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ID0206103200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 61. Sitzung, Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1954 3111 61. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1954. Geschäftliche Mitteilungen 3112 B Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg Spies (Brücken) und Wagner (Deggenau) 3112 B Mitteilung über Bestätigung des Zweiten Gesetzes über die Altersgrenze von Richtern an den oberen Bundesgerichten und Mitgliedern des Bundesrechnungshofes durch den Vermittlungsausschuß (Drucksache 1076) . 3112 C Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 75 und 130 (Drucksachen 607, 1075; 989, 1071) 3112 C Mitteilung über Zurückziehung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP betr. Ergänzung des Schwerbeschädigtengesetzes (Drucksache 96) 3112 C Zur Tagesordnung: Präsident D. Dr. Gerstenmaier 3112 C, 3114 C Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . . 3112 D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 3114 C Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Vorrang von Verhandlungen zur Wiedervereinigung Deutschlands (Drucksache 1017, Umdruck 280) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Viermächteverhandlungen über die Wiedervereinigung Deutschlands (Drucksache 997), mit der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Saar (Drucksache 1007, Umdruck 281), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Protokoll vom 23. Oktober 1954 über die Beendigung des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksachen 1000, zu 1000), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend den Vertrag vom 23. Oktober 1954 über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 1060), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Brüsseler Vertrag und zum Nordatlantikvertrag (Drucksache 1061), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das am 23. Oktober 1954 in Paris unterzeichnete Abkommen über das Statut der Saar (Drucksache 1062) und mit der Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Londoner Abkommen und Außenpolitik der Bundesrepublik (Drucksachen 958, zu 958, 863) . . . . 3114D, 3120 B Wehner (SPD), Anfragender 3114 D, 3149 D, 3151 C, 3153 A Dr. Adenauer, Bundeskanzler 3120 C, 3131 B Erler (SPD) . . . 3131 A, 3150 D, 3155 A Dr. Furler (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) . . 3169 Unterbrechung der Sitzung . 3135 D Ollenhauer (SPD) 3135D 3138 C Dr. Friedensburg (CDU/CSU) . . . 3138 B Kiesinger (CDU/CSU) . . 3146 B, 3149 D, 3150 A, D, 3151 D, 3153 A, 3155 A, B, D, 3159 C Walter (DP) . 3155 A Dr. Baade (SPD) 3155 C Dr. Dehler (FDP) 3157 C, 3159 C Weiterberatung vertagt 3164 B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Beiträge des Bundes zu den Steuerverwaltungskosten der Länder (Drucksache 1058) 3164 B Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 3164 B Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zum Fünften Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksachen 1077, 483, 963, 993, 1045) . 3164 B Dr. Arndt (SPD), Berichterstatter 3164 B Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein (FDP) 3165 A Beschlußfassung . 3165 B Erste, zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/ BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Art. 107 des Grundgesetzes (Drucksache 1078) . 3165 B Dr. Gülich (SPD) 3165 C Beschlußfassung . 3165 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksachen 716 [neu], 717, 836, 859, 887); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen (Drucksache 1068) 3166 A Pohle (Eckernförde) (SPD): als Berichterstatter 3166 A Schriftlicher Bericht . 3170 als Abgeordneter . 3166 I) Petersen (GB/BHE) 3166 B Abstimmungen . 3166 B, 3167 B Zweite Beratung des von ,der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung einer Sonderzulage an Kriegsopfer und Angehörige von Kriegsgefangenen (Drucksache 793); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen (Drucksache 1069) . 3167 B Maucher (CDU/CSU), Berichterstatter 3167 C Petersen (GB/BHE) 3167 1) Pohle (Eckernförde) (SPD) . . . 3168 A, B Rasch (SPD) . 3168 C Abstimmungen 3168 D Nächste Sitzung 3168 D Anlage 1: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Fraktion der SPD (Drucksache 863) betr. Londoner Abkommen und Außenpolitik der Bundesrepublik (zu Drucksache 958) 3169 Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen über die Gesetzentwürfe der Fraktion der FDP (Drucksachen 716 [neu], 717), der Fraktion der SPD (Drucksache 836), der Fraktion des GB/BHE (Drucksache 859) und der Abg. Frau Dr. Probst u. Gen. (Drucksache 887) zur :nderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 1068) 3170 Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage 1 zu Drucksache 958 (C) (vgl. S. 3120 C, 3135 C) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (4. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Londoner Abkommen und Außenpolitik der Bundesrepublik (Drucksache 863) Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Furler In der 47. Sitzung des Deutschen Bundestages, deren Gegenstand die Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung zur Londoner Konferenz vom 5. Oktober 1954 war, haben die SPD den Antrag Drucksache 863 und die Koalitionsparteien den Antrag Drucksache 864 gestellt. Beide Anträge befaßten sich mit der Londoner Schlußakte. Der Koalitionsantrag wurde vom Bundestag angenommen, der Antrag der SPD jedoch mit Mehrheit dem Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten überwiesen. Der Ausschuß hat sich in seinen Sitzungen vom 13. Oktober und 9. November 1954 mit diesem Antrag befaßt. Er schlägt — und zwar auf Grund einstimmigen Beschlusses — dem Hohen Hause vor, diesen Antrag als gegenstandslos zu bezeichnen. Die Sprecher der SPD legten in der Plenarsitzung vom 7. Oktober 1954 und in den Sitzungen des Auswärtigen Ausschusses dar, ihr Antrag gehe von den Ziffern 3 und 4 des Teiles V der Londoner Schlußakte aus, in denen die Vereinigten Staaten von Amerika, das Vereinigte Königreich und Frankreich erklären, es bleibe ein wesentliches Ziel ihrer Politik, eine frei vereinbare friedensvertragliche Regelung für Gesamtdeutschland herbeizuführen, und es sei weiterhin ein grundsätzliches Ziel ihrer Politik, durch friedliche Mittel ein völlig freies und vereinigtes Deutschland zu schaffen. In diesem Zusammenhang habe der Antrag drei Aufgaben: 1. festzustellen, welches Gewicht diesen Erklärungen der drei Mächte im Rahmen der Londoner Akte zukomme; 2. zu sichern, daß die in dieser Erklärung niedergelegten politischen Grundsätze lebendig gehalten und konkret gestaltet würden; 3. zur Durchsetzung dieser Politik und für ihre vertragliche Festlegung schon in der Zeit zwischen der Londoner Konferenz und den in Aussicht stehenden Pariser Verhandlungen beizutragen. Von ,den vier Ziffern des Antrags stehen die beiden ersten in einem engen, funktionellen Zusammenhang. Während die Ziffer 1 Besprechungen mit den drei westlichen Besatzungsmächten fordert, um die Grundlagen einer gemeinsamen Politik zu klären, die in den kommenden Vier-Mächte-Verhandlungen die Wiedervereinigung Deutschlands herbeiführen soll, schlägt die Ziffer 2 vor, zu diesem Zweck neben den in der Londoner Akte vorgesehenen speziellen Verhandlungskommissionen eine weitere Kommission zu bilden, deren Aufgabe es sei, gemeinsame Richtlinien festzustellen und eine einheitliche Politik für die Wiedervereinigung zu ermöglichen. Im Auswärtigen Ausschuß herrschte zwischen den Parteien und mit der Regierung im Grundsätzlichen Einverständnis über das Anliegen der Ziffer 1 des Antrags. Die Aussprache beseitigte auch Meinungsverschiedenheiten über Art und Aufgaben der angestrebten Kommission. Es wurde geklärt, daß ein solches Gremium wegen seiner hohen politischen Aufgabe nicht den zur Durchführung der Londoner Beschlüsse und zur Vorbereitung der Pariser Konferenz gebildeten Kommissionen gleichgestellt werden könne, zumal diese Expertenkommissionen zeitlich auf wenige Wochen begrenzt waren. Es ergab sich auch die allseits anerkannte Notwendigkeit, in dem gesamten Antrag nicht von den drei westlichen Besatzungsmächten zu sprechen, sondern klar herauszustellen, daß diese gemeinsame Aufgabe und alle vorbereitenden Schritte Sache der Vereinigten Staaten von Amerika, des Vereinigten Königreichs, Frankreichs und der Bundesrepublik Deutschland seien. Der Auswärtige Ausschuß konnte erst in seiner Sitzung vom 9. November 1954 damit beginnen, die Ziffern 3 und 4 des Antrags zu beraten. In diesem Zeitpunkt war die Pariser Konferenz schon abgeschlossen. Das dritte Ziel der Antragsteller war daher nicht mehr erreichbar. Der Antrag konnte nicht „die Grundlage für eine Aktivität in der Zeit zwischen der Londoner und der Pariser Konferenz" bilden. Er war unter diesem Gesichtspunkt gesehen gegenstandslos geworden, woraus der Ausschuß widerspruchslos die Folge zog und dem Hohen Haus den in Drucksache 958 formulierten Vorschlag macht. Nachdem der Antrag gegenstandslos geworden war, schied eine weitere Beratung seines Inhalts aus. Dieses formelle Schicksal des Antrags besagt allerdings nichts über die Bedeutung und die Wertung der in ihm enthaltenen politischen Fragen. Selbstverständlich behält das Anliegen einer gemeinsamen, auf die Wiedervereinigung Deutschlands gerichteten Politik mit den Vereinigten Staaten von Amerika, England und Frankreich, ja mit allen Staaten der Nordatlantischen Verteidigungsgemeinschaft, die gerade die Ziffern 3 und 4 des Teiles V der Londoner Schlußakte als auch sie bindend übernommen haben, seine große Bedeutung. Selbstverständlich spielt auch nach Abschluß und Ratifizierung der Pariser Verträge die Frage eine wichtige Rolle, auf welche Weise diese gemeinsame Politik konkret gestaltet und durchgeführt werden kann, und ob es zweckmäßig ist, hier eine spezielle Institution zu schaffen, die diese Politik der Mächte aktiviert und konkretisiert oder wenigstens Vorschläge ausarbeitet, die der Verwirklichung der Wiedervereinigung Deutschlands dienen sollen. Auch die politischen Hauptpunkte der Ziffer 3 des Antrags werden noch lange im Mittelpunkt des politischen Ringens stehen; die Fragen nämlich, in welchem Zeitpunkt Verhandlungen über die Wie- (Dr. Furler) dervereinigung auch mit Sowjetrußland zweckmäßig erscheinen, welches die möglichen Bedingungen für die Wiedervereinigung sind, was unter einem „europäischen Sicherheitssystem im Rahmen der Vereinten Nationen" zu verstehen ist, ob und unter welchen Bedingungen ein solches System realisierbar und ob es überhaupt geeignet ist, die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit herbeizuführen und diesem wiedervereinigten Deutschland die Sicherheit zu gewähren, die unerläßlich ist. Bonn, den 9. Dezember 1954 Dr. Furler Berichterstatter Anlage 2 Drucksache 1068 (vgl. S. 3166 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen (29. Ausschuß) über 1. den von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 716 [neu]), 2. den von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 717), 3. den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 836), 4. den von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 859), 5. den von den Abgeordneten Frau Dr. Probst, Maucher, Lücke und Genossen eingebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 887) Berichterstatter: Abgeordneter Pohle (Eckernförde) I. Allgemeines Am 15. Oktober 1954 wurden dem Bundestagsausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen die oben aufgeführten Initiativ-Gesetzentwürfe nach der ersten Lesung im Bundestag zur weiteren Beratung überwiesen. Die Beratungen litten in der ersten Verhandlungsperiode unter der noch ausstehenden Stellungnahme der Bundesregierung. Erst am 2. Dezember 1954 wurde dem Ausschuß eine Kabinettsvorlage des Bundesministeriums für Arbeit als Material mit dem Hinweis des Herrn Bundesarbeitsministers vorgelegt, er habe vom Kabinett die Vollmacht erhalten, gemeinsam mit dem Kriegsopferausschuß ein Beratungsergebnis zu erzielen, das dem Bundestag als Beschlußvorlage zugeleitet werden könne. Gleichzeitig wurde dem Ausschuß für Kriegsopfer-. und Heimkehrerfragen ein Kompromißvorschlag der Koalitionsfraktionen überreicht, der ebenfalls als Verhandlungsgrundlage bei den weiteren Beratungen diente. Da bei allen Mitgliedern des Ausschusses das Bedürfnis bestand, dem Bundestag noch möglichst vor den Weihnachtsferien das Beratungsergebnis zur Beschlußfassung zuzuleiten, standen die Beratungen unter einem Zeitdruck, der in einigen Fällen die antragstellenden Fraktionen zwang, Teile ihrer Anträge zurückzuziehen, da die Probleme nicht ausdiskutiert werden konnten und keine der antragstellenden Fraktionen die Verantwortung dafür tragen zu können glaubte, durch ein Festhalten an den gestellten Anträgen die äußerst dringliche Verabschiedung einer Dritten Novelle zum Bundesversorgungsgesetz hinauszuzögern. II. Der Gesetzentwurf im einzelnen Zu Artikel I Zu Nrn. 1 bis 4: Der Ausschuß stimmte mit Änderungen den Vorschlägen des Bundesministers für Arbeit zu den genannten Nummern bzw. den §§ 14 Abs. 7, 17 Abs. 3, 18 Abs. 1 und 2 und 21 Satz 1 zu. Zu Nr. 5: Die Änderung des § 31 Abs. 1 über die Höhe der Grundrenten hat im Ausschuß zu sehr eingehenden Erörterungen geführt. Die jetzt vorgesehenen Beträge der Grundrente sind ein Mehrheitsbeschluß des Ausschusses, die den Sätzen des Kompromißvorschlages entsprechen. Zu Nr. 6: Einstimmig bekannte sich der Ausschuß in § 32 Abs. 2 (s. Nr. 6 Buchst. a) zu der. vorgeschlagenen Erhöhung der Ausgleichsrenten. Die Ergänzung zu § 32 Abs. 4 (s. Nr. 6 Buchst. b) war durch das vom Bundestag am 8. Dezember 1954 verabschiedete Kindergeldanpassungsgesetz notwendig geworden. Lediglich mit einigen redaktionellen Änderungen wurde diese Ergänzung in die Dritte Novelle zum Bundesversorgungsgesetz übernommen. Der Beschluß hierzu wurde mit Mehrheit gefaßt. Zu Nr. 7: Die in Buchst. a durch die Erhöhung der Ausgleichsrenten notwendig gewordene Ausweitung der Einkommensgrenzen wurde einstimmig beschlossen. (Pohle [Eckernförde]) Zu Buchst. b bestand Einmütigkeit im Ausschuß in der grundsätzlichen Auffassung. Strittig waren die festzusetzenden Beträge, bis zu denen die Einkünfte aus früheren Dienst- oder Arbeitsverhältnissen oder zusätzlichen Versorgungsleistungen einer berufsständischen Organisation bzw. die Einkünfte aus Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherungen Freibleiben sollten. Zu Nr. 8: Der Vorschlag, hinter § 34 einen neuen § 34 a einzufügen, entspricht ebenfalls einer bereits durch das Kindergeldanpassungsgesetz erfolgten Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes, die durch den Ausschuß lediglich eine redaktionelle Klarstellung erfahren hat. Der Beschluß wurde mit Mehrheit gefaßt. Zu Nr. 9: Einstimmig beschloß der Ausschuß, den Höchstsatz der Pflegezulage auf 200 DM festzusetzen. Zu Nr. 10: Die Änderung stellt eine Verbesserung der Regelung über die Bezüge für das Sterbevierteljahr dar. Sie wurde vom Bundesminister für Arbeit vorgeschlagen und vom Ausschuß einstimmig gebilligt. Zu Nr. 11: Die Grundrente der Witwen, die bisher in Höhe von 40 DM gewährt wurde, ist auf 48 DM angehoben worden. Für Witwen, die weder erwerbsunfähig sind noch für mindestens ein Kind im Sinne des § 41 Abs. 1 Buchst. c zu sorgen und das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wurde die Grundrente gleichfalls um 20 v. H. von 20 auf 24 DM erhöht. Weitergehende Erhöhungsanträge zu dieser Position wurden bei Stimmengleichheit abgelehnt. Zu Nr. 12: Die volle Ausgleichsrente der Witwen betrug bisher 60 DM. Sie wird durch die vorgeschlagene Änderung um 10 DM verbessert. Während die Ausgleichsrente bisher nur insoweit zu gewähren war, als sie zusammen mit dem sonstigen Einkommen 95 DM nicht überstieg, ist dieser Betrag nunmehr auf 100 DM erhöht worden. Wie bei den Beschädigten wurde auch hier die Nichtberücksichtigung der Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes vorgesehen. Von diesen Einkünften soll künftig ein Teilbetrag in Höhe von 15 DM anrechnungsfrei bleiben. Diese Bestimmung hat zu ausgedehnten Erörterungen im Ausschuß geführt, da erhebliche Bedenken wegen der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes geltend gemacht wurden. Das vorliegende Ergebnis beruht auf einem Mehrheitsbeschluß. Zu §§ 42 und 44: Die zu den genannten Vorschriften vorliegenden Anträge wurden von den Antragstellern aus den schon in der Einleitung zu diesem Bericht angeführten Gründen zurückgezogen. Die Vertreter der Bundesregierung haben zugesagt, in den Fällen des § 42 weitgehend von den Möglichkeiten des Härteausgleichs Gebrauch zu machen. Die gesetzliche Verankerung soll einer späteren Novellierung vorbehalten bleiben. . Zu Nr. 13: Die Grundrenten der Waisen wurden um 20 v. H. erhöht. Zu Nr. 14: Die Ausgleichsrenten der Waisen erhielten eine Aufbesserung um je 10 Deutsche Mark. Die Einkommensgrenzen wurden bei Waisen, deren Vater oder Mutter noch lebt, von 41 auf 46 DM und bei Waisen, ,deren Vater und Mutter nicht mehr leben, von 65 auf 70 DM erhöht. Nach der Neufassung des § 33 Abs. 2 gelten als sonstiges Einkommen auch freiwillige Leistungen, die mit Rücksicht auf ein früheres Dienst- oder Arbeitsverhältnis oder eine frühere selbständige Berufstätigkeit oder als zusätzliche Versorgungsleistung einer berufsständischen Organisation gewährt werden. Für § 47 finden diese Bestimmungen insoweit Anwendung, als der 10 DM monatlich übersteigende Betrag als sonstiges Einkommen angerechnet wird. Zu Nr. 15: Zu § 51 beschloß der Ausschuß, die volle Elternrente bei einem Elternpaar von 84 DM auf 100 DM und bei einem Elternteil von 60 DM auf 70 DM zu erhöhen sowie eine entsprechende Anhebung der Einkommensgrenzen vorzunehmen. Die Einfügung des neuen Absatzes 4 beabsichtigt, auch den Eltern bei der Berechnung des sonstigen Einkommens monatlich einen Freibetrag zu gewähren. Zu Nr. 16: Es handelt sich hierbei um eine notwendige Klarstellung, da es möglich ist, daß neben einem Anspruch auf Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz ein Anspruch auf Unterhaltsbeihilfe nach dem Gesetz über die Unterhaltsbeihilfe von Kriegsgefangenen besteht, die nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes bemessen wird. Zu Nr. 17: Auch diese Vorschrift dient zur Klarstellung der bisherigen Bestimmungen des Bundesversorgungsgesetzes zu § 57 Abs. 1. Zu Nr. 18: Übereinstimmend wurde eine Verlängerung der Anmeldefrist für den Anspruch auf Elternversorgung, die mit dem 31. Dezember 1954 abläuft, um weitere zwei Jahre für notwendig erachtet. Zu Nr. 19: Diese Ergänzung hält der Bundesarbeitsminister für notwendig, denn solange der ehemalige Wehrmachtsangehörige sich in Kriegsgefangenschaft oder in ausländischem Gewahrsam befindet, haben die Angehörigen Anspruch auf Unterhaltsbeihilfe nach dem Gesetz über die Unterhaltsbeihilfe für Angehörige von Kriegsgefangenen. Zur Vermeidung einer Doppelversorgung kann dem beschädigten Wehrmachtsangehörigen daher Versorgung frühestens vom Monat der Entlassung ab gewährt werden. Da eine ausdrückliche gesetzliche Regelung bisher nicht bestand, erscheint die vorgeschlagene Ergänzung auch im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung der noch nicht zurückgekehrten Kriegsgefangenen und Festgehaltenen geboten, zumal die noch in der Sowjetunion befindlichen Kriegsgefangenen Versorgungsansprüche gar nicht geltend machen können. Zu Nr. 20: Die Vorschrift ist notwendig, um eine Doppelversorgung auszuschließen. Ansprüche auf Heilbehandlung und Krankenbehandlung nach § 10 (Pohle [Eckernförde]) Abs. 5 und § 28 BVG werden durch die Vorschrift nicht berührt. Zu Nr. 21: Die Ergänzung des § 71 a dient der Klarstellung. Zu Nr. 22: Der § 78 a hat sich in der bisherigen Fassung als zu eng erwiesen. Künftig soll Kapitalabfindung auch Witwen mit Anspruch auf Witwenbeihilfe in Höhe der Rente und Ehefrauen Verschollener gewährt werden können. Für die Ehefrauen Verschollener ist zur Vermeidung von Härten mit Zustimmung des Bundesministers der Finanzen bereits die Gewährung von Darlehen zugelassen worden, die nach erfolgter gesetzlicher Regelung in Kapitalabfindungen umzuwandeln sind. Zu Nr. 23: Zur Klarstellung des § 81 Abs. 2 wird das Wort „Versorgungsbezüge" in das Wort „Leistungen" umgewandelt. Den gleichen Grund hat die Einfügung des Satzes: „Dies gilt nicht bei Ansprüchen, die aus Schwangerschaft und Niederkunft erwachsen sind." Zu Nr. 24: Die vorgesehene Möglichkeit zur Übertragung der Gewährung von Härteausgleichen auf nachgeordnete Dienststellen in den näher bezeichneten Fällen entspricht nach Meinung des Bundesministers für Arbeit einem dienstlichen Bedürfnis. Der Ausschuß hat dieser Anregung zugestimmt. Zu Artikel II Die Einfügung dieses Artikels wurde vom Bundesminister für Arbeit mit folgender Begründung vorgeschlagen: In Artikel V Abs. 2 unter Buchstabe a war vorgesehen, daß die Änderung des § 20 BVG mit Wirkung vom 1. Oktober 1950 in Kraft treten soll. Die Durchführung hätte einen Verwaltungsaufwand verursacht, der in keinem Verhältnis zu dem erzielbaren finanziellen Ergebnis stehen würde. Die Vorschrift soll daher erst mit dem Tage nach der Verkündung des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes in Kraft treten. Der Ausschuß hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Zu Artikel III Nach § 4 des Grundbetragserhöhungsgesetzes vom 17. April 1953 waren die Grundbetragserhöhungen bei der Ermittlung des für die Höhe der Ausgleichs- und Elternrenten maßgebenden sonstigen Einkommens unberücksichtigt zu lassen. Diese Vorschrift soll im Hinblick auf die in § 33 Abs. 2 und § 41 Abs. 5 vorgesehenen weiteren Freibeträge sowie auf die Erhöhung der für die Waisen- und Elternversorgung maßgebenden Einkommensgrenzen aufgehoben werden. Nach Meinung des Bundesministers für Arbeit wird mit .dieser Vorschrift erreicht, daß für alle Versorgungsberechtigten wieder einheitliche Grundsätze für die Feststellung des sonstigen Einkommens gelten. In diesem Punkt standen sich im Ausschuß gegenteilige Auffassungen gegenüber. Die Entscheidung in dem vorgeschlagenen Sinne beruht auf einem Mehrheitsbeschluß. Zu Artikel IV Mit dieser Vorschrift werden die vom Bundestag im Kindergeldanpassungsgesetz beschlossenen Ergänzungen des Bundesversorgungsgesetzes wieder aufgehoben, da eine entsprechende Regelung in Artikel I Nr. 6 Buchst. b und Nr. 8 dieses Gesetzes aufgenommen wurde. Zu Artikel V Der Artikel enthält die für den Übergang notwendigen Vorschriften. Zu Artikel VI Mit dieser Vorschrift wird der Bundesminister für Arbeit ermächtigt, den Wortlaut des Bundesversorgungsgesetzes in der aus diesem Gesetz sich ergebenden Neufassung bekanntzumachen. Zu Artikel VII In diesem Artikel ist die Anwendung des Gesetzes auf das Land Berlin bestimmt. Zu Artikel VIII Einstimmig beschloß der Ausschuß, die in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Verbesserungen in der Kriegsopferversorgung ab 1. Januar 1955 wirksam werden zu lassen, die Ergänzung des § 65 durch einen Absatz 3 jedoch erst am 1. April 1955. III. Schlußbemerkungen Die durch diesen Gesetzentwurf bewirkten Verbesserungen verursachen im Bundeshaushalt voraussichtlich die nachstehend aufgeführten Mehraufwendungen: 1. Erhöhung der GRUNDRENTEN: Mehraufwand in Mio DM a) für Beschädigte 116,1 b) für Witwen 111,6 c) für Waisen 31,7 259,4 2. Erhöhung der AUSGLEICHSRENTEN und EINKOMMENSGRENZEN: a) für Beschädigte Mehraufwand in Mio DM Ausgleichsrenten 8,2 Einkommensgrenzen 17,3 25,5 b) für Witwen Ausgleichsrenten 46,2 Einkommensgrenzen 22,6 68,8 c) für Waisen Ausgleichsrenten 20,6 Einkommensgrenzen 43,8 64,4 3. Erhöhung des Höchstsatzes der PFLEGEZULAGE auf 200 DM: 0,5 0,5 4. Erhöhung der a) ELTERNRENTEN bei einem Elternpaar 3,0 bei einem Elternteil 7,0 10,0 b) EINKOMMENSGRENZEN bei einem Elternpaar 17,5 bei einem Elternteil 2,0 19,5 5. FREIBETRÄGE für Empfänger von SOZIALRENTEN usw. für Beschädigte 22,0 für Witwen 47,3 69,3 517,4 abzüglich Minderausgaben 108,3 bleibt ein jährlicher Mehrbedarf von 409,1 (Pohle [Eckernförde]) Der Kriegsopferausschuß hat seine Arbeiten so beschleunigt, daß der Bundestag Gelegenheit hat, den Gesetzentwurf noch am 15. Dezember 1954 zu verabschieden, und der Bundesrat in seiner letzten Sitzung des Jahres am 17. Dezember 1954 dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben kann. In einem Schreiben des Herrn Präsidenten des Bundesrates vom 10. Dezember 1954 an den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages wird jedoch mitgeteilt, daß der Bundesrat nur dann die Möglichkeit hätte, den Gesetzentwurf am 17. Dezember dieses Jahres zu beraten, wenn der Bundestag bereits zu einem früheren Termin eine Verabschiedung der Novelle hätte vornehmen können. Nach dem Schreiben des Herrn Präsidenten des Bundesrates ist es aber aus technischen und aus Gründen der Notwendigkeit von vorhergehenden Beratungen in den Länderkabinetten unmöglich, selbst wenn der Bundestag das Gesetz am 15. Dezember verabschieden würde, zwei Tage später bereits die Zustimmung des Bundesrates zu erreichen. Es ist der Wunsch des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen, daß der Bundesrat trotz der für ihn entstehenden Schwierigkeiten eine Zustimmung zu dem Gesetzentwurf noch vor Weihnachten erwägen möge, damit eine Verkündung des Gesetzes im Monat Januar 1955 gesichert ist. Unabhängig davon, wie die gegebenen Möglichkeiten ausgeschöpft werden können, werden seitens des Bundesarbeitsministeriums alle Maßnahmen vorbereitet werden, die eine raschere Durchführung des Gesetzes nach seiner Verkündung sicherstellen. Einer Anregung des Ausschusses folgend, werden nach Abstimmung mit den zuständigen Stellen Anweisungen des Bundesministers für Arbeit ergehen, um die Erhöhung der Grundrenten baldmöglichst zur Auszahlung gelangen zu lassen. Bonn, den 10. Dezember 1954 Pohle (Eckernförde) Berichterstatter
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    Rede von Dr. Kurt Georg Kiesinger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Aber Herr Wehner, ich hätte Ihnen wirklich mehr zugetraut, entschuldigen Sie.

    (Beifall und Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)

    Schauen Sie, die ersten Zitate, die ich von sowjetrussischer Seite gebracht habe, sind Zitate aus dem innersten Kern der bolschewistischen Weltanschauung,

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    die kein totalitäres Regime jemals seinen eigenen Anhängern gegenüber aufzugeben wagen kann.

    (Abg. Albers: Das weiß er nämlich auch!)

    Wir werden von Sowjetrußland zu diesen Dingen niemals etwas anderes hören.
    Das zweite, die Äußerungen über die Unmöglichkeit einer deutschen Wiedervereinigung nach der Ratifizierung, sind doch taktische Äußerungen der Sowjetpolitiker.

    (Abg. Wehner: Aber sie kommen aus derselben Ideologie, Herr Kiesinger!)

    Wir müssen diese beiden Dinge doch auseinanderhalten.

    (Zuruf von der SPD.)

    — Nun ja, aber Sie können doch nicht bestreiten, daß beide Äußerungen auf völlig verschiedenen Ebenen liegen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Das eine ist Glaubensbekenntnis, das andere ist praktische und taktische Alltagspolitik.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Wehner: Es wird furchtbar sein, wenn Sie sich getäuscht haben!)

    Aber lassen Sie uns nicht weiter über die Frage streiten, wie weit man den sowjetrussischen Äußerungen Glauben beimessen soll. Natürlich gehen auch wir nicht einfach darüber zur Tagesordnung über. Natürlich überlegen auch wir uns: Wie ist denn wirklich die Situation nach der Ratifizierung oder der Verwirklichung der Verträge für Sowjetrußland?
    Und nun, meine Herren von der Sozialdemokratischen Partei: Will von Ihnen jemand ernsthaft behaupten, daß Sowjetrußland die Entscheidung über die so lebenswichtige Frage der deutschen Wiedervereinigung jemals unter ein anderes Gebot als unter das Gebot des eigenen Interesses stellen wird?

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Zuruf von der SPD: Wie ist es mit dem Westen?)

    Es wird also für Sowjetrußland davon abhängen, ob es nach der Ratifizierung der Verträge Situationen gibt, bei denen das sowjetrussische Interesse eine Zustimmung zu der deutschen Wiedervereinigung in Freiheit erlaubt oder vielleicht sogar gebietet. Und da sollten wir keine Möglichkeiten mehr haben? Ja, meine Damen und Herren, wir werden mehr Möglichkeiten haben als jetzt. Jetzt können wir den Sowjetrussen nur in Aussicht stellen, Optionen, Pläne, an deren Realisierung sie vielleicht selber noch nicht glauben, nicht zu verwirklichen; dann aber können wir den Sowjetrussen sagen: So, nun können wir — Gott sei Dank zusammen mit der freien Welt, nicht mehr allein, nicht mehr als Objekt, sondern als mithandelndes Subjekt — endlich echte Gespräche miteinander führen. Heran an den Verhandlungstisch! Wir sind bereit, und nun deckt die Karten auf! — Rezept? Meine Damen und Herren wir sollten es uns abgewöhnen, über diese Dinge allzu leichtfertig zu sprechen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wir haben noch kein Rezept für die deutsche Wiedervereinigung. Das geben wir Ihnen zu. Sie selbst haben es auch nicht. Aber unsere Überlegungen führen uns dahin, daß, wenn eine Regelung der deutschen Frage wirklich nicht nur im deutschen Interesse liegt, sondern wenn sie wirklich für den Frieden und die Sicherheit der ganzen Welt notwendig ist, daß gerade dann, wenn die Verträge ratifiziert sind, vielleicht schon in Angriff genommen worden sind, eine Ausgangsposition gegeben ist, wie sie die Sowjetrussen respektieren, die sie geneigt macht, mitzutun. Beweis? Beweis ist die ganze Nachkriegsgeschichte! Wir haben von Sowjetrußland zum erstenmal überzeugendere Äußerungen zugunsten der Abrüstung friedlicher kollektiver Systeme und dergleichen nicht gehört, als der Westen entwaffnet und machtlos war, sondern im selben Augenblick, als der Westen mit seiner militärischen und politischen Integration ernst machte.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Die Aussöhnung mit Jugoslawien, das Sichabfinden mit dem dortigen Zustand ist nur auf die Tatsache zurückzuführen, daß Sowjetrußland einsah: Daran ist nichts zu ändern.
    Ich sehe — das ist meine persönliche Auffassung — die endgültige Lösung, auf die wir alle hinstreben müssen, in einer progressiven planetarischen Abrüstung. Wir alle stehen unter dem Alpdruck der bis zu den Zähnen bewaffneten Welt, der Tatsache der Atom- und Wasserstoffbomben. Wir alle fürchten uns vor einer Zukunft, die den Händen der Menschen und ihrer Dirigenten entgleiten und die über die Menschheit noch einmal namenloses Unglück bringen könnte. Aber wir haben ja den Beweis dafür, daß die Sowjetunion selbst erst dann bereit wurde, an Abrüstung zu denken — nachdem sie aufgerüstet hatte —, als sie sah, daß sie damit eben auch die westliche Aufrüstung herausgefordert hatte. Und noch — das ist meine Überzeugung — ist die Sowjetunion nicht so weit, einzusehen, daß die bequemere Lösung, die sie in Europa will, ihr nicht gelingt. Diese bequemere Lösung besteht darin — ich wiederhole es, und ein Moskauer Politiker, der von dort aus auf Westeuropa blickt, hat guten Grund, auf diese Lösung zu hoffen —, daß die westliche Einigung nicht gelingt, daß Westeuropa ein machtpolitisches Vakuum bleibt, daß es gelingt, die westeuropäischen Staaten gegeneinander auszuspielen und damit dieses Westeuropa als erste Reserve für die kommunistische Weltrevolution zu konservieren. Wenn Sowjetrußland einmal eingesehen haben wird, daß es damit nicht mehr rechnen kann, dann, Herr Ollenhauer — das ist meine Überzeugung —,


    (Kiesinger)

    wird es bereit sein, zu verhandeln, und wenn dann wirklich ein progressives planetarisches Abrüstungssystem in Angriff genommen wird, wird auch das deutsche Problem entschärft, und es taucht die Möglichkeit einer Lösung auf.
    Sie haben in Ihren verschiedenen Äußerungen immer wieder Wert darauf gelegt, ein kollektives Sicherheitssystem zu begründen, das Sowjetrußland mit einschließt. Nun, ein kollektives Sicherheitssystem löst an sich kein Problem, insbesondere ein kollektives Sicherheitssystem nicht, in welchem — ich wiederhole es — die sieben Zwerglein mit einem Giganten zusammengesperrt sind, der sie verschlingen kann. Die wirktliche Aufgabe liegt doch in einer machtpolitischen Gleichgewichtsbildung, die eben kommen muß, wenn auf dieser Welt Frieden herrschen soll.
    Zum finanziellen Problem, das Sie angesprochen haben, nur kurz folgendes: Ich weiß nicht, woher die dpa-Meldung kommt, Herr Kollege Ollenhauer, die Sie zitiert haben, — ein wenig überzogen zitiert haben. Sie haben von 100 Milliarden gesprochen; dort sind es nur 81 Milliarden. Immerhin eine nicht unbescheidene Summe! Es wird recht interessant sein, festzustellen, aus welchen Quellen diese Meldung stammt.

    (Sehr richtig! in der Mitte.).

    Die Bundesrepublik hat nicht gezögert, sofort durch einen Sprecher diese Zahlen als offenkundige Phantasiezahlen zu bezeichnen, und hat darauf hingewiesen, daß es dabei bleibt, wie es Herr Staatssekretär Hartmann in Vertretung des Bundesfinanzministers gesagt hat, daß über die im Haushalt angesetzten 9 Milliarden DM nicht hinausgegangen werden kann.
    Aber eine kleine Bemerkung lassen Sie mich doch hinzufügen. Sie haben in diesem Zusammenhang mit Recht von der gewaltigen Belastung unseres Staatshaushaltes gesprochen und auch davon, daß das jeden einzelnen trifft. Das ist wahr. Man muß daher die Notwendigkeit dieser Aufgabe — und ich würde sehr bitten, uns dabei zu helfen — allen Deutschen recht klar und eindringlich vorstellen. Aber man sollte sich vor einem hüten: davor nämlich, die Deutschen glauben zu machen, sie könnten allenfalls um diese gewaltigen Ausgaben herumkommen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Dieses Problem ist Gegenstand einer recht interessanten Debatte im Straßburger Europarat, ich glaube, im letzten Jahre, gewesen.

    (Abg. Dr. von Brentano: Im September vorigen Jahres!)

    Dort hat ein Vertreter derjenigen englischen Labourgruppe, die gegen die Wiederbewaffnung Deutschlands ist — ich glaube, es war sogar der Delegationsführer Robens —,

    (Abg. Dr. von Brentano: Ja!) folgendes gesagt:

    Man darf die Deutschen nicht wieder bewaffnen aus den bekannten Gründen. Aber selbstverständlich müssen die Deutschen finanziell in genau derselben Weise zu der Verteidigung der freien Welt herangezogen werden wie die anderen Völker auch.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Er hat auch sofort einen Vorschlag bei der Hand gehabt. Er hat gesagt, sie müßten dann diese Milliarden in eine internationale Kasse einzahlen, aus der dann notleidende Gebiete irgendwo auf der Welt unterstützt würden.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Dies sei schon deswegen notwendig, um die Deutschen nicht diese Milliarden in ihre Wirtschaft hineinstecken und sie dadurch zu einem übermächtigen Konkurrenten auf dem Weltmarkt werden zu lassen. Es ist immerhin keine überflüssige Glosse, die ich da gebe. Sie zeigt, wie man draußen denkt. Es wäre wirklich naiv, wenn man glaubte, wir Deutschen könnten auf diese Weise nun so ein bißchen die Weltgeschichte schwänzen

    (Heiterkeit in der Mitte)

    und uns einen kleinen Sparpfennig für die Zukunft anlegen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Blachstein: Etwas weniger Weltgeschichte in der Vergangenheit wäre uns besser bekommen!)

    — Etwas richtigere Weltgeschichte, Herr Kollege!

    (Erneuter Beifall in der Mitte.)

    Die deutsche Politik der letzten 50 Jahre, sagen wir seit dem Abgang Bismarcks — man kann zu ihm stehen, wie man will; er war ein großer Staatsmann —, die Geschichte der letzten 50 Jahre, das Unheil der beiden Weltkriege ist darauf zurückzuführen, daß man in Deutschland wirklich den Gang der Weltgeschichte und ihre Gesetze nicht begriffen, sich dadurch im ersten Weltkrieg isoliert hat und im zweiten Weltkrieg sich zu einem wahnsinnigen Abenteuer hat verleiten lassen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD.)

    Sie können sogar — dieses Gespräch könnte sehr interessant fortgesetzt werden — aus der Vorgeschichte des ersten Weltkrieges beweisen, daß es auch dort eine gewisse deutsche Abstinenz des Ahnungslosen von der Teilnahme an der Weltgeschichte gewesen ist. Bismarck konnte mit mehreren Bällen spielen. Seine Nachfoger konnten es nicht; sie trieben eine hektische Zickzackpolitik deswegen, weil sie sich außerhalb der Weltgeschichte bewegten. Hätten sie das nicht getan, dann hätten sie sich zur rechten Zeit in sie eingefügt, dann hätten sie etwa jene englischen Vorschläge angenommen, die zu einem Weltfriedenssystem hätten führen können, das uns beide Weltkriege erspart hätte.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich bin mir wohl bewußt, daß solche Ausführungen nur sehr sporadischer Art sein können, ich habe nur auf einen Zwischenruf geantwortet. Weltgeschichte? Oh nein, wir haben eine ganz törichte und leichtsinnige nationale Geschichte gemacht.

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Zuruf von der SPD: Und das sollte uns warnen!)

    — Ganz richtig! Das sollte uns warnen! Fragen Sie die Weltöffentlichkeit draußen — wer erweckt den Anschein, nationale Politik oder europäische Politik zu betreiben, wir oder Sie?

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)




Rede von Fritz Erler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Kiesinger, ist Ihnen bekannt, ,daß die Legende vom Nationalismus der deutschen Sozialdemokratie 1945, 1946 von den Kommunisten geschaffen worden ist, weil sich die Sozialdemokraten allen Besatzungsmächten gegenüber der Verschmelzung und Zusammenarbeit mit den Kommunisten widersetzten? Damals haben die Kommunisten die Legende geschaffen, und heute noch beten sie andere nach.

(Beifall bei der SPD. — Zurufe von der Mitte: Ach, ach! — Weitere Zurufe.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Kurt Georg Kiesinger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Erler, ich habe meine Worte vorhin vorsichtig gewählt. Ich habe nicht gesagt, daß die Sozialdemokratie nationalistische Politik betreibe. Aber durch einen Zwischenruf Ihres Kollegen, wir sollten uns hinter die Ohren schreiben, daß der Fehler der vergangenen deutschen Politik der Fehler einer nationalistischen Politik gewesen sei, zwang man mich ja geradezu, auf einen wohlbekannten Tatbestand hinzuweisen. Nicht etwa, weil man dieser kommunistischen Behauptung glaubt, sondern weil so viele dunkle, zwielichtige und mißverständliche Äußerungen in den vergangenen Jahren aus Ihrem Lager dazu den Anlaß gegeben haben, glaubt man draußen, in Ihren Reihen gebe es diese Politik.

    (Beifall in der Mitte.)