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ID0203109200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 31. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Mai 1954 1437 31. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 26. Mai 1954. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 1438 C, 1480 B Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr Becker (Hersfeld) 1438 D Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags 1438 D Mitteilung über Stellungnahme des Bundesrats zum Haushaltsgesetz 1954 (Drucksache 539) 1439 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Beauftragung von Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege mit der nichtgewerbsmäßigen Arbeitsvermittlung zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Drucksache 223); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 419) . . 1439 A Frau Dr. Bleyler (Freiburg) (CDU/ CSU), Berichterstatterin 1439 A Könen (Düsseldorf) (SPD) 1440 B Storch, Bundesminister für Arbeit 1440 D Sabel (CDU/CSU) 1441 B Frau Schanzenbach (SPD) 1442 B Frau Finselberger (GB/BHE) . . . 1443 C Frau Dr. Brökelschen (CDU/CSU) . 1443 D Abstimmungen 1440 B, 1444 C Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Behebung der Berufsnot der älteren Angestellten (Drucksache 346) . . 1444 C Frau Finselberger (GB/BHE), Antragstellerin 1444 C, 1456 B Storch, Bundesminister für Arbeit 1446 D, 1453 B, 1456 B Hansen (Köln) (SPD) . . . . 1447 C, 1457 B Schneider (Hamburg) (CDU/CSU) . 1450 C Becker (Hamburg) (DP) 1453 C Frau Wolff (Berlin) (SPD) 1455 A Sabel (CDU/CSU) 1457 D Überweisung an den Ausschuß für Arbeit und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik 1458 C Fortsetzung der dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den FreundschaftsHandels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksache 71); Mündlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 218, Anträge Umdrucke 71, 112) 1458D, 1509A, B Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts . 1458 D, 1461 B, C, 1464 D Dr. Arndt (SPD) . . . 1459 D, 1461 C, 1463 B Dr. Lütkens (SPD) 1462 A Wehr (SPD) 1463 C Abstimmungen 1465 D Tatsächliche und persönliche Erklärung nach § 36 der Geschäftsordnung (betr. Berichterstattung in der 28. Sitzung zum Antrag auf Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Löhr): Ritzel (SPD) 1466 A Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Förderungsprogramm für die Zonenrandgebiete (Drucksache 293) in Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Drucksache 316, Umdruck 113), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 510), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Kredithilfe für die mittelständische Wirtschaft im Zonenrandgebiet (Drucksache 432), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Straßenbau im Zonenrandgebiet (Drucksache 433), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft im Zonenrandgebiet (Drucksache 434), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Zonenrandgebiet (Drucksache 435) sowie mit der Beratung des Antrags der Abg. Wacher (Hof), Fuchs, Freiherr Riederer von Paar u. Gen. betr. Beihilfe für Grenzbauern (Drucksache 529) 1467 B, 1509 D Dr.-Ing. Drechsel (FDP), Anfragender 1467 C Dr. Bleiß (SPD), Anfragender . . . 1470 D Dr. Westrick, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft . . 1474 A 1497 C Frau Dr. BrökeLschen (CDU/CSU): zur Geschäftsordnung 1477 B zur Sache 1489A, 1505 C Dr. Gülich (SPD): zur Geschäftsordnung 1478 A zur Sache 1503B, 1505 C Kurlbaum (SPD), Antragsteller . . 1478 A Hörauf (SPD), Antragsteller . . . . 1480 B Freidhof (SPD), Antragsteller . . . 1481 C Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD), Antragsteller 1482 D Behrisch (SPD), Antragsteller . . 1484 A Wacher (Hof) (CDU/CSU), Antrag- steller 1486 A Frau Korspeter (SPD) 1487 B Dr. Henn (FDP) 1493 B Dr. Dittrich (CDU/CSU) 1495 B Unertl (CDU/CSU) 1497 D Höhne (SPD) 1499 A Seiboth (GB/BHE) 1500 D Kahn (CDU/CSU) 1506 B Priebe (SPD) 1507 A Jacobs (SPD) 1507 C Dr. Starke (FDP) 1507 C Ausschußüberweisungen 1508 C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages (Drucksache 540) 1509 C Überweisung an den Haushaltsausschuß 1509 C Nächste Sitzung 1509 C Anlage 1: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (Umdruck 71) 1509 A Anlage 2: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (Umdruck 112) 1509 C Anlage 3: Antrag der Fraktion der SPD betr. Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Umdruck 113) 1509 D Die Sitzung wird um 9 Uhr 1 Minute durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Anlage 1 Umdruck 71 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksachen 218, 71). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, nach der Wiederinkraftsetzung des Freundschafts-, Handels-und Konsularvertrages vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen bemüht zu sein, baldigst diesen Vertrag gemäß Art. V des Abkommens durch einen zeitgemäßen und umfassenden Vertrag zu ersetzen und dafür Sorge zu tragen, daß Art. II in Verbindung mit Art. IX des Vertrages eine Auslegung findet, a) die die Diskriminierung der auf deutschen Schiffen tätigen deutschen Seeleute auf Grund der Handhabung des „Immigration and Nationality Act" beseitigt, b) die die Regelung der Einfuhr von Filmen der US-Produktion in die Bundesrepublik in eine angemessene Relation zur Produktion der Bundesrepublik bringt, c) daß bei der Regelung der Grundrechte nach Art. II und VIII die deutschen Arbeitnehmer, die in der Bundesrepublik bei US-Dienststellen beschäftigt sind, ungeschmälert die Rechte aus den Bestimmungen des deutschen Arbeitsrechtes in Anspruch nehmen können. Bonn, den 27. April 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 2 Umdruck 112 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksachen 218, 71). Der Bundestag wolle beschließen: Die vom Bundeskanzler am 3. Juni 1953 mündlich abgegebene Erklärung ist nicht Bestandteil des Abkommens vom 3. Juni 1953 und des durch dieses Abkommen bestätigten Freundschafts-, Handels-und Konsularvertrages zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 und kann daher Rechte aus dem Vertrage vom 8. Dezember 1923 nicht mindern. Bonn, den 25. Mai 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 Umdruck 113 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Drucksache 316). Der Bundestag wolle beschließen, für kulturelle Hilfsmaßnahmen im Zonengrenzgebiet im Verlauf der nächsten fünf Jahre Bundeszuschüsse in Höhe von jährlich 25 Millionen DM zu gewähren. Bonn, den 25. Mai 1954 Ollenhauer und Fraktion
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    Rede von Dr. Else Brökelschen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Das kann man sich nicht anhören? Ich habe mir bei Ihnen auch sehr vieles schweigend angehört, und ein klein wenig Geduld können Sie vielleicht auch haben, Herr Dr. Bleiß, oder wer da sonst gerufen hat!
    Meine Herren und Damen! Herr Dr. Schmidt hat dazu aufgerufen, in der ganzen Frage des Zonenrandgebietes einmütig zusammenzustehen. Ich mache mir diese Bitte absolut zu eigen. Ich bin der Meinung, daß wir bis jetzt in diesen Dingen tatsächlich einmütig zusammengestanden haben. Augenblicklich allerdings macht sich bei allen berechtigten Einwendungen, die hier erhoben worden sind, doch auch so etwas wie die erregte Atmosphäre im Vorfeld eines Wahlkampfes geltend. Es
    wäre das Unguteste, was wir tun könnten, wenn wir die Fragen der Zonenrandgebiete jetzt unter Wahlkampfgesichtspunkten sehen wollten.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Das tun wir ja gar nicht!)

    Meine Herren und Damen von der Opposition, ich bin absolut bereit, mich mit Ihnen auf einer Linie zu einigen, wenn diese Linie die Gerechtigkeit ist. Allerdings scheint mir heute in sehr vielem, was hier gesagt worden ist, diese Gerechtigkeit nicht beachtet worden zu sein. Wir wollen uns doch sachlich bemühen. Das ganze Bestreben der Damen und Herren von der Opposition, die heute gesprochen haben, hat doch den Tenor gehabt, klarzumachen, daß die Bundesregierung wieder einmal in einer wichtigen nationalen Angelegenheit versagt habe; die Opposition habe infolgedessen die Rolle des nationalen Wächters, der darauf aufmerksam machen müsse, was nun endlich zu tun sei.
    Meine Herren und Damen, ich habe mir die Vorschläge, die von der SPD in bezug auf Lösungsmöglichkeiten heute gemacht worden sind, sehr genau angehört. Ich muß allerdings sagen, daß im Kernpunkt ja Gott sei Dank auch bei Ihnen die Frage steht: Was kostet die ganze Geschichte, und wie können wir mit den Kosten fertig werden?

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Da berührt es schon etwas merkwürdig, daß Herr Kollege Freidhof sagt: Wir begrüßen all die Begünstigungen, die der gewerblichen Wirtschaft im Zonenrandgebiet eingeräumt werden sollen und eingeräumt worden sind, während Herr Kollege Kurlbaum der Meinung ist, das Ganze solle abgebaut werden, statt dessen solle nun als die große Lösung die Senkung der Umsatzsteuer kommen.

    (Abg. Dr. Schöne: Eine der Lösungen!)

    — Eine der Lösungen? Dann, Herr Schöne, wird mir die reale Grundlage Ihrer Vorschläge noch problematischer.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Wenn ich mir Ihre Anträge einmal im einzelnen betrachte, dann sieht das so aus: 65 Millionen DM zusätzlich für Straßen, 60 Millionen DM für die Erhaltung der Arbeitsplätze, 25 Millionen DM für kulturelle Zwecke, macht 150 Millionen DM. Die Beträge, die man nicht übersehen kann, hat man vorsichtigerweise nicht eingesetzt: das, was nun noch infolge der Senkung der Umsatzsteuer hinzukommt, und man hat auch schamhaft verschwiegen, was die Entschädigung für die Landwirtschaft kostet, die ja nun nicht nach Bedürftigkeit, sondern generell geregelt werden soll. Wir kommen bei vorsichtiger Rechnung mit dem, was die SPD vorschlägt, auf die „geringe" Summe von 600 bis 700 Millionen DM.

    (Zustimmung. — Zuruf von der SPD: Na und? — Zurufe von der CDU und Gegenrufe von der SPD.)

    Nun möchte ich auf folgendes hinweisen. Wenn Sie in der Weise weitermachen — es wurde vorhin schon die Summe von 2,4 Milliarden DM im Zusammenhang mit dem Bundeshaushalt genannt —, werden wir am Ende der Wahlkämpfe — ich glaube, der letzte wird in Niedersachsen sein —
    so weit sein, daß die SPD Anträge in der Höhe eingebracht hat, in der die gesamten Ausgaben des Haushalts heute erscheinen, mit anderen Worten, daß sich die ganze Ausgabeseite verdoppelt hat,


    (Frau Dr. Brökelschen)

    ohne daß auch nur eine Spur von echter Lösung der Kostenfrage angegeben wird.

    (Zuruf von der SPD: Das ist doch nur Phantasie!)

    An die Lösung, Herr Kollege Kurlbaum, die Sie vorgeschlagen haben, glauben Sie im Ernst ja selber nicht, weil Sie doch selbst wissen,

    (Zuruf von der SPD: Was wollen Sie damit sagen? — weitere Zurufe von der SPD)

    daß auf keinen Fall nun eine völlig andere Systematik in die Steuergesetzgebung hineinkommen kann, wie sie Ihr Vorschlag auf Senkung der Umsatzsteuer zur Folge hätte.
    Sie haben uns weiter eine Verringerung des Verteidigungsbeitrags vorgeschlagen. Meine Herren und Damen, ich möchte eine Debatte über Kostenfragen in den letzten Monaten sehen, bei der nicht der Deckungsvorschlag auftauchte, die Verteidigungslasten zu senken.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Das ist doch von vornherein ein völlig irrealer Fall, und Sie wissen ganz genau, daß die Senkung der Besatzungskosten ernsthaft nicht in unsere Hand gegeben ist. Sie stünden vor denselben Schwierigkeiten wie wir, wenn Sie heute den Finanzminister oder den Bundeskanzler stellen würden.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Aber nein, das ist Ihr Irrtum! — Abg. Dr. Gülich: Wir würden verhandeln!)

    Wir hatten uns im vorigen Jahr bei der Beratung des Förderungsprogramms darauf geeinigt, daß wir den Versuch machen wollten, für dieses Programm eine ausreichende Summe zur Verfügung zu bekommen. Jetzt hat der Bundesfinanzminister das, was im Augenblick im Rahmen des Möglichen geschehen konnte, getan. Er hat 120 Millionen DM zugesichert. Nun sagen Sie, das Ganze hänge in der Luft.

    (Zurufe von der SPD.)

    Der Finanzminister—und das möchte ich hier ganz deutlich sagen — steht uns mit den 120 Millionen im Wort.

    (Zuruf von der SPD: Aber nein!)

    Ich meine, wir sollten das nicht verkleinern und jetzt mit Fragezeichen versehen, sondern wir sollten uns freuen, daß wir nun für das Zonenrandgebiet einen klaren und festen Ausgangspunkt haben.

    (Abg. Kurlbaum: Soll er doch hierherkommen und das sagen! — Abg. Dr. Gülich: Titel 950, da steht alles genau drin!)

    Nun eine weitere Frage an die SPD: Wollen Sie die Umsatzsteuersenkung, wollen Sie die ganzen Förderungsmaßnahmen für die gewerbliche Wirtschaft, die 25 Millionen DM für kulturelle Zwecke, und was ich hier sonst noch zusammengestellt habe, alles zusätzlich zu den 120 Millionen DM, oder wollen Sie das irgendwie in die 120 Millionen DM hineinbeziehen? Ich glaube, darüber hat sich heute nach allem, was Sie gesagt haben, keine Klarheit ergeben.

    (Zuruf von der SPD: Wir haben ja gar keine Zusage für die 120 Millionen! — Gegenruf von der Mitte: Doch, ist längst genehmigt!)

    — Wir haben die Zusage des Finanzministers, und ich glaube, wenn wir die haben, können wir uns auf sie verlassen. Denn es ist noch nicht bewiesen, daß Herr Schäffer in Zusagen, die er gemacht hat, nicht loyal gewesen ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Gülich: Er hat sie ja nicht gemacht!)

    Ein Weiteres. Es ist heute immer wieder gesagt worden, es sei nichts geschehen. Ich bin nicht der Meinung, daß wir uns mit dem, was geschehen ist, zufrieden geben könnten. Aber wir wollen doch nicht sagen, es sei gar nichts geschehen. Vergegenwärtigen wir uns doch nur einmal folgende Zahlen. Herr Freidhof, Ihnen ist leider ein Irrtum unterlaufen. Sie haben gesagt, der Bund stelle 10 Millionen für die Straßen zur Verfügung, und Sie haben demgegenüber die freigebige Hand des hessischen Staates gerühmt. Ich möchte nur sagen: 10 Millionen für laufende Unterhaltung, daneben aber für Umbau und Aufbau 30 Millionen,

    (Hört! Hört! in der Mitte) macht nicht 10, sondern 40 Millionen.


    (Abg. Dr. Schöne: Aber die kommen nicht vom Bund!)

    Und ich möchte Frau Korspeter sagen, daß unter den Ausgaben doch auch immerhin fast 3 Millionen DM für Lehrlingswerkstätten gewesen sind, also gerade für das Anliegen, das wir gemeinsam haben. Und von den 208 Millionen DM, die die Bundesanstalt zur Verfügung gestellt hat, ist doch auch ein großer Teil ins Zonenrandgebiet geflossen. Ich verstehe nicht, weshalb man heute hier in der Debatte eine scharfe Trennung zwischen den Mitteln der Bundesanstalt und denen der Bundesregierung gemacht hat.

    (Zurufe von der SPD.)

    Weiter stehen in dem Bericht der Bundesregierung 4,7 Millionen für den Fremdenverkehr. Ich meine, auch das sollte etwas gewürdigt werden.
    Heute ist verschiedentlich wieder, ich glaube, vor allen Dingen von Herrn Kollegen Behrisch der Ausdruck „Armenhaus" gefallen. Ich wehre mich ganz entschieden dagegen, daß dieser Ausdruck immer wieder fällt.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Das Zonenrandgebiet ist kein Armenhaus, und wir
    werden dafür sorgen, daß es kein Armenhaus wird.

    (Beifall in der Mitte. — Abg. Dr. Arndt: Dann kommen Sie bitte mal mit mir, Frau Brökelschen!)

    — Herr Arndt, ich brauche nicht mitzukommen; ich kenne die Verhältnisse ganz genau.

    (Abg. Dr. Arndt: Dann werden Sie auch wissen, daß es ein Armenhaus ist!)

    Aber mit dem Ausdruck „Armenhaus" treffen Sie nicht das, was uns wirkliches Anliegen ist.

    (Abg. Sabel: Das glaubt er ja auch selber nicht!)

    — Das will ich nicht sagen. Ich will mir keinen Ordnungsruf wegen einer Beleidigung zuziehen.

    (Abg. Sabel: Das ist eine der üblichen Agitationspflaumen!)

    Ich hatte vor, die Bundesregierung in der Fragestunde zu fragen, ob ihr bekannt ist, daß von gewisser Seite der Versuch gemacht werde, die Ver-


    (Frau Dr. Brökelschen)

    Legung des Gmelin-Instituts nach Köln zu erreichen. Das Gmelin-Institut, ein international anerkanntes Institut mit 100 wissenschaftlichen Mitarbeitern, ist seit einer Reihe von Jahren in Claustal-Zellerfeld. Das Bestreben, dieses Institut nach Nordrhein-Westfalen zu bekommen, ist von dem Vorsitzenden einer großen Fraktion des nordrhein-westfälischen Landtags sehr unterstützt worden. Es ist nun charakteristisch, daß der betreffende Vorsitzende, nachdem ihm eine Delegation aus Claus-tal — bestehend aus Rats- und Verwaltungsvertretern — einmal die Dinge wirklich klargemacht hatte, sagte, daß er die Angelegenheit von dieser Warte aus überhaupt noch nicht gesehen habe. Er sei erstaunt, und er werde, nachdem ihm die wirtschaftliche und kulturelle Seite der Angelegenheit klargemacht worden sei, nun nichts mehr in der Angelegenheit tun. Er habe sie nur aus Gründen einer wünschenswerten Unterstützung der Forschung gefördert. — Meine Herren und Damen, eben darum geht es! Man hat weithin im Westen keine rechte Vorstellung von dem, was man dem Zonenrandgebiet zumuten darf und was nicht, und man hat keine rechte Vorstellung von den Verpflichtungen, die man dem Zonenrandgebiet gegenüber hat.

    (Abg. Dr. Gülich: Eben! — Weiterer Zuruf von der SPD: Wem sagen. Sie das?)

    Sehen Sie, Frau Korspeter, wir haben nach einer monatelangen gemeinsamen Arbeit in dem Unterausschuß „Zonenrandgebiet" das heute ja schon mehrmals angesprochene Programm im Ju 1953 verabschiedet. Ich stimme den Herren und Damen von der Opposition absolut darin zu, daß dieses Programm im Zonenrandgebiet eine große Hoffnung erweckt hat. Und nun stellen wir alle miteinander fest, daß an die Stelle dieser Hoffnung weithin Hoffnungslosigkeit getreten ist und daß eine Reaktion eingesetzt hat, die wir aus einer Reihe von Gründen, vor allen Dingen aus politischen Gründen, nicht für wünschenswert halten.
    Das ist aber nicht allein — und darin unterscheide ich mich von dem Standpunkt der Opposition — Schuld der Bundesregierung. Zweifellos hat die Empfehlung des Herrn Bundesfinanzministers vom Oktober, die ja eine weitreichende Möglichkeit finanzieller Erleichterungen vorsah, nicht genügt, um diese Erleichterungen tatsächlich zu bringen.

    (Zuruf von der SPD: Na also!)

    Die Richtlinien des Herrn Bundeswirtschaftsministers vom 31. März betreffend Vergabe öffentlicher Aufträge sind reichlich spät gekommen, und, Herr Staatssekretär Westrick, ich füge hinzu, auch der Bericht, den wir heute als Ausgangspunkt der Debatte haben, ist reichlich spät gekommen.

    (Zustimmung beim GB/BHE.)

    Ich verkenne nicht die Schwierigkeiten, die mit der Abfassung dieses Berichts verbunden gewesen sein mögen; immerhin hat diese Verspätung sehr viel zu der augenblicklichen Stimmung im Zonengrenzgebiet beigetragen.

    (Abg. Dr. Schöne: Nun kommt ja der von Herrn Kraft, der wird besser!)

    Aus dem Bericht und aus der Antwort des Herrn Staatssekretärs Westrick hat sich ergeben, daß tatsächlich — und das möchte ich noch einmal betonen — beträchtliche Summen aus Sanierungsmitteln, ERP-Mitteln und Mitteln der Bundesanstalt ins Zonenrandgebiet hineingeflossen sind. Ich bin der Meinung, wenn wir jetzt die 120 Millionen DM bekommen, können wir tatsächlich mit Hilfe
    dieser Summe für den Anfang etwas für das Zonengrenzgebiet erreichen. Aber, meine Herren und Damen, ich wundere mich, daß sich die Vertreter der SPD heute immer wieder zu leidenschaftlichen Verfechtern der These von der Notlage der Länder und der Kommunen gemacht haben, daß jedoch von ihrer Seite auch nicht mit einem einzigen Wort die Sprache auf die tatsächlich angespannte finanzielle Lage des Bundes gekommen ist.

    (Zurufe von der SPD.)

    In dem Bericht der Bundesregierung und auch in der Antwort des Herrn Staatssekretärs sind uns eine Reihe von Maßnahmen mitgeteilt worden, die die Bundesregierung in Angriff genommen und durchgeführt hat. Was uns völlig fehlt, ist irgendeine Ubersicht über das, was nun die Länder für das Zonenrandgebiet tatsächlich getan haben. Wenn ich z. B. in dem Bericht der Bundesregierung lese, daß für Wohnungsbauten im Zonenrandgebiet aus den verschiedenen Fonds des Wohnungsbauministeriums 101/2 Millionen DM zweckgebunden hingegeben worden sind, so frage ich mich, in welcher Höhe Ländermittel für Wohnungsbauten im Zonenrandgebiet eingesetzt worden sind. Frau Korspeter, bei unserer gemeinsamen Sympathie für Niedersachsen darf ich Sie an den gemeinsamen Antrag aller Fraktionen im Landtag erinnern, der verlangte, daß von den vorgesehenen 40 Millionen DM für Verwaltungsbauten zunächst einmal ein Abzug in Höhe von fünf Millionen DM für den sozialen Wohnungsbau gemacht werden sollte.

    (Abg. Heiland: Da könnten Sie ein gutes Beispiel geben!)

    Ich würde mich sehr freuen, wenn ich hörte, daß von diesen fünf Millionen DM tatsächlich ein entsprechend wichtiger Anteil ins Zonenrandgebiet gegeben worden ist.

    (Abg. Frau Korspeter: Was sagen Sie zu den Verwaltungsbauten in Bonn?!)

    - Frau Korspeter, ich habe von 101/2 Millionen DM geredet, die das Wohnungsbauministerium zur Verfügung gestellt hat, und wollte wissen, welche Beträge Niedersachsen und die anderen Länder zur Verfügung gestellt haben. Wenn ich das sage, dann geschieht das vor allen Dingen unter einem bestimmten Gesichtspunkt.
    Wenn wir die 120 Millionen DM jetzt zur Verfügung bekommen und davon ein Großteil für das Zonenrandgebiet vorgesehen ist, dann bin ich allerdings der Meinung, daß wir vom Bund aus alles Interesse daran haben, über die Verwendung dieser 120 Millionen DM eine Kontrolle zu haben. Es ist, glaube ich, von einer Seite schon angeklungen, es sei völlig untragbar, daß diese Summen etwa für — ich drücke mich sehr vorsichtig aus — Haushaltsmanipulationen der Länder gebraucht werden könnten. Ich habe vor mir eine Entschließung des Landkreistages liegen, in der dieselbe Befürchtung ausgesprochen wird. Ich möchte deswegen dringend darum bitten, für die Sicherung zu sorgen, daß diese zusätzlichen Mittel auch tatsächlich zweckentsprechend verwandt werden.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Was heute die Diskussion etwas verschärft hat, das ist vielleicht das, daß sowohl der Bericht wie auch Ihre Ausführungen, Herr Staatssekretär, sehr kühl und sehr sachlich gewesen sind. Man kann


    (Frau Dr. Brökelschen)

    Dinge so und so darstellen. Ich muß sagen: Wenn ich jetzt als Vertreter eines Zonenrandgebietes auf der Tribüne säße, dann hätte ich erwartet, daß in der Debatte einmal so etwas wie ein Schuß leidenschaftlicher Anteilnahme an dem Schicksal der Zonenrandgebiete spürbar geworden wäre. Ich muß leider sagen, daß ich das nicht gespürt habe.

    (Zuruf von der SPD: Noch besser wäre Geld vom Bund!)

    Es ist doch so, daß alles, was das Zonenrandgebiet betrifft, ein Stück Kalten Krieges darstellt. Es wäre mir sehr lieb gewesen, wenn ich heute von der Regierungsbank gehört hätte, daß alle diese Maßnahmen dem Ziel unterstellt werden, dieses Stück Kalten Krieges zu gewinnen.
    Der Herr Staatssekretär hat dann davon gesprochen, daß die Abwanderung der Betriebe — er ist dabei auf die Opposition der sozialdemokratischen Fraktion gestoßen — nicht sonderlich bedrohlich sei und sich im wesentlichen überhaupt nicht anders darstelle als die Verlagerung der Betriebe im Bundesgebiet. Herr Staatssekretär, diese Parallele sollte man nicht ziehen. Die Abwanderung eines Betriebs aus dem Zonenrandgebiet be- deutet mehr als die Verlagerung eines Betriebs in einem andern Gebiet der Bundesrepublik. Aber in Ihren Ausführungen, Herr Staatssekretär, ist letztlich doch auch eine kleine Sorge mit angeklungen. Zwischen Ihren ersten Ausführungen mit einer gewissen Bagatellisierung der Situation und Ihren sehr deutlichen Erklärungen, die Sie zuletzt abgegeben haben, daß etwas geschehen müsse, sogar vielleicht bis hin zu einem Verbot für die Gemeinden, Betriebe anzulocken, besteht doch ein kleiner Widerspruch. Entschuldigen Sie, daß ich das sage.
    Als ein typisches Beispiel für die Situation im Zonenrandgebiet möchte ich nun folgenden Fall vor Ihnen ausbreiten. Kürzlich ist den Vertretern des Bundesvertriebenenministeriums von einem Betriebsinhaber mitgeteilt worden, daß sich in Nordrhein-Westfalen eine Gemeinde bereit erklärt habe, seinem Werk ein Fabrikgrundstück zu schenken, ein fix und fertiges Gebäude mit allem Zubehör; das Werk läge an einem Gleisanschluß, außerdem an einer Fernverkehrsstraße, und nicht einen Pfennig solle die Firma für dieses Projekt bezahlen. Die Gemeinde habe sich im Gegenteil bereit erklärt, vor dem Einzug der Firma in die Fabrik aus den Mitteln des Fonds zur Beschaffung von Arbeitsplätzen weitere 150 000 DM zu investieren. Der Bürgermeister habe weiter erklärt — und jetzt kommt das Interessante —, daß mit Hilfe des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen Mittel aufgebracht würden, um 200 Stammarbeiter aus dem Ort, in dem der Betrieb jetzt ist, mit ihren Familien in neuen Wohnungen unterzubringen.
    Meine Herren und Damen, das ist gerade das, was nicht sein darf. Dazu dürfen auf keinen Fall irgendwelche Bundesmittel zur Verfügung gestellt werden.
    Auch die Bemerkungen des Herrn Staatssekretärs zur Arbeitslosigkeit haben mich nicht befriedigt. Sie müssen ergänzt werden. Herr Staatssekretär, Ihre Statistiken mögen richtig sein, aber damit allein kann man uns nicht kommen, denn Sie beziehen sich zum großen Teil auf Arbeitsämter, bei denen manche Orte im Zonenrandgebiet liegen, andere jedoch nicht. Schließlich sagen die Statistiken auch gar nichts bezüglich jener Orte, die unsere wirklichen Sorgenkinder sind, in denen wir nämlich seit Jahren eine strukturell massierte Arbeitslosigkeit haben.
    Wir sind freilich dankbar, wenn wir die Möglichkeit haben, im Zonenrandgebiet Notstandsarbeiten durchzuführen und damit die Arbeitslosenziffer herunterzudrücken, aber das ist noch keine echte Eingliederung in den Arbeitsprozeß. Wie viele Facharbeiter werden z. B. unter den Hunderten von Arbeitern an der Okertalsperre an völlig falscher Stelle beschäftigt sein! Von einer echten Eingliederung in den Arbeitsprozeß kann für diese also keine Rede sein. Unsere Sorge ist, daß im Zuge dieser Entwicklung die wirklichen Facharbeiter abwandern und die ungelernten Arbeiter und das, was auf dem Arbeitsmarkt überhaupt noch schwer einzusetzen ist, bei uns hängenbleiben.
    Ich darf jetzt noch ein paar Einzelfragen ansprechen. Ich habe zwar nicht vor, ins einzelne zu gehen, weil ich der Meinung bin, daß wir im Ausschuß, wenn die Anträge dorthin überwiesen werden, die Fragen in einer ruhigeren und sachlicheren Atmosphäre als heute hier im Plenum beraten können. Ich möchte aber doch einige Bemerkungen zur Frage der öffentlichen Aufträge machen. Zweifellos haben die Richtlinien Ihres Ministeriums, Herr Staatssekretär, einen langgehegten Wunsch des Zonenrandgebietes erfüllt. Aber diese Richtlinien können sich ja nur auf die Bundesaufträge beziehen. Die Aufträge der Länder fehlen völlig. Infolgedessen taucht die Frage auf, ob erreicht werden kann — und ob schon Schritte nach dieser Richtung getan worden sind —, daß auch d Länder diesen Richtlinien folgen, mit anderen Worten, ob die Länder bereit sind, eventuell einer Verwaltungsanordnung zuzustimmen, die die Anwendung auch auf ihr Gebiet sicherstellt. Wenn das gelänge, wäre hier genau wie bei der Beendigung der Abwerbung ein echter Föderalismus praktiziert, was wir im Zonenrandgebiet, glaube ich, um der gesamten Aufgabe willen erwarten dürfen.
    Aus Ihren Ausführungen, Herr Staatssekretär, über die Anwendung der Richtlinien auf die Besatzungsmächte hörte man aus allem nur das Nein. Ich habe den Eindruck, daß es bislang nicht geglückt ist, die Besatzungsmächte zu bewegen, diesem Anliegen weitgehend Rechnung zu tragen. Sie scheinen bislang nicht bereit gewesen zu sein, sich in ihre Entscheidungsfreiheit hineinreden zu lassen. Wir sollten — und darüber besteht wohl im ganzen Hause Einmütigkeit — die Bundesregierung dringend ersuchen, darauf hinzuwirken, daß diesem Anliegen des Bundestags Rechnung getragen wird, wenn die Verhandlungen über diese Frage demnächst wieder aufgenommen werden.
    Ich will die Frage der Kreditgebarung auslassen, obschon die Meinungen darüber weithin einheitlich sind, daß ohne eine Lösung der Kreditfrage, und zwar zu annehmbaren Bedingungen, ohne eine Regelung der großen Frage der bankmäßigen Absicherung und endlich ohne eine Lösung der Frage der langfristigen Kredite eine wirkliche Hilfe für die Wirtschaft nicht gegeben werden kann.
    Unbefriedigend bleibt für mich — da stimme ich Frau Korspeter zu — die völlige Außerachtlassung der kulturellen Belange. Herr Staatssekretär, es ist sicher richtig, daß die Kulturpolitik direkt oder indirekt auch der Wirtschaft dient; aber wir sollten gerade im Hinblick auf die Zonengrenze und auf das, was sich jenseits der Zonengrenze tut, doch


    (Frau Dr. Brökelschen)

    auch ein ganz eindeutiges Bekenntnis zu dem Eigenwert der Bildung und zu dem Eigenwert der Kultur ablegen!

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Es fragt sich nur, wer die Kosten für die kulturellen Bedürfnisse übernimmt. Frau Korspeter, Sie haben sehr stark die Aufgabe des Bundes angesprochen. Ich folge Ihnen weithin, soweit es sich um Kriegsfolgelasten und um Folgen der Grenzziehung handelt. Ohne die Grenzziehung wäre es z. B. nicht dahin gekommen, daß in Eckertal der Schulunterricht im Wartesaal abgehalten werden muß. Wir können j a eine ganze Reihe solcher Beispiele nennen. Die Länder können aber andererseits nicht aller Verpflichtungen nach dieser Richtung enthoben werden. Die Kulturautonomie ist nicht nur ein Recht, sondern sie begründet auch eine Pflicht, die unter Umständen sehr große Lasten bringt. Ich habe kein Verständnis dafür, wenn z. B. in einer Großstadt auf Kosten eines Landes ein Riesenerziehungsinstitut aufgemacht wird, das Millionen kostet, während im Grenzgebiet die Mittel für die primitivsten Volksschulbauten usw. fehlen.
    Ich will zum Schluß kommen. Die Verkehrsprobleme müssen sehr vorsichtig angepackt werden. Gerade nach den Darlegungen des Herrn Kollegen Freidhof, die zweifellos gut gemeint waren, haben wir alle doch die Auffassung, daß hier sehr viel Sachkenntnis und vor allen Dingen auch Überblick über die finanziellen Lasten notwendig ist. Denn ich weiß nicht, wie Herr Freidhof auch nur einen kleinen Teil seiner Verkehrswünsche mit den 60 Millionen DM befriedigen will, die er zusätzlich für Verkehrsaufgaben fordert.
    Für mich ist das Entscheidende, daß die 120 Millionen DM so schnell wie möglich vom Himmel auf die Erde gezogen werden und daß man dann mit der Ausarbeitung der Vorschläge im einzelnen, die heute Herr Staatssekretär Westrick angedeutet hat, heginnt, damit so schnell wie möglich den Reden Taten folgen.
    Ich weiß nicht, ob die Pressenachrichten richtig sind, daß man jetzt einen Herrn des Bundeskabinetts beauftragen will, ein Memorandum über das Zonenrandgebiet zu schreiben, damit daraus ersehen werden kann, was zu geschehen hat. Meine Herren und Damen, wir brauchen keine Memoranda mehr von irgendeiner Seite, auch nicht — verzeihen Sie das — von einem Mitglied des Bundeskabinetts.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU, bei der SPD und rechts.)

    Wir haben mehr Memoranda, als wir lesen können. Jeder von uns weiß, was notwendig ist. Was nottut, ist, daß die Mittel bereitgestellt werden und daß im Rahmen der Mittel das geschieht, was geschehen muß und was von uns allen sachlich verantwortet werden kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei der FDP.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Henn.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Henn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Herrn Bundeswirtschaftsministers hat uns an sich eine Liste von Maßnahmen gebracht, die sehr eindrucksvoll war. Wir, die wir im vorigen Jahr in dem Unterausschuß „Zonengrenzgebiet" gearbeitet haben, sind stolz, daß diese ganze Entwicklung von der Arbeit dieses Ausschusses ausgelöst worden ist. Aber weil das so ist, sind wir auch bedrückt, daß im Zonenrandgebiet immer noch eine Mißstimmung herrscht, die an sich nicht vorhanden sein dürfte, wenn alles das, was in den Beschlüssen, Erlassen und Richtlinien niedergelegt ist, zur Durchführung gekommen wäre. Es muß doch wohl so sein, daß sehr vieles Form geblieben ist und der Inhalt noch fehlt. Tatsächlich ist der Bundestagsbeschluß vom 2. Juli vergangenen Jahres nicht oder nur zum Teil verwirklicht worden. Deswegen mußte heute auch der Bericht des Bundeswirtschaftsministers so unbefriedigend sein. Frau Kollegin Brökelschen hat schon eindrucksvoll darauf hingewiesen, daß andererseits wieder die heute hier beliebte Methode, Anträge über Anträge zu stellen, doch wohl auch nicht das Richtige ist.
    Ich habe mir als Obmann des Unterausschusses „Zonengrenzgebiet", der ich nun seit zwei Jahren in unmittelbarem Erleben feststellen konnte, wie die Dinge abgelaufen sind, immer wieder Gedanken gemacht, woran es eigentlich liegt, daß bei so gutem Willen allseits die Dinge so schlecht vorankommen. Ich möchte vorab eines einmal ganz deutlich feststellen: alle Sachbearbeiter in den Ministerien des Bundes und der Länder, mit denen ich in Sachen Zonenrandgebiete zu tun hatte, waren besten Willens. Sie alle sind fest entschlossen, dem Zonenrandgebiet zu helfen. Trotzdem kommen wir nur sehr zögernd oder gar nicht voran. Ich glaube, das liegt an zwei sehr wesentlichen Dingen, auf die ich doch einmal hinweisen möchte. Wir haben immer wieder feststellen müssen, daß es die Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund und Ländern waren, die Frage, wer denn nun eigentlich für die Hilfe im Zonenrandgebiet zuständig ist, die allen guten Willen nicht praktisch wirksam werden ließen. Die These, daß die Hilfe für das Zonenrandgebiet unter die Kriegsfolgenschädenbeseitigung falle, ist umstritten. Das Grundgesetz und die Überleitungsgesetze enthalten keine Regelung dieser Frage. Es scheint mir wichtig zu sein, daß wir hier vom Bundestag aus zunächst einmal dafür sorgen, daß durch eine Ergänzung der Verfassungsbestimmungen für die Zukunft klargestellt wird, wer denn nun eigentlich für diese Hilfe für das Zonenrandgebiet kompetent ist. Sonst bleibt es so, wie es bisher gewesen ist, daß alle unsere Beschlüsse, alle Richtlinien und alle Erlasse bei der verwaltungsmäßigen Durchführung in den Anfängen steckenbleiben.
    Dann das zweite, was im Verlauf dieser zwei Jahre festzustellen war, weshalb die Dinge nicht vorankommen. Eine weitere Ursache des Nichtfunktionierens sind die Finanzschwierigkeiten, die Frage: Woher sollen denn nun die Mittel für die Durchführung dieses Programms und aller dieser Anträge, die da gestellt werden, kommen? Die alte Diskussion, ob Bund und Länder zu je 50%, zu zwei Dritteln und einem Drittel oder zu 85 und 15 % beteiligt werden sollen, hätte ja gar nicht diese Bedeutung bekommen, wenn die Frage der Beschaffung der Mittel nicht so schwierig wäre. Ich glaube, es ist unser aller Pflicht, den Gesamthaushalt einmal daraufhin zu überprüfen, ob nicht anderweit Mittel freigemacht werden können, ob nicht zur Zeit noch Mittel für weniger wichtige Aufgaben ausgegeben werden, die jetzt für diese neuen, großen Aufgaben in Frage kommen, die für uns so bedeutsam sind. Die Notwendigkeit der


    (Dr. Henn)

    Hilfe für das Zonenrandgebiet tritt nicht allein an uns heran, auch wenn man die Grenzländer am Eisernen Vorhang mit einschließt. Dieses Zonenrandgebiet gehört zu einer Gruppe von neuen nationalpolitischen Aufgaben, auf die ich gleich kommen werde.
    Wir hatten als wesentlichen Grundgedanken unserer ganzen Arbeit für das Zonenrandgebiet, nur solche Schäden zu beseitigen, die durch die Ziehung und die anschließende Sperrung der Zonengrenze entstanden sind. Der Antrag der SPD: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes, scheint mir diesem Grundgedanken, der bisher auch von allen Kollegen Ihrer Fraktion, die mit uns gearbeitet haben, anerkannt war, zu widersprechen. Es ist eine Forderung, die, soweit ich unterrichtet bin, vor Monaten erstmals vom Landkreistag erhoben wurde. In der Zwischenzeit hat aber der Landkreistag selber diesen Vorschlag zurückgezogen, soweit ich unterrichtet bin. Die Schatzungen gehen dahin, daß, wenn man die Umsatzsteuer für das Zonenrandgebiet um etwa 50 °/o ermäßigt, ein Betrag von 300 bis 400 Millionen DM anfallen wird. Die Mittel, die insgesamt zur Verfügung gestellt werden, sind ja begrenzt, und es ist sehr die Frage, ob es gut ist, diese anfallenden 300 oder 400 Millionen DM in Form der Umsatzsteuerermäßigung oder auf andere Weise anzulegen. Man muß sich weiterhin, wenn man diese Dinge prüft, zweifellos überlegen, ob man den Kreis der Unternehmer, die in den Genuß der Umsatzsteuerermäßigung kommen sollen, einschränken kann oder ob man die Ermäßigung auf alle Unternehmungen ausdehnen soll. Das sind alles Fragen, die wir in dem Unterausschuß sehr eingehend werden prüfen müssen.
    Ich glaube, es ist auch nicht zweckmäßig, das Problem des West-Ost-Gefälles mit diesem Problem der Zonengrenzlandhilfe jetzt und sofort so stark zu vermengen. Es sind doch — das ist allgemein bekannt — weithin alte Notstandsgebiete im Zonenrandgebiet, und die Probleme, die dort seit Jahrzehnten bestehen, kann man nicht mit dieser Hilfe für das Zonenrandgebiet in kurzer Zeit lösen.
    Es ist davon die Rede gewesen, daß mit den 120 Millionen DM für das Zonenrandgebiet gerechnet werden kann. Da möchte ich mich durchaus dem anschließen, was Frau Kollegin Brökelschen ausgeführt hat. Wir müssen entscheidenden Wert darauf legen, daß dieser Betrag dann auch tatsächlich für eine echte Hilfe im Zonenrandgebiet verwendet wird und daß die Mittel nicht etwa im allgemeinen Haushalt der betreffenden Länder versickern, wie uns das aus einem Land schon angekündigt worden ist. Ich halte es auch für dringend erforderlich — und da stimme ich dem zu, was Herr Staatssekretär Westrick erklärt hat —, unsererseits darauf zu achten, daß in den Ländern die Maßnahmen aufeinander abgestimmt werden, so daß eine einigermaßen einheitliche Politik im Zonengrenzland zustande kommt.
    Ich will mich nicht mit den einzelnen Anträgen befassen, die hier erwähnt worden sind. Es ist mit Recht darauf hingewiesen worden, daß die Zeit schon sehr weit vorgeschritten ist. Aber ich möchte doch noch einiges zu der kulturellen Hilfe sagen, die wir im Juli vergangenen Jahres in unserem Förderungsprogramm als so wesentlich angesehen haben. In dem Bericht wird der Standpunkt vertreten, es sei zunächst darauf angekommen, im Zonenrandgebiet wirtschaftliche Hilfe zu leisten. Ich glaube, dieser Gesichtspunkt erfaßt die Situation im Zonenrandgebiet nicht ganz. Es ist durchaus nötig, wirtschaftliche und soziale Hilfe, gleichzeitig aber auch kulturelle Hilfe zu leisten. Ich möchte auf meine Berichterstattung vor dem Hohen Hause am 2. Juli des vergangenen Jahres Bezug nehmen und mit Genehmigung des Herrn Präsidenten nur einige wenige Sätze aus diesem Bericht wiederholen, die sich auf diese Frage beziehen. Ich sagte:
    Aus der sowjetischen Besatzungszone heraus wird ein hartnäckiger Kampf gegen die staatliche, wirtschaftliche, soziale und, was in diesem Zusammenhang besonders wichtig ist, kulturelle Ordnung der Bundesrepublik geführt.
    Im Zonengrenzgebiet sind diese Beeinflussungsversuche besonders spürbar. Ich zitiere weiter: Alle diese Bezirke und Personenkreise gilt es deshalb, wie schon gesagt, wirtschaftlich und sozial, aber auch geistig und seelisch so zu stärken, daß sie die wahren Absichten der östlichen Propagandisten erkennen und ihren Beeinflussungsversuchen widerstehen können....
    Der Tatsache des Bestehens eines kulturellen
    Notstandes von beträchtlichem Ausmaß in den
    Zonengrenzgebieten kommt eine hervorragende politische Bedeutung zu. Es erscheint
    dringend erforderlich, zur Abwendung auch
    der hieraus drohenden Gefahren alsbald umfangreiche Hilfsmaßnahmen einzuleiten.
    Nun, meine Damen und Herren, wenn wir uns vergegenwärtigen, was auf diesem so wichtigen Gebiet in dem ganzen vergangenen Jahr nicht getan worden ist, so sind wir doch leider zu der Feststellung gezwungen, daß sowohl der Bund wie die Länder — ich betone ausdrücklich: auch die Länder — gegenüber dieser kulturellen Aufgabe im Zonenrandgebiet versagt haben. Man fragt sich, ob das nicht doch irgendwie mit unserer heutigen staatlichen Struktur zusammenhängt, die in diesem entscheidenden Punkt — kulturelle Hilfe im Zonenrandgebiet — ihre Bewährungsprobe zweifellos nicht bestanden hat.
    Der Herr Bundesfinanzminister hat am 20. Mai dieses Jahres in diesem Haus ausgeführt, daß man heute wenigstens einen Überblick über die grundsätzlichen Größenordnungen nach den ersten fünf Jahren des Aufbaus in der Bundesrepublik habe. Er sagte: wir können im großen und ganzen sagen, welches etwa das Verhältnis der Sozialleistungen zu den Verwaltungsaufgaben der Länder und auch zu den Verteidigungslasten ist. Nun, ich glaube, es ist inzwischen eine Größenordnung hinzugekommen, die meiner Meinung nach in Zukunft getrennt anzusetzen ist. Das sind alle die Lasten, die uns aus der Spaltung Deutschlands entstehen. Das ist ein Gesamtkomplex, der hier unbedingt einmal zusammenhängend angesprochen werden muß. Dabei handelt es sich erstens um all das, was mit der Förderung und Vorbereitung der Wiedervereinigung Deutschlands zusammenhängt, es handelt sich zweitens um die Hilfe für Berlin, es handelt sich drittens um die Betreuung der Zonenflüchtlinge, und es handelt sich viertens um die Hilfe für das Zonenrandgebiet; ich betone: einschließlich der Hilfe für die Grenzländer am Eisernen Vorhang.
    Es ist meine feste Überzeugung, daß wir alles tun sollten, um dafür zu sorgen, daß die Mittel für die Lasten, die uns aus der Spaltung Deutschlands entstehen, irgendwie aus dem Etat genom-


    (Dr. Henn)

    men werden. Die 120 Millionen DM, die jetzt vorgesehen sind, dürfen in keiner Weise nur eine einmalige Leistung sein, sondern müssen auch als Leistung in den kommenden Jahren wiederkehren, desgleichen die Mittel für die Berlin-Hilfe und für die Zonenflüchtlinge. Ich sagte: wir müssen meiner Meinung nach darangehen, alle Etatansätze zu überprüfen, ob aus ihnen heraus für diese eminent wichtigen nationalpolitischen vier Aufgaben, die ich Ihnen nannte, Mittel freizumachen sind. Wir müssen irgendwie dafür sorgen, daß der Etat, der sich von Jahr zu Jahr mehr versteinert, im Interesse dieser neuen großen Aufgabengruppen aufgelockert wird. Wenn das nicht gelingt, meine Damen und Herren, müssen wir, glaube ich, zwangsläufig zu anderen, weittragenden Überlegungen kommen, und ich könnte mir denken, daß es dann dazu käme, daß Vorschläge etwa der Art erörtert werden, daß man die ausreichenden Mittel ja sofort schaffen kann, wenn man an die Rationalisierung der Finanzverwaltung und an die Beseitigung der dezentralisierten Steuerverwaltung geht. Es ist doch unbestritten, daß nach Einführung einer zentralen Finanzverwaltung das verfügbare Steueraufkommen höher sein würde. Wir wissen ja, daß die Schätzungen über Hunderte von Millionen bis zu einem sehr hohen Betrag gehen. Auch würden sicherlich die Steuerstundungen, die heute durchgeführt werden, bei einer zentralen Finanzverwaltung gerechter vorgenommen werden. Es ist eine altbekannte Tatsache, daß in den Ländern, die im Westen des Bundesgebiets liegen, die Steuerstundungen sehr viel großzügiger gehandhabt werden als in den an sich schwachen Ländern im Zonenrandgebiet. Alle diese Dinge könnten dann sehr leicht und sehr schnell beseitigt werden.

    (Abg. Kurlbaum: Sehr richtig!)

    Wir erleben ja, ich sagte das, diese Schwierigkeiten bei der Mittelbeschaffung nicht nur jetzt im Rahmen der Hilfe für das Zonenrandgebiet. Es ist heute nicht der Platz, darüber zu sprechen. Seit Monaten ist das Problem in der gleichen Weise da bei der Betreuung der Zonenflüchtlinge. Hinsichtlich der Berlin-Hilfe werden wir ja sowieso in den nächsten Tagen über diese Dinge sprechen müssen, und ich glaube, es wird unter Umständen von uns allen bald zu entscheiden sein, was uns politisch wichtiger ist: die vier genannten neuen nationalpolitischen Aufgaben erster Ordnung, die verschiedenen Hilfsmaßnahmen, die wir hier treffen müssen, oder eine kostspielige dezentralisierte Steuerverwaltung. Diese Frage wird auch dann irgendwie an unsere bayerischen Freunde herantreten, die Frage, was ihnen wichtiger ist, die dezentralisierte Finanzverwaltung oder eine durchschlagskräftige Hilfe für das Grenzland in Bayern.
    Ich möchte damit schließen. Ich möchte zum Schluß nur beantragen, daß alles, was heute an Berichten und Anträgen hier vorgetragen worden ist, ausnahmslos dem Gesamtdeutschen Ausschuß bzw. seinem Unterausschuß „Zonenrandgebiet" zur Beratung und zur Berichterstattung an das Plenum zugewiesen wird.