Rede von
Dr.
Kurt Georg
Kiesinger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantrage namens meiner politischen Freunde, diesen Antrag abzulehnen. Herr Kollege Wehner hat es für notwendig gehalten, darauf hinzuweisen, daß die Mehrheit des deutschen Volkes, die er zu kennen glaubt, gegen unsere Politik sei. Nun, meine Damen und Herren, wir glauben, die Meinung der großen Mehrheit dieses Volkes sehr genau zu kennen.
Es gibt ja Mittel — und wir alle kennen diese
Mittel —, die Meinungen unserer Bevölkerung zu
erkunden, und ich darf Ihnen verraten, daß die
jüngsten demoskopischen Umfragen, die auf sehr genauen Methoden beruhen und die sich in den letzten Jahren als richtig erwiesen haben
— nein, nein, Herr Wehner, ich kann Ihnen versichern, daß ich sie in all den letzten Jahren immer mit der Wirklichkeit verglichen habe —, ich kann Ihnen sagen, daß die neuesten demoskopischen Umfragen eine steil ansteigende Linie zugunsten der Politik Dr. Konrad Adenauers zeigen.
— Ich weiß es, daß Sie das nicht gerne hören. Natürlich, wenn man so gewaltige Anstrengungen macht, um die öffentliche Meinung für sich zu gewinnen, wie Sie es in den letzten Wochen getan haben, dann will man nicht gerne enttäuscht werden. Das ist mir klar.
Nun, das wird sich ja noch zeigen. Wir werden ja Gelegenheit haben, sehr genau festzustellen, was die deutschen Wähler denken.
Aber eines nun doch wirklich in allem Ernst! Die sämtlichen politischen Gruppen haben sich seinerzeit im Parlamentarischen Rat für dasjenige entschieden, was man „repräsentative Demokratie" nennt. Sie haben die sogenannte plebiszitäre Demokratie abgelehnt, d. h. man hat aus sehr wohlerwogenen Gründen damals gesagt, die politischen Entscheidungen müssen einzig und allein in dem Parlament getroffen werden, das in freien Wahlen gewählt worden ist, und zwar gerade auch die Vertreter der Sozialdemokratie haben das getan.
Nun gebe ich zu, daß in den letzten Wochen in den Auseinandersetzungen auch der Sozialdemokratischen Partei das Bekenntnis — jedenfalls im Parteivorstand — zur repräsentativen Demokratie sich, nun, sagen wir einmal, gerade eben noch — wie man hörte, n t 17 gegen 15 Stimmen — durchgesetzt hat.
— Herr Kollege Wehner, ich würde wünschen, daß die dauernden Beschimpfungen, die man aus Ihren Reihen hören muß, sobald irgendeine Feststellung getroffen wird, aufhören würden.
Wohin soll es kommen, wenn man dieses Spiel: Wie es in den Wald hineinruft, so schallt es zurück, weitertreiben würde?