Rede von
Herbert
Hauffe
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da der Herr Bundesfinanzminister zu dem Zeitpunkt, da ich die Große Anfrage meiner Partei begründet habe, nicht da war, mußte meiner Meinung nach auch seine Antwort so merkwürdig ausfallen, daß ich schon sagen muß: Sie ist alles andere als befriedigend.
Gestatten Sie mir aber nun ein paar Worte zu den Ausführungen des Herrn Kollegen D r. Gille, durch die die Diskussion eine Bitterkeit erhalten hat, wie sie hier eigentlich nicht hingehört. Herr Dr. Gille, bei der Frage der Legion Condor geht es gar nicht darum, ob den Berufssoldaten der deutschen Wehrmacht diese Zeit angerechnet wird oder nicht, sondern darum, daß der Freiwilligen-dienst im Spanischen Bürgerkrieg dem Dienst im deutschen Heer und für das deutsche Vaterland gleichgestellt wird. Das ist es, wogegen wir uns wehren.
Ich glaube, ein derartiger Dienst wird auch von manchem deutschen Soldaten, auch von manchem deutschen Berufssoldaten anders angeschaut, als Sie es hier darstellen.
Das ist nämlich keine Frage der grundsätzlichen nationalen Einstellung, sondern das geht auf den Boden der parteipolitischen Einstellung.
Deswegen diese Bitterkeit. Aber ich glaube, über diese Dinge kann man diskutieren, ohne eine derart scharfe Auseinandersetzung zu führen. Wenn der Herr Bundesinnenminister diese Dinge im Parlament vor der Verkündung zur Sprache gebracht hätte, wäre es zu dieser Art Diskussion nicht gekommen.
Aber wir befinden uns mit der Wiedergutmachung in einer tragischen Situation,
weil man, darauf müssen wir immer wieder hinweisen, heute erst — endlich —, ein Vierteljahrhundert nach dem Beginn der Verfolgung, den Geschädigten dasselbe Lebensrecht wie ihren früheren Peinigern gibt.
Das ist doch die furchtbare Situation, in der wir uns heute befinden.
Der Herr Bundesfinanzminister sagt weiter, der Bundesrat sei der Sündenbock, der die Rechtsverordnungen verhindert habe. Ich frage Sie, Herr Bundesfinanzminister, auf Grund Ihrer Verwaltungserfahrung mit diesem Bundestag usw.: Wielange dauern denn normalerweise die Novellierung eines Gesetzes und dann der Erlaß der Durchführungsverordnungen zu dieser Novellierung, bis das Gesetz praktiziert werden kann? Ich glaube, daß die Geschichte in einem Jahr nicht fertig wird. Das Bundesergänzungsgesetz ist doch im 1. Bundestag überstürzt mit der Begründung angenommen worden, es solle beschleunigt in die Praxis umgesetzt werden. Was der alte Bundestag hier als Willensdemonstration gebracht hat, haben Sie zuschanden gemacht!
Ich habe vorhin ausgeführt, daß auf Grund des Bundesergänzungsgesetzes bei den Länderwiedergutmachungsbehörden die Zahl der Bescheide auf die Hälfte abgefallen ist. Das dürfte wohl auch dem Bundesfinanzministerium bekannt sein. Ich habe weiter ausgeführt, daß eben diese Rechtsverordnungen zur Wiedergutmachung doch hauptsächlich Menschen betreffen, die arbeitsunfähig sind, die 70 und 80 Jahre alt sind. Dabei habe ich den Brief eines Geschädigten zitiert, der 75 Jahre alt ist, seit über 10 Jahren hundertprozentig beschädigt, der eine kranke Frau hat, demzufolge Geld für Wartung aufwenden muß und dem von einem Bundesministerium lakonisch geschrieben wurde, er möge von Zeit zu Zeit zu den Länderverwaltungen gehen und nach dem Stand der Gesetzgebung fragen. Dieser Mann schreibt: Wie lange soll ich denn mit meinen 75 Jahren noch da hingehen? Wie lange habe ich denn noch Zeit? Ein Vierteljahrhundert hat der Mann gelitten! Ich glaube, daß er mit seinen 75 Jahren zu einem zweiten Vierteljahrhundert keine Zeit mehr hat.
Dann sei Ihnen, Herr Bundesfinanzminister, etwas noch zum Schluß gesagt. Aber vielleicht können Sie mir vorher noch mitteilen, wieviel Mann Personal Sie in Ihrer Wiedergutmachungsabteilung sitzen haben. Vielleicht können Sie mir sagen, wieviel Juristen seit der Verkündung des Gesetzes wieviel Arbeitsstunden für die Rechtsverordnungen aufgewandt haben, wenn sie gleich damit begonnen haben. Dann können wir vielleicht einmal Vergleiche ziehen zu anderen Gesetzen und vielleicht auch dahinterkommen, ob bei Ihnen der gute Wille da ist oder nicht.
Aber, Herr Bundesfinanzminister, als Sie das zweite Mal bierhergegangen sind, haben Sie gesagt, die Organisationen der Wiedergutmachungsberechtigten seien glücklich über eine Rechtsverordnung. Ich war nun neugierig, was das für Organisationen waren, und ich habe es dann auch gehört. Sie haben den Herrn Goldman angeführt. Herr Goldman ist, das wissen wir, der Vertreter eines ganz gewissen Kreises von Wiedergutmachungsberechtigten, aber der Wiedergutmachungsberechtigten, die nicht bei uns in Deutschland leben. Herr Bundesfinanzminister, wenn Sie bloß die außerdeutschen Wiedergutmachungsberechtigten sehen, dann erwecken Sie — nehmen Sie mir's nicht übel — den Eindruck, als sei für Sie die Wiedergutmachung lediglich ein außenpolitisches Handelsobjekt!