ausgesprochen ist, sollen auch nach diesem Entwurf alle Apotheken verkäuflich und vererblich sein, also auch die bisher auf Grund von Personalkonzession betriebenen. Der vorliegende Entwurf will allerdings daneben noch das Recht der Behörden zur Ausschreibung von neu zu errichtenden Apotheken aufrechterhalten.
    Die Bundesregierung hat sich in Verbindung mit dem von ihr vorgelegten Entwurf eines Gesetzes über das Apothekenwesen eingehend mit dem Prinzip der sogenannten gelenkten Niederlassungsfreiheit beschäftigt, das auf der Umwandlung aller Apothekenbetriebsrechte in verkäufliche und vererbliche Rechte beruht, Sie hat sich nicht überzeugen können, daß die Abschaffung der Personalkonzession als unverkäuflichen und urivererblichen Betriebsrechtes vertretbar ist. Sie ist vielmehr der Meinung, daß diese Betriebsrechtsform neben den verkäuflichen und vererblichen Privilegien und Realkonzessionen bestehenbleiben muß. Sie will bei der Neuerrichtung von Apotheken von dem Ausschreibungsmonopol der Verwaltungsbehörden abgehen und unter bestimmten Voraussetzungen die eigene Initiative der Apotheker zum Zuge kommen lassen. Sie glaubt aber, daß diesem Initiativrecht der Apotheker ein bestimmterer Rahmen gegeben werden muß, als dies in dem vorliegenden Entwurf der Herren Abgeordneten Platner und ,Genossen vorgesehen ist. Die hierin enthaltene Vorschrift für eine Versagung der Erlaubnis macht der Behörde den ihr obliegenden Beweis für das Vorliegen des Versagungsgrundes so schwer, daß sie sich, besonders vor einem Verwaltungsgericht, damit praktisch kaum wird durchsetzen können. Das aber würde auf die unlenkbare Niederlassungsfreiheit hinauslaufen. Ich bedaure daher, in diesem Entwurf in seiner vorliegenden Fassung ein geeignete Grundlage für eine geordnete Arzneimittelversorgung nicht erblicken zu können.
    Auch der Begründung, die zu diesem Gesetzentwurf gegeben wird, bedaure ich nicht folgen zu können. Ich kann nicht zugeben, daß das bisherige gemischte System, nämlich das Nebeneinanderbestehen von Realrechten, Realkonzessionen und Personalkonzessionen gegen das Gleichheitsprinzip des Art. 3 des Grundgesetzes verstößt. Diese Betriebsrechtsformen haben sich historisch entwickelt, sie sind nicht willkürlich geschaffen worden. Ihr Nebeneinanderbestehen läßt sich auch heute noch durchaus rechtfertigen, ja es erscheint sogar als notwendig. Die Möglichkeit, Apothekenbetriebsberechtigungen sowohl durch Kauf oder Erbschaft als auch im Wege der staatlichen Verleihung auf Grund des Betriebsberechtigungsalters zu erwerben, wird von der Bundesregierung als eine den heutigen sozialen Verhältnissen am 'besten gerecht werdende Lösung des Problems des Zugangs zu einer Apothekenbetriebsberechtigu.ng angesehen. Da die Wahl zwischen diesen beiden Möglichkeiten allen Personen, 'die für die Ausübung des Apothekerberufs qualifiziert sind, gleichmäßig offensteht, ist dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes Rechnung getragen.
    Es trifft ferner nicht zu, daß das Grundrecht des Art. 12 des 'Grundgesetzes verletzt sei. Wie das Bundesverwaltungsgericht in der schon erörterten Entscheidung vom 15. Dezember 1953 ausgesprochen hat, kann das Grundrecht der freien Berufswahl nicht in Anspruch genommen werden, wenn dadurch die für den Bestand der Gemeinschaft notwendigen Rechtsgüter gefährdet würden. Zu diesen notwendigen Rechtsgütern, so erklärt das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich, gehört auch die Volksgesundheit.
    Der Heimfall einer Personalkonzession an den Staat und die Neuverleihung an einen von dem Staat zu bestimmenden Bewerber stellt auch keinen Verstoß gegen Art. 14 des Grundgesetzes dar. Diese Betriebsrechte sind persönliche Erlaubnisse, die von den Vermögenswerten, die zu ihrer Ausübung dienen, wie Einrichtungsgegenstände und Warenlager, rechtlich völlig zu trennen sind und die im Gegensatz zu diesen weder zu Eigentum erworben noch vererbt werden können.
    Die Begründung des Gesetzentwurfs meint, durch den bisherigen Zustand im Apothekenwesen sei die Arzneimittelversorgung gefährdet. Dazu darf ich nachdrücklich bemerken, daß die Arzneimittelversorgung in der Bundesrepublik durchaus nicht gefährdet ist. Das Gesetz über die vorläufige Regelung der Errichtung neuer Apotheken vom 13. Januar 1953, das aus der Mitte des Bundestags hervorgegangen ist, hat die planlose und ungelenkte Vermehrung von Apotheken in der amerikanischen Besatzungszone, die bei einer Fortdauer allerdings sehr bald zu einer Gefährdung der Arzneimittelversorgung in dieser Zone geführt hätte, gestoppt.
    Meine Damen und Herren, ich darf abschließend der Hoffnung Ausdruck geben, daß trotz der Schwierigkeiten, die die Behandlung dieser Materie sicher haben wird, und trotz der in dieser Beziehung nicht allzu ermutigenden Erinnerungen aus den Zeiten des 1. Bundestags es dem 2. Bundestag vergönnt sein möge, den Wurf der Vereinheitlichung des Apothekenrechts in 'Deutschland bald und befriedigend zu verwirklichen.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)