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ID0205001500

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    2. Deutscher Bundestag — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Oktober 1954 2463 50. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 20. Oktober 1954. Geschäftliche Mitteilungen 2464 B Nachruf für den verstorbenen ehemaligen Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein Lübke 2464 C Bechlußfassung des Bundesrats zum Gesetz über die Lastenausgleichsbank 2464 D Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 49, 56, 105 und 111 (Drucksachen 416, 857; 500, 899; 801, 895; 826, 898) . . . 2464 D Mitteilung des Bundesministers der Finanzen über die vollzogene Bestellung des Erbbaurechts an reichseigenen Grundstücken des ehemaligen Artilleriearsenals und des ehemaligen Scheibenhofs in KielFriedrichsort 2464 D Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg. Dr. Kleindinst, Dr. Kihn, Klingelhöfer, Morgenthaler, Dr. Maier (Stuttgart), Ehren . 2465 A Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung der Verordnung über Auskunftspflicht (Drucksache 861) 2465 B Hoogen (CDU/CSU) 2465 B Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik und an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht . . 2465 B Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betr. Revision des GATT-Abkommens in bezug auf Filmfragen (Drucksache 889 [neu]) . 2465 C Muckermann (CDU/CSU), Antragsteller (Schriftliche Begründung) . . 2496 Beschlußfassung 2465 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Jugendfragen über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Bundesjugendplan (Drucksachen 755, 78) in Verbindung Mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD (C betr. Errichtung eines Instituts für Jugendfragen (Drucksache 883) 2465 C Wienand (SPD), Antragsteller . . 2465 C Frau Keilhack (CDU/CSU), Bericht- erstatterin 2468 B Dr. Seffrin (CDU/CSU) 2470 A Herold (SPD) 2471 A Kutschera (GB/BHE) 2473 A Hübner (FDP) 2474 C Pöhler (SPD) 2476 A Kemmer (Bamberg) (CDU/CSU) . . 2477 D Frau Schanzenbach (SPD) 2478 B Josten (CDU/CSU) 2478 C Gedat (CDU/CSU) 2479 B Annahme des Antrags Drucksache 755 2480 B Überweisung des Antrags 883 an den Ausschuß für Jugendfragen und an den Haushaltsausschuß 2480 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen vom 22: Juli 1954 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein- kommen (Drucksache 894) 2480 C Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 2480 C Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die Altersgrenze von Richtern an den oberen Bundesgerichten und Mitgliedern des Bundesrechnungshofes (Drucksache 897) 2480 C Überweisung an den Ausschuß für Beamtenrecht und an den Rechtsausschuß 2480 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des § 168 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Drucksache 412); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 885; Umdrucke 192, 193) 2480 D, 2495 B Becker (Pirmasens) (CDU/CSU), Berichterstatter 2480 D Frau Heise (SPD) . . 2481 B, 2483 D, 2485 B Sabel (CDU/CSU) 2482 A, B, 2483 B, 2484 C, 2485 B Frau Finselberger (GB/BHE) . . . . 2483 A Dr. Gille (GB/BHE) 2484 B Abstimmungen 2485 A, B Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Maßnahmen zur Förderung und Festigung von Vertriebenenbetrieben und Flüchtlingsunternehmen (Drucksache 838) 2485 D Dr. Götz (CDU/CSU), Antragsteller 2485 D, 2491 C Reitzner (SPD) 2488 A Dr. Kather (GB/BHE) . . . 2490 B, 2491 D Dr. Preiß (FDP) 2493 D Sabaß (CDU/CSU) 2495 A Überweisung an die Ausschüsse für Heimatvertriebene, für Finanz- und Steuerfragen, für Geld und Kredit und für Wirtschaftspolitik 2495 C Nächste Sitzung 2495 C Anlage 1: Änderungsantrag des Abg. Sabel zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des § 168 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Umdruck 192) 2495 B Anlage 2: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des § 168 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Umdruck 193) 2495 B Anlage 3: Schriftliche Begründung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betr. Revision des GATT-Abkommens in bezug auf Filmfragen (Drucksache 889 [neu]) 2496 Die Sitzung wird um 14 Uhr 1 Minute durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Anlage 1 Umdruck 192 Änderungsantrag des Abgeordneten Sabel zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des § 168 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Drucksachen 885, 412) Der Bundestag wolle beschließen: In Art. I Nr. 1 sind im § 87 Abs. 2 Satz 1 an Stelle des Wortes „auch" die Worte „im Falle des § 168 a" einzufügen. Bonn, den 20. Oktober 1954 Sabel Anlage 2 Umdruck 193 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des § 168 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Drucksachen 885, 412) Der Bundestag wolle beschließen: In Art. I Nr. 2 erhält § 168 a folgende Fassung: „§ 168 .a Abweichend von § 168 können Arbeitslose, die vor Eintritt der Arbeitslosigkeit eine versicherungspflichtige Beschäftigung befugt im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder im Lande Berlin ausgeübt haben, ihren Wohnort außerhalb dieses Bereiches oder innerhalb des Gebietes des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 haben, den Antrag auf Arbeitslosenunterstützung bei dem Arbeitsamt stellen, das für den Beschäftigungsort vor Eintritt der Arbeitslosigkeit zuständig war." Bonn, den 20. Oktober 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Muckermann zum Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betreffend Revision des GATT-Abkommens in Bezug auf Filmfragen (Drucksache 889 [neu]) 1. Anlaß. Am 28. Oktober 1954 beginnt in Genf die 9. GATT-Tagung. Im Rahmen dieser Tagung werden am 8. November die Verhandlungen über Änderungen des GATT-Abkommens aufgenommen werden. Es ist damit zu rechnen, daß auch die den Filmbetreffenden GATT-Bestimmungen in diesen Besprechungen mit dem Ziele einer Änderung beraten werden. So wird insbesondere die US-Delegation dem Vernehmen nach mit der Weisung versehen werden, eine schärfere Fassung des Art. IV, der die Einführung von Spielzeit-Quoten gestattet, zu verlangen. Der Artikel soll dahingehend geändert werden, daß künftig Spielzeit-Quoten nur noch in Ländern zulässig sein sollen, deren Filmindustrie noch im Aufbau begriffen ist. In gleicher Weise soll die US-Delegation die Änderung des Art. XII anstreben. Der Artikel sieht die Beschränkung von Importen von Filmen vor, falls die Devisenlage des betreffenden Landes es notwendig macht. Diese Bestimmung soll für Filme überhaupt in Fortfall kommen. Es ist unter Berücksichtigung dieser Umstände dringend angebracht, daß auch die deutsche Delegation mit konkreten Weisungen versehen wird, auf Änderung der den Film betreffenden GATT-Bestimmungen zu dringen, soweit diese Bestimmungen entweder diskriminierenden Charakter tragen oder der Entwicklung einer deutschen Filmproduktion mit marktkonformen Mitteln weitgehend hemmend oder einschränkend im Wege stehen. II. Bisherige Regelung. Nach den zur Zeit geltenden GATT-Bestimmungen können innere Maßnahmen zur Mengenkontrolle für belichtete Kino-Filme nur im Rahmen des Art. IV getroffen oder aufrechterhalten werden. Art. IV sieht hierfür die Form von Spielzeitkontingenten vor. Während diese Spielzeitkontingente in fast allen filmproduzierenden Ländern sehr erhebliche Quoten aufweisen — England 45 %, Frankreich 5 Wochen im Quartal, Italien 20 Tage im Quartal, Spanien auf je 6 Wochen eine Woche — und daneben noch weitere Maßnahmen zum Schutze der nationalen Filmindustrie in der Form von Synchronisationsabgaben oder Erstaufführungsabgaben bestehen und aufrechterhalten werden, hat sich die Bundesrepublik in den Zollzugeständnissen von Torquay dazu verpflichten müssen, im Falle der Einführung einer Spielquoten-Regelung gemäß Art. IV diese Quote nicht höher als 27 % anzusetzen. Dieses Zugeständnis trägt diskriminierenden Charakter, ganz abgesehen davon, daß es sich hier um eine handelspolitische Maßnahme und nicht um ein Zollzugeständnis handelt. III. Grundsätzlicher Standpunkt. Der Film, dessen Herstellung und Verbreitung sich nach allgemeinen wirtschaftlichen Gesetzen vollzieht und der dabei — wie jedes andere Wirtschaftsgut — den Charakter einer Ware trägt, befriedigt gleichwohl primär nicht materielle, sondern immaterielle Bedürfnisse. Er will unterhalten, entspannen, bilden, belehren. Unter Berücksichtigung dieses Charakters kann der Film auch im GATT nicht in vollem Umfange einem anderen Wirtschaftsgut gleichgestellt werden. Dies muß auch bei dem sonst allgemein gültigen Grundgesetz der Liberalisierung berücksichtigt werden. Auf jeden Fall aber ist zu verlangen, daß der deutsche Film nicht schlechter gestellt wird als der Film irgendeines anderen dem GATT beigetretenen Landes. Schlußfolgerung, Der Bundestag muß daher die Bundesregierung ersuchen, die deutsche Delegation auf der GATT-Konferenz mit bindenden Weisungen in dem Sinne zu versehen, daß sie bemüht bleibt, eine Beseitigung bzw. Abänderung all der Bestimmungen zu erreichen, die die Entwicklung des deutschen Films besonders erschweren, insbesondere a) Wegfall der diskriminierenden Einschränkung in den Zollzugeständnissen von Torquay oder, falls dies im Augenblick nicht erreichbar sein sollte, b) Eliminierung des Art. IV überhaupt, damit die Bestimmungen des Art. III des GATT auch für deutsche Filme in vollem Umfange wirksam werden können. Bonn, den 20. Oktober 1954. Muckermann
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    Rede von Karl Hübner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es sind hier wohlwollende Gedanken für die Jugend entwickelt worden, denen wir uns voll anschließen. Ich möchte aber doch herausstellen, daß diese wohlmeinenden Gedanken für die Jugend nicht ,das Eigentum einer einzelnen Partei sind,

    (Sehr richtig! bei der FDP)

    sondern daß sie zweifelsohne Gemeingut des ganzen Hauses sind.

    (Erneute Zustimmung bei der FDP und in der Mitte.)

    Ich halte es für sehr wesentlich, daß wir bei unserer Arbeit für die Jugend davon ausgehen, daß wir im Vergleich zu den Methoden, die in den letzten Jahrzehnten wirksam waren, einen völlig neuen Weg beschreiten. Damit meine ich, daß wir uns in erster Linie davon abwenden sollten, etwa Illusionen zu wecken. Denn die Skepsis der Jugend — darüber sollten wir uns wohl klar sein — ist lediglich darauf zurückzuführen, daß sie in den vergangenen Jahrzehnten ständig Illusionen ausgesetzt war, die sie auf einen völlig falschen Weg geführt haben. Ich selbst und meine Freunde haben für diese Skepsis der Jugend auch gegenüber den Maßnahmen der Regierung durchaus Verständnis. Wir haben Verständnis dafür, weil uns die Eigenwilligkeit der Jugend imponiert, und das ist gerade für meine Freunde und für mich nicht so sonderbar. Als Vertreter einer liberalen Partei wollen wir ja solche Eigenwilligkeiten durchaus sehen und fördern.

    (Zuruf von der SPD: Das dürfte auch Allgemeingut sein!)

    — Das nehme ich sehr gerne zur Kenntnis, Herr Kollege; dann finden wir uns auf derselben Basis zusammen.
    Nun möchte ich aber gerade in diesem Zusammenhang doch auf einige Äußerungen zurückkommen, die vorhin bei der Begründung des Antrags auf Schaffung eines Instituts für Jugendfragen abgegeben worden sind. Es ist ja doch in einer, ich muß zumindest sagen, sehr bemerkenswerten Weise


    (Hübner)

    darauf hingewiesen worden, daß man das herausstellen sollte, was vielleicht in der Sowjetzone besser ist. Es wurde dann noch einmal betont, man sollte doch sehen, was in der Sowjetzone besser geregelt sei als bei uns. Nun habe ich mir bei diesen Worten vorzustellen versucht, wie diese Äußerungen wohl in den Ohren eines Jugendlichen in der sowjetischen Besatzungszone klingen mögen.

    (Abg. Kemmer [Bamberg]: Sehr richtig!)

    Ich bin sehr davon überzeugt, daß derartige Äußerungen größte Verwunderung auslösen werden. Wenn man schon glaubt, Vergleiche ziehen zu müssen, dann sollte man doch nicht darauf verzichten, auf die Vorteile, auf die Gewinne hinzuweisen, die die Jugend in der Bundesrepublik dank der Politik der Bundesregierung in Anspruch nehmen kann.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Wenn wir eine Lösung für die Probleme der Jugend suchen, dann müssen wir wohl davon ausgehen, daß diese Lösung nicht auf organisatorischem Gebiet gefunden werden kann. Wir sollten vielmehr immer nur ein Stimulans geben, um das ureigene Wesen der Jugend anzuregen, damit die Jugend sich ihren eigenen Lebensrahmen zu schaffen in der Lage ist.

    (Abg. Kemmer [Bamberg]: Sehr richtig!)

    Nun lassen Sie mich einiges zu der Kritik sagen, die hier an der bisherigen Behandlung der Jugendfragen geübt worden ist. Wir haben uns insgesamt im Ausschuß sehr wohl Gedanken darüber gemacht, ob die jetzige Organisation die richtige ist. Dabei sind wir doch wohl zu der Erkenntnis gekommen, daß wesentliche Gründe dafür sprechen, die jetzige Lösung im Prinzip beizubehalten. Nicht zuletzt sind wir doch zu dieser Erkenntnis dadurch gekommen, daß wir einsehen mußten, daß das Ministerium als Zentrale mit seinen Verbindungen zu den Ländern erstens eine bessere Kenntnis der Situation besitzt, als sie über ein Zwischenglied — eben durch eine Organisation, die etwa der Bundeszentrale für Heimatdienst nachgebildet ist — gewonnen werden kann. Zweitens haben wir uns auch damit beschäftigen müssen, daß bei der Verausgabung und Bewirtschaftung von Mitteln in der Höhe des doch nicht unbeträchtlichen Betrags von 30 Millionen DM natürlich äußerste Sorgfalt angewandt werden muß, wobei alle Kontrollmöglichkeiten wahrzunehmen sind. Es ist doch nun einmal so, daß Kontrollen nur wirksam werden, wenn man die Zweckbindung von Mitteln aufrechterhält. Es kann sich also nur darum handeln, in der Zukunft den Einsatz der Mittel gut, richtig und vorausschauend zu planen. Zu diesem Ergebnis wird man kommen können, weil die Mittel über das Kuratorium und den Aktionsausschuß mit den Jugendverbänden festgesetzt werden. Der Wunsch, dem Parlament einen größeren Einfluß auf die Mittelvergabe einzuräumen, ist durch die jetzige Regelung jedenfalls in etwa berücksichtigt worden. Wir werden sehen müssen, ob dieser Einfluß 'ausreichen wird oder nicht.
    Hier ist einiges — ich glaube, etwas verfrüht — zu einzelnen Positionen im Bundesjugendplan gesagt worden. Ich möchte hier nur mit ganz wenigen Sätzen auf das eingehen, was gesagt worden ist. Ich glaube, daß der Bundesjugendplan sehr wohl in der Zukunft in seiner Unterteilung sehr starke Veränderungen erhalten muß.

    (Abg. Frau Niggemeyer: Richtig!)

    Vor allen Dingen sollte man einen Faktor etwas mehr in den Vordergrund rücken, der meiner Meinung nach bisher nicht genügend herausgestellt worden ist. Ich bin nämlich der Ansicht, daß der Sport doch einen wesentlichen Faktor in der ganzen Jugendbildung darstellt. Man muß sich hier natürlich vor den Auswüchsen des Sports hüten. Ich denke hier lediglich an den Sport in seiner edelsten Bedeutung als Leibesübung. Wir sollten uns doch wirklich darüber klar sein, daß in dieser Form der Sport der Weg zum Geist und Charakter ist. Wir sollten dem Sport eine genügende Förderung im Rahmen an anderer Stelle frei werdender Mittel zukommen lassen.
    Von einem meiner Vorredner ist darauf hingewiesen worden, daß die Facharbeiterfrage eine wesentliche Bedeutung gewinnen wird. Ich schließe mich dem an. Wir haben hier ein Reservoir zu berücksichtigen, das die Lösung dieser Frage etwas erleichtern wird: das sind die weiblichen Jugendlichen. Wie die Erkenntnisse beweisen, die nicht zuletzt in meiner Heimat, in Berlin, gewonnen worden sind, können den weiblichen Jugendlichen zweifelsfrei noch weite Berufskreise zugänglich gemacht werden, in denen sie bisher noch keinen Einfluß hatten oder in denen sie noch nicht Fuß fassen konnten.

    (Zurufe von der Mitte.)

    — Ich höre hier Einsprüche. Überlegen Sie bitte folgendes. Sie erreichen dadurch, daß Sie weiblichen Jugendlichen eine Facharbeiterausbildung geben, eine große Krisenfestigkeit für die spätere Ehe. Man sollte diese Möglichkeit nicht zu gering einschätzen.

    (Zustimmung in der Mitte und rechts.)

    Ich möchte auch darauf hinweisen, daß wir uns sehr eifrig dafür verwendet haben, daß den Jugendorganisationen im Bereich des Steuerwesens die gebotene Erleichterung gewährt wird. Unlängst ist, wenn ich recht unterrichtet bin, im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen eine Entschließung gefaßt worden, die eine Neuordnung der Besteuerung der Jugendorganisationen fordert. Ich hoffe, daß diese Arbeit in dem sicherlich von allen Parteien des Hauses gewünschten Sinne zu Ende geführt wird.
    Zur Frage der Kontaktnahme der Jugend der Bundesrepublik mit der Jugend der sowjetischen Besatzungszone kann ich nur erklären, daß dies eine Notwendigkeit ist. Hier sind wohl alle Parteien dieses Hauses von der gleichen Sorge erfüllt. Dieser Verkehr wird sicherlich von allen gefördert werden, denn über die Jugend beider Gebiete haben wir den wirksamsten Kontakt für die Deutschen beiderseits des Eisernen Vorhangs.
    Der Versuch einer Lösung der Jugendfragen kann nur darauf abgestellt sein, einen Rahmen zu finden, in dem sich die Jugend ihr Haus selbst baut und selbst einrichtet. Wir müssen dabei von der Erkenntnis ausgehen, daß die Jugend in unserem Volk nicht nur die Phase der Vorbereitung auf das Leben durchzumachen hat, sondern auch ein vollberechtigtes und vollwirksames Glied unserer Gemeinschaft darstellt, auf das wir nicht verzichten können, wenn uns in unserer Gemeinschaft nicht etwas fehlen soll.
    Meine Damen und Herren, zum Schluß noch dies: wir sind uns doch wohl alle darüber einig, daß, wo die Jugend heute steht, entscheidend dafür ist, wo Deutschland morgen steht.

    (Beifall rechts.)




Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Pöhler.

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    Rede von Heinz Pöhler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hätte mir gewünscht, daß bei dieser ersten grundsätzlichen Aussprache über die Probleme der jungen Generation, die. der 2. Bundestag heute abhält, das Interesse des Hauses etwas größer wäre, nämlich so groß, wie es der Bedeutung der Problematik um die junge Generation in diesem Lande entspricht.
    Ich bin mit Herrn Dr. Seffrin der Meinung, daß die Jugend natürlich als ein Teil des Volksganzen betrachtet werden muß; aber er wird mit mir der Auffassung sein, daß die Schäden, die der vergangene Krieg gerade in der jungen Generation hinterlassen hat, ganz besonders groß sind und eine besondere Fürsorge erforderlich machen. Die materiellen Schäden mögen dabei noch nicht einmal so hoch veranschlagt werden wie die geistigen Schäden, die der Trümmerhaufen von 1945 hinterließ. Deshalb meinen wir von ,der sozialdemokratischen Fraktion, daß die Beseitigung der verheerenden Kriegsfolgen in der Jugend nicht nur eine selbstverständliche Pflicht dieses Parlaments, sondern wohlverstanden, darüber hinaus auch ein Existenzproblem für die junge deutsche Demokratie ist. Wenn es uns nicht gelingt, diese Jugend zu einem tragenden Pfeiler unseres Staatswesens zu machen, dann ist, darf man wohl sagen, unsere neue Demokratie in Deutschland für die Zukunft keinen Schuß Pulver wert.
    Bei dieser grundsätzlichen Wertung und Beurteilung des Jugendproblems sind wir der Meinung, daß die Sorge und vor allem eine grundsätzliche und durchgreifende Hilfe für die Jugend dieses Volkes zu den ersten und vornehmsten Aufgaben der Bundesregierung gehören müßte. Nun, ich habe ein wenig den Eindruck, daß die bisherige Debatte schon einigermaßen hinreichend deutlich gemacht hat, daß die Regierung auf dem Gebiet der Jugendpolitik nicht im notwendigen Umfang initiativ geworden ist. In diesem Zusammenhang erinnere ich an die Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers vom 20. Oktober 1953, in der der jungen Generation ganze zwei magere Sätze gewidmet sind. Es ist eine sehr bittere Erinnerung, aber ich muß sie hier vorbringen.

    (Abg. Kemmer [Bamberg]: Worte machen es ja nicht aus!)

    — Herr Kollege Kemmer, Sie werden doch von der Opposition nicht erwarten, daß sie zu diesem Problem sagt, was Sie gerne hören möchten.

    (Ironischer Beifall in der Mitte. — Abg. Frau Niggemeyer: Da haben Sie vollkommen recht! — Weitere Zurufe von der Mitte.)

    - Meine Damen und Herren, Sie werden sich damit abfinden müssen, daß wir zur Problematik der jungen Generation hier zum Ausdruck bringen, was ist, und zwar was wahr ist. Es ist nicht abzustreiten, auch nicht mit den Bemerkungen über die SbZ-Jugend, daß eben nicht alles Gold ist, was in der Bundesrepublik glänzt, gerade auf dem Jugendsektor. Aber dazu werde ich noch Stellung nehmen.
    Wie soll die junge Generation zu einem positiven Verhältnis zum demokratischen Staat und zu einer demokratischen Lebensgestaltung kommen, wenn
    der Staat in der Vergangenheit nicht bereit war, das Notwendige zur Lösung ihrer Probleme zu tun?!

    (Abg. Kemmer [Bamberg]: Die Arbeit war positiver als die Reden!—Lebhafte weitere Zurufe von der Mitte.)

    Was ist denn geschehen? Gewiß, wir haben ein Gesetz zum Schutze der Jugend, wir haben die Novelle zum Reichsjugendwohlfahrtgesetz verabschiedet — wobei der Finanzminister, wie schon erwähnt wurde, vergessen hat, die entsprechenden Mittel zur Durchführung bereitzustellen —, und gewiß, wir haben den Bundesjugendplan. Aber, meine Damen und Herren, haben Sie auch einmal überlegt, daß dieser Bundesjugendplan gerade etwa ein Promille des gesamten Etatsvolumens der Bundesrepublik ausmacht? Ich möchte auf Grund der Jugendarbeit draußen im Lande feststellen, daß er völlig unzureichend und zudem noch mit einer ganzen Reihe bürokratischer Hemmnisse behaftet ist.

    (Zurufe von der Mitte.)

    Auf die Weise, wie das Problem ,der jungen Generation bisher angepackt worden ist, gibt es eben nur ein planloses Kurpfuschen an einzelnen Symptomen. Es ist nötig, das Übel an der Wurzel anzupacken. Ich brauche hier nicht zu wiederholen, was verschiedene Redner bisher schon über die tatsächliche Situation in der jungen Generation gesagt haben. Aber vielleicht darf ich einmal die Frage stellen, meine Damen und Herren von der CDU: Wann gedenken Sie denn — und zwar hier von der Tribüne dieses Hauses — den Menschen draußen zu sagen, wann ein echter Arbeitsschutz für die junge Generation geschaffen wird? Wann kommt das Berufsausbildungsgesetz, wann werden Sie den Kündigungsschutz für die junge Generation verwirklichen? Diese junge Generation draußen hat ein sehr feines Gespür für die Diskrepanz zwischen Versprechungen im Wahlkampf und der praktischen Arbeit dieser Regierung!

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der Mitte.)

    Einige Probleme möchte ich noch ansprechen. Ein Stichwort ist hier schon gefallen. Wir werden in der nächsten Arbeitswoche hier in diesem Hause über die Fremdenlegion, den Menschenschmuggel mit jungen Deutschen in die Fremdenlegion zu reden haben. Ich möchte nichts von dem vorwegnehmen, was diese Debatte sicherlich zutage bringen wird. Aber der Menschenschmuggel für die französische Fremdenlegion ist nicht nur eine politische, er ist auch eine soziale Frage der jungen Generation. Da haben Leute, die es wissen müssen, in den Auffanglagern entlang der französischen Grenze einmal eine Statistik über die Aufgegriffenen gemacht. Da hört man, daß diesen bitteren Weg aus der Bundesrepublik in die Fremdenlegion junge Menschen zu 50 % wegen Heimatlosigkeit gehen, zu 19 % wegen Arbeitslosigkeit und dann erst 20 % wegen zerrütteter Familienverhältnisse und nur 8 % aus Abenteuerlust sowie 1 % aus Furcht vor Bestrafung. Auch hier zeigt sich wieder, daß wir vor der Notwendigkeit stehen, gesunde soziale Verhältnisse für die vom Krieg so geschlagene junge Generation zu schaffen. Es hat nicht viel Sinn, über diesen furchbaren Weg zu reden, wenn man nicht die Voraussetzungen beseitigt, die junge Menschen in die Werbebüros der Legion treiben. Das gehört mit zu diesem Komplex.

    (Widerspruch und Zurufe von der Mitte.)



    (Pöhler)

    Ich erinnere auch an die ausgesprochene Erziehungskatastrophe, die wir zu verzeichnen haben. Auf den mehrschichtigen Schulunterricht ist bereits hingewiesen worden.

    (Anhaltende Zurufe von der Mitte.)

    Das gleiche gilt für die körperliche Ausbildung, die Sportausbildung in den Schulen. Wie lange rufen die Sportverbände schon nach der täglichen Turn-und Sportstunde? All das sind Probleme, mit denen man sich beschäftigen muß; und man bringt sie nicht aus der Welt, wenn man sie zu verschweigen sucht.

    (Zuruf von der Mitte: Das ist doch nicht Sache des Bundes! Das ist Ländersache!)

    In diesem Zusammenhang ein Wort zu dem Hinweis auf die andere Seite. Ich weiß nicht, ob Sie Grund hatten, unseren Redner bezüglich des Hinweises auf die Diktatur, auf die sowjetische Besatzungszone mißzuverstehen. Ich weise eine solche Unterstellung schärfstens zurück.

    (Zurufe von der Mitte.) Eines steht fest.


    (Zuruf von der Mitte.)

    — Was heißt denn das schon, Frau Kollegin? Wer fordert denn eine Staatsjugend? Das können Sie doch der sozialdemokratischen Fraktion auch nicht unterstellen! Aber wir wollen diese Jugend, die wir nicht zur Staatsjugend machen wollen, auch nicht auf die freie Wildbahn ,der bundesrepublikanischen Marktwirtschaft schicken, um sie dann ihrem Schicksal zu überlassen.

    (Fortgesetzte lebhafte Zurufe von der Mitte.)

    Ich komme noch einmal zurück auf das schon zitierte Pfingsttreffen der FDJ in Berlin, wo in Ihren Kreisen und Reihen soviel Entsetzen über die Auffassung der jungen Menschen aus der sowjetischen Besatzungszone entstanden war. Ja, sie haben sehr konkrete Fragen gestellt, und man konnte mit ihnen nicht mehr auf der Schokoladen-und Kreppsohlenbasis diskutieren. Allerdings, sie haben sehr konkrete Fragen gestellt über Fortbildungsmöglichkeiten in der Bundesrepublik, über Schulgeldfreiheit — das wurde schon gesagt —, über Studiumsmöglichkeiten und dergleichen.

    (Fortgesetzte Zurufe von der Mitte.)

    Ich sagte schon, es ist nicht alles Gold, was in dieser Hinsicht hier glänzt. Aber es ist doch nur bedauerlich, daß die Diktaturen zu einem schlechten und verbrecherischen Zweck für die junge Generation wesentlich mehr Anstrengungen machen, als wir gemeinhin in der Gesamtheit zu tun bereit sind.

    (Wiederholte Zurufe von der Mitte.)

    Wenn ich diese Feststellung treffe, dann ist gar nicht gesagt, daß wir auch nur in etwa das System drüben verteidigen wollten. Ganz im Gegenteil! Aber wir meinen, daß wir hier auch im gesamtdeutschen Sinne die Aufgabe haben, in der jungen Generation das soziale Leben so attraktiv wie möglich zu machen.

    (Zuruf von der Mitte: „Attraktiv" ist gut!)

    Nun, wir leben ja in einer Zeit, wo sich die Mehrheit dieses Hauses anschickt, von der jungen Generation zu verlangen, daß sie neue Stahlhelme aufsetzt; das kann ja wohl nicht bestritten werden.

    (Andauernde Zurufe von der Mitte.)

    Aber die Frage ist noch nicht beantwortet, ob denn von dieser Regierung und den sie tragenden Parteien alles getan worden ist, in der gleichen jungen Generation die Folgen des vergangenen Krieges wettzumachen. Es ist eine große Frage, ob man das moralische Recht hat, jetzt schon neue Opfer von der jungen Generation zu verlangen. Es steht fest, daß die junge Generation, die in der Vergangenheit einen so schicksalschweren Weg gegangen ist, ein Recht auf durchgreifende Maßnahmen hat.
    In diesem Zusammenhang noch ein Hinweis. Es wird gesprochen vom „deutschen Wunder" — nehmen wir an, es ist das Wunder dieses fleißigen Volkes und nicht einer Partei -; an diesem „deutschen Wunder" hat die junge Generation ihr gerüttelt Maß Anteil.

    (Zurufe von der Mitte: Wer hat denn das bestritten?!)

    Ich erinnere an die Zeit, wo die jungen Menschen auch mit einer trockenen Maisbrotschnitte zur Arbeit gingen. Aus diesem Grunde meinen wir, sie haben das Recht, daß man grundsätzlich Maßnahmen für sie trifft, nicht nur mit Versprechungen und Reden, sondern ganz konkret durch die praktische Tat hier. Das Parlament hat darüber hinaus die Pflicht, eine Jugendpolitik zu machen, die in den Herzen und Köpfen der jungen Generation die Demokratie für die Zukunft sichert.

    (Beifall bei der SPD. — Zuruf von der Mitte: Aber nicht mit demagogischen Reden!)