Rede von
Dr.
Carlo
Schmid
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Wir sollten uns von der militärpolitischen Seite unserer politischen Situation nicht hypnotisieren lassen. Natürlich besteht dieser militärpolitische Aspekt durchaus; das läßt sich nicht leugnen. Aber das Allgemeinpolitische steht doch nach wie vor über dem Militärpolitischen, und es ist es doch, was unser Verhalten regieren soll und regieren muß.
Deswegen, meine Damen und Herren, können wir Ihrer Resolution, so wie sie jetzt ist, nicht zustimmen. Sie wird den Notwendigkeiten, die ich hier zu entwickeln versucht habe, nicht gerecht. Wenn ich die Resolution richtig deute und verstehe, machen Sie auch die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands davon abhängig, daß Europa, wie Sie sich das vorstellen, vorher geschaffen wird. — Sie schütteln den Kopf, Herr Kiesinger. Aber so steht es für den unbefangenen Leser im Text.
Das scheint uns nicht der richtige Weg zu sein. Ich glaube, wir müssen den umgekehrten Weg gehen. Wir müßten, wie es in unserem Resolutionsentwurf gesagt ist, zunächst versuchen, unsererseits alles zu tun, was die Verhandlungssituation für die
Beendigung des Kalten Krieges verbessern kann. Man hat in der Londoner Schlußakte Kommissionen für alle möglichen Dinge vorgesehen. Nur für eine Aufgabe, die sich die Paktmächte gesetzt haben, die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands, hat man keine Kommission vorgesehen, um gemeinsame Richtlinien auszuarbeiten. Mir scheint aber gerade das eine sehr vordringliche Notwendigkeit zu sein; denn ohne ein Gremium, das versucht, die Politik der Paktmächte zu koordinieren, wird es doch kaum je möglich sein, einen gemeinsamen Generalnenner für die vertraglich vorgesehene Wiedervereinigungspolitik zu finden. Ich glaube, daß unsere Resolution den besseren Weg geht, und ich fordere Sie darum auf, diesen Weg mit uns zu gehen.