Rede von
Rudolf
Freidhof
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte den sozialdemokratischen Antrag begründen, der die Bundesregierung ersucht, zur Beseitigung der verkehrswirtschaftlichen Schwierigkeiten, die durch die Blockierung der Straßenverbindungen im Zonenrandgebiet entstanden sind, für Bau und Verbesserung der Straßen, insbesondere auch der Landstraßen erster und zweiter Ordnung, 65 Millionen DM bereitzustellen. Ich glaube, es besteht keine Notwendigkeit, eine ins einzelne gehende Begründung zu geben. Den Abgeordneten, die in den Zonengrenzkreisen gewählt sind, ist der Zustand der Straßen und der übrigen Verkehrseinrichtungen hinlänglich bekannt,
und einem großen Teil der Abgeordneten, die nicht in den Zonengrenzkreisen gewählt sind, aber mitunter dort gesprochen haben, wird der Zustand der Zonengrenzstraßen ebenfalls bekannt sein.
Es ist nun die Frage aufgeworfen worden, was der Bund bisher getan hat, um den schlechten Straßenzustand in den Zonenrandgebieten zu beseitigen. Wir haben gestern oder vorgestern die Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums erhalten, in der ein Überblick über den Stand der Hilfsmaßnahmen für die Zonenrandgebiete gegeben wird. Darin wird festgestellt, daß der Bund im Haushaltsjahr 1953 für die laufende Unterhaltung der Bundesfernstraßen in den Zonenrandgebieten 10 Millionen DM aufgewendet hat. Ich darf darauf hinweisen, daß der Hessische Landtag vorgestern seinen Staatshaushaltsplan verabschiedet hat und daß das Land Hessen danach für die Herstellung der Straßen in den Zonenrandgebieten etwa 10,4 Millionen DM aufbringt.
In der Antwort des Wirtschaftsministeriums ist weiter gesagt worden, daß die Maßnahmen zur Verbesserung des Landstraßen- und Wegenetzes für die Zonenrandgebiete nur mittelbar den Bund angingen, weil die Zuständigkeit dafür bei den L ä n d e r n liege. Ich bin der Meinung, daß die durch die Teilung Deutschlands und den Eisernen Vorhang entstandene schwierige Situation den Ländern allein nicht überlassen werden darf, sondern daß der Bund als echte Kriegsfolgelast erhebliche Mittel aufwenden muß, um auf diese Weise dort die Interessen der Wirtschaft und des Verkehrs wahrzunehmen. Wir halten es deshalb für notwendig, daß in verstärktem Umfange Sondermittel für den Ausbau der Straßen in den Zonenrandgebieten zur Verfügung gestellt werden, um so mehr als ein Teil der Straßen durch die Zonengrenze gesperrt ist, so daß der Verkehr auf eine Reihe von anderen Straßen umgelagert worden ist, die bisher Landstraßen 1. und 2. Ordnung gewesen sind. Die Länder, und zwar nicht nur Hessen, sondern auch die anderen Länder, haben bereits Mittel zur Verfügung gestellt; aber man darf nicht verkennen, daß an der Zonengrenze die armen Länder liegen und daß diese Länder durch andere Maßnahmen, die mit dem Eisernen Vorhang zusammenhängen, bereits außerordentlich stark belastet sind.
In diesem Zusammenhang möchte ich betonen, daß die Landstraßen 2. Ordnung durch die Absperrungsmaßnahmen sehr stark belastet sind. Die Finanzkraft der Gemeinden und Kreise reicht aber nicht dazu aus, diese Straßen in den Zustand zu versetzen, den wir für notwendig erachten. Dazu kommt — und das ist ein sehr schwie-
riges und dringendes Problem —, daß durch die Sonderabschreibungen, die für die Wirtschaft der Zonenrandgebiete genehmigt sind und die wir absolut begrüßen, die Gewerbesteuererträge der Gemeinden und Kreise erheblich geschmälert werden. Mir ist aus einer nordhessischen Kreisstadt mit- geteilt worden, daß allein die Sonderabschreibungen bei der Gewerbesteuer für diese Kreisstadt einen Ausfall von rund 80 000 DM mit sich bringen. Schon diese Tatsache zwingt uns, hier vom Bund aus etwas zu tun. Es kommt hinzu, daß infolge der wirtschaftlichen Schwierigkeiten die Gewerbesteuererträge in den wirtschaftlich schwachen Gebieten und Betrieben sowieso außerordentlich gering sind.
Nun hat Herr Staatssekretär Westrick darauf hingewiesen, daß die Bundesanstalt aus dem Arbeitsstock Mittel zur Verfügung stellen könnte, um diese Maßnahmen im Interesse der Verbesserung der Straßen durchzuführen. Ich möchte darauf hinweisen, daß, auch wenn diese Mittel zur Verfügung gestellt werden, die einzelnen Baulastträger 20 % der Baulast aufzubringen haben und daß dies für die finanzarmen Gemeinden und Kreise sehr schwierig ist. Dies würde also eine weitere schwere Belastung bedeuten.
Ich möchte mich kurz fassen und daher nur noch folgendes sagen. Unser Antrag hat nicht nur eine verkehrspolitische und eine verkehrstechnische Seite, sondern er soll Arbeitsmöglichkeiten schaffen. Ferner soll er die Finanzkraft der Kreise stärken, und schließlich soll er erreichen, daß auch der Handel, das Gewerbe und insbesondere auch das Verkehrsgewerbe die Stärkung erfahren, die in diesen Zonengrenzkreisen absolut notwendig ist.
Wir haben uns nun die Mühe gemacht, einige dringende Projekte in den Zonengrenzkreisen zusammenzustellen. Dabei möchte ich bemerken, daß sie keineswegs erschöpfend sind und daß von den einzelnen Ländern wahrscheinlich eine Reihe von anderen Projekten noch vorgeschlagen werden wird. Wir hoffen, daß mit der Durchführung un- serer Projekte eine Verbesserung der verkehrstechnischen Einrichtungen in den Zonenrandgebieten erreicht wird.
In Schleswig-Holstein müßte nach unserer Auffassung die Kreuzung der Bundesstraße 77 mit dem Nordostseekanal in Rendsburg durch eine Untertunnelung verbessert werden. Ferner müßte der Ausbau der aus Teilen der Bundesstraßen 209 und 207 bestehenden Verbindung von Lübeck nach Lauenburg zum einzigen schleswig-holsteinischen Grenzübergang nach Lauenburg und zur Elbbrücke Lauenburg durchgeführt werden.
In Niedersachsen ist der Ausbau der auf rund 170 km in mehr oder weniger großem Abstand längs der Zonengrenze führenden Bundesstraße 4 über Lüneburg, Uelzen, Gifhorn, Braunschweig, Vienenburg, Bad Harzburg und Braunlage besonders wichtig.
Auf dieser Straße rollt ja ein erheblicher Teil des Schwerlastverkehrs von Norden nach Süden. Weiter ist anzustreben, daß die noch unvollendet gebliebene Landstraße 1. Ordnung BraunschweigLebenstedt, die sogenannte Städtestraße, möglichst rasch ausgebaut wird.
In Hessen ist Verbesserung und Ausbau der Bundesstraße 27 notwendig, die außerordentlich stark belastet ist, weil ein Teil des Nord-Süd-Verkehrs
von der Autobahn heruntergeht, insbesondere die schwerbelasteten Lastkraftwagen, die die großen Steigungen über den Gipfel des Vogelbergs scheuen und auf der Bundesstraße 27 fahren, um von dort aus nach Bayern herunterzukommen.
Ebenso müßten die Landstraßen um den Hohen Meißner im Ringau und im Schemern Grund verbessert werden.
— Das war ein Hesse!
In Bayern wäre der Ausbau von Straßenzügen notwendig, vor allen Dingen die Ost-West-Verbindung der Landstraße 1. Ordnung von Kronach nach Coburg.
— Das sind die. Bayern! - Die Bundesstraße 279 ist notwendig als einzige Verbindung, die von der Bundesstraße 227 nach Hessen führt, wo der Verkehr von Norden nach Süden, nach Bayern rollt. Dann die Landstraße 1. Ordnung von Mellrichstadt nach Königshofen, die Straße von Bayreuth nach Bamberg, um zu erreichen, daß dort eine Querverbindung geschaffen wird.
Zum Schluß meiner Betrachtungen noch eins. In dem Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums ist darauf hingewiesen worden, daß auch für den Fremdenverkehr in den einzelnen Gebieten — es werden Harz und Bayern angeführt - etwas getan worden ist. Ich möchte darum bitten, daß auch das schöne Werra-Tal und das schöne Fulda-Tal in Zukunft mit einbezogen werden, damit auch diese Gebiete für den Fremdenverkehr in größerem Maße erschlossen werden. Ich möchte diese dringende Bitte an die Bundesregierung richten und das Hohe Haus gleichzeitig ersuchen, unsern Antrag anzunehmen.