Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere Fraktion wird dem Antrag des Ausschusses für Jugendfragen zustimmen. Sie wird sich dabei von dem Gesichtspunkt leiten lassen, daß wir alles unternehmen müssen, um irgendwelche Verzögerungen oder Schwierigkeiten bei dem Ablauf des Bundesjugendplanes zu vermeiden. Die jetzigen Voraussetzungen dafür, den Bundesjugendplan möglichst rasch ablaufen zu lassen, sind auch nach unserer Auffassung durchaus noch nicht vollkommen. Wir werden immer wieder neue Vorschläge unterbreiten und versuchen, Verbesserungen in der ganzen Arbeit zu erreichen.
Wir sind sehr interessiert daran, daß die Auszahlung der Mittel außerordentlich rasch und rechtzeitig erfolgt, weil wir aus der Arbeit draußen bei den einzelnen Jugendverbänden immer wieder ersehen, wie schwierig es ist, Planungen auf weite Sicht vorzutragen, wenn die Mittel nicht zur rechten Zeit zur Verfügung stehen. Ich kann mir hier eine Auswahl von Beispielen ersparen und möchte nur zwei Punkte herausstellen.
Ich nenne zunächst den internationalen Jugendaustausch. Es ist außerordentlich schwer, die Verhandlungen mit den ausländischen Gruppen zu führen. Hier ist es häufig vorgekommen, daß man Mühe und Not hatte, das Geld zurückzubekommen, nachdem die Fahrten längst beendet waren. Das ist ein Zustand, der uns wenig Freude gemacht hat und der auch im Ausschuß ausführlich besprochen worden ist. Bei dem Bau von Jugendwohnheimen ist die Situation ähnlich, nur noch etwas schwerwiegender, weil Jugendwohnheime häufig erst gebaut werden konnten, als der Winter schon vor der Tür stand, so daß wir weit in das nächste Rechnungsjahr hineingerieten.
Den Antrag der SPD auf Errichtung eines Instituts für Jugendfragen hält die Fraktion des Gesamtdeutschen Blocks/BHE für gut. Sie ist der Auffassung, daß er im Ausschuß eingehend beraten werden sollte. Wir werden also einer Überweisung dieses Antrags an den Ausschuß zustimmen, weil wir glauben, daß wir hier viele Möglichkeiten hätten, die zum weiteren Ausbau des Bundesjugendplanes beitragen und ihn geschmeidiger machen könnten.
Unsere speziellen Sorgen hinsichtlich des Bundesjugendplanes liegen auf folgenden Gebieten. Auf dem sozialpolitischen Gebiet — das ist hier schon einige Male angeschnitten worden; ich darf es aber noch einmal betonen — haben wir es insbesondere mit der Frage des Facharbeiternachwuchses zu tun. Wir wissen, daß wir in den nächsten Jahren vor großen Problemen stehen werden, und werden daher besonderes Augenmerk darauf richten müssen, den Nachwuchs für die Facharbeiterschaft zu bekommen. Wir müssen dafür sorgen, daß wir durch berufsbildende und berufsfördernde Lehrgänge auch die vielen Tausende junger Menschen erfassen, die heute noch in Arbeitsstellen stehen, welche nur die Aussicht bieten, da sie einen ungelernten Beruf ausüben, Hilfsarbeiter zu bleiben. Sie stehen in keiner echten Berufsausbildung und werden uns deshalb in allernächster Zeit sehr fehlen. Diesem Facharbeitermangel wird gesteuert werden können, wenn wir daran denken, rechtzeitig mit den Lehrgängen zu beginnen, die auch diejenigen Jugendlichen an die Fachausbildung heranführen, die die Berufsfähigkeit zur Zeit noch nicht erreicht haben. Ich denke also besonders an die jungen Menschen, die wegen der Zurückhaltung in den Ostgebieten und überhaupt der ganzen Kriegsfolgen zurückgeblieben sind. Sie bringen an und für sich durchaus eine gute Substanz mit, haben aber auf Grund der vielen Schwierigkeiten das Volksschulziel nicht erreicht. Wir werden also hier mit besonderen Lehrgängen nachhelfen müssen und haben da eine dankbare Aufgabe vor uns.
Ich darf in diesem Zusammenhang auf den sozialpolitischen Sektor, besonders auf die Nachwuchsförderung für den ländlichen Beruf hinweisen. Wir haben hier eine große Lücke zu füllen. Die letzten Jahre haben uns in erschreckender Weise gezeigt, wie wenig Verbindung gerade der junge Mensch zum Land hat und wie gerade der junge Mensch nicht mehr den Mut aufbringt, einen Beruf zu ergreifen, der scheinbar wenig Aussicht auf eine sichere Existenz für die Zukunft hat. Aber unser ganzes Bekenntnis zu dem gesamtdeutschen Vaterland, unser Bekenntnis, daß wir unsere Ostgebiete niemals abschreiben dürfen, wäre null und nichtig — gestatten Sie mir, das so deutlich auszusprechen —, wäre illusorisch, wenn es uns nicht gelänge, unsere jungen Menschen bäuerlichen Ursprungs wieder in den bäuerlichen Sektor hinein- zuführen.
Wir werden sonst eines Tages vor der großen Frage stehen, wie wir überhaupt mit dem Problem des bäuerlichen Nachwuchses fertig werden wollen. Es ist ein Problem des ganzen deutschen Volkes. Deshalb begrüßen wir es auch, daß in den kommenden Bundesjugendplan ein Landjugendplan aufgenommen wurde, der einige Ansätze zeigt, der Landflucht gerade unserer jungen Menschen etwas zu steuern. Wir werden auch hier die Maßnahmen unterstützen, soweit es irgendwie geht.
Wir sind noch darüber besorgt, daß man auch für das kommende Jahr den Betrag für die Jugendwohnheime beachtlich herabgesetzt hat, nach unserer Auffassung etwas zu stark; denn nach all diesen Plänen, die wir für die Berufsförderung, die Berufsbildung und für die konzentrische Heranführung an die Facharbeit haben, werden wir Jugendwohnheime und Jugendlehrwerkstätten dringend benötigen. Es wird ernstlich zu überprüfen sein, wieweit wir hier nicht doch noch eine Korrektur an dem Vorschlag vornehmen können.
Lassen Sie mich ein zweites Gebiet, den kulturpolitischen Sektor, kurz aufzeigen. Wir sind davon überzeugt, daß die kulturpolitische Arbeit in unseren Jugendverbänden über die jetzt bestehenden Grenzen hinweg eine echte Verbindung darstellt. Wir müssen von diesem Gesichtspunkt aus auch den Ernst der kulturpolitischen Arbeit sehen und verlangen, daß die Tätigkeit auf diesem Gebiet lebhaft ist. Wir müssen unsere Kulturarbeit lebendig erhalten. Wir müssen die Werte unserer Vorfahren unserer Jugend wieder näherbringen und bei ihr die Ehrfurcht vor diesen Werken wecken, damit das Bekenntnis zu ihrem Volk bewußter wird. Auch hier wird dann die Erkenntnis, daß wir ein ganzes deutsches Volk sind, leichter durchdringen.
Ich darf in diesem Zusammenhang ein kleines Beispiel bringen, das kulturpolitisch, aber auch geschichtlich interessant ist und vor allen Dingen zeigt, wie sehr wir damit unseren jungen Menschen die Verbundenheit unseres ganzen Vaterlandes aufzeigen können. Sie alle kennen die Sage von dem Rattenfänger von Hameln, und wir wissen, daß der Rattenfänger von Hameln eigentlich kein anderer war als ein Werber König Ottokars von Böhmen, der nach Hameln und in die Hamelnsche Gegend ging, um junge Menschen für die Aufgabe und, den Aufbau im Osten zu werben. Sehen Sie allein dieses kleine Beispiel! Wenn wir das unseren jungen Menschen näherführen, wird das Bewußtsein immer stärker, daß wir alle zusammengehören, ganz gleich, ob wir im Osten oder Westen geboren sind.
Wir sehen also, daß die kulturpolitische Arbeit sehr leicht in die staatspolitische Arbeit hinüberleiten kann. Dieses staatspolitische Arbeitsgebiet ist so groß, und für uns so entscheidend, daß man sagen kann: jeder Jugendverband, der anerkannt werden will, muß sich staatspolitisch betätigen. Eine staatspolitische Betätigung ist schlechthin die Voraussetzung dafür, daß unsere jungen Menschen später in ihrer Verantwortlichkeit als Männer und Frauen wissen, für welches Staatsgebilde, für welche -formen, für welche Lebensbedingungen sie sich zu entscheiden haben. Deshalb werden wir auf dem Gebiet der Staatspolitik unsere Betreuung noch stärker einsetzen müssen und dafür sorgen müssen, daß die Begriffe, die für uns Lebensfragen sind — denken Sie an Freiheit, denken Sie an Demokratie, denken Sie an Wiedervereinigung und an all das, was uns bewegt —, schon in der Jugend lebendig werden, damit die jungen Menschen später, soweit sie geeignet sind, sich zur politischen Verantwortung bekennen.
In dieses Aufgabengebiet der Staatspolitik fällt besonders die Betreuung der Jugendlichen aus der sowjetischen Besatzungszone. Die Betreuungsarbeit ist hier, wie überhaupt im ganzen Bundesjugendplan, ja nicht eine Prothese, sondern sie ist einfach eine kleine Beihilfe, um dem Menschen, der von sich aus nicht die Möglichkeit hat, auf die Beine zu kommen, zu helfen. Wir werden uns also bei der Betreuung der Sowjetzonenflüchtlinge — wir wissen, daß 50 % davon Jugendliche sind — besondere Mühe geben müssen, und wir werden durch Begegnungen dieser Menschen auch versuchen müssen, die Spannungen, die zwischen den beiden Zonen immer wieder auftauchen, zu entschärfen und die Verbindung von Mensch zu Mensch herzustellen. Wie wir im internationalen Jugendaustausch beachtliche Beträge dafür verwenden, um in alle Welt hinaus die Verbindungen zu schaffen und Freunde für uns zu werben und gleichzeitig damit auch eine Verbindung von Jugend zu Jugend zu schaffen, die wir doch so notwendig brauchen, so sollten wir auch dafür sorgen, daß bei der Fühlungnahme mit der sowjetischen Besatzungszone noch mehr Mittel zur Verfügung stehen. Eine Kürzung ist ja sowieso nicht vorgesehen. Wir wollen versuchen, noch weitere Mittel für diesen Sektor zu erhalten.
Mit diesen drei umfassenden Punkten — Sozialpolitik, Staatspolitik und Kulturpolitik — möchte ich die Aufzählung der Wünsche, die wir besonders in bezug auf den Bundesjugendplan haben, abschließen. Wenn der Bundesjugendplan so durchgeführt wird, wie es unser Anliegen ist, müßte er ein Bekenntnis des Parlaments zur Jugend sein, müßte er ein Bekenntnis dafür sein, daß wir unsere junge Generation ernst nehmen und daß wir wissen, daß sie niemals von uns irgendwelche Almosen haben möchte, daß sie vielmehr nur mit Recht verlangen kann, daß wir ihr — bildlich gesprochen — die größten Steine aus dem Wege räumen, jene, die sie aus eigener Kraft nicht wegschaffen kann.