Rede von
Margarete
Heise
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Sabel, ich glaube, es ist nun doch notwendig, die Dinge noch einmal aufzuzeigen. Ich will Ihnen bestätigen, daß das Landesarbeitsamt an ungefähr 30 900 im Westen Tätige keine Unterstützung zahlt; ich will Ihnen auch bestätigen, daß es an 26 200 im Westen Wohnende und im Osten Arbeitende im Bedarfsfall, also im Fall einer Arbeitslosigkeit, Arbeitslosenunterstützung zahlt.
Aber bitte, wie kommt es dazu? Die Grundlage bildet das vorliegende Gesetz mit dem Wohnortprinzip. Das Landesarbeitsamt ist gesetzlich gebunden, an diesen Personenkreis der 26 200 Unterstützung zu zahlen. Aber wenn das richtig ist, — seit wann wird dadurch das Unrecht an den Ostsektoranern aufgehoben? Ich will sagen: Sie können doch nicht durch den Verzicht der Ostsektoraner auf ihre Rechte den Etat des Landesarbeitsamtes ausgleichen. Das ist doch eine Unmöglichkeit.
Es ist doch so, daß sich das Landesarbeitsamt nicht nur aus politischen, sondern auch aus anderen Gründen, die Ihnen und mir bekannt sind, dagegen gewehrt hat. Es war ihm zuviel. Es wußte, daß es immer wieder von den 26 200 in Anspruch genommen wurde und sich nicht dagegen wehren konnte.
So wehrte es sich gegen diejenigen, die zu ihm kamen und keinen Anspruch auf gesetzlicher Grundlage hatten. Aber, Herr Kollege Sabel, wir waren uns im Ausschuß doch darüber einig, daß den Menschen geholfen werden muß. Wir sind uns im Ausschuß alle darüber einig, daß die materiellen Bedingungen geschaffen werden müssen, daß dieses Gesetz geändert werden muß, damit eine gesetzliche Grundlage vorhanden ist. Jetzt kommt nur noch Ihr Einwand in Frage: Kann man denn die Menschen kontrollieren? Das ist auch im Ausschuß geklärt worden.
Sie haben von Herrn Professor Schellenberg im Ausschuß gehört, daß wir in Berlin auch die Unfall- und Krankenversicherung auf dieser Basis haben. Die Menschen zahlen ihre Beiträge nicht nur zur Arbeitslosenversicherung, sondern auch zur Unfall- und Krankenversicherung. Wenn jemand, der im Osten wohnt, krank wird, dann kann er selbstverständlich das Krankengeld im Westen beziehen, dann kann er einen Arzt im Westen aufsuchen und hat alle Leistungen, die ihm zustehen.
Ich bitte Sie doch einmal zu beachten, daß die Leistung einer Versicherung auf Gegenseitigkeit beruht. Wenn man versichert ist, hat man eben auch einen Anspruch. Dieser Anspruch wird in dem von Ihnen nun beschlossenen Gesetzentwurf, der eine Änderung darstellt, nicht gewährleistet. Wir wollen es nicht der Verwaltung überlassen. Wir sind nicht der Meinung, daß sich die Verwaltung aussuchen kann, wem sie Unterstützung gewährt, sondern wenn wir eine Änderung des Gesetzes hier durchbringen, dann wollen wir auch, daß die Menschen wissen: ich habe für meinen Beitrag einen Rechtsanspruch.
Um diesen Rechtsanspruch geht es jetzt.
Ich möchte Sie doch noch einmal bitten, hier nicht Ausnahmerecht zu schaffen. Die Vorlage, die Sie uns hier und heute gegeben haben, ist schon wieder ein Ausnahmerecht; denn jeder andere Beitragzahler hat einen absoluten Rechtsanspruch. Um den bitte ich Sie für die Ostsektoraner in Berlin.