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ID0206101600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 61. Sitzung, Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1954 3111 61. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1954. Geschäftliche Mitteilungen 3112 B Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg Spies (Brücken) und Wagner (Deggenau) 3112 B Mitteilung über Bestätigung des Zweiten Gesetzes über die Altersgrenze von Richtern an den oberen Bundesgerichten und Mitgliedern des Bundesrechnungshofes durch den Vermittlungsausschuß (Drucksache 1076) . 3112 C Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 75 und 130 (Drucksachen 607, 1075; 989, 1071) 3112 C Mitteilung über Zurückziehung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP betr. Ergänzung des Schwerbeschädigtengesetzes (Drucksache 96) 3112 C Zur Tagesordnung: Präsident D. Dr. Gerstenmaier 3112 C, 3114 C Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . . 3112 D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 3114 C Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Vorrang von Verhandlungen zur Wiedervereinigung Deutschlands (Drucksache 1017, Umdruck 280) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Viermächteverhandlungen über die Wiedervereinigung Deutschlands (Drucksache 997), mit der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Saar (Drucksache 1007, Umdruck 281), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Protokoll vom 23. Oktober 1954 über die Beendigung des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksachen 1000, zu 1000), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend den Vertrag vom 23. Oktober 1954 über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 1060), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Brüsseler Vertrag und zum Nordatlantikvertrag (Drucksache 1061), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das am 23. Oktober 1954 in Paris unterzeichnete Abkommen über das Statut der Saar (Drucksache 1062) und mit der Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Londoner Abkommen und Außenpolitik der Bundesrepublik (Drucksachen 958, zu 958, 863) . . . . 3114D, 3120 B Wehner (SPD), Anfragender 3114 D, 3149 D, 3151 C, 3153 A Dr. Adenauer, Bundeskanzler 3120 C, 3131 B Erler (SPD) . . . 3131 A, 3150 D, 3155 A Dr. Furler (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) . . 3169 Unterbrechung der Sitzung . 3135 D Ollenhauer (SPD) 3135D 3138 C Dr. Friedensburg (CDU/CSU) . . . 3138 B Kiesinger (CDU/CSU) . . 3146 B, 3149 D, 3150 A, D, 3151 D, 3153 A, 3155 A, B, D, 3159 C Walter (DP) . 3155 A Dr. Baade (SPD) 3155 C Dr. Dehler (FDP) 3157 C, 3159 C Weiterberatung vertagt 3164 B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Beiträge des Bundes zu den Steuerverwaltungskosten der Länder (Drucksache 1058) 3164 B Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 3164 B Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zum Fünften Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksachen 1077, 483, 963, 993, 1045) . 3164 B Dr. Arndt (SPD), Berichterstatter 3164 B Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein (FDP) 3165 A Beschlußfassung . 3165 B Erste, zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/ BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Art. 107 des Grundgesetzes (Drucksache 1078) . 3165 B Dr. Gülich (SPD) 3165 C Beschlußfassung . 3165 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksachen 716 [neu], 717, 836, 859, 887); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen (Drucksache 1068) 3166 A Pohle (Eckernförde) (SPD): als Berichterstatter 3166 A Schriftlicher Bericht . 3170 als Abgeordneter . 3166 I) Petersen (GB/BHE) 3166 B Abstimmungen . 3166 B, 3167 B Zweite Beratung des von ,der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung einer Sonderzulage an Kriegsopfer und Angehörige von Kriegsgefangenen (Drucksache 793); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen (Drucksache 1069) . 3167 B Maucher (CDU/CSU), Berichterstatter 3167 C Petersen (GB/BHE) 3167 1) Pohle (Eckernförde) (SPD) . . . 3168 A, B Rasch (SPD) . 3168 C Abstimmungen 3168 D Nächste Sitzung 3168 D Anlage 1: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Fraktion der SPD (Drucksache 863) betr. Londoner Abkommen und Außenpolitik der Bundesrepublik (zu Drucksache 958) 3169 Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen über die Gesetzentwürfe der Fraktion der FDP (Drucksachen 716 [neu], 717), der Fraktion der SPD (Drucksache 836), der Fraktion des GB/BHE (Drucksache 859) und der Abg. Frau Dr. Probst u. Gen. (Drucksache 887) zur :nderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 1068) 3170 Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage 1 zu Drucksache 958 (C) (vgl. S. 3120 C, 3135 C) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (4. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Londoner Abkommen und Außenpolitik der Bundesrepublik (Drucksache 863) Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Furler In der 47. Sitzung des Deutschen Bundestages, deren Gegenstand die Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung zur Londoner Konferenz vom 5. Oktober 1954 war, haben die SPD den Antrag Drucksache 863 und die Koalitionsparteien den Antrag Drucksache 864 gestellt. Beide Anträge befaßten sich mit der Londoner Schlußakte. Der Koalitionsantrag wurde vom Bundestag angenommen, der Antrag der SPD jedoch mit Mehrheit dem Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten überwiesen. Der Ausschuß hat sich in seinen Sitzungen vom 13. Oktober und 9. November 1954 mit diesem Antrag befaßt. Er schlägt — und zwar auf Grund einstimmigen Beschlusses — dem Hohen Hause vor, diesen Antrag als gegenstandslos zu bezeichnen. Die Sprecher der SPD legten in der Plenarsitzung vom 7. Oktober 1954 und in den Sitzungen des Auswärtigen Ausschusses dar, ihr Antrag gehe von den Ziffern 3 und 4 des Teiles V der Londoner Schlußakte aus, in denen die Vereinigten Staaten von Amerika, das Vereinigte Königreich und Frankreich erklären, es bleibe ein wesentliches Ziel ihrer Politik, eine frei vereinbare friedensvertragliche Regelung für Gesamtdeutschland herbeizuführen, und es sei weiterhin ein grundsätzliches Ziel ihrer Politik, durch friedliche Mittel ein völlig freies und vereinigtes Deutschland zu schaffen. In diesem Zusammenhang habe der Antrag drei Aufgaben: 1. festzustellen, welches Gewicht diesen Erklärungen der drei Mächte im Rahmen der Londoner Akte zukomme; 2. zu sichern, daß die in dieser Erklärung niedergelegten politischen Grundsätze lebendig gehalten und konkret gestaltet würden; 3. zur Durchsetzung dieser Politik und für ihre vertragliche Festlegung schon in der Zeit zwischen der Londoner Konferenz und den in Aussicht stehenden Pariser Verhandlungen beizutragen. Von ,den vier Ziffern des Antrags stehen die beiden ersten in einem engen, funktionellen Zusammenhang. Während die Ziffer 1 Besprechungen mit den drei westlichen Besatzungsmächten fordert, um die Grundlagen einer gemeinsamen Politik zu klären, die in den kommenden Vier-Mächte-Verhandlungen die Wiedervereinigung Deutschlands herbeiführen soll, schlägt die Ziffer 2 vor, zu diesem Zweck neben den in der Londoner Akte vorgesehenen speziellen Verhandlungskommissionen eine weitere Kommission zu bilden, deren Aufgabe es sei, gemeinsame Richtlinien festzustellen und eine einheitliche Politik für die Wiedervereinigung zu ermöglichen. Im Auswärtigen Ausschuß herrschte zwischen den Parteien und mit der Regierung im Grundsätzlichen Einverständnis über das Anliegen der Ziffer 1 des Antrags. Die Aussprache beseitigte auch Meinungsverschiedenheiten über Art und Aufgaben der angestrebten Kommission. Es wurde geklärt, daß ein solches Gremium wegen seiner hohen politischen Aufgabe nicht den zur Durchführung der Londoner Beschlüsse und zur Vorbereitung der Pariser Konferenz gebildeten Kommissionen gleichgestellt werden könne, zumal diese Expertenkommissionen zeitlich auf wenige Wochen begrenzt waren. Es ergab sich auch die allseits anerkannte Notwendigkeit, in dem gesamten Antrag nicht von den drei westlichen Besatzungsmächten zu sprechen, sondern klar herauszustellen, daß diese gemeinsame Aufgabe und alle vorbereitenden Schritte Sache der Vereinigten Staaten von Amerika, des Vereinigten Königreichs, Frankreichs und der Bundesrepublik Deutschland seien. Der Auswärtige Ausschuß konnte erst in seiner Sitzung vom 9. November 1954 damit beginnen, die Ziffern 3 und 4 des Antrags zu beraten. In diesem Zeitpunkt war die Pariser Konferenz schon abgeschlossen. Das dritte Ziel der Antragsteller war daher nicht mehr erreichbar. Der Antrag konnte nicht „die Grundlage für eine Aktivität in der Zeit zwischen der Londoner und der Pariser Konferenz" bilden. Er war unter diesem Gesichtspunkt gesehen gegenstandslos geworden, woraus der Ausschuß widerspruchslos die Folge zog und dem Hohen Haus den in Drucksache 958 formulierten Vorschlag macht. Nachdem der Antrag gegenstandslos geworden war, schied eine weitere Beratung seines Inhalts aus. Dieses formelle Schicksal des Antrags besagt allerdings nichts über die Bedeutung und die Wertung der in ihm enthaltenen politischen Fragen. Selbstverständlich behält das Anliegen einer gemeinsamen, auf die Wiedervereinigung Deutschlands gerichteten Politik mit den Vereinigten Staaten von Amerika, England und Frankreich, ja mit allen Staaten der Nordatlantischen Verteidigungsgemeinschaft, die gerade die Ziffern 3 und 4 des Teiles V der Londoner Schlußakte als auch sie bindend übernommen haben, seine große Bedeutung. Selbstverständlich spielt auch nach Abschluß und Ratifizierung der Pariser Verträge die Frage eine wichtige Rolle, auf welche Weise diese gemeinsame Politik konkret gestaltet und durchgeführt werden kann, und ob es zweckmäßig ist, hier eine spezielle Institution zu schaffen, die diese Politik der Mächte aktiviert und konkretisiert oder wenigstens Vorschläge ausarbeitet, die der Verwirklichung der Wiedervereinigung Deutschlands dienen sollen. Auch die politischen Hauptpunkte der Ziffer 3 des Antrags werden noch lange im Mittelpunkt des politischen Ringens stehen; die Fragen nämlich, in welchem Zeitpunkt Verhandlungen über die Wie- (Dr. Furler) dervereinigung auch mit Sowjetrußland zweckmäßig erscheinen, welches die möglichen Bedingungen für die Wiedervereinigung sind, was unter einem „europäischen Sicherheitssystem im Rahmen der Vereinten Nationen" zu verstehen ist, ob und unter welchen Bedingungen ein solches System realisierbar und ob es überhaupt geeignet ist, die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit herbeizuführen und diesem wiedervereinigten Deutschland die Sicherheit zu gewähren, die unerläßlich ist. Bonn, den 9. Dezember 1954 Dr. Furler Berichterstatter Anlage 2 Drucksache 1068 (vgl. S. 3166 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen (29. Ausschuß) über 1. den von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 716 [neu]), 2. den von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 717), 3. den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 836), 4. den von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 859), 5. den von den Abgeordneten Frau Dr. Probst, Maucher, Lücke und Genossen eingebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 887) Berichterstatter: Abgeordneter Pohle (Eckernförde) I. Allgemeines Am 15. Oktober 1954 wurden dem Bundestagsausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen die oben aufgeführten Initiativ-Gesetzentwürfe nach der ersten Lesung im Bundestag zur weiteren Beratung überwiesen. Die Beratungen litten in der ersten Verhandlungsperiode unter der noch ausstehenden Stellungnahme der Bundesregierung. Erst am 2. Dezember 1954 wurde dem Ausschuß eine Kabinettsvorlage des Bundesministeriums für Arbeit als Material mit dem Hinweis des Herrn Bundesarbeitsministers vorgelegt, er habe vom Kabinett die Vollmacht erhalten, gemeinsam mit dem Kriegsopferausschuß ein Beratungsergebnis zu erzielen, das dem Bundestag als Beschlußvorlage zugeleitet werden könne. Gleichzeitig wurde dem Ausschuß für Kriegsopfer-. und Heimkehrerfragen ein Kompromißvorschlag der Koalitionsfraktionen überreicht, der ebenfalls als Verhandlungsgrundlage bei den weiteren Beratungen diente. Da bei allen Mitgliedern des Ausschusses das Bedürfnis bestand, dem Bundestag noch möglichst vor den Weihnachtsferien das Beratungsergebnis zur Beschlußfassung zuzuleiten, standen die Beratungen unter einem Zeitdruck, der in einigen Fällen die antragstellenden Fraktionen zwang, Teile ihrer Anträge zurückzuziehen, da die Probleme nicht ausdiskutiert werden konnten und keine der antragstellenden Fraktionen die Verantwortung dafür tragen zu können glaubte, durch ein Festhalten an den gestellten Anträgen die äußerst dringliche Verabschiedung einer Dritten Novelle zum Bundesversorgungsgesetz hinauszuzögern. II. Der Gesetzentwurf im einzelnen Zu Artikel I Zu Nrn. 1 bis 4: Der Ausschuß stimmte mit Änderungen den Vorschlägen des Bundesministers für Arbeit zu den genannten Nummern bzw. den §§ 14 Abs. 7, 17 Abs. 3, 18 Abs. 1 und 2 und 21 Satz 1 zu. Zu Nr. 5: Die Änderung des § 31 Abs. 1 über die Höhe der Grundrenten hat im Ausschuß zu sehr eingehenden Erörterungen geführt. Die jetzt vorgesehenen Beträge der Grundrente sind ein Mehrheitsbeschluß des Ausschusses, die den Sätzen des Kompromißvorschlages entsprechen. Zu Nr. 6: Einstimmig bekannte sich der Ausschuß in § 32 Abs. 2 (s. Nr. 6 Buchst. a) zu der. vorgeschlagenen Erhöhung der Ausgleichsrenten. Die Ergänzung zu § 32 Abs. 4 (s. Nr. 6 Buchst. b) war durch das vom Bundestag am 8. Dezember 1954 verabschiedete Kindergeldanpassungsgesetz notwendig geworden. Lediglich mit einigen redaktionellen Änderungen wurde diese Ergänzung in die Dritte Novelle zum Bundesversorgungsgesetz übernommen. Der Beschluß hierzu wurde mit Mehrheit gefaßt. Zu Nr. 7: Die in Buchst. a durch die Erhöhung der Ausgleichsrenten notwendig gewordene Ausweitung der Einkommensgrenzen wurde einstimmig beschlossen. (Pohle [Eckernförde]) Zu Buchst. b bestand Einmütigkeit im Ausschuß in der grundsätzlichen Auffassung. Strittig waren die festzusetzenden Beträge, bis zu denen die Einkünfte aus früheren Dienst- oder Arbeitsverhältnissen oder zusätzlichen Versorgungsleistungen einer berufsständischen Organisation bzw. die Einkünfte aus Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherungen Freibleiben sollten. Zu Nr. 8: Der Vorschlag, hinter § 34 einen neuen § 34 a einzufügen, entspricht ebenfalls einer bereits durch das Kindergeldanpassungsgesetz erfolgten Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes, die durch den Ausschuß lediglich eine redaktionelle Klarstellung erfahren hat. Der Beschluß wurde mit Mehrheit gefaßt. Zu Nr. 9: Einstimmig beschloß der Ausschuß, den Höchstsatz der Pflegezulage auf 200 DM festzusetzen. Zu Nr. 10: Die Änderung stellt eine Verbesserung der Regelung über die Bezüge für das Sterbevierteljahr dar. Sie wurde vom Bundesminister für Arbeit vorgeschlagen und vom Ausschuß einstimmig gebilligt. Zu Nr. 11: Die Grundrente der Witwen, die bisher in Höhe von 40 DM gewährt wurde, ist auf 48 DM angehoben worden. Für Witwen, die weder erwerbsunfähig sind noch für mindestens ein Kind im Sinne des § 41 Abs. 1 Buchst. c zu sorgen und das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wurde die Grundrente gleichfalls um 20 v. H. von 20 auf 24 DM erhöht. Weitergehende Erhöhungsanträge zu dieser Position wurden bei Stimmengleichheit abgelehnt. Zu Nr. 12: Die volle Ausgleichsrente der Witwen betrug bisher 60 DM. Sie wird durch die vorgeschlagene Änderung um 10 DM verbessert. Während die Ausgleichsrente bisher nur insoweit zu gewähren war, als sie zusammen mit dem sonstigen Einkommen 95 DM nicht überstieg, ist dieser Betrag nunmehr auf 100 DM erhöht worden. Wie bei den Beschädigten wurde auch hier die Nichtberücksichtigung der Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes vorgesehen. Von diesen Einkünften soll künftig ein Teilbetrag in Höhe von 15 DM anrechnungsfrei bleiben. Diese Bestimmung hat zu ausgedehnten Erörterungen im Ausschuß geführt, da erhebliche Bedenken wegen der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes geltend gemacht wurden. Das vorliegende Ergebnis beruht auf einem Mehrheitsbeschluß. Zu §§ 42 und 44: Die zu den genannten Vorschriften vorliegenden Anträge wurden von den Antragstellern aus den schon in der Einleitung zu diesem Bericht angeführten Gründen zurückgezogen. Die Vertreter der Bundesregierung haben zugesagt, in den Fällen des § 42 weitgehend von den Möglichkeiten des Härteausgleichs Gebrauch zu machen. Die gesetzliche Verankerung soll einer späteren Novellierung vorbehalten bleiben. . Zu Nr. 13: Die Grundrenten der Waisen wurden um 20 v. H. erhöht. Zu Nr. 14: Die Ausgleichsrenten der Waisen erhielten eine Aufbesserung um je 10 Deutsche Mark. Die Einkommensgrenzen wurden bei Waisen, deren Vater oder Mutter noch lebt, von 41 auf 46 DM und bei Waisen, ,deren Vater und Mutter nicht mehr leben, von 65 auf 70 DM erhöht. Nach der Neufassung des § 33 Abs. 2 gelten als sonstiges Einkommen auch freiwillige Leistungen, die mit Rücksicht auf ein früheres Dienst- oder Arbeitsverhältnis oder eine frühere selbständige Berufstätigkeit oder als zusätzliche Versorgungsleistung einer berufsständischen Organisation gewährt werden. Für § 47 finden diese Bestimmungen insoweit Anwendung, als der 10 DM monatlich übersteigende Betrag als sonstiges Einkommen angerechnet wird. Zu Nr. 15: Zu § 51 beschloß der Ausschuß, die volle Elternrente bei einem Elternpaar von 84 DM auf 100 DM und bei einem Elternteil von 60 DM auf 70 DM zu erhöhen sowie eine entsprechende Anhebung der Einkommensgrenzen vorzunehmen. Die Einfügung des neuen Absatzes 4 beabsichtigt, auch den Eltern bei der Berechnung des sonstigen Einkommens monatlich einen Freibetrag zu gewähren. Zu Nr. 16: Es handelt sich hierbei um eine notwendige Klarstellung, da es möglich ist, daß neben einem Anspruch auf Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz ein Anspruch auf Unterhaltsbeihilfe nach dem Gesetz über die Unterhaltsbeihilfe von Kriegsgefangenen besteht, die nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes bemessen wird. Zu Nr. 17: Auch diese Vorschrift dient zur Klarstellung der bisherigen Bestimmungen des Bundesversorgungsgesetzes zu § 57 Abs. 1. Zu Nr. 18: Übereinstimmend wurde eine Verlängerung der Anmeldefrist für den Anspruch auf Elternversorgung, die mit dem 31. Dezember 1954 abläuft, um weitere zwei Jahre für notwendig erachtet. Zu Nr. 19: Diese Ergänzung hält der Bundesarbeitsminister für notwendig, denn solange der ehemalige Wehrmachtsangehörige sich in Kriegsgefangenschaft oder in ausländischem Gewahrsam befindet, haben die Angehörigen Anspruch auf Unterhaltsbeihilfe nach dem Gesetz über die Unterhaltsbeihilfe für Angehörige von Kriegsgefangenen. Zur Vermeidung einer Doppelversorgung kann dem beschädigten Wehrmachtsangehörigen daher Versorgung frühestens vom Monat der Entlassung ab gewährt werden. Da eine ausdrückliche gesetzliche Regelung bisher nicht bestand, erscheint die vorgeschlagene Ergänzung auch im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung der noch nicht zurückgekehrten Kriegsgefangenen und Festgehaltenen geboten, zumal die noch in der Sowjetunion befindlichen Kriegsgefangenen Versorgungsansprüche gar nicht geltend machen können. Zu Nr. 20: Die Vorschrift ist notwendig, um eine Doppelversorgung auszuschließen. Ansprüche auf Heilbehandlung und Krankenbehandlung nach § 10 (Pohle [Eckernförde]) Abs. 5 und § 28 BVG werden durch die Vorschrift nicht berührt. Zu Nr. 21: Die Ergänzung des § 71 a dient der Klarstellung. Zu Nr. 22: Der § 78 a hat sich in der bisherigen Fassung als zu eng erwiesen. Künftig soll Kapitalabfindung auch Witwen mit Anspruch auf Witwenbeihilfe in Höhe der Rente und Ehefrauen Verschollener gewährt werden können. Für die Ehefrauen Verschollener ist zur Vermeidung von Härten mit Zustimmung des Bundesministers der Finanzen bereits die Gewährung von Darlehen zugelassen worden, die nach erfolgter gesetzlicher Regelung in Kapitalabfindungen umzuwandeln sind. Zu Nr. 23: Zur Klarstellung des § 81 Abs. 2 wird das Wort „Versorgungsbezüge" in das Wort „Leistungen" umgewandelt. Den gleichen Grund hat die Einfügung des Satzes: „Dies gilt nicht bei Ansprüchen, die aus Schwangerschaft und Niederkunft erwachsen sind." Zu Nr. 24: Die vorgesehene Möglichkeit zur Übertragung der Gewährung von Härteausgleichen auf nachgeordnete Dienststellen in den näher bezeichneten Fällen entspricht nach Meinung des Bundesministers für Arbeit einem dienstlichen Bedürfnis. Der Ausschuß hat dieser Anregung zugestimmt. Zu Artikel II Die Einfügung dieses Artikels wurde vom Bundesminister für Arbeit mit folgender Begründung vorgeschlagen: In Artikel V Abs. 2 unter Buchstabe a war vorgesehen, daß die Änderung des § 20 BVG mit Wirkung vom 1. Oktober 1950 in Kraft treten soll. Die Durchführung hätte einen Verwaltungsaufwand verursacht, der in keinem Verhältnis zu dem erzielbaren finanziellen Ergebnis stehen würde. Die Vorschrift soll daher erst mit dem Tage nach der Verkündung des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes in Kraft treten. Der Ausschuß hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Zu Artikel III Nach § 4 des Grundbetragserhöhungsgesetzes vom 17. April 1953 waren die Grundbetragserhöhungen bei der Ermittlung des für die Höhe der Ausgleichs- und Elternrenten maßgebenden sonstigen Einkommens unberücksichtigt zu lassen. Diese Vorschrift soll im Hinblick auf die in § 33 Abs. 2 und § 41 Abs. 5 vorgesehenen weiteren Freibeträge sowie auf die Erhöhung der für die Waisen- und Elternversorgung maßgebenden Einkommensgrenzen aufgehoben werden. Nach Meinung des Bundesministers für Arbeit wird mit .dieser Vorschrift erreicht, daß für alle Versorgungsberechtigten wieder einheitliche Grundsätze für die Feststellung des sonstigen Einkommens gelten. In diesem Punkt standen sich im Ausschuß gegenteilige Auffassungen gegenüber. Die Entscheidung in dem vorgeschlagenen Sinne beruht auf einem Mehrheitsbeschluß. Zu Artikel IV Mit dieser Vorschrift werden die vom Bundestag im Kindergeldanpassungsgesetz beschlossenen Ergänzungen des Bundesversorgungsgesetzes wieder aufgehoben, da eine entsprechende Regelung in Artikel I Nr. 6 Buchst. b und Nr. 8 dieses Gesetzes aufgenommen wurde. Zu Artikel V Der Artikel enthält die für den Übergang notwendigen Vorschriften. Zu Artikel VI Mit dieser Vorschrift wird der Bundesminister für Arbeit ermächtigt, den Wortlaut des Bundesversorgungsgesetzes in der aus diesem Gesetz sich ergebenden Neufassung bekanntzumachen. Zu Artikel VII In diesem Artikel ist die Anwendung des Gesetzes auf das Land Berlin bestimmt. Zu Artikel VIII Einstimmig beschloß der Ausschuß, die in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Verbesserungen in der Kriegsopferversorgung ab 1. Januar 1955 wirksam werden zu lassen, die Ergänzung des § 65 durch einen Absatz 3 jedoch erst am 1. April 1955. III. Schlußbemerkungen Die durch diesen Gesetzentwurf bewirkten Verbesserungen verursachen im Bundeshaushalt voraussichtlich die nachstehend aufgeführten Mehraufwendungen: 1. Erhöhung der GRUNDRENTEN: Mehraufwand in Mio DM a) für Beschädigte 116,1 b) für Witwen 111,6 c) für Waisen 31,7 259,4 2. Erhöhung der AUSGLEICHSRENTEN und EINKOMMENSGRENZEN: a) für Beschädigte Mehraufwand in Mio DM Ausgleichsrenten 8,2 Einkommensgrenzen 17,3 25,5 b) für Witwen Ausgleichsrenten 46,2 Einkommensgrenzen 22,6 68,8 c) für Waisen Ausgleichsrenten 20,6 Einkommensgrenzen 43,8 64,4 3. Erhöhung des Höchstsatzes der PFLEGEZULAGE auf 200 DM: 0,5 0,5 4. Erhöhung der a) ELTERNRENTEN bei einem Elternpaar 3,0 bei einem Elternteil 7,0 10,0 b) EINKOMMENSGRENZEN bei einem Elternpaar 17,5 bei einem Elternteil 2,0 19,5 5. FREIBETRÄGE für Empfänger von SOZIALRENTEN usw. für Beschädigte 22,0 für Witwen 47,3 69,3 517,4 abzüglich Minderausgaben 108,3 bleibt ein jährlicher Mehrbedarf von 409,1 (Pohle [Eckernförde]) Der Kriegsopferausschuß hat seine Arbeiten so beschleunigt, daß der Bundestag Gelegenheit hat, den Gesetzentwurf noch am 15. Dezember 1954 zu verabschieden, und der Bundesrat in seiner letzten Sitzung des Jahres am 17. Dezember 1954 dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben kann. In einem Schreiben des Herrn Präsidenten des Bundesrates vom 10. Dezember 1954 an den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages wird jedoch mitgeteilt, daß der Bundesrat nur dann die Möglichkeit hätte, den Gesetzentwurf am 17. Dezember dieses Jahres zu beraten, wenn der Bundestag bereits zu einem früheren Termin eine Verabschiedung der Novelle hätte vornehmen können. Nach dem Schreiben des Herrn Präsidenten des Bundesrates ist es aber aus technischen und aus Gründen der Notwendigkeit von vorhergehenden Beratungen in den Länderkabinetten unmöglich, selbst wenn der Bundestag das Gesetz am 15. Dezember verabschieden würde, zwei Tage später bereits die Zustimmung des Bundesrates zu erreichen. Es ist der Wunsch des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen, daß der Bundesrat trotz der für ihn entstehenden Schwierigkeiten eine Zustimmung zu dem Gesetzentwurf noch vor Weihnachten erwägen möge, damit eine Verkündung des Gesetzes im Monat Januar 1955 gesichert ist. Unabhängig davon, wie die gegebenen Möglichkeiten ausgeschöpft werden können, werden seitens des Bundesarbeitsministeriums alle Maßnahmen vorbereitet werden, die eine raschere Durchführung des Gesetzes nach seiner Verkündung sicherstellen. Einer Anregung des Ausschusses folgend, werden nach Abstimmung mit den zuständigen Stellen Anweisungen des Bundesministers für Arbeit ergehen, um die Erhöhung der Grundrenten baldmöglichst zur Auszahlung gelangen zu lassen. Bonn, den 10. Dezember 1954 Pohle (Eckernförde) Berichterstatter
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Damit sind die Großen Anfragen der Fraktion der SPD beantwortet, und die unter Punkt 3 bis 6 der Tagesordnung aufgeführten Gesetzentwürfe sind eingebracht. Ich danke dem Herrn Abgeordneten Furler als Berichterstatter zu Punkt 7 der Tagesordnung. Der Schriftliche Bericht*) liegt als Drucksache zu 958 vor. Der Herr Berichterstatter hat auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet.
    Ich unterbreche die Sitzung bis 15 Uhr. (Unterbrechung der Sitzung 12 Uhr 8 Minuten.)

    Die Sitzung wird um 15 Uhr 4 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid wieder eröffnet.


Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, wir fahren in der unterbrochenen Sitzung mit der Besprechung der Regierungserklärung fort.
Das Wort hat der Abgeordnete Ollenhauer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Erich Ollenhauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese außenpolitische Debatte ist mehr als die erste Lesung der Ratifikationsgesetze zu den Pariser Verträgen. Sie hat jedenfalls nach der Auffassung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion die Aufgabe, die jetzt gegebene internationale Lage und die sich daraus für die Außenpolitik der Bundesrepublik ergebenden Konsequenzen zu prüfen. Es geht nicht nur um die Frage, ob die Verträge als solche anzunehmen oder abzulehnen sind. Wir haben vielmehr zu prüfen, ob sie mit den Interessen einer Politik der Entspannung und Befriedung in der Welt und mit den Interessen einer Politik der Wiedervereinigung Deutschlands vereinbart werden können.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich habe bereits in der letzten außenpolitischen Debatte in diesem Hause unmittelbar nach der Londoner Konferenz unserer Besorgnis darüber Ausdruck gegeben, daß der Herr Bundeskanzler es in London versäumt hat, die Frage einer gemeinsamen aktiven Politik der Wiedervereinigung
    *) Siehe Anlage 1.


    (Ollenhauer)

    auf die Tagesordnung der Londoner Konferenz zu bringen. Wir waren und wir sind der Meinung, daß nach dem Scheitern der EVG-Politik und vor der Beratung und Entscheidung über andere Formen eines militärischen Beitrags der Bundesrepublik zunächst ein neuer ernsthafter Versuch unternommen werden sollte, in Vier-Mächte-Verhandlungen die Möglichkeiten einer befriedigenden Lösung der deutschen Frage zu prüfen.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Das Resultat dieses Versäumnisses ist, daß es in London bei einer Grundsatzerklärung über die deutsche Wiedervereinigung blieb.
    Auf der Pariser Konferenz ist diese Linie konsequent und noch verstärkt weiterverfolgt worden. Der Herr Bundeskanzler hat in Paris eine große Zahl von Verträgen und Vereinbarungen unterzeichnet; aber eine Vereinbarung und eine Unterschrift fehlt:

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Es gibt auch unter den Pariser Dokumenten keine Vereinbarung über die gemeinsame Politik zur Verwirklichung des Ziels der deutschen Wiedervereinigung;

    (Beifall bei der SPD)

    im Gegenteil, in Paris ist zwar nicht schriftlich, aber tatsächlich festgelegt worden, daß neue Verhandlungen mit der Sowjetunion über das Problem der deutschen Einheit erst nach der Ratifizierung der Verträge ins Auge gefaßt werden sollen. Der Herr Bundeskanzler hat sich diese These wiederholt und ausdrücklich zu eigen gemacht, auch in seiner heutigen Rede. Damit ist eindeutig der Aufrüstung der Bundesrepublik der Vorrang vor der Wiedervereinigung gegeben worden. Daß diese Entscheidung im Widerspruch steht zu den wiederholten einstimmigen Beschlüssen des Bundestages, steht außer jedem Zweifel.

    (Beifall bei der SPD. — Widerspruch bei ,der CDU/CSU. — Zuruf des Abg. Kunze [Bethel].)

    — Bitte?

    (Abg. Kunze [Bethel]: Wollen Sie's nicht verstehen oder können Sie's nicht verstehen?)

    — Lassen Sie mich vielleicht meine Gedanken noch etwas entwickeln; vielleicht wird Ihnen dann einiges klarer als nach den ersten Sätzen, Herr Kollege Kunze. Diese Politik basiert auf der Annahme, daß ohne die Einheit des Westens erfolgreiche Verhandlungen mit der Sowjetunion nicht möglich seien und daß die Sowjetunion nach der Ratifizierung der Pariser Verträge eine größere Bereitwilligkeit zu Verhandlungen über eine für den Westen und für das deutsche Volk tragbare Lösung der europäischen und deutschen Probleme zeigen werde.
    Nun, meine Damen und Herren, das Kernstück der Pariser Verträge bildet die Aufrüstung der Bundesrepublik im Rahmen des Brüsseler Vertrages und des Nordatlantikpaktes. In der gegenwärtigen Situation wird diese Aufrüstung der Bundesrepublik weder ihrem Umfang noch ihrer zeitlichen Wirksamkeit nach entscheidend für das Kräfteverhältnis zwischen West und Ost ins Gewicht fallen. Sie ist daher vom Standpunkt des
    Westens gar kein echtes Argument für die These: „Erst ratifizieren, dann verhandeln".

    (Beifall bei der SPD.)

    Bleibt das politische Argument, daß der Westen und die Bundesrepublik mit einem gemeinsamen Verhandlungsprogramm der Sowjetunion gegenübertreten sollen. Dieses Argument akzeptieren wir. Aber gerade hier fehlt es an irgendeiner konkreten Vereinbarung, schlimmer noch: es mehren sich die Anzeichen, daß die Vorstellungen über Weg, Ziel und Zeitpunkt einer aktiven Wiedervereinigungspolitik immer mehr von der deutschen Vorstellung abkommen, daß die Wiedervereinigung die vordringlichste Aufgabe sein muß. Das Problem beginnt damit, daß sich die Westmächte auch im neuen Generalvertrag die letzte Entscheidung in allen Fragen, die die deutsche Wiedervereinigung betreffen, vorbehalten haben. Dieser Vorbehalt hat zwei Seiten. Er ist notwendig — das erkennen wir an —, um den Status der Viermächte-Verantwortung für Berlin und für die Wiedervereinigung Deutschlands aufrechtzuerhalten. Auf der anderen Seite gibt er offenbar aber den Westmächten auch die Freiheit, Art, Umfang und Zeitpunkt politischer Aktionen in der Frage der Wiedervereinigung zu bestimmen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Es gibt nun ernste Anhaltspunkte dafür, daß die Besatzungsmächte die Frage der deutschen Einheit einer allgemeinen Politik des Ausgleichs der Spannungen in Ost und West unterordnen. Am deutlichsten ist das wohl in der hier schon erwähnten Rede des französischen Ministerpräsidenten vor der Versammlung der Vereinten Nationen am 22. November zum Ausdruck gekommen. In dieser Rede hat er den europäischen Oststaaten vorgeschlagen, sich in der gleichen Weise zusammenzuschließen, wie es die westeuropäischen Staaten mit Einschluß der Bundesrepublik im Rahmen des Brüsseler Paktes beabsichtigen. Die Konsequenz dieses Vorschlags des französischen Ministerpräsidenten ist, daß auch die sowjetisch besetzte Zone Deutschlands in eine solche Ostallianz einzubeziehen ist.

    (Abg. Dr. Menzel: Sehr richtig!)

    Es ist ein Vorschlag für die Organisation von Europa, die auf der Teilung Deutschlands basiert. Bemerkenswert ist, daß Herr Mendès-France diesen Vorschlag offiziell der russischen Regierung übermittelt hat, als er in der vorigen Woche den französischen Botschafter zu direkten Gesprächen nach Moskau entsandte. Und bemerkenswert ist für uns vor allem, daß der Herr Bundeskanzler diese Rede nicht als beunruhigend bezeichnet hat.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Aber noch ehe der französische Ministerpräsident diese Rede hielt, veröffentlichte die Londoner „Times" am 22. Oktober einen Artikel, in dem ausgeführt wurde, es sei besser, zunächst die Bundesrepublik fest in die Westeuropäische Union einzugliedern und hier ihre Aufrüstung unter Kontrolle zu halten, als das Risiko der Schaffung eines möglicherweise unstabilen, nationalistischen Tendenzen ausgesetzten, vereinigten Deutschlands einzugehen.

    (Abg. Mellies: Hört! Hört!)

    Die Eingliederung der sowjetisch besetzten Zone
    Deutschlands in den Ostblock müsse man in Kauf


    (Ollenhauer)

    nehmen; man könne vielleicht später die Beziehungen zwischen diesen beiden Teilen Deutschlands durch Handelsabkommen und dergleichen normalisieren.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Abg. Kiesinger: Herr Ollenhauer, Herr Eden hat aber das Gegenteil gesagt!)

    — Der britische Außenminister, Herr Kollege Kiesinger, hat zwar erklärt, daß diese Auffassung nicht die Auffassung der britischen Regierung sei; aber, Herr Kollege Kiesinger, Sie wissen, daß es bei den Verhandlungen der Beratenden Versammlung des Europarats in Straßburg ein britischer konservativer Abgeordneter war, der ebenfalls die Teilung Deutschlands als eine gegebene und zunächst unabänderliche Tatsache hingestellt hat.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    In der gleichen Versammlung hat der belgische Abgeordnete Bohy einen Plan entwickelt, der gleichfalls auf der Tatsache der Spaltung Deutschlands basiert.
    Meine Damen und Herren, alle diese und andere Äußerungen in dieser Richtung wären weniger beunruhigend, wenn es demgegenüber eine zwischen der Bundesregierung und den Westmächten vereinbarte und konkret fixierte Wiedervereinigungspolitik gäbe. Gerade auf dem Gebiet, auf dem die Einheit des Westens gegenüber der Sowjetunion das größte Gewicht haben könnte, nämlich auf dem politischen Gebiet, gibt es offensichtlich diese Einheit nicht. Wir sind in der größten Gefahr, daß die Frage der deutschen Einheit in Zukunft nur das Objekt eines Interessenausgleichs zwischen West und Ost wird.

    (Beifall bei der SPD.)

    Nicht weniger beunruhigend ist auf der anderen Seite die Haltung der Sowjetunion. Selbstverständlich verfolgt die Sowjetunion mit ihren letzten Noten seit dem Scheitern des EVG-Vertrags ein taktisches Ziel. Sie hat das Interesse, die Ratifizierung der Pariser Verträge zu verhindern, weil sie eine Aufrüstung der Bundesrepublik nicht wünscht. Die Interessen der Sowjetunion sind nicht identisch mit unseren deutschen Interessen, und ihre Argumente sind nicht unsere Argumente. Aber vergessen wir nie, die Sowjetunion ist eine der vier Besatzungsmächte, und ohne ihre Zustimmung und ohne ihre Mitwirkung ist eine Wiedervereinigung Deutschlands ebenso unmöglich wie ohne die Zustimmung und die Mitwirkung der Westmächte.

    (Lebhafte Zustimmung bei der SPD.)

    Es kann und darf uns daher nicht gleichgültig sein, welche Konsequenzen die Sowjetunion aus einer Einbeziehung der Bundesrepublik in die NATO im Hinblick auf ihre Deutschlandpolitik ziehen wird.
    Nun hat die Sowjetregierung in ihrer letzten Note vom 9. Dezember eindeutig erklärt, daß nach der Ratifizierung der Pariser Verträge Verhandlungen über die deutsche Wiedervereinigung gegenstandslos sein werden. Sie sagt weiter, es sei ein Irrtum, anzunehmen, daß man nach der Ratifizierung mit größerer Erfolgsaussicht über die deutsche Frage verhandeln könne. Außerdem wird für den Fall der Ratifizierung eine verstärkte militärische Aufrüstung angekündigt. Man kann Zweifel darüber haben, ob die Sowjetunion im Falle einer Ratifizierung der Pariser Verträge die Politik der letzten Monate aufgibt, eine Verminderung der Spannungen zwischen Ost und West und ein friedliches Nebeneinanderleben zu ermöglichen. Es gibt wahrscheinlich schwerwiegende Gründe für sie, es nicht zu tun, und man braucht deshalb vielleicht nicht mit einer unmittelbaren Verschärfung der internationalen Lage zu rechnen. Aber die eindeutige Ankündigung, daß dann Verhandlungen über die deutsche Frage zwecklos sein werden, können und dürfen wir nicht ignorieren.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Es mag in Washington leicht sein, festzustellen, die Note enthalte nichts Neues. Die Fortdauer der Spaltung Deutschlands bedeutet tatsächlich keine unmittelbare Gefährdung der Sicherheit der Vereinigten Staaten. Auch eine Politik der Verhandlungen der Westmächte mit der Sowjetunion über eine europäische und internationale Entspannung auf der Basis der Fortdauer der Spaltung Deutschlands schafft weder für den Westen noch für den Osten eine sofort unerträgliche und unannehmbare Situation. Aber für das deutsche Volk ist eine solche Lage unannehmbar und unerträglich.

    (Beifall bei der SPD.)

    Die Gefahr einer solchen Entwicklung ist angesichts der offensichtlichen Uneinigkeit des Westens in bezug auf die Lösung des deutschen Problems und angesichts der kategorischen Erklärung der Sowjetunion außerordentlich groß. Nach unserer Auffassung ist die Lage in bezug auf die Wiedervereinigung unseres Landes heute so ernst wie noch nie seit Bestehen der Bundesrepublik,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    und es ist tatsächlich eine Schicksalsfrage, vor die wir heute und hier gestellt sind.
    Es ist die Tragik der Außenpolitik der Bundesrepublik, daß sie sich bis heute nicht hat befreien können aus den Zwangsläufigkeiten, die sich aus dem Angebot der deutschen Aufrüstung durch den Herrn Bundeskanzler vom August 1950 ergeben haben, und daß praktisch die Integration der Bundesrepublik in den Westen immer den Vorrang vor der Wiedervereinigung gehabt hat.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Nach dem Scheitern des EVG-Vertrags, auf den Konferenzen in London und Paris war eine Chance gegeben, einen neuen Start zu versuchen und das gemeinsame Interesse an einer größeren Einheit des Westens mit einer aktiven Politik der Wiedervereinigung in Einklang zu bringen. Die Stellungnahme, daß man nach der Ratifizierung auf Verhandlungen drängen werde und daß, wie der Herr Bundeskanzler heute morgen gemeint hat, die Sowjets dann auch zu Verhandlungen bereit sein werden, ist keine Antwort auf die jetzt gegebene Situation.

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, niemand von uns vermag zu sagen, ob eine große Anstrengung, die Versteinerung der Spaltung Deutschlands durch ernsthafte Verhandlungen zu verhindern, noch zu einem Erfolg führt. Aber die große Sache, die auf dem Spiele steht, die Einheit unseres Volkes, erfordert die Ausschöpfung aller Verhandlungsmöglichkeiten. Wir erwarten von der Bundesregierung — und wir hoffen dafür die Zustimmung der Mehrheit dieses Hauses zu finden —, daß sie sofort vor dem Abschluß der Ratifizierung mit den West-


    (Ollenhauer)

    mächten verhandelt über die Vorbereitung einer neuen Viermächtekonferenz durch die Aufstellung eines gemeinsamen Verhandlungsprogramms mit dem Ziel, diese Konferenz durchzuführen, ehe dieses Haus die endgültige Entscheidung über die Verträge fällt. Wir können es vor dem deutschen Volke nicht verantworten, daß wir das unbestreitbare Risiko eingehen, daß nach der Ratifizierung der Verträge Verhandlungen über die Wiedervereinigung nicht mehr möglich sind und daß wir dann vor der Tatsache eines endgültig gespaltenen Deutschlands stehen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Der Herr Bundeskanzler hat heute morgen am Ende seiner Rede darauf hingewiesen, daß im Osten Europas ein hochgerüstetes Militärbündnis bereits seit langem bestehe und daß es ihm darauf ankomme, die Forderung an die sowjetische Führung zu stellen, in ihrem System ähnlich den Prinzipien der westeuropäischen Gemeinschaft und der NATO defensive Grundsätze einzuführen. Ich bedauere sagen zu müssen, daß eine solche Forderung höchst unbefriedigend ist.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    So gewiß wir daran interessiert sind, daß sich auch die Sowjetunion mit ihren Satelliten auf Maßnahmen der Defensive beschränkt, so muß doch unser lebenswichtiges Anliegen sein, daß ohne Aufschub die sowjetisch besetzte Zone Deutschlands nicht erst in jenes sowjetische Defensivsystem einbezogen wird,

    (Beifall bei ,der SPD; — Zuruf rechts: Ist sie doch schon längst!)

    sondern daß die Sowjetunion den von ihr besetzten Teil Deutschlands freigibt. Die Darstellung des Herrn Bundeskanzlers läßt außer acht, daß die sowjetisch besetzte Zone Deutschlands, wenn auch dort die Remilitarisierung schon in bedenklichem Maße vorgetrieben worden ist, bisher noch keineswegs und glücklicherweise noch nicht in vollem Umfang ein Teil des sowjetischen Militärsystems
    geworden ist.

    (Abg. Euler: Das ist doch schon längst der Fall!)

    Uns ist nicht damit gedient, daß sich die Politik der Sowjetunion in dem von ihr besetzten Teil Deutschlands auf Defensivmaßnahmen beschränkt. Vielmehr muß unser Anliegen die Freigabe dieses Gebiets und der Menschen dort aus dem sowjetischen Machtbereich sein.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, wenn Sie in dieser Beziehung Zweifel haben, sehen Sie sich einmal die Beschlüsse der Moskauer Konferenz an; sie sind in dieser Beziehung außerordentlich interessant und aufschlußreich!

    (Abg. Euler: Sehen Sie sich doch die Tatsachen in Mitteldeutschland an! — Abg. Dr. Friedensburg: Darf ich eine Frage stellen?)