Rede von
Prof. Dr.
Fritz
Hellwig
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich glaube, daß hier auch noch an die verschiedenen Vorschläge erinnert werden muß, die die DPS Ende 1953 zu einer provisorischen europäischen Regelung der Saarfrage gemacht hat. Sie hat nämlich damals jene Punkte als Programm herausgestellt, gegen die sich der Ministerpräsident Hoffmann und seine — Kumpane, möchte man beinahe sagen, wenn der Ausdruck parlamentarisch gestattet wäre - gewandt und derentwegen sie die Demokratische Partei Saar verboten haben. Das, was heute von Herrn Hoffmann als sein politisches Programm der europäischen Regelung herausgestellt wird, war nämlich das Programm der DPS 1951, dessentwegen die gleiche Partei damals verboten wurde.
Aber es scheint mir hier doch wichtig zu sein, festzuhalten, daß wichtige Punkte dieses Programms einer europäischen Regelung in das Saarabkommen, wie es jetzt vorliegt, Eingang gefunden I haben, nämlich die Entpolitisierung bis zum Friedensvertrag, die Unterstellung des Gebiets unter eine treuhänderische, kommissarische Verwaltung, eine Schiedsinstanz in Form eines besonderen Organs des Europarats, die Herstellung der politischen Freiheiten unter dem ausgesprochenen Verzicht auf Rückgliederungspropaganda, weiterhin eine Verpflichtung nicht nur Frankreichs, sondern auch Deutschlands, d. h. der Bundesrepublik, sich nicht in die inneren Verhältnisse des Saargebiets mit kultureller oder politischer Propaganda einzumischen. Weiterhin waren in diesem Programm die verschiedenen Maßnahmen zu einer schrittweisen Herstellung gleicher wirtschaftlicher Beziehungen für das Saargebiet auch gegenüber der Bundesrepublik, wie sie im Verhältnis zu Frankreich bestehen, vorgesehen.
Wir sind uns völlig klar darüber, daß, wenn auch eine Übereinstimmung derartiger Punkte in dem jetzigen Saarabkommen festgestellt werden kann, man selbstverständlich nur dann entscheiden kann, ob diese Regelung hier wirklich angestrebt wird, wenn der Geist, in dem dieses Saarabkommen angewandt wird, der wirkliche Geist der deutschfranzösischen Verständigung in der Saarfrage ist. Das Ziel jedenfalls, die Entpolitisierung, und damit auf der anderen Seite, auch der Saarbevölkerung wieder die Hoffnung zu geben, daß in einer definitiven Regelung die Deutscherhaltung auch sanktioniert wird, dieses Ziel wird nach meiner persönlichen Einstellung nicht durch das jetzige Saarabkommen gefährdet.
Ich weiß, wieviel Bedenken im einzelnen vorhanden sind, und ich glaube, jeder hier im Hause, der meine Bemühungen um die Saarfrage beobachtet hat, wird mir zugeben, daß ich immer gemahnt
und gewarnt habe vor einer allzu sorglosen Erwartung, daß sich irgendeine derartige Regelung automatisch dann auch zur deutschen Lösung entwikkeln werde. Worum es aber geht, ist doch nur, hier einmal den Fuß in eine Tür zu bringen, die wir bisher von keiner anderen Legitimation her haben öffnen können. Und daß diese Tür nun einmal geöffnet wird, das ist, glaube ich, der Gewinn in diesem Saarabkommen, der es uns erlaubt, trotz aller Bedenken im einzelnen dazu ja zu sagen.
Ich glaube aber, und damit möchte ich schließen: so stark unsere Bedenken im einzelnen zu diesem Saarabkommen sein mögen, wir erkennen die Rangordnung in der politischen Bedeutung. Es gibt keine Saarlösung in unserem Sinne, wenn sie nicht auf dem Wege über die europäische Integration, d. h. nun über unsere heutige Europapolitik herbeigeführt wird.