Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 31. März 1954 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Verkehrsfinanzgesetzes 1954 und den Entwurf eines Straßenentlastungsgesetzes angenommen. Der Bundesrat hat am 7. Mai beide Gesetzentwürfe mit geringen Änderungsvorschlägen gebilligt. Diese beiden Gesetzentwürfe werden heute in erster Lesung beraten. Außerdem hat die Bundesregierung am 1. Juni den Entwurf eines Gesetzes über die Beförderung von Personen zu Lande, das sogenannte Personenbeförderungsgesetz, angenommen. Auch ihm hat der Bundesrat am 2. Juli mit Änderungen zugestimmt, durch die allerdings der verkehrspolitische Kern des Entwurfes nicht betroffen wird.
Das ist aber durchaus nicht alles, denn diese drei Gesetze sind nur Bausteine, wenn auch wichtige, eines Gesamtplanes, der für unser Verkehrswesen nicht nur Ordnung schaffen, sondern ihm auch eine feste Grundlage für seine zukünftige Entfaltung gewährleisten soll. Das Bundeskabinett hat neben diesen Gesetzentwürfen weitere verkehrspolitische Vorschläge gebilligt, die folgenden Zwecken dienen:
1. der Hebung der Verkehrssicherheit auf den Straßen;
2. der harmonischen Aufgabenteilung zwischen Schiene, Straße und Binnenschiffahrt;
3. der Gesundung der Deutschen Bundesbahn;
4. der Zusammenarbeit zwischen Bundesbahn und Bundespost im Kleingut- und Kraftlinienverkehr;
5. der Sicherung der Wirtschaftlichkeit des gewerblichen Güterkraftverkehrs und insbesondere seiner mittelständischen Existenzen.
Nur wenn man die vorgelegten Gesetzentwürfe in Zusammenhang mit diesen Beschlüssen der Bundesregierung prüft, kann man zu einem abschließenden Urteil gelangen. Man wird sie deshalb nicht isoliert betrachten dürfen.
Bei der Vorbereitung des verkehrspolitischen Gesamtplans sind Sachverständige der Wissenschaft, der gewerblichen Wirtschaft, der Landwirtschaft und des Verkehrswesens gehört worden. Mit dem Vorstand der Deutschen Bundesbahn, den Verbänden der Binnenschiffahrt, der Verkehrsbetriebe und des gewerblichen Kraftverkehrs, mit den Spitzenorganisationen der Wirtschaft, der Gemeinden und Gemeindeverbände ist der Gedankenaustausch nie abgerissen. Die Bundesregierung erkennt die Hilfe der Sachverständigen dankbar an. Zwar haben sich nicht alle auf einen gemeinsamen, umfassenden Plan einigen können, der den drei Inlands-Verkehrsträgern gleichmäßig gerecht wird. Ihre Anregungen haben aber dazu beigetragen, die Arbeit des Kabinetts zu unterstützen. Die Beratungen innerhalb der Bundesregierung und mit den Sachverständigen sind über eine Reihe von Monaten intensiv geführt worden. Die Bundesregierung hat sich dabei bemüht, das Wohl des gesamten Volkes und nicht die Interessen einzelner Gruppen ihren Entscheidungen zugrunde zu legen. Dabei hat sie vor allem an die Fußgänger gedacht, diese „Normalverbraucher" des Verkehrs, und an die Kinder. Sie hat die bäuerliche Bevölkerung ebensowenig vergessen wie die Radfahrer. Sie hat an den Mittelstand im Straßenverkehr und in der Binnenschifffahrt gedacht, an die Hunderttausende von Menschen, die bei unseren Eisenbahnen, auf der Straße und auf der Wasserstraße in harter, verantwortungsvoller Arbeit stehen, und an die vielen Unternehmen und Arbeiter der Industrie, des Handels und des Handwerks, die für die drei Inlands-Verkehrsträger arbeiten. Sie hat an die verladende Wirtschaft gedacht, an die Verbindungen zur Seeschiffahrt und Luftfahrt. Sie hat vor allem an alle die Menschen gedacht, die täglich den vielfältigen Gefahren des Verkehrs ausgesetzt sind. Für sie steht im Mittelpunkt des Verkehrs die Sorge um Leben und Gesundheit der Menschen. Es sind viele Grundsätze ins Treffen geführt worden. Die Bundesregierung hat sich aber vor allem an die Tatsachen gehalten, die ein rasches, durchgreifendes Handeln erzwingen. Die Tatsachen sind unsere Freunde gewesen. Sie werden, davon bin ich überzeugt, auch die Freunde des Bundestages bei seinen verantwortungsbewußten Beschlüssen sein, zu denen er jetzt aufgerufen wird.
Die verkehrswirtschaftliche Lage bestimmen gegenwärtig folgende Tatsachen:
Einmal die hohe Leistung der Verkehrsträger auf der Schiene, der Straße und der Wasserstraße. Sie sichern uns eine ausreichende Verkehrsbedienung.
Zum anderen die beträchtlichen Verzerrungen und Spannungen innerhalb des Verkehrswesens.
Die Leistungen der binnenländischen Verkehrsträger sind in den letzten Jahren beträchtlich gewachsen. Trotz der durch die Verhältnisse bedingten, leider viel zu geringen Mittel, die zur Verfügung standen, sind die schweren Kriegsschäden weitgehend behoben. Der wachsenden Nachfrage nach Verkehrsleistungen aller Art konnte stets entsprochen werden. Auch der Spitzenverkehr in den Herbstmonaten ist in jedem Jahr bewältigt worden.
Gleichzeitig aber hat sich die Struktur im binnenländischen Verkehrswesen beträchtlich verändert. Das hat zu erheblichen Disproportionen, zu Spannungen geführt, einmal zwischen dem schnell wachsenden Kraftverkehr und dem Straßenbau, ferner zwischen den gemeinwirtschaftlichen Lasten der Bundesbahn und ihren Betriebseinnahmen, endlich zwischen dem Eigenverkehr der Firmen in Handel und Produktion, dem sogenannten Werkverkehr, und den öffentlichen und den privaten Verkehrsunternehmen.
Der Wettbewerb zwischen Schiene und Straße ist immer härter, schließlich ruinös geworden. Bundesbahn und Binnenschiffahrt hingegen haben gut zusammengearbeitet.
Wenn es nicht gelingt, diese Spannungen zu beseitigen, sind sehr bald ernste Rückwirkungen auf die reibungslos laufende Verkehrsbedienung der Wirtschaft und der Bevölkerung zu befürchten. Ich denke dabei vor allem an die Rand- und Grenzgebiete und an den Sozialverkehr.
Die Disproportionen im Verkehrswesen sind nicht marktwirtschaftlich entstanden. Sie können daher auch nicht mit sogenannten marktkonformen Mitteln beseitigt werden. Die Verkehrspolitik muß hier eigene Wege suchen. Sie muß die strukturellen Verzerrungen zu beseitigen suchen, um wieder gesunde Relationen zu schaffen.
In der öffentlichen Debatte ist dieser komplexe Tatbestand viel zu sehr vereinfacht worden. Man hat von einer „kranken" Bundesbahn gesprochen und ihr den „gesunden" Straßenverkehr gegenübergestellt. Man hat unterstellt, die Bundesregierung wolle nur das Defizit der Bundesbahn beseitigen und die neuen Verkehrsgesetzentwürfe dienten allein diesem Zweck. Das ist falsch. Alle Vereinfachungen dieser und ähnlicher Art sind abwegig. Stets ist es das oberste Anliegen der Bundesregierung gewesen, die Bundesbahn, den Straßenverkehr und die Binnenschiffahrt als gleichermaßen unentbehrlich für unser Volk und unsere Wirtschaft anzusehen und zu würdigen. Ihr zu unterstellen, sie wolle das Rad der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung zurückdrehen und etwa den Schienenverkehr dort verordnen, wo der moderne Omnibus oder der leistungsfähige Lastkraftwagen wirklich nötig sind, ist widersinnig.
Aus dieser skizzierten verkehrswirtschaftlichen Problematik, aus ihren zwingenden Notwendigkeiten sind die Beschlüsse der Bundesregierung erwachsen. Diesen Gesamtplan möchte ich mir erlauben kurz darzulegen.
Im Straßenbau und im Straßenverkehr steht, wie es in der Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers vom 20. Oktober 1953 heißt, „vor allen wirtschaftlichen Erwägungen die Frage der Sicherheit für den Menschen in dem ständig wachsenden Verkehr". Auf diesen Gebieten ist der Bund im wesentlichen nur Gesetzgeber. Die Ausführung seiner Gesetze und Verordnungen, die Überwachung des Straßenverkehrs und damit der direkte Kampf mit den Unfallgefahren auf der Straße obliegt den Ländern. Die Zunahme der Verkehrsunfälle auf den deutschen Straßen hat viele Ursachen. Große Sorgen macht der Bundesregierung nach wie vor die mangelnde Disziplin der Verkehrsteilnehmer. Die meisten Unfälle wären wohl bei gewissenhafter Beachtung der geltenden Verkehrsvorschriften vermeidbar. Wie kann eine bessere Beachtung der Verkehrsvorschriften erreicht werden? Welche Sicherheitsvorkehrungen müssen zusätzlich noch getroffen werden?
Es haben, wie Sie wissen, zwei Straßenverkehrssicherheits-Konferenzen stattgefunden. Beide haben wichtige Entschließungen gefaßt, die heute an die Mitglieder des Hohen Hauses verteilt wurden, so daß ich auf Einzelheiten nicht einzugehen brauche. In enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Bundes- und Länderressorts und den sonstigen zuständigen Stellen bin ich bemüht, die Ergebnisse auszuwerten. Auch darüber habe ich Ihnen Material heute vorlegen lassen. Sie werden daraus ersehen, daß unser Sicherheitsprogramm umfangreich und vielseitig ist. Die Straßenverkehrssicherheits-Konferenzen sollen in angemessenen Zeitabständen wiederholt werden. Von den Ländern und von der Justiz wird es abhängen, ob sich die Fahrdisziplin auf den deutschen Straßen bessert und die erlassenen Sicherheitsvorschriften gewissenhaft beachtet werden.
Nicht weniger wichtig für das Anschwellen der Unfallzahlen ist die wachsende Straßenbelastung, die Verkehrsdichte auf unseren Straßen. Die Straßenbelastung können wir leider noch nicht statistisch so exakt erfassen, wie wir es uns wünschen. Wir berechnen wohl die Zahl der Fahrzeuge je Kilometer klassizifierter Straßen, das sind die Bundesautobahnen, die Bundesstraßen und die Landstraßen I. und II. Ordnung. Daraus ergibt sich aber nur eine ungefähre Vorstellung von der Straßenbelastung und der Verkehrsdichte, denn die ständig steigenden Fahrleistungen der Kraftfahrzeuge, bezogen auf die Zeiteinheit, sei es nun Tag, Monat oder Jahr, werden dabei nicht berücksichtigt. Die Belastung der Straßen ist im Vergleich zu früher heute wesentlich stärker, als etwa aus dem Vergleich des Fahrzeugbestandes mit der Länge der Straßen in den vergangenen Jahren hervorgeht. Unter diesem Vorbehalt möchte ich folgende Zahlenreihen nennen:
Im Vorkriegsjahr 1938 entfielen auf je 1 km klassifizierter Straßen 14,6 Kraftfahrzeuge, 1950 waren es schon 17 Kraftfahrzeuge, 1953 28,4 Kraftfahrzeuge, und im Sommer dieses Jahres werden wir mehr als 32 erreichen.
Es handelt sich dabei um Kraftfahrzeuge, die sich im Betrieb befinden. Die ausländischen Kraftfahrzeuge sind dabei nicht berücksichtigt, da sie nur vorübergehend unsere Straßen befahren. Vergleichen Sie bitte damit die Zahlen der Unfalltoten und Verletzten im Straßenverkehr: Sie betrugen im Jahre 1938 12,7 Tote und 296 Verletzte täglich, 1950 war diese Zahl auf 17,6 Tote und 418,6 Verletzte gestiegen, im Jahre 1953 betrug diese Tagesquote leider 30,4 Tote und 827,5 Verletzte. Dabei ist zu berücksichtigen, daß ab 1953 die Erhebungs-
methode dem internationalen Verfahren angepaßt wurde: Die innerhalb von 30 Tagen nach dem Unfall an den Unfallfolgen Verstorbenen werden zu den Unfalltoten hinzugezählt. In diesem Jahr wird diese bedrückende Zahl einer neuen Menschheitsplage weiter hinaufschnellen. Unser Straßennetz ist, vor allem in seinen Hauptlinien — und auf diese Hauptlinien als Flaschenhälse kommt es an — dem schnell anwachsenden Kraftverkehr nicht mehr gewachsen. Großbritannien z. B. hat bei etwa gleicher Bevölkerungszahl wie die Bundesrepublik einen größeren Kraftfahrzeugbestand. Die Zahl der im Straßenverkehr 1953 Getöteten beträgt jedoch in Großbritannien nur 5090, in der Bundesrepublik hingegen 10 954, also mehr als das Doppelte. Darin prägt sich nicht etwa ein besseres Straßensystem aus — die Straßen in Großbritannien haben zwar eine gute Decke, sind aber schmal und folgen den Geländewellen; Autobahnen gibt es in Großbritannien nicht und große Kraftfahrzeugdurchgangsstraßen auch nicht —, sondern es prägt sich hier eine höhere Disziplin und eine wesentlich niedrigere Benutzungsdauer je Fahrzeug aus.
Man hört oft, die Bundesrepublik sei in der Motorisierung hinter anderen Ländern zurückgeblieben. Als Beweis dafür wird die Tatsache angeführt, daß die Zahl der Kraftfahrzeuge auf je 1000 Einwohner in der Bundesrepublik erheblich unter der Vergleichszahl anderer Länder liege. Man vergißt dabei, daß die Einwohnerzahl in der Bundesrepublik im Vergleich zu ihrer Fläche außerordentlich hoch ist. Der Vergleich, die Zahl der Kraftfahrzeuge auf je 1000 Einwohner zu rechnen, sagt deswegen nichts über die Verkehrsdichte und über die Straßenbelastung aus. Vergleicht man dagegen die Zahl der Kraftfahrzeuge mit dem Quadratkilometer Fläche — und man bemißt ja auch die Bevölkerungsdichte nach der Zahl der auf 1 qkm Fläche lebenden Menschen —, so ergibt sich folgendes Bild: Auf 1 qkm Fläche entfielen 1952 in der Bundesrepublik 12,1 Kraftfahrzeuge aller Art, in Frankreich nur 4,7 und in den Vereinigten Staaten 6,6. Nun ist bekanntlich in der Bundesrepublik der Anteil der Motorräder besonders groß. Aber auch wenn man nur die Lastkraftwagen nimmt, zählt unser Land mit 2,0 Lastkraftwagen je qkm mehr als Frankreich mit 1,7 und die USA mit 1,1. Das Land Nordrhein-Westfalen z. B. hat, bezogen auf seine Gesamtfläche, weitaus die größte Anzahl an Personenkraftwagen, Lastkraftwagen und Motorrädern, nämlich 22,5 je qkm. Selbst ein so dicht besiedeltes Land wie Belgien weist nur 20,5 Fahrzeuge dieser drei Kategorien auf.
Aus diesen Zahlen wird das Mißverhältnis zwischen Straßenkapazität und Kraftverkehr noch nicht einmal in seinem ganzen Ausmaß erkennbar. Denn auch der bauliche Zustand unseres Straßennetzes ist dem schnell wachsenden Verkehr und insbesondere den Fahrzeugen mit hohem Gesamtgewicht nicht mehr gewachsen. Von den Bundesstraßen, die neben den Autobahnen die Hauptlast des Fernverkehrs tragen, haben noch 77,4 % leichte, mittelschwere und kopfsteingepflasterte Decken. Schwere Decken besitzen also nur 22,6 % aller Bundesstraßen. Nur 19,3 % der Bundesstraßen sind mehr als 61/2 m und nur 7,4 % mehr als 71/2 m breit, haben also das Ausmaß der sogenannten Europastraßen. Bei den Landstraßen I. und II. Ordnung, für deren Erhaltung und Ausbau die Länder zuständig sind — und ihre Ausdehnung beträgt weit über 100 000 km, zu denen noch über 100 000 km
Gemeinde- und Stadtstraßen kommen —, liegen die Verhältnisse noch ungünstiger.
Dieses bedrohliche Mißverhältnis zwischen Kraftverkehr und Straßennetz zwingt zu einer großzügigen Förderung des Straßenbaues. Das ist aber in erster Linie eine Finanzierungsaufgabe. Sie ist von außerordentlichem Ausmaß. Bei einem nicht zu schwierigen Gelände betragen die Baukosten einer zweibahnigen Autobahn je km 2 Millionen DM, bei den übrigen Bundesstraßen je nach den Geländeschwierigkeiten je Kilometer 300 000 bis 600 000 DM, bei schwierigem Gelände noch mehr. Wir stehen also vor einer gewaltigen Investitionsaufgabe, falls wir unser Straßennetz so ausbauen wollen, daß die Verkehrsdichte etwa der der Vorkriegszeit wieder entspricht.
Die Bundesregierung hat die Möglichkeiten, wie die Mittel aufgebracht werden können, sehr sorgfältig geprüft. Der Bundeshaushalt kann keine höheren Beiträge leisten. Der Aufnahme von Anleihen auf dem Kapitalmarkt sind sicher verhältnismäßig enge Grenzen gesetzt. Es muß bezweifelt werden, daß der Kapitalmarkt Jahr für Jahr größere langfristige Anleihen mit entsprechendem Zinssatz für den Straßenbau hergeben kann, insbesondere wenn für diese Anleihen keine Vorzugs-, sondern nur Normalkonditionen gewährt werden können, wie dies ja jetzt wiederholt öffentlich gefordert worden ist. Ich erinnere dabei an die Anforderungen, die Wirtschaft, Wohnungsbau und Schiffbau an den Kapitalmarkt stellen, insbesondere an die dringenden Investitionen für die Wasserversorgung und die Abwässerbeseitigung, die allein mehrere Milliarden DM in den nächsten Jahren erfordern werden, usw. Wir können den Kapitalmarkt also nur in begrenztem Umfange für den Straßenbau in Anspruch nehmen. Wer diese nüchternen Tatsachen übersieht, gibt sich Illusionen hin.
Daher muß zur Finanzierung der motorisierte Straßenverkehr stärker herangezogen werden. Diesem Zweck dient das Verkehrsfinanzgesetz. Selbstverständlich setzen auch hier die Tatsachen unseren Wünschen enge Grenzen. Kraftfahrzeugsteuer und Mineralölsteuer, die beiden Sondersteuern für den Kraftverkehr, sollen angehoben werden. Die Drucksache mit den Steuersätzen liegt Ihnen vor. Bei vorsichtiger Schätzung erwarten wir aus der Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer ein Mehraufkommen von 60 Millionen DM, da ja gleichzeitig eine Verminderung der Steuer für die Personenkraftwagen vorgesehen ist. Dieses Mehraufkommen von 60 Millionen DM fließt den Ländern für ihren Straßenbau zu. Aus der Erhöhung der Mineralölsteuer wird ein Mehraufkommen von etwa 160 Millionen DM erwartet, das dem Bund zur Verfügung steht. Ich bemerke, daß die Mineralöizölle nicht als Sondersteuer für den Kraftverkehr gelten können und daß bei einer Erhöhung der Mineralölsteuer auch Verbraucher zur vermehrten Steuerleistung mit herangezogen werden, die nicht zum Kraftverkehr gehören. Nach Abschnitt IV des Regierungsentwurfs soll eine Finanzierungsgesellschaft für den Autobahnbau gegründet werden. Diese Finanzierungsgesellschaft soll mindestens 80 Millionen DM vom Bund erhalten und außerdem berechtigt sein, Schuldverpflichtungen einzugehen. Der Herr Bundesminister der Finanzen soll ermächtigt werden, für diese Schuldverpflichtungen Bürgschaften bis zum Betrage von 500 Millionen DM zu übernehmen. Die Inanspruchnahme des Kapitalmarktes
für diese Zwecke hält sich also in den gebotenen Grenzen; so kann mit Sicherheit angenommen werden, daß die hierfür erforderlichen Beträge auch aufgebracht werden können.
Zur Finanzierung des Autobahnbaues können weiter die im Gesetzentwurf vorgesehenen Gebühren für die Benutzung der Autobahnen oder ersatzweise Zahlungen des Herrn Bundesministers der Finanzen in Höhe geschätzter Gebühreneinnahmen verwandt werden. Aus den dem Bund zufließenden Mitteln des Verkehrsfinanzgesetzes sind ferner weitere 20 Millionen DM zusätzlich für den Ausbau der Bundesstraßen vorgesehen, für welche die bisher im Haushalt vorgesehenen Mittel keine Kürzung erfahren. Außerdem sollen weitere noch nicht zweckgebundene Mittel aus dem Verkehrsfinanzgesetz zur Verfügung gestellt werden. Der Bundesrat hat vorgeschlagen, hiervon für den Bau von Ortsumgehungsstraßen, Ortsdurchfahrten und für die Beseitigung von schienengleichen Übergängen weitere 20 Millionen DM bereitzustellen. Der Herr Bundesminister der Finanzen wird zum Verkehrsfinanzgesetz noch Näheres ausführen.
Die Anforderungen, welche der Regierungsentwurf eines Verkehrsfinanzgesetzes an den Kraftverkehr stellt, können nicht als überhöht bezeichnet werden. Nur eine Steigerung des Straßenbaus sichert dem Kraftverkehr eine Zukunft. Alle Kraftfahrzeuge bilden als straßengebundene Verkehrsmittel mit dem gesamten Straßennetz zusammen eine Betriebseinheit. Dieser Zusammenhang wird in der Öffentlichkeit zu wenig gewürdigt. Die Bundesbahn trägt die Kosten für ihr gesamtes Schienennetz mit Bahnhöfen, Brücken, Stellwerken, Signalanlagen und Schranken selbst; sie sorgt dafür, daß Zahl und Gewicht ihrer Fahrzeuge mit der Aufnahmefähigkeit ihrer ortsfesten Anlagen, insbesondere ihrer Gleise, genau übereinstimmen. Dementsprechend muß sich auch der Straßenverkehr gefallen lassen, daß ihm der auf ihn entfallende Anteil an der Erhaltung, der Erneuerung und dem Ausbau des Straßennetzes und an den Kosten für die Verwaltung und die Verkehrspolizei in einer volkswirtschaftlichen Bilanz angerechnet werden. Auch müssen Zahl und Gewicht der Kraftfahrzeuge in einem vernünftigen Verhältnis zum Straßenzustand stehen. Es erscheint für die Zukunft nicht mehr vertretbar, daß etwa der Fußgänger oder der Radfahrer weiter dazu angehalten werden, z. B. auf dem Umweg über die Lohnsteuer oder andere Steuern, dem Kraftfahrer einen Teil der Wegekosten abzunehmen, also den motorisierten Verkehr zu subventionieren. Aber auch auf die verschiedenen Fahrzeugtypen muß die Belastung gerecht verteilt werden.
In der Öffentlichkeit sind die Meinungen geteilt, wie hoch die Wegekosten sind, die volkswirtschaftlich dem Kraftverkehr zugerechnet werden müssen. Zur Erarbeitung möglichst einwandfreier Unterlagen wurde, wie dem Hohen Haus bekannt ist, der Selbstkostenausschuß ins Leben gerufen. Die Arbeiten des Unterausschusses Straßenbaukosten im Selbstkostenauschuß werden aber erst nächstes Jahr brauchbare Ergebnisse erbringen. Deshalb wurde am 29. Juli 1953 nach längerer Vorbereitung der Wissenschaftliche Beirat bei dem Bundesminister für Verkehr beauftragt, sich über das Problem der Wegekosten gutachtlich zu äußern. Der Wissenschaftliche Beirat hat uns im April die erste Fassung seines Gutachtens zugestellt. Dieses Gutachten ist inzwischen mit verschiedenen Instanzen abgeglichen und wird in Kürze im Druck vorliegen und den Mitgliedern des Hohen Hauses zugeleitet werden. Bei der Würdigung dieses Gutachtens ist allerdings zu berücksichtigen, daß der Beirat vielfach auf Schätzungen angewiesen war, weil, wie gesagt, die exakten statistischen Unterlagen noch erarbeitet werden müssen. Es ist aber gelungen, die schwierige Problematik in diesem Gutachten grundsätzlich zu durchleuchten. Nach der Auffassung des Wissenschaftlichen Beirats setzen sich die Wegekosten bei einer volkswirtschaftlichen Vergleichsrechnung aus der Verzinsung des investierten Kapitals nach dem Jetztwert, aus den Aufwendungen für Erneuerung und Unterhaltung der Straßen und aus den Aufwendungen für Verkehrssicherheit, Planung und Verwaltung zusammen. Auf eine Amortisation des investierten Kapitals wird verzichtet. Die nach dieser Rechnung sich ergebenden Kosten erreichen nach den Ermittlungen des Wissenschaftlichen Beirats eine Höhe von erheblich mehr als 2 Milliarden DM im Jahr; davon sind nur etwa 1,3 Milliarden DM durch die bisherigen Sonderlasten des Straßenverkehrs, also durch die Einnahmen aus Kraftfahrzeug- und Mineralölsteuer, gedeckt. Rund 1 Milliarde DM jährlich bleiben bei dieser Rechnung ungedeckt. Die Berechnungsmethode des Wissenschaftlichen Beirats entspricht übrigens grundsätzlich auch den Überlegungen der Revisions- und Treuhand-A.G., die ich im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister der Finanzen mit der praktischen Ermittlung der Selbstkosten im Verkehrswesen auf der Grundlage der vom Selbstkosten-ausschuß erarbeiteten Systematik beauftragt habe. Die Einzelheiten des Gutachtens des Wissenschaftlichen Beirats und seine Ergebnisse werden uns bei den Beratungen in den Ausschüssen sicher noch sehr beschäftigen.
Wie müßten nun die vom Kraftverkehr verursachten Wegekosten auf die einzelnen Fahrzeugtypen verteilt werden? Der Wissenschaftliche Beirat des Bundesministeriums für Verkehr hat bestätigt, daß der Lastkraftwagen im Vergleich zu den Personenkraftwagen einen viel zu geringen Beitrag zu den Straßenbaukosten leistet. Die Lastkraftwagen sind seit Jahren in jeder Beziehung steuerlich begünstigt worden. Ich hatte eine Beschränkung dieser Begünstigung schon 1952 vorgeschlagen. Sie war auch in den Beschlüssen der Bundesregierung auf Grund der Kabinettsvorlagen vom April 1953 enthalten. Der erste Bundestag hat vor einem Jahr den ihm vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung der Kraftfahrzeugsteuer jedoch leider nicht mehr verabschieden können. Die Neuregelung ist inzwischen immer dringender geworden. Das sei an einigen Zahlen über die Belastung der einzelnen Fahrzeugtypen nachgewiesen. Es kommen, wie gesagt, als Sondersteuern, deren Ertrag auf die Wegekosten des Kraftfahrzeugs anrechenbar erscheinen, nur die Kraftfahrzeug- und die Mineralölsteuer in Betracht, dagegen nicht der Mineralölzoll, der ein allgemeiner Schutzzoll ist. An Kraftfahrzeug- und an Mineralölsteuer müssen nach den heute geltenden Steuersätzen je 100 BruttoTonnenkilometer — das ist die Grundlage, auf der diese Dinge zu berechnen sind — entrichten: ein Volkswagen 2,37 DM, ein Mercedes-Benz 170 S 2,29 DM, ein Opel-Kapitän 3,02 DM. Demgegenüber entrichten je 100 Brutto-Tonnenkilometer ein 8,5-t-Lastzug nur 37 Pfennige,
ein 16-t-Lastzug nur 21 Pfennige und ein 30-t-Lastzug nur 18 Pfennige.
Ein Volkswagen muß also, bezogen auf seine Beförderungsleistung, heute noch das 13fache eines 30-Tonners an Kraftfahrzeugsteuer und Mineralölsteuer zahlen. Dieser Zustand verlangt zwingend nach einem Ausgleich. Gerecht würde es sein, wenn die einzelnen Fahrzeugtypen jeweils d e n Anteil an den gesamten Wegekosten übernähmen, den sie tatsächlich verursachen. Der schwere Lastkraftwagen beansprucht die Straße, vor allem die Straßendecke, stärker als der Personenkraftwagen. Daher ist auch eine Progression in der Kraftfahrzeugsteuer erforderlich. Der Entwurf des Verkehrsfinanzgesetzes sieht deshalb für Fahrzeuge von mehr als 15 t Gesamtgewicht einen erhöhten Steuersatz für das 15 t übersteigende Gesamtgewicht vor. Die Belastung der Straße ergibt sich nicht nur aus dem Gewicht des Fahrzeuges, sondern ist eine Funktion aus Gesamtgewicht und Geschwindigkeit. Für die Straßenbeanspruchung ist es unerheblich, ob das Fahrzeug sich selbst antreibt oder gezogen wird. Daher muß der Anhänger, vom Standpunkt der von ihm verursachten Straßenabnutzung aus, nach den gleichen Grundsätzen zur Deckung der Wegekosten herangezogen werden wie der Lastkraftwagen.
Allerdings wird durch das Verkehrsfinanzgesetz das Mißverhältnis in der Besteuerung der Personenkraftwagen und der Lastkraftwagen nur gemildert, aber nicht ausgeglichen. Die Bundesregierung glaubt mit Rücksicht auf den gewerblichen Mittelstand im Straßenverkehr ein weiteres Anziehen der Steuerschraube für Lastkraftwagen und Omnibusse über das im Entwurf des Verkehrsfinanzgesetzes vorgesehene Maß hinaus jetzt nicht vorschlagen zu sollen. Ein voller steuerlicher Ausgleich der Wegekosten im allgemeinen und im besonderen wird also durch das Gesetz nicht erreicht, ein Ergebnis, das insbesondere für die Besitzer der Personenkraftwagen und Motorräder wenig befriedigt, da ihre Abgaben weiterhin die Lastkraftwagen subventionieren werden.
Das Straßenbau-Programm der Bundesregierung, das im Entwurf eines Verkehrsfinanzgesetzes festgelegt worden ist, ist, meine Damen und Herren, realistisch. Vielleicht wird es gerade deshalb vielfach als ungenügend bezeichnet. Es überfordert den Kapitalmarkt nicht und läßt auch die Belastung des Straßenverkehrs in steuerlicher Hinsicht in noch gerade erträglichen Grenzen. Es wird sich mit Sicherheit verwirklichen lassen. Das ist das Entscheidende. Die neuen Mittel aus dem Verkehrsfinanzgesetz für den Autobahnbau sollen in der Hauptsache für die Fertigstellung solcher Strecken verwandt werden, auf denen die Bauarbeiten bereits vor dem Kriege begonnen waren. Nach Verabschiedung des Verkehrsfinanzgesetzes und nach Freigabe der ersten Baumittel kann auf mehreren Autobahnteilstrecken mit den Bauarbeiten unverzüglich begonnen werden. Soweit in Abänderung früherer Entwürfe neue Teilstrecken zum Bau vorgesehen sind, sind auch hier die erforderlichen Vorarbeiten entsprechend gefördert, so daß selbst hier nach Freigabe der Mittel mit dem Bau begonnen werden kann. Dabei sollen die Mittel so angesetzt werden, daß möglichst bald fertige Teilstrecken dem Verkehr zur Verfügung gestellt werden können.
Der Bundesminister für Verkehr ist, wie Sie wissen, meine Damen und Herren, nur für die Bundesstraßen und Autobahnen zuständig. Nur für sie kann er im Einvernehmen mit den Ländern ein Bauprogramm aufstellen. Er hält jedoch die Pflege und den Ausbau der Landstraßen I. und II. Ordnung sowie auch der Gemeindestraßen für ebenso wichtig wie den Ausbau der Bundesstraßen und der Autobahnen.
Die Bedeutung, insbesondere der Landstraßen II. Ordnung, die den Landkreisen gehören, ist nach dem Kriege erheblich gewachsen. Die wirtschaftliche und soziale Struktur der Landkreise hat sich geändert — denken Sie allein an die Aufnahme so zahlreicher heimatvertriebener Menschen — und der Kraftverkehr auf dem Lande immer mehr entwickelt. Aber die Landkreise sind ebenso wie viele Gemeinden finanziell nicht stark genug, um die wachsenden Straßenbauaufgaben zu bewältigen. Da das gesamte Straßennetz eine verkehrswirtschaftliche Einheit bildet, erscheint es sehr notwendig, das gesamte Investitionsproblem im Straßenbau nach einem von allen Beteiligten gemeinsam aufgestellten übergeordneten Plan zu lösen.
Die Verhältnisse werden dazu früher oder später zwingen.
Mit den Mitteln, die nach der Verabschiedung des Verkehrsfinanzgesetzes zur Verfügung stehen, lassen sich leider nur 569 km Autobahnen bauen, nicht aber die 900 km, die vor allem von der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Autobahnen gefordert wurden. Um bis zu 900 km in dem gleichen Zeitraum zu bauen. müßten die Mineralölabgaben zusätzlich um 1 bis 2 Pf je Liter Kraftstoff erhöht werden. Daran ist nichts abzuhandeln oder abzustreichen. Höhere Kredite sind auf dem Kapitalmarkt schwerlich unterzubringen. Es hat daher keinen Zweck, Projekte zu schmieden, die praktisch gar nicht oder nur unter nicht zumutbaren Einschränkungen auf anderen Wirtschaftsgebieten durchführbar sind. Es ist gesagt worden, es müßten jährlich 21/2 Milliarden DM im Straßenbau investiert werden; dazu kommen dann noch fast 11/2 Milliarden für die Unterhaltung. Aber woher sollen wir Mittel dieses Ausmaßes nehmen? Hinzu kommt, daß der Straßenbau nicht nur Kapital, sondern auch Land verschlingt. Das wird leicht übersehen. Ein km neue Autobahn erfordert im Durchschnitt 5 ha Land. Das wiegt in einem so dicht bevölkerten Lande, wie es die Bundesrepublik ist, doppelt. Umgehungsstraßen vernichten oft Siedlungsland, Schrebergärten usw. 200 000 Heimatvertriebene und Sowjetzonen-Flüchtlinge bewerben sich um bäuerliche Siedlungen oder Kleinsiedlungen, sogenannte Nebenerwerbsstellen. Sehr hohe Summen geben wir jährlich aus, um neues Bauernland bereitzustellen, Ödland zu kultivieren oder Land dem Meer abzugewinnen. Mit dem vorhandenen Grund und Boden muß also — das dürfte wohl allen klar sein — sehr sparsam umgegangen werden. Wenn auf neu zu bauenden Straßen, die erhebliches Kapital und Hergabe von Land erfordern, nur Transporte durchgeführt werden, die praktisch ebensogut, manchmal sogar besser auf dem vorhandenen Schienennetz oder auf unseren Flüssen und Kanälen gefahren werden können, so ist das volkswirtschaftlich und auch sozial kaum zu verantworten. Schiene und Binnenwasserstraße sind keineswegs voll ausgenützt oder ausgelastet.
Ihre Mehrbelastung erfordert jedenfalls keine zusätzlichen Wegekosten und erfordert kein Land. Es handelt sich hier auch nicht allein um den Grund und Boden, der dem Gärtner, dem Bauern oder Kleinsiedler für den Straßenbau genommen wird oder nicht kultiviert werden kann. Durch den Bau neuer Straßen, insbesondere Autobahnen, werden vielfach Wirtschaftseinheiten zerschnitten, die Bestellung erschwert und die Restteile des Grundeigentums im Wert gemindert. Vertreter der Landwirtschaft und des davon betroffenen Mittelstandes haben mich mit Nachdruck auf diese Tatsachen hingewiesen. Ich möchte die Sorgen dieser Kreise deshalb nicht verschweigen.
Aber selbst wenn alle Möglichkeiten für den Straßenaus- und -neubau restlos ausgeschöpft werden, selbst wenn erheblich größere finanzielle Mittel eingesetzt werden könnten, kann nach Auffassung der Bundesregierung doch den schnell wachsenden Anforderungen des Kraftverkehrs im Laufe der nächsten Jahre nicht entsprochen werden. Die Kluft zwischen dem Geld, das für die Beschaffung von Transportgefäßen im Kraftverkehr ausgegeben wird, und dem Kapital, das für den Straßenbau nötig wäre, können wir nicht schließen. Die Investitionen im Kraftverkehr werden von privatwirtschaftlichen Überlegungen bestimmt; ihr Wachstumskoeffizient ist außerordentlich hoch, zumal die Kraftfahrzeuge in der Regel aus laufenden Einnahmen gekauft werden. In den Monaten April und Mai dieses Jahres sind fast 200 000 neue Kraftfahrzeuge zugelassen worden. Für die Investitionen der öffentlichen Hand im Straßenbau dagegen sind langfristige Mittel zu niedrigen Zinssätzen erforderlich. Im günstigsten Falle werden wir erreichen, daß die Kluft zwischen diesen beiden komplementären Investitionen nicht noch größer wird. Vorläufig verbreitert und vertieft sich diese Kluft von Monat zu Monat in einer beängstigenden Weise. In gleichem Maße sinkt die Verkehrssicherheit auf den Straßen. Die Unfallgefahren steigen durch die größere Verkehrsdichte, der der Zustand der Straßen immer weniger gewachsen ist. Das alles sind Tatsachen. An sie knüpft der Regierungsentwurf eines Straßenentlastungsgesetzes an. Niemand ist über die Notwendigkeit dieser Lösung glücklich. Aber noch hat sich keiner gefunden, der gezeigt hätte, wie wir sie vermeiden und doch eine Entlastung der Straße und — das unterstreiche ich besonders — zugleich eine Verminderung der uns alle belastenden Straßenkosten erreichen könnten. Solange das Straßennetz nicht dem motorisierten Verkehr angepaßt werden kann, solange es trotz aller Bemühungen nicht angepaßt sein wird, so lange muß versucht werden, den motorisierten Verkehr dem Straßennetz anzupassen. Das gilt insbesondere, solange der motorisierte Verkehr nur einen Bruchteil der auf ihn entfallenden Wegekosten aufbringt, wie dies ja auch nach Inkrafttreten des Verkehrsfinanzgesetzes nicht anders sein wird. Von dieser Konsequenz befreien uns weder Verzögerungsversuche noch Finanzierungsausschüsse.
Der Regierungsentwurf des Straßenentlastungsgesetzes sieht in seinem Kernstück das Gebot vor, bestimmte Massengüter im Fernverkehr auf der Straße nicht mehr zu befördern. Durch eingehende Prüfung seiner Bestimmungen durch die zuständigen Ressorts ist ihre Vereinbarkeit mit Art. 12 des Grundgesetzes festgestellt worden, der das Recht der freien Berufswahl sichert.
Der Nahverkehr wird durch das Gesetz nicht berührt. Die Bundesregierung ist davon ausgegangen, daß beim Ferntransport von Massengütern die Schnelligkeit des Transports, der Faktor Zeit, im allgemeinen keine Rolle spielt oder durch rechtzeitige Dispositionen ausgeglichen werden kann. Die in die Verbotsliste aufgenommenen Güter vertragen meist auch ohne besondere Verpackung ein mehrmaliges Umladen, oder sie können in Behältern transportiert werden und daher ohne volkswirtschaftlichen Schaden von der überlasteten Straße genommen werden. Die Liste dieser Güter wird im einzelnen zu beraten sein. Bekanntlich bedient sich der Fernverkehr auf der Straße, zumal beim Transport bestimmter Massengüter, vorwiegend der schwersten Fahrzeuge mit der größten Ladefläche. Ein Fortfall der Transporte von Massengütern im Fernverkehr muß daher zu einer beträchtlichen Verringerung der Straßenbelastung mit schweren und großen Fahrzeugen führen.
Das ist von wesentlicher Bedeutung für die Verkehrssicherheit, ist von wesentlicher Bedeutung für die Erhaltung unserer Straßen und ist von wesentlicher Bedeutung für die aufzuwendenden Wegekosten. Bei allen Verwaltungen, die für die Straßen zu sorgen haben, gibt es darüber nur eine Meinung. Bund, Länder, Kreise und Gemeinden stemmen sich gegen den „Raubbau am Volksgut Straße". In kurzer Zeit sind Straßendecken in den letzten Jahren reparaturbedürftig geworden, die Jahrzehnte halten sollten und entsprechendes Kapital erfordert hatten.
Unter dem Zwang dieser Entwicklung hat sich die Bundesregierung, hat sich der Bundesrat zu dieser Vorlage entschlossen. Ich weise mit Nachdruck darauf hin, daß auch die Landkreise, die Eigentümer und Baulastträger der Landstraßen zweiter Ordnung, durch ihre berufenen Vertreter in einer Straßenentlastung dieser Art zur Zeit den einzigen Ausweg sehen. Ihnen haben sich Städtetag, Städtebund und Landgemeinden angeschlossen, die als Baulastträger unter den Straßenbaulasten zusammenzubrechen drohen und deshalb wichtigste andere Aufgaben, wie z. B. Schulbauten, zurückstellen müssen.
Auch sie sind, wie die Bundesregierung, alarmiert durch das Ausmaß der Straßenabnutzung. Die meisten Straßendecken sind nicht für die starke Druck-und Sogwirkung der schweren Lastkraftwagen gebaut, besonders nachdem diese ihre Geschwindigkeit laufend gesteigert haben. Die Wirkung wird dadurch noch schlimmer, daß trotz Verbots viele Fahrzeuge noch immer beträchtlich überladen werden, so daß Federung und Reifen ihre Aufgaben gegenüber der Straßendecke nicht erfüllen können. Die Gesamtlänge der Bundesautobahnen beträgt rund 2200 km. Sie sind praktisch erst seit relativ kurzer Zeit vollbelastet in Betrieb. Trotzdem sind heute schon rund 1000 km Autobahn reparaturbedürftig.
Neben rückständiger Unterhaltung in den Kriegs-und ersten Nachkriegsjahren haben dazu gerade die schweren Lastzüge beigetragen. Die Reparaturkosten je Kilometer Autobahn betragen bis zu 300 000 DM. Für 1000 km stehen also Reparaturanforderungen in einer Höhe von 200 bis 300 Millionen DM an.
Nun sind, wie Sie wissen, die Autobahnen ja eigens für den Kraftverkehr gebaut, und man hat
seinerzeit geglaubt, Lastzüge bis zu 40 t bei Geschwindigkeiten bis zu 30-35 km ohne weiteres auf diesen Fahrbahnen fahren lassen zu können. Man hat aber nicht mit Lastzügen gerechnet, die 70 und 80 und noch mehr Stundenkilometer leisten. Wenn aber die Autobahnen bereits derart in Anspruch genommen werden, um wieviel größer müssen die Schäden bei den Landstraßen sein, die zum größten Teil noch leichte Fahrbahndecken haben, und um wieviel schneller werden die reparierten Strekken erneut zerstört! Um wieviel werden die Reparaturkosten steigen, wenn nicht durch Entlastung diesem Steigen der Kosten Einhalt geboten wird!
Am 23. April 1951 habe ich in Frankfurt vor der Automobilindustrie vor dieser Entwicklung mit allem Ernst gewarnt. Ich habe damals auf der ersten Automobilausstellung nach dem Kriege dazu aufgerufen, Maß zu halten, Beschränkung nach Typen und Zahlen gefordert, gefordert, die Geschwindigkeiten den Straßenverhältnissen anzupassen, habe den Schutz der Sicherheit des Lebens und des Gutes höher gestellt als die Gewerbefreiheit.
Ich sagte am Schluß dieser Rede:
Gehen Sie, meine Herren, aber einen anderen, einen ,egozentrischen . Weg, dann allerdings werden Sie durch staatliche Entscheidungen gezwungen werden, das für die Zukunft Richtige zu tun.
Das war am 23. April 1951. Für jeden Verkehrsträger, meine Damen und Herren, bleibt Über allem Freiheitsstreben das Gesetz gültig, das ihm durch das Optimum der Zahl, durch das Optimum der Größe und durch das Optimum der Geschwindigkeit der Verkehrsgefäße vorgeschrieben ist.
Wird der Verkehr mit schweren Lastkraftwagen eingeschränkt, so wird auch der Verkehrsfluß erleichtert und die Unfallgefahr vermindert. Das langsamste und größte Fahrzeug bestimmt die Aufnahmefähigkeit oder die Schluckfähigkeit einer Straße, für die die Gesetze der Strömungslehre entsprechend gelten. Um das langsame, große Fahrzeug entwickelt sich, besonders bei Steigungen, eine Traube; denn hinter jedem Fahrzeug dieser Art stauen sich die leichteren Kraftfahrzeuge. Das Überholen wird schwierig und gefährlich, um so gefährlicher, je länger der Überholungsvorgang dauert, je schneller also gefahren wird und je größer das zu überholende Fahrzeug ist. Bei der Auflösung einer Traube häufen sich diese Überholvorgänge auf wenigen Kilometern. Der prozentual größte Anteil an allen Straßenverkehrsunfällen ereignet sich bei solchen Überhol- und Ausweichvorgängen. So gibt in manchen Fällen der Lastkraftwagen mittelbar und ohne daß es von der Statistik erfaßt werden kann, Anlaß zu Unglücksfällen, meist zu schweren Unglücksfällen.
Es hat in der letzten Zeit nicht an Versuchen gefehlt, mit Hilfe von Zahlen zu beweisen, daß der Lastkraftwagen die wahre „Unschuld auf der Straße" sei. Dazu sagt aber die Statistik folgendes: 1953 waren 56 948 Lastkraftwagen mit Anhängern — also Lastzüge — an Verkehrsunfällen beteiligt, das sind 6,6 °/o aller an den Verkehrsunfällen beteiligten Kraftfahrzeuge. Dieser Prozentsatz erhöht sich aber bereits auf 9,3 °/o, wenn bei den unfallbeteiligten Kraftfahrzeugen die Kraftfahrzeuge der Besatzungsmacht abgezogen werden. Diese Subtraktion ist notwendig, weil uns wohl die Zahl der unfallbeteiligten Fahrzeuge der Besatzungsmacht bekannt ist, nicht aber der Fahrzeugbestand der Besatzungsmächte. An Unfällen beteiligt waren 1953 insgesamt 609 587 Fahrzeuge ausschließlich der Kraftfahrzeuge der Besatzungsmacht. Rechnet man die unfallbeteiligten Lastkraftwagen mit Anhänger, also die unfallbeteiligten Lastzüge, und die unfallbeteiligten Lastkraftwagen ohne Anhänger zusammen, so ergibt sich eine Zahl von 152 823 an Unfällen statistisch nachweisbar beteiligten Lastkraftwagen, und das sind 25,1 °/o der obengenannten Zahl von 609 587 an Unfällen überhaupt beteiligten Kraftfahrzeugen. Der Anteil der Lastkraftwagen am Gesamtbestand der im Verkehr befindlichen Kraftfahrzeuge — ohne die uns in ihrer Zahl nicht bekannten Besatzungsfahrzeuge — betrug demgegenüber am 1. Juli 1953 12,4 °/o, d. h. also beteiligt an Unfällen waren 25,1 °/o, beteiligt an der Gesamtzahl der vorhandenen Kraftfahrzeuge waren 12,4 °/o; der Faktor beträgt also fast 2. Bei diesem Vergleich sind jedoch die hohen Fahrleistungen der Lastkraftwagen nicht berücksichtigt. Selbst wenn jedoch die hohe jährliche Fahrleistung der Lastkraftwagen gegenüber den Personenkraftwagen berücksichtigt wird, bleibt nach den Berechnungen des Statistischen Bundesamts die Unfallquote der Lastkraftwagen immer noch etwas höher als ihr Anteil an der gesamten Fahrleistung aller Kraftfahrzeuge.
Das bestätigt auch ein weiterer Zahlenvergleich. Im Jahre 1953 war von den im Verkehr befindlichen Fahrzeugen jeder 2,8te Lastkraftwagen, jeder 3,8 te Personenkraftwagen und jedes 9,6te Kraftrad an Unfällen beteiligt. Daß der Lastkraftwagen bei diesem Vergleich an der Spitze der unfallgefährlichen Kraftfahrzeuge steht, ist allein eine Folge seiner hohen Fahrleistung. Meine Damen und Herren, das sind statistisch erwiesene Tatsachen, an denen nicht achtlos vorbeigegangen werden darf. Wer sich nur die günstigsten Werte aus der Statistik fischt, lebt leicht an den Tatsachen vorbei.
Der Bundesregierung ist nun entgegengehalten worden, daß das Verbot des Ferntransports bestimmter Massengüter die vorhandenen schweren Fahrzeuge in den Nahverkehr abdrängen werde. Dadurch würden sich die Unfallgefahren in den geschlossenen Ortschaften noch weiter erhöhen. Eine merkwürdige Argumentation! Unser Autobahnnetz ist, wie Sie alle wissen, leider ein Torso. Transporte, die nur die Autobahn benutzen, sind selten. Deshalb rollt heute ein sehr großer Teil des Fernverkehrs über Bundesstraßen und Landstraßen, nicht nur über Autobahnen. Bundesstraßen und Landstraßen aber führen durch geschlossene Ortschaften. Ein Ferntransport über 200 oder 300 km Bundesstraßen und klassifizierte Landstraßen wird häufig 20, 30 und mehr geschlossene Ortschaften zu durchfahren haben. Umgehungsstraßen fehlen, wie Sie wissen, vielfach ebenso wie verkehrsgemäße Durchfahrtsstraßen. Welche Plage bilden diese Durchfahrten für die kleinen Orte! Man hört allenthalben darüber Klagen. Die Unfälle, die hier, besonders soweit Kinder betroffen werden, weit zahlreicher sind als in den größeren Städten, der betäubende Lärm, die gestörte Nachtruhe, die Erschütterung der Häuser und die dadurch verursachten Anliegerschäden, die Behinderung der landwirtschaftlichen Arbeiten usw. sind es, die die Menschen dort tatsächlich auf das ärgste beschweren.
Ich will Ihnen zu dieser Frage nur ein Beispiel bringen. Im Hafen Emden löschte der Dampfer „Eliza Hübel" 7616 t Getreide. Davon wurden 4939 t in Partien zu 15 t durch Lastkraftwagen abgefahren, und zwar bis nach Hessen und nach Bayern. Die Bestimmungsorte der Lastkraftwagen sind uns bekannt. Wir haben die Reiseroute der Fahrzeuge auf der Karte verfolgt. Selbst bei weitgehender Autobahnbenutzung ergab sich, daß insgesamt 17 208 Ortschaften durchfahren werden mußten.
Werden auch die Anfahrten nach Emden — zum Teil leer, zum Teil beladen — berücksichtigt, verdoppelt sich diese Zahl: es waren also 30- bis 35 000 Ortsdurchfahrten mit schweren Lastkraftwagen notwendig, um ganze 4939 t Getreide von Emden mit Lastkraftwagen abzufahren.
Kann wohl augenfälliger gezeigt werden, wie durch das Verbot des Ferntransports bestimmter Güter auf der Straße gerade der Ortsverkehr entlastet und die Unfallgefahr in den Gemeinden vermindert wird?
Sollten schwere Fahrzeuge, die im Fernverkehr mit Massengütern nicht mehr eingesetzt werden können, in den Nahverkehr hinüberwechseln, so wird der Nahverkehr dadurch keineswegs verstärkt. Der Transportraumbedarf in einer Nahverkehrszone hängt doch im wesentlichen von dem Umfang der Produktion und dem Bedarf der Bevölkerung in diesem Gebiet ab, also vom Anfall an Transportgut und nicht von dem Angebot an Lastfahrzeugen.
Werden Fernverkehrsfahrzeuge für den Nahverkehr frei, so kann es vielleicht zu Umschichtungen bei den Verkehrsbetrieben kommen, die wir im Interesse des gewerblichen Nahverkehrs sorgfältig zu beobachten haben werden. Nie aber können derartige Verlagerungen zu vermehrten Transporten in einer Ortschaft oder ihrer Umgebung, also in einer Nahverkehrszone führen. Auch der heutige Ferntransport von Gütern, der über die Straße erfolgt, endet in einer Nahverkehrsstrecke. Sie wird im allgemeinen sogar länger sein als jene Strecke, die das zu befördernde Gut zwischen Bahnhof oder Hafen und endgültigem Bestimmungsort bei einem Fernverkehr, der mit Bahn oder Schiff erfolgt, im Lastkraftwagen zurückzulegen hat. Durch vermehrte Ausnützung der vorhandenen Anschluß-gleise wird sicherlich sogar eine gewisse Verminderung der Belastung im Nahverkehr eintreten.
Ein Verbot des Ferntransports bestimmter Massengüter kann also nicht zu vermehrtem Nahverkehr führen, kann nicht die Unfallgefahr in den Ortschaften erhöhen, sondern wird im Gegenteil Städte und Landgemeinden von den Durchfahrten des Fernverkehrs erheblich entlasten und daher zur Sicherheit auf der Straße wesentlich beitragen.
Zudem — ich darf es nochmals unterstreichen — wird ein erheblicher Teil des Verkehrs sich künftig wieder der Anschlußgleise des altbewährten Haus-Haus-Verkehrs der Deutschen Bundesbahn bedienen, im Straßenverkehr also völlig ausfallen. Ich denke dabei insbesondere an das Ruhrgebiet, für das eine Entlastung der Straßen allmählich zu einer Lebensfrage wird.
Der Bundesregierung sind nun einige bemerkenswerte Vorschläge gemacht worden, die sowohl der Schonung der Straßen als auch der Unfallverhütung dienen sollen. So wurde angeregt, bei den Lastzügen die Gesamtlänge von 20 m auf 18 m oder sogar auf 15 m und das Gesamtgewicht von 40 t auf 32 t oder noch weniger zu vermindern und die Achsdrucke auf 6 t herabzusetzen.
Der Landkreistag hat nachdrücklich das Verbot der Anhänger gefordert, denen wir, wie Sie wissen, auf den Straßen unserer Nachbarländer nur selten begegnen. Ich erinnere daran, daß eine ähnliche Anregung des inzwischen leider verstorbenen Abgeordneten von Rechenberg im 1. Bundestag erörtert und abgelehnt wurde.
Diese Vorschläge werden jetzt von uns im Einvernehmen mit den Nachbarländern sehr ernst geprüft. Es wird angestrebt, innerhalb Europas zu einheitlichen Maßen und Gewichten der Lastkraftwagen zu gelangen. Die Verhandlungen mit unseren Nachbarländern sind eingeleitet; wahrscheinlich werden sich die Maße und Gewichte dem vorgeschlagenen Rahmen für den internationalen Verkehr annähern. So hat z. B. Belgien, mit dessen Verkehrsminister ich kurz vorher noch eine Verhandlung hatte, durch Verordnung vom April 1954 das Höchstgewicht der Lastzüge auf insgesamt 28 t heruntergesetzt.
Die Frage steht auf der nächsten europäischen Verkehrsministerkonferenz, die für Oktober geplant ist, an.
Änderungen in den Abmessungen der Fahrzeuge brauchen aber leider Zeit für die Umstellung. Sie können uns daher keine schnelle und ausreichende Hilfe bringen. Der Kraftfahrzeugindustrie und den Kraftfahrzeugbesitzern muß eine angemessene Übergangszeit zugebilligt werden. Gefordert werden dafür fünf Jahre. Man kann dabei auch vom Sankt-Nimmerleins-Tag sprechen. Können wir so lange warten? Ich persönlich würde allerdings zwei Jahre für ausreichend halten. Aber auch so lange kann bei der ständigen Zunahme der Kraftfahrzeuge nicht gewartet werden. Allein deswegen kann also dieser Vorschlag das Straßenentlastungsgesetz nicht ersetzen. Auch würde auf diese Weise kaum erreicht, daß auch nur ein Fahrzeug weniger auf der Straße verkehrt. Es ist im Gegenteil sehr wohl möglich, daß die Beschränkung des Transportraumes des einzelnen Fahrzeuges oder Lastzuges, ohne daß gleichzeitig eine Beschränkung der Transportgutarten eintritt, sogar zu einer Vermehrung der Gesamtzahl der Fahrzeuge, vor allem im Werkverkehr führen würde.
übrigens gehört die Maßnahme auch in die Liste der Verbote. Meine Damen und Herren, sie ist ebenso dirigistischer Art wie die Mehrzahl der auf den Straßen geltenden Sicherheitsvorschriften wie z. B. die Festlegung von Einbahnstraßen, wie Überholverbote usw. All das stellt Verbote oder Gebote dar, ist also seiner Art nach grundsätzlich wohl nichts anderes als das Straßenentlastungsgesetz.
Ein anderer Vorschlag, für bestimmte Lastkraftwagen bei Gefällstrecken mit mehr als 5 % Neigung ein Überholverbot einzuführen, ist zum Teil schon geltendes Recht; denn nach § 10 Abs. 2 Satz 2 der Straßenverkehrs-Ordnung dürfen Lastkraftwagen und Lastzüge einander nur überholen, wenn die Geschwindigkeit des überholenden Fahrzeuges wesentlich höher ist als die des zu überholenden Wagens. Der Vorschlag, ein Überholver-
bot für alle Lastkraftwagen einzuführen, bietet allerdings manche Vorteile und wird in meinem Hause sorgfältig geprüft. Dagegen spricht die dann vermehrt zu erwartende Kolonnenbildung mit ihren Gefahren für überholende Personenkraftwagen.
Ferner wurde angeregt, die Bundesstraßen, die nach Breite und Fahrbahndecke für Schwertransporte ungeeignet sind, für Lastkraftwagen von einem bestimmten Gesamtgewicht an zu sperren. Das muß jedoch den Verkehr auf andere Straßen abdrängen und wird dort, gerade in den „Flaschenhälsen", die Überlastung steigern und die Zahl der Unfälle hinauftreiben, würde auch manche Verkehrsbedienung, die wirtschaftlich notwendig ist, unmöglich machen oder sehr erschweren. Die Erfahrungen bei den notwendigen Straßensperren in der Tauperiode zur Verhinderung von Frostaufbrüchen, die doch nur ganz kurzfristig und in diesem Jahr zum erstenmal durchgeführt worden sind, belegen diese Erkenntnis.