Rede von
Dr.
Richard
Jaeger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort zur Begründung des Punktes 6 b hat der Abgeordnete Raestrup.
Raestrup , Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der vorgeschrittenen Zeit ist es nicht meine Absicht, unseren Antrag allzu ausführlich zu begründen. Ich will mich auf einige wesentliche Punkte beschränken. Unser Antrag ist gedanklich, in der Zielsetzung, mit der Großen Anfrage der FDP verwandt, und ich kann vieles von dem, was mein verehrter Herr Kollege Atzenroth gesagt hat, voll und ganz unterstreichen.
Meine Damen und Herren, es geht nicht— deshalb haben wir diesen Antrag auch gestellt —, daß wir als Bundestagsabgeordnete, die wir das Gesetz gemacht haben und die wir für das Gesetz die Verantwortung tragen, in den Zeitungen lesen müssen, was nun alles mit dem Überschuß geschehen soll, wer das bekommen soll usw., ohne daß wir, die wir die Gesetzgeber sind, in dieser Frage das entscheidende Wort sprechen können. Absicht des Antrages ist deshalb, mit größter Beschleunigung zu erreichen, daß diese Fragen in erster Linie im Wirtschaftspolitischen Ausschuß erörtert werden und aus den Betrachtungen der Presse herauskommen.
Es ist erfreulich, daß der eigentliche Zweck der Investitionshilfeabgabe erreicht ist, in dem durch diese eine Milliarde DM eine Art Initialzündung erzielt worden ist und über 4 Milliarden DM tatsächlich investiert worden sind. So erfreulich dieser Erfolg ist, so halte ich mich doch auch für verpflichtet, von dieser Stelle aus zu sagen, daß wir dankbar anerkennen müssen, daß über eine Milliarde DM von den Abgabepflichtigen aufgebracht worden sind, indem sie den Gesetzen Gehorsam geleistet haben. Diese Abgabe war nicht eine Selbstverständlichkeit. Sie legte denjenigen, die die Abgabe aufbringen mußten, große Opfer auf. Sie mußten im eigenen Betrieb auf Investitionen verzichten, sie konnten mit dem Geld nicht die Steuerbegünstigungen des § 7 c ausnutzen. Deshalb ist es unsere Sorge, nunmehr auch eine möglichst rasche Rückerstattung der gezahlten Beträge zu erreichen. Hier — ich bitte auch den Herrn Vertreter des Finanzministeriums, dazu etwas zu sagen— gefällt mir keineswegs die langsame Art, in der die Obligationen jetzt den Aufbringern, den Erwerbsberechtigten, zugeteilt werden.
Ich will Ihnen einige Daten sagen. Bei der ersten Rate in Höhe von 178 Millionen DM ist der Aufruf
am 30. Juni 1953 erfolgt, der Schluß der Zeichnung war der 31. August 1953, und die Zuteilung der Obligationen hat am 9. Februar 1954 stattgefunden, so daß zwischen dem Aufruf und der tatsächlichen Zuteilung ein Zeitraum von acht Monaten liegt. Die zweite Rate in der Höhe von 377 Millionen DM, von der jetzt schon so viel die Rede ist, steht in der Zuteilung für uns, die wir erwerbsberechtigt sind, vorläufig noch auf dem Papier. Aufgerufen worden ist am 31. Januar dieses Jahres, die Zeichnung ist
am 31. März dieses Jahres erfolgt, und wir haben heute Mitte Oktober und haben noch nichts bekommen. Wenn die dritte Rate jetzt aufgerufen wird, wird das ja Mitte nächsten Jahres, und wenn die vierte Rate aufgerufen wird, haben wir Ende nächsten Jahres. Dann haben wir drei bis dreieinhalb Jahre unser Geld hergegeben. Ich weiß nicht, auf welche Gründe das zurückzuführen ist. Es wird immer von der großen Verwaltungsarbeit gesprochen. Ich frage: Kann man nicht angesichts der Tatsache, daß wir gerade unter den älteren Angestellten eine so große Anzahl von Erwerbslosen haben, erwerbslose Buchhalter und sonstige geeignete Beamte nehmen und sie einmal einträglich beschäftigen, um den erwerbslosen alten Angestellten einen Dienst zu erweisen?
Wir haben den Antrag gestellt, daß die Rücküberweisung in bar erfolgen soll. Inzwischen ist nun allerhand geschehen, denn unser Antrag ist fast vier Monate alt. Mittlerweile wird gesagt, daß die zweite Rate in den nächsten Tagen kommen soll. Dann ist tatsächlich eine Rückzahlung von ungefähr 60 % des hergegebenen Geldes erreicht. Das Wertvollste ist aber, daß inzwischen der Kapitalmarkt so aufnahmefähig geworden ist, daß die Obligationen, die uns mit einem Kurs von 96 oder 98% zugeteilt worden sind, heute bei den Banken mühelos zu 101 oder 102 %, also mit einem ganz netten Aufschlag, verkauft werden können. Ich hoffe, daß der Kapitalmarkt auch noch so lange aushält, bis wir die dritte Rate bekommen. Würden wir die dritte Rate im März/April nächsten Jahres bekommen, dann würden wir schon fast 90 bis 95 % in guten Obligationen erhalten haben. Dann ist für uns die Frage, ob wir den Überhang in bar oder in Obligationen bekommen, nicht mehr von wesentlicher Bedeutung.
Deshalb will ich mich heute nachmittag auch nicht an der Auseinandersetzung darüber beteiligen, ob es möglich oder nicht möglich ist, den Überhang bar zurückzuzahlen. Ich persönlich stehe, ohne näher darauf einzugehen, auf dem Standpunkt, daß man da ein ganzes Knäuel von Zwirnsfäden gemacht hat, daß man das aber schon entwirren kann und daß man die Zwirnsfäden dann auch wieder beseitigen kann. Aber, meine Damen und Herren, um es ganz kurz zu machen: Wir legen nur Wert darauf, daß die Rückerstattung möglichst schnell erfolgt. Wir sind auch nicht so kleine Geister, daß wir heute einen Unterschied machen zwischen Barrückzahlung und Rückzahlung in Obligationen, heute, wo die Obligationen genau soviel wert sind wie Bargeld.
Aber es handelt sich darum, was wir nun mit denjenigen machen — das hat eben auch schon Kollege Atzenroth gesagt —,. die mit der Zahlung noch im Rückstand sind. Wir können hier dem Finanzamt zunächst keine Vorwürfe machen. Denn der § 16 des Investitionshilfegesetzes sagt ganz klipp und klar, daß Verzugszuschläge bei verschuldeter Zahlungsverzögerung im ersten Monat in Höhe von 1 % und in jedem weiteren Monat in Höhe von je 2 % aufgebracht werden müssen. Aber, meine Damen und Herren, dieses Gesetz ist in einer Zeit gemacht worden, in der wir ganz andere Zinsverhältnisse hatten als heute.
Wir können heute, im Jahre 1954, ein Gesetz nicht mit den Maßstäben beurteilen, die im Jahre 1951 galten, als das Gesetz gemacht wurde. Aber wir müssen mit größter Beschleunigung diese gesetzliche Bestimmung ändern. Ich möchte den Herrn Finanzminister doch bitten, bei dem Vollstreckungsverfahren nur den Schuldbetrag einzuziehen und die Verzugszuschläge zunächst zu stunden, bis wir darüber eine Entscheidung getroffen haben, wie diese Schuldner wegen der Verzögerung der Zahlung behandelt werden sollen.
— Sie betragen — das gebe ich zu - bis zu 54 % der Schuldsumme.
Ich habe von verschiedenen Seiten, vor allem von einem großen Einzelhandelsverband eines Landes, entsprechende Zuschriften bekommen.
— Ach Gott, mein lieber Hilbert, mit dem Finanzamt ist es immer so eine Sache.
Ich habe mit Verzugszuschlägen noch keine Erfahrung, aber davon abgesehen: der Zweck unseres Antrages ist, die ganze Sache mit der Investitionshilfe endlich aus den Erörterungen in den Zeitungen herauszubringen — kein Mensch weiß heute, was nun eigentlich geschehen soll — und sie da hinzubringen, wohin sie gehört, nämlich zu uns in den Bundestag und in die dafür zuständigen Ausschüsse. Das ist der Antrag, den ich namens der CDU und namens auch der CSU, meines Freundes Dollinger, gestellt habe. Voraus möchte ich aber wenigstens folgendes sagen.
Über die Verwendung der 160 Millionen DM, die schon tropfenweise fließen und vielleicht bis Mitte
oder Ende des nächsten Jahres ganz zusammenkommen, werden wir uns noch unterhalten müssen. Können wir sie nicht bar zurückzahlen, weil eben dieses Knäuel von Zwirnsfäden nicht zu entwirren ist, dann steht sowohl die CDU wie auch die CSU auf dem Standpunkt, daß diese 160 Millionen DM nicht weiter an diejenigen ausgeliehen werden sollen, die durch § 1 des Gesetzes begünstigt gewesen sind, also an Kohle, Eisen, Energie usw., sondern daß dann dieser Betrag unter Einschaltung der Industriekreditbank als Kredithilfe für den gewerblichen Mittelstand unter besonderer Berücksichtigung der im Sanierungsgebiet und im Grenzlandstreifen gelegenen Betriebe zur Verfügung gestellt wird. Insoweit wollen wir unseren Antrag ändern.
Im übrigen ist es die höchste Zeit, daß wir ein Investitionsaufhebungsgesetz, also ein Schlußgesetz machen, damit wir das Investitionshilfegesetz, das uns soviel Ärger bereitet hat, möglichst rasch beseitigen. Wenn ich mir einen ganz bescheidenen Vorschlag erlauben darf, dann möchte ich als Präambel für dieses Investitionsschlußgesetz die Worte wählen: Einmal und nicht wieder!