Zur Begründung der Gesetzentwürfe des Gesamtdeutschen Blocks/BHE Herr Abgeordneter Dr. Klötzer!
Dr. Klötzer , Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Auftrage meiner Fraktion habe ich die fünf von uns eingereichten Anträge zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes zu begründen. Ich darf mir erlauben, vorher in ganz wenigen Sätzen etwas Grundsätzliches zum Lastenausgleich zu sagen. Dieses im August 1952 verabschiedete Gesetz, das nach langen Beratungen und Kämpfen und nach langen in den vorhergehenden Monaten und Jahren sich in der Öffentlichkeit und in den Verbänden abspielenden Diskussionen endlich zustande gekommen ist, hat — das glaube ich sagen zu dürfen — nach unser aller Ansicht die Aufgabe, die Bereinigung der Schäden und Verluste herbeizuführen, die durch den zweiten Weltkrieg und danach durch Vertreibungsmaßnahmen, durch Kriegssachschäden und andere Folgeerscheinungen eingetreten sind. Durch das Lastenausgleichsgesetz soll das Problem seine Lösung finden, inwieweit und in welcher Weise diese Schäden und Verluste gerecht und bestmöglich — und unter diesem „bestmöglich" verstehen wir vor allem so rasch wie möglich — ausgeglichen werden können. Wir sind uns alle der Schwierigkeit, der Größe und Schwere
dieses Problems bewußt. Wir glauben, daß gerade deshalb auf die Bereitwilligkeit und auf den ehrlichen Willen aller Angehörigen unseres Volkes, an der Lösung dieses Problems mitzuarbeiten, nicht verzichtet werden kann.
Die von den Schäden Betroffenen — es sind nach der Terminologie des Gesetzes etwa 20 bis 21 Millionen Anspruchsberechtigte — wissen von Anbeginn, daß sie mit einer vollen Entschädigung der erlittenen Verluste nicht rechnen können, und sie haben von Anbeginn auch vernünftigerweise mit einer solchen vollen Entschädigung nicht gerechnet. Diese Geschädigten wissen aber umgekehrt auch, daß es auf der Seite der Abgabepflichtigen doch manchmal noch an der Bereitschaft fehlt, die aus dem Chaos ohne eigenen Verdienst durch Zufall oder glückliche Umstände geretteten Vermögenswerte in entscheidendem und ausreichendem Maße zur Lösung dieses Problems heranziehen zu lassen.
Wir sehen in dem Lastenausgleich nicht nur ein Mittel und einen Weg, um den durch Krieg und seine Folgeerscheinungen Betroffenen, all den Heimatvertriebenen, Kriegssachgeschädigten, Währungsgeschädigten und den weiteren im Gesetz aufgezählten Geschädigtengruppen, wieder zu einem angemessenen Lebensstandard zu verhelfen und damit gefährliche soziale Spannungen in unserem Volkskörper zu beseitigen, sondern wir sehen im Lastenausgleich gleichzeitig noch eine zweite wichtige staatspolitische Aufgabe: die Aufgabe, all diese unverschuldet aus der natürlichen und gesunden Sozialstruktur des Volkes Ausgegliederten wieder einzugliedern, ihnen zu helfen bei der Schaffung von Existenzen, bei der Neubildung von Vermögenswerten, und wir sehen das Ziel darin, daß die wertvolle Substanz dieser Teile unseres Volkes erhalten wird. Die Erhaltung der Substanz ist besonders bei den 8 1/2 Millionen Heimatvertriebenen und bei den über 2 Millionen Sowjetzonenflüchtlingen unerhört wichtig. Wir glauben, daß ohne diese Substanzerhaltung auch die Wiedervereinigung in Frage gestellt wird, nicht nur die Wiedervereinigung der Bundesrepublik mit der Sowjetzone, sondern auch die Wiedervereinigung mit den Gebieten, aus denen diese Geschädigtengruppen unter Verletzung ihres Rechtes auf Heimat ausgewiesen wurden. Nur wenn wir ihre Substanz erhalten, werden wir in der Lage sein, auch das Recht auf Heimat und die Wiedervereinigung in diesem weiteren Sinne zu verwirklichen.
Meine Freunde und ich denken politisch viel zu real und nüchtern, um nicht zu erkennen, daß uns das Wahlergebnis des 6. September des Vorjahres gewisse Grenzen gesetzt hat und daß es uns nicht die Möglichkeit gibt, im Augenblick eine grundlegende Umstellung bei der Lösung des Lastenausgleichsgesetzes durchzusetzen. Unsere Anträge lassen diese Erkenntnis auch deutlich werden. Unsere Anträge halten sich im Rahmen des Systems des Gesetzes und haben lediglich das Ziel, unerträgliche Härten zu beseitigen, die sich bei der Durchführung des LAG im Laufe der vergangenen Monate und Jahre herausgestellt haben. Wir begrüßen es deshalb, daß auch andere Fraktionen des Hauses, vor allem auch die Fraktion der CDU/CSU durch ihren noch eingegangenen Entwurf, die Bereitschaft gezeigt haben, an der Beseitigung dieser nach unser aller Meinung zweifellos vorhandenen Härten mitzuarbeiten.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun im einzelnen die Begründung zu den von uns eingereichten Novellen geben. Ich halte es nicht für die Aufgabe der ersten Lesung, vor dem Plenum allzusehr in die Einzelheiten einzusteigen, und will versuchen, mich möglichst kurz zu fassen.
Die Novelle 1, Drucksache 344, befaßt sich mit dem wichtigsten Punkt, der Erhöhung der Unterhaltshilfe. Die Sätze, um die die Unterhaltshilfe erhöht werden soll, sind bekannt. Zum Grundsätzlichen kann festgestellt werden, daß seit der Kodifizierung des Gesetzes im Jahre 1951 eine Erhöhung der Lebenshaltungskosten eingetreten ist. Die Teuerung, der man ja auch auf anderen Gebieten durch Erhöhung der Bezüge Rechnung getragen hat — ich denke an die Erhöhung der Beamtengehälter und verschiedene andere Erhöhungen —, muß unbedingt auch auf diesem Sektor der Unterhaltshilfe eine Berücksichtigung finden. Wir halten vor allem auch im Unterschied zu dem Entwurf der CDU/CSU an der Erhöhung des Zuschlags für Kinder nicht auf 30, sondern auf 35 DM monatlich fest. Gerade hier sehen wir eine der wichtigsten Aufgaben, nämlich die, der nachkommenden Generation auch hinsichtlich ihrer Ausbildung und ihrer Gesundheit alle Möglichkeiten der Förderung zu bieten.
Die Drucksache 344 umfaßt u. a. noch das bereits von meinem Vorredner erwähnte Problem der Elternrente. Die Elternrente soll ein Ehrensold an diejenigen Eltern sein, die im Kriege Söhne verloren haben. Wir halten es mit dem Charakter eines Ehrensoldes für nicht vereinbar, wenn man ihn auf der anderen Seite wieder abzieht mit der Begründung, dafür würden ja andere soziale Leistungen gegeben. Man kann den Ehrensold nicht als eine soziale Leistung in diesem Sinne auffassen. Unser Antrag geht daher dahin, die Elternrente von einer Anrechnung auf die Unterhaltshilfe freizustellen.
Ich darf in diesem Zusammenhang gleich sagen, daß meine Freunde selbstverständlich auch das Problem der Anrechnung der übrigen Renten als einer Lösung dringend bedürfig ansehen. Wir werden uns dem Antrag, der von meinem Vorredner hinsichtlich der Sozialrenten gestellt worden ist, anschließen, und wir glauben, daß hier noch verschiedene andere Renten ebenfalls einmal in dieser Richtung einer näheren Betrachtung unterzogen werden müssen.
Wir haben in unserer Novelle versucht, noch eine weitere Härte mit zu beseitigen. Es handelt sich um die Pflegezulage. Nach der augenblicklichen Fassung des Gesetzes ist eine Pflegezulage nur dann möglich, wenn der anspruchsberechtigte Haushaltsvorstand alleinstehend ist. Eine Pflegezulage wird dort nicht gewährt, wo von einem alten Ehepaar beide Teile noch am Leben sind, beide noch zusammenleben und beide pflegebedürftig sind. Es klingt widersinnig, daß man dem Anspruchsberechtigten, wenn seine Ehefrau verstorben ist, die Pflegezulage zubilligt, daß man ihm aber, solange die Ehefrau noch lebt und selbst auch pflegebedürftig ist, diese Zulage streitig machen will.
Der zweiten Novelle, der Drucksache 345, liegt die Überlegung zugrunde, daß bei der Ermittlung der Einheitswerte gewisse Vermögenswerte einfach unberücksichtigt blieben, deren Einbuße zweifellos auch einen Verlust darstellt. Wir denken hier in erster Linie an die Betriebsmittel bei den Landarbeitern, die sich auch mit Viehhaltung beschäftigt haben. Wir denken weiterhin bei landwirtschaftlichen Anwesen, die Vieh- und Saatzucht betrieben haben, an diejenigen Betriebsmittel, die im Ein-
heitswert nicht erfaßt sind, und wir denken schließlich an die Überbestände an umlaufenden Betriebsmitteln eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Wir glauben, daß es gerecht ist, diese Vermögenswerte, die bisher keinerlei Berücksichtigung bei der Schadensfeststellung finden konnten und daher auch nicht bei der Entschädigung in Betracht gezogen werden konnten, in Zukunft ebenfalls zu berücksichtigen.
Weiterhin befaßt sich der § 245 der Novelle mit der Anpassung der Einheitswerte. Es ist bekannt, daß der Einheitswert nach dem Reichsbewertungsgesetz mit dem Multiplikator 25 ermittelt wurde, d. h. man hat das 25fache des Jahressollertrages zugrunde gelegt. Bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ist jedoch seinerzeit aus rein zeitbedingten Gründen, und zwar aus einer Verschiebung des Zinsgefüges heraus, ein anderer Multiplikator, nämlich nur 18, in Anwendung gekommen, so daß im Gegensatz zu der gewerblichen Wirtschaft, wo das 25fache zur Berechnung des Einheitswertes herangezogen worden ist, bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben nur der 18fache Jahressollertrag berücksichtigt wurde. Wir glauben, daß auf diese Weise eine Anpassung, ein gerechter Ausgleich gerade auf dem Sektor der Landwirtschaft erfolgen muß, der den vertriebenen Landwirten die Möglichkeit gibt, mit den ihnen daraus zufließenden gering erhöhten Mitteln wieder ihre Seßhaftmachung, die Gründung einer Existenz zu fördern.
Die nächste Novelle — Drucksache 413 — umfaßt als erstes den Begriff des Ostschadens. Es ist bekannt, daß zur Zeit Ostschäden nur dann Berücksichtigung finden, wenn sie im Gebiet des Deutschen Reichs nach dem Stand von 1937 eingetreten sind. Wir halten es für notwendig, daß auch die später in das Deutsche Reich eingegliederten Gebiete — Sudetenland, Danzig und Memel, die nach völkerrechtlichen Begriffen einwandfrei als Bestandteile des Reichs anerkannt sind — ebenfalls mit in diesen Begriff „Ostschaden" einbezogen werden.
Die Novelle umfaßt schließlich als nächsten Punkt das Problem der zerschnittenen Städte. Das sind diejenigen Städte, die entlang der Oder-NeißeLinie teils auf dem linken, teils auf dem rechten Ufer der Oder-Neiße gelegen sind. Wir wünschen, daß Reichsmarksparanlagen und Anteilsverluste bei Kapitalgesellschaften oder Erwerbsgenossenschaften ebenfalls als Ostschaden Anerkennung finden, wenn der Inhaber dieser Vermögenswerte auf der rechten Seite der Oder-Neiße-Linie seinen Wohnsitz hatte, aber der Sitz der Gesellschaft oder des Sparinstituts auf der linken Seite der Oder-Neiße liegt.
Wir verlangen die Anerkennung dieser Schäden allerdings nur insoweit — und damit möchte ich auf die Ausführungen meines Vorredners erwidern —, als diese Vermögenswerte im Zeitpunkt der Eingliederung bereits vorhanden waren. Wir gehen nicht so weit, auch die nach der Eingliederung dort noch neu erworbenen Vermögenswerte hier mit umfaßt sehen zu wollen, sondern beschränken diese Änderung auf den Rahmen derjenigen Vermögenswerte, die bei der Eingliederung bereits im Eigentum des nunmehrigen Antragstellers oder seines Erblassers standen.
Die gleiche Novelle verlangt schließlich noch eine Anpassung des Stichtags, der bisher im Lastenausgleichsgesetz ein anderer als im Bundsvertriebenengesetz war. Wir glauben, daß diese Anpassung des
Stichtags, indem man in beiden Gesetzen den 31. Dezember 1952 zugrunde legt, notwendig ist, die auch Verwaltungsvereinfachungen bringen wird.
Einer der wichtigsten Punkte dieser Novelle ist die beantragte Änderung des § 254. Auch wir halten es für dringend notwendig, den Kreis der Anspruchsberechtigten auf Gewährung von Aufbaudarlehen für den Wohnungsbau, der bis jetzt begrenzt ist auf Antragsteller mit einem festen und sicheren Arbeitsplatz oder auf diejenigen, die auf Grund des Verlustes von Grund- oder Hausbesitz einen Ersatzbau aufführen können, um alle diejenigen zu erweitern, die als Rentner, als Pensionäre, als Witwen bis jetzt von dieser wichtigen Hilfe auf dem Wohnungsbausektor ausgeschlossen sind. Wir wollen über den Antrag der SPD hinaus aber nicht nur diese Erweiterung anstreben, sondern die Gewährung eines Aufbaudarlehens für den Bau einer Wohnung auch dort möglich machen, wo zwar schon eine angemessene Wohnung vorhanden ist, wo aber aus dringenden Gründen eine Übersiedlung oder Umsiedlung erforderlich ist. Wir denken hier z. B. an Kriegerwitwen, die mit drei, vier schulpflichtigen Kindern irgendwo auf einem verlassenen Dorf wohnen und deshalb die Ausbildung der Kinder rein finanziell nicht bestreiten können, weil der Weg wegen der Entfernung zur nächsten Schule in der Stadt nicht zurückgelegt werden kann und weil ihnen auch aus finanziellen Gründen eine Unterbringung der Kinder in der Stadt nicht möglich ist. Wir glauben, daß aus diesen Gründen eine Gewährung eines Aufbaudarlehens ebenfalls ermöglicht werden sollte.
Die Novelle umfaßt weiter eine Änderung auf dem Sektor der Arbeitsplatzdarlehen. Meine Freunde wünschen, die Möglichkeit zur Gewährung von Arbeitsplatzdarlehen, die bis jetzt bei der Schaffung von fünf Arbeitsplätzen gegeben ist, solle dadurch erleichtert werden, daß in begründeten Fällen auch die Schaffung von drei Arbeitsplätzen ausreicht und daß dort, wo auf einem solchen Arbeitsplatz ein älterer Angestellter untergebracht werden kann, sogar die Schaffung von zwei neuen Arbeitsplätzen genügen soll. Wir halten es allerdings für notwendig, die Höchstgrenze der an den gleichen Antragsteller zu bewilligenden Arbeitsplatzdarlehen auf 200 000 DM festzulegen. Wir glauben, daß diese Begrenzung auch deshalb Verständnis finden wird, weil gerade die großen leistungsfähigen Betriebe auch ohne diese Hilfen aus dem LAG in der Lage sind, neue Arbeitsplätze, sofern es ihr Produktionsvolumen erfordert, zu schaffen, und daß man diese Hilfe den kleineren und mittleren Betrieben in verstärktem Maße zuführen soll.
Eine weitere Änderung betrifft die Anpassung der Krankenversicherung. Wir streben an, die Krankenversicherung, die bis jetzt bei Unterhaltshilfeempfängern anders geregelt ist als bei Fürsorgeempfängern, indem die Unterhaltshilfeempfänger dadurch schlechter gestellt sind, daß sie z. B. keinen Zahnersatz, keine Barleistungen bei Krankenhausaufenthalt wie Hausgeld usw. erhalten können, anzupassen und die Unterhaltshilfeempfänger zumindest so zu stellen wie die Fürsorgeempfänger.
Ein wichtiger Antrag dieser Novelle betrifft schließlich die Hausrathilfe. Es ist bekannt, daß die Hausrathilfe jetzt mit ihren Zuschlägen nach dem Stichtag vom 1. April 1952 gewährt wird. Dadurch
fallen alle diejenigen Familienangehörigen heraus und erhalten keine Familienzuschläge, die am 1. April 1952 — sei es durch Verheiratung oder andere Gründe — nicht mehr zur Familiengemeinschaft ihrer Eltern gehörten. Unser Antrag geht dahin, als Stichtag den Tag der Schädigung, der Vertreibung oder des Kriegssachschadens festzulegen und die Zuschläge an alle diejenigen Familienangehörigen, vor allem Kinder, zu gewähren, die an diesem Stichtag zur Familiengemeinschaft gehörten.
Schließlich umfaßt die Novelle als letzten Punkt den Antrag, die Fälligkeit der Hauptentschädigung auf 1979 festzulegen. Der Zweck dieses Antrags ist es, der Hauptentschädigung schon jetzt einen wirtschaftlichen Wert zu geben, um sie in dringenden Fällen bereits jetzt realisieren zu können. Wir stimmen hier mit dem Antrag der CDU/CSU überein, wollen ihn allerdings mit unserer Novelle dahin erweitern, daß in bestimmten, besonders begründeten Fällen der Zeitpunkt der Fälligkeit vorverlegt werden kann, nämlich wenn es sich darum handelt, mit diesen Mitteln a) die Wiederherstellung der bedrohten Gesundheit des Antragstellers oder seiner nächsten Familienangehörigen, b) die berufliche, schulische und wissenschaftliche Ausbildung oder die Berufsumschulung des Antragstellers und seiner Angehörigen zu finanzieren, c) Gegenstände, die der wissenschaftlichen Forschung dienen, wiederzubeschaffen.
Wir glauben, diese Möglichkeiten müssen im Gesetz gegeben werden. Die drei aufgezählten Fälle sind sehr wichtig. Es darf nicht daran scheitern, daß die Hauptentschädigung des Lastenausgleichs formell erst in 30 Jahren Wirklichkeit werden soll.
In unserem Antrag Drucksache 445 ist der Hauptzweck, die Entschädigungsrente analog der Unterhaltshilfe den gestiegenen Lebenshaltungskosten anzupassen.
Wir beantragen damit erstens, den Einkommenshöchstbetrag von 200 auf 300 DM zu erhöhen. Weiter wünschen wir, daß in § 284 die Sätze der monatlichen Entschädigungsrente angehoben werden, weil sie uns augenblicklich als viel zu niedrig erscheinen. Bedenken Sie, meine Damen und Herren, daß z. B. eine Entschädigungsrente von monatlich 20 DM erst gewährt wird, wenn bei Verlust der beruflichen oder sonstigen Existenzgrundlage ein Jahreseinkommen bis zu 6500 Mark vorhanden gewesen ist. Der Unterschied ist derart kraß, daß auch hier eine Anhebung kaum auf den Widerstand irgendwelcher Kreise stoßen dürfte.
In dieser letzten Novelle halten wir es auch noch für notwendig, das Problem der Anrechnung der Unterhaltshilfe auf die Hauptentschädigung einer genauen Prüfung zu unterziehen. Nach unserem Vorschlag soll der anzurechnende Betrag von bisher 5000 DM entscheidend ermäßigt, und zwar auf 2300 DM festgelegt werden. Der Betrag von 5000 DM Hauptentschädigung entspricht ja einem Schaden von 20 000 Reichsmark. Es ist aber zu berücksichtigen, daß dabei der Einheitswert zugrunde gelegt ist, so daß ein noch viel höherer Schaden vorausgesetzt wird. Man wird es zweifellos nicht für gerecht halten können, daß der eine, der so immens hohe Verluste hat, seine Unterhaltshilfe auf die Hauptentschädigung angerechnet bekommt, während der andere, der keinen Vermögensschaden in diesem Umfang gehabt hat, die gleiche Unterhaltshilfe beziehen kann. Der herabgesetzte Betrag von 2300 DM entspricht einem Schaden von 6000 Reichsmark. Das läßt sich noch einigermaßen vertreten. Wir sind zwar, wie ich eingangs sagte, der Meinung, daß man die Anrechnung überhaupt nicht durchführen dürfte. Da aber die Deckungsfrage so große Schwierigkeiten bereitet, sollte man sich wenigstens bemühen, die Anrechnung in mäßigen Grenzen zu halten.
Lassen Sie mich abschließend ganz kurz unsere Deckungsvorschläge erörtern. Die gesamten Mehraufwendungen, die bei Verwirklichung unserer Vorschläge entstehen, betragen etwa 400 Millionen DM. Zur Aufbringung dieser Mittel schlagen wir vor, die in § 6 des Lastenausgleichsgesetzes vorgesehene Sperrklausel fallen zu lassen und die Vermögensteuer abzüglich der Verwaltungsausgaben in vollem Umfang dem Lastenausgleichsfonds zuzuführen. Wir halten das auch für zumutbar; denn die Länder mußten ja, als das Gesetz seinerzeit beschlossen wurde, damit rechnen, daß die volle Vermögensteuer bei dem Lastenausgleichsfonds verbleibt. Sie konnten sich nicht darauf verlassen, daß durch Vermögensabgabe, Hypotheken-und Kreditgewinnabgabe ein höheres Aufkommen ihnen die Rückzahlung erheblicher Beträge der Vermögensteuer bescheren würde. Wir glauben daher, daß dieser Vorschlag durchaus angemessen und vertretbar ist.
Wir halten es ebenfalls für durchführbar, den weiteren Mehrbedarf an Mitteln dadurch aufzubringen, daß man die in Abs. 3 des § 6 vorgesehenen Zuschüsse der Länder von 410 Millionen DM auf 610 Millionen DM erhöht. Es ist nicht so, daß hierdurch andere dringende soziale Aufgaben der Länder vernachlässigt werden müßten. Man muß vielmehr davon ausgehen — dieser Grundsatz wurde bis jetzt immer widerspruchslos anerkannt —, daß Erhöhungen von Renten und von sozialen Leistungen Maßnahmen des Staates nach sich ziehen, also dem Staate zur Last fallen müssen und nicht auf den Ausgleichsfonds abgewälzt werden können.
Abschließend darf ich darauf hinweisen, daß sich unsere Anträge durchaus im Rahmen des Erfüllbaren halten. Wir bitten jedoch schon jetzt, wegen der Eilbedürftigkeit dieser Anträge, besonders in einigen wichtigen Punkten, vor allem bezüglich der Erhöhung der Unterhaltshilfe, die Beratungen so intensiv zu gestalten und das Gesetz so rasch zu verabschieden, daß alle diejenigen, die seit Jahren auf die Beseitigung dieser Härten warten, dieses Gesetz noch vor den Ferien vor sich sehen. Ich beantrage namens meiner Fraktion die Überweisung dieser Anträge an den Ausschuß für den Lastenausgleich.