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ID0203106400

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    5. Westrick: 1
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    7. Wirtschaftsministerium.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 31. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Mai 1954 1437 31. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 26. Mai 1954. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 1438 C, 1480 B Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr Becker (Hersfeld) 1438 D Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags 1438 D Mitteilung über Stellungnahme des Bundesrats zum Haushaltsgesetz 1954 (Drucksache 539) 1439 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Beauftragung von Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege mit der nichtgewerbsmäßigen Arbeitsvermittlung zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Drucksache 223); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 419) . . 1439 A Frau Dr. Bleyler (Freiburg) (CDU/ CSU), Berichterstatterin 1439 A Könen (Düsseldorf) (SPD) 1440 B Storch, Bundesminister für Arbeit 1440 D Sabel (CDU/CSU) 1441 B Frau Schanzenbach (SPD) 1442 B Frau Finselberger (GB/BHE) . . . 1443 C Frau Dr. Brökelschen (CDU/CSU) . 1443 D Abstimmungen 1440 B, 1444 C Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Behebung der Berufsnot der älteren Angestellten (Drucksache 346) . . 1444 C Frau Finselberger (GB/BHE), Antragstellerin 1444 C, 1456 B Storch, Bundesminister für Arbeit 1446 D, 1453 B, 1456 B Hansen (Köln) (SPD) . . . . 1447 C, 1457 B Schneider (Hamburg) (CDU/CSU) . 1450 C Becker (Hamburg) (DP) 1453 C Frau Wolff (Berlin) (SPD) 1455 A Sabel (CDU/CSU) 1457 D Überweisung an den Ausschuß für Arbeit und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik 1458 C Fortsetzung der dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den FreundschaftsHandels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksache 71); Mündlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 218, Anträge Umdrucke 71, 112) 1458D, 1509A, B Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts . 1458 D, 1461 B, C, 1464 D Dr. Arndt (SPD) . . . 1459 D, 1461 C, 1463 B Dr. Lütkens (SPD) 1462 A Wehr (SPD) 1463 C Abstimmungen 1465 D Tatsächliche und persönliche Erklärung nach § 36 der Geschäftsordnung (betr. Berichterstattung in der 28. Sitzung zum Antrag auf Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Löhr): Ritzel (SPD) 1466 A Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Förderungsprogramm für die Zonenrandgebiete (Drucksache 293) in Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Drucksache 316, Umdruck 113), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 510), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Kredithilfe für die mittelständische Wirtschaft im Zonenrandgebiet (Drucksache 432), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Straßenbau im Zonenrandgebiet (Drucksache 433), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft im Zonenrandgebiet (Drucksache 434), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Zonenrandgebiet (Drucksache 435) sowie mit der Beratung des Antrags der Abg. Wacher (Hof), Fuchs, Freiherr Riederer von Paar u. Gen. betr. Beihilfe für Grenzbauern (Drucksache 529) 1467 B, 1509 D Dr.-Ing. Drechsel (FDP), Anfragender 1467 C Dr. Bleiß (SPD), Anfragender . . . 1470 D Dr. Westrick, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft . . 1474 A 1497 C Frau Dr. BrökeLschen (CDU/CSU): zur Geschäftsordnung 1477 B zur Sache 1489A, 1505 C Dr. Gülich (SPD): zur Geschäftsordnung 1478 A zur Sache 1503B, 1505 C Kurlbaum (SPD), Antragsteller . . 1478 A Hörauf (SPD), Antragsteller . . . . 1480 B Freidhof (SPD), Antragsteller . . . 1481 C Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD), Antragsteller 1482 D Behrisch (SPD), Antragsteller . . 1484 A Wacher (Hof) (CDU/CSU), Antrag- steller 1486 A Frau Korspeter (SPD) 1487 B Dr. Henn (FDP) 1493 B Dr. Dittrich (CDU/CSU) 1495 B Unertl (CDU/CSU) 1497 D Höhne (SPD) 1499 A Seiboth (GB/BHE) 1500 D Kahn (CDU/CSU) 1506 B Priebe (SPD) 1507 A Jacobs (SPD) 1507 C Dr. Starke (FDP) 1507 C Ausschußüberweisungen 1508 C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages (Drucksache 540) 1509 C Überweisung an den Haushaltsausschuß 1509 C Nächste Sitzung 1509 C Anlage 1: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (Umdruck 71) 1509 A Anlage 2: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (Umdruck 112) 1509 C Anlage 3: Antrag der Fraktion der SPD betr. Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Umdruck 113) 1509 D Die Sitzung wird um 9 Uhr 1 Minute durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Anlage 1 Umdruck 71 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksachen 218, 71). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, nach der Wiederinkraftsetzung des Freundschafts-, Handels-und Konsularvertrages vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen bemüht zu sein, baldigst diesen Vertrag gemäß Art. V des Abkommens durch einen zeitgemäßen und umfassenden Vertrag zu ersetzen und dafür Sorge zu tragen, daß Art. II in Verbindung mit Art. IX des Vertrages eine Auslegung findet, a) die die Diskriminierung der auf deutschen Schiffen tätigen deutschen Seeleute auf Grund der Handhabung des „Immigration and Nationality Act" beseitigt, b) die die Regelung der Einfuhr von Filmen der US-Produktion in die Bundesrepublik in eine angemessene Relation zur Produktion der Bundesrepublik bringt, c) daß bei der Regelung der Grundrechte nach Art. II und VIII die deutschen Arbeitnehmer, die in der Bundesrepublik bei US-Dienststellen beschäftigt sind, ungeschmälert die Rechte aus den Bestimmungen des deutschen Arbeitsrechtes in Anspruch nehmen können. Bonn, den 27. April 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 2 Umdruck 112 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksachen 218, 71). Der Bundestag wolle beschließen: Die vom Bundeskanzler am 3. Juni 1953 mündlich abgegebene Erklärung ist nicht Bestandteil des Abkommens vom 3. Juni 1953 und des durch dieses Abkommen bestätigten Freundschafts-, Handels-und Konsularvertrages zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 und kann daher Rechte aus dem Vertrage vom 8. Dezember 1923 nicht mindern. Bonn, den 25. Mai 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 Umdruck 113 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Drucksache 316). Der Bundestag wolle beschließen, für kulturelle Hilfsmaßnahmen im Zonengrenzgebiet im Verlauf der nächsten fünf Jahre Bundeszuschüsse in Höhe von jährlich 25 Millionen DM zu gewähren. Bonn, den 25. Mai 1954 Ollenhauer und Fraktion
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    Rede von Dr. Paul Bleiß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege D r. Drechsel hat als Mitglied der Koalitionsparteien die etwas


    (Dr. Bleiß)

    schwierige Aufgabe gehabt, eine Große Anfrage begründen zu müssen, die, wie sich aus der Drucksache 293 ergibt, den Tatbestand einer weiteren Verzögerung der Bekanntgabe konkreter Absichten im Zonenrandgebiet beinhaltet. Herr Kollege Dr. Drechsel hat seine Aufgabe zu lösen versucht, indem er zunächst als Generalberichterstatter für alle Fraktionen und für sämtliche Anträge aufzutreten versuchte. Herr Kollege Dr. Drechsel, Sie haben das Ersuchen an uns gerichtet, daß wir niemandem weh tun mögen; Sie sind mit einigen sehr vorsichtigen Formulierungen auch auf Ihre eigene Anfrage eingegangen,

    (Heiterkeit bei der SPD)

    und Sie haben dabei auch einige kräftige Seitenhiebe in Richtung der Länderregierungen ausgeteilt.
    Ich danke Ihnen für die Ermahnung, möchte aber sagen, daß wir als Opposition in der glücklichen Lage sind, nicht so viele Rücksichten wie Sie nehmen zu müssen. Wir können die Dinge ruhig beim Namen nennen.
    Nun zur Sache selbst! Der Bundestag hat in seiner 279. Sitzung am 2. Juli vergangenen Jahres das bekannte Förderungsprogramm beschlossen. Das Programm sollte dazu dienen, die Wirtschaftslage in den Zonenrandgebieten zu verbessern, die strukturelle Dauerarbeitslosigkeit zu mildern und die Ost-West-Verlagerung der Industrie abzustoppen. Ich darf Sie daran erinnern, daß das Programm sechs Punkte umfaßte, und zwar
    1. die Gewährung einer Frachtkostenbeihilfe von 15 Millionen DM,
    2. die Senkung der Gewerbesteuerhebesätze,
    3. die Bildung steuerfreier Investitionsrücklagen,
    4. die Zulassung von Sonderabschreibungen auf Anlagewerte,
    5. allgemeine Förderungsmaßnahmen und
    6. kulturelle Hilfsmaßnahmen auf die Dauer von fünf Jahren, jährlich mit einer Summe von 25 Millionen DM.
    Alle sechs Programmpunkte wurden damals nahezu einstimmig beschlossen, wobei das Hohe Haus der Meinung war, daß die Maßnahmen in ihrer Gesamtheit lediglich ein Minimalprogramm darstellen sollten.
    Das Bundeskabinett hat sich in seiner Sitzung vom 19. August mit diesen Programmpunkten beschäftigt. Aus der Verlautbarung, die nach der Sitzung erfolgt ist, ergibt sich, daß schon damals die Beschlüsse des Bundestags entscheidend reduziert wurden. So wurde beispielsweise die Frachtkostenhilfe von 15 Millionen DM auf 5 Millionen DM herabgesetzt, die Bildung steuerfreier Investitionsrücklagen wurde überhaupt nicht mehr erwähnt. Von dem gleichen Schicksal wurden die Aufwendungen für kulturelle Hilfsmaßnahmen ereilt. Bei der nächsten Gruppe von Hilfeleistungen — bei den steuerlichen Maßnahmen — beschränkte sich die Bundesregierung in ihrem Kommuniqué auf Empfehlungen. Sie empfahl zunächst den Ländern, bei Ermessensentscheidungen und Auslegungsfragen großzügig zu verfahren; sie empfahl den Gemeinden, die Gewerbesteuerhebesätze zu senken.
    Meine Damen und Herren, die Empfehlungen, die von der Bundesregierung ausgesprochen worden sind, hätten doch nur dann einen Sinn gehabt,
    wenn der Bund den Gemeinden gleichzeitig die Erstattung der Steuerausfälle garantiert hätte.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Denn es ist doch auch der Bundesregierung bekannt, daß die Gemeinden in den Grenzgebieten — bei der Fülle ihrer Aufgaben — aus eigener Kraft nicht in der Lage sind, Steuerausfälle zu tragen.

    (Zuruf von der SPD: Im Gegenteil!)

    Die Garantie einer Erstattung aber hat die Bundesregierung den Gemeinden nicht gegeben. Deshalb mußte sich auch diese Maßnahme negativ auswirken.
    Nicht viel anders hat sich die Bundesregierung bei den Sonderabschreibungen auf Anlagen verhalten. Der Bundestag hatte nach dem Wortlaut der Drucksache 4487 Sonderabschreibungen für a 11 e Betriebe im Zonenrandgebiet gefordert. Der Herr Bundesfinanzminister änderte diesen Beschluß ab und machte — durch seinen Erlaß vom 12. Oktober 1953 — die Gewährung von Sonderabschreibungen von dem Nachweis der Bedürftigkeit abhängig. Also — und das möchte ich hier feststellen — ist auch dieser Beschluß des Bundestags in seinen wesentlichen Merkmalen geändert worden.
    Schließlich noch ein Wort zu den allgemeinen Förderungsmaßnahmen! Der Bundestag hatte ein umfangreiches Programm angesprochen und unter anderem Maßnahmen zum Zwecke der Zinsverbilligung, Maßnahmen zum Zwecke der Förderung des Straßenbaues, zum Zwecke der Förderung des Wohnungsbaues verlangt. In der Kabinettsverlautbarung wurde aber dieser Programmteil mit der lapidaren Feststellung abgetan,
    daß man bei allen weiteren Förderungspro-
    grammen auf den Grenzstreifen entlang dem
    Eisernen Vorhang Rücksicht nehmen werde. Meine Damen und Herren, was nutzt ein solches Bekenntnis, wenn seit dem Kabinettsbeschluß Förderungsprogramme überhaupt nicht aufgestellt worden sind?! Ein solches Bekenntnis ist doch — unter den gegebenen Verhältnissen — weiter nichts als eine leere Deklamation. Angesichts dieser Tatsachen sind wir zu der Feststellung gezwungen, daß die Bundesregierung die Beschlüsse des 2. Juli vergangenen Jahres entweder überhaupt nicht oder nur teilweise realisiert hat.
    Es ist nicht das erste Mal, daß sich die Bundesregierung über Beschlüsse des Bundestages einfach hinwegsetzt.

    (Abg. Dr. Gülich: Nein, das ist nicht das erste Mal!)

    Wir Sozialdemokraten hatten mehrfach Anlaß, die in dieser Methode liegende Nichtachtung des Bundestages zu kritisieren. Wir legen heute erneut Verwahrung dagegen ein, daß Beschlüsse des Bundestages entweder überhaupt nicht oder mit großer Verzögerung realisiert werden.
    Von dem Minimalprogramm des 2. Juli ist also nur ein bescheidener Rest übriggeblieben, und dieser Rest wurde noch weiter dadurch reduziert, daß der Herr Bundesfinanzminister die Gewährung von Frachtkostenzuschüssen von einer 50%igen Beteiligung der Länder abhängig machte.

    (Abg. Dr. Gülich: Über 40%ige!)

    Wir finden diese Einstellung merkwürdig; denn
    die erhöhten Frachtkosten sind doch zweifellos
    echte Kriegsfolgelasten, von denen der Bund normalerweise 85% zu übernehmen hat. Durch den


    (Dr. Bleiß)

    Streit zwischen Bund und Ländern, der erst vor wenigen Tagen durch das Entgegenkommen der Länder beigelegt wurde, ist die Frachtkostenhilfe auf das Land Bayern beschränkt geblieben. Die 5 Millionen DM konnten nur etwa zur Hälfte ausgenutzt werden.

    (Abg. Frau Dr. Brökelschen: Aber Herr Bleiß, das ist doch nicht die Schuld der Bundesregierung!)

    — Aber gnädige Frau, ich wollte Ihnen nur sagen: Wenn der Bund 85% zu übernehmen hat, aber nur 50% bietet, glauben Sie, daß die Länder dann so schnell auf ihr Recht verzichten und der Forderung des Bundes nachgeben werden?

    (Erneuter Zuruf der Abg. Frau Dr. Brökelschen.)

    Die Verzögerung ist doch nicht die Schuld der Länder, sondern die des Bundesfinanzministers, der so hartnäckige Bedingungen stellt.

    (Sehr wahr! bei der SPD. — Zuruf von der SPD: Das ist verfassungswidrig!)

    Meine Damen und Herren, unter diesen Umständen, infolge der Verweigerung der Anreizmittel, ist es kein Wunder, daß die Abwanderung der Betriebe aus den Zonenrandgebieten unvermindert anhält. Allein aus den Randgebieten Schleswig-Holsteins sind — ich nenne diese Zahlen als ein symptomatisches Beispiel — weitere sieben Industriebetriebe abgewandert und Hunderte von Arbeitsplätzen verlorengegangen. Der Anteil der Arbeitslosen in diesem Grenzstreifen beläuft sich heute noch auf 20% der Beschäftigten. Ich muß leider sagen, daß in den anderen Zonenrandgebieten die Verhältnisse noch wesentlich ungünstiger liegen.
    Deshalb fragen wir in der Drucksache 316:
    Ist der Bundesregierung bekannt, daß sich die Wirtschaftslage in den Zonenrandgebieten weiter verschärft und daß die Betriebsverlagerungen von den Zonenrandgebieten in andere Gebiete der Bundesrepublik immer noch fortgesetzt werden?
    Wir fragen weiter:
    Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um durch wirtschafts-, steuer- und verkehrspolitische Maßnahmen die Abwanderung von Betrieben zu verhindern und neue arbeitsintensive Unternehmungen in den Zonenrandgebieten anzusiedeln?
    Meine Damen und Herren, für besonders bedauerlich halten wir es, daß die Bundesregierung 25 Millionen. DM für kulturelle Hilfsmaßnahmen nicht zur Verfügung gestellt hat. Der Betrag sollte für Schulbauten und Schuleinrichtungen,

    (Abg. Samwer: Sehr schade!)

    insbesondere für Volks- und Berufsschulen, und für jugendfördernde Maßnahmen verwandt werden. Es drängt sich uns die Frage auf, warum die Bundesregierung dem kulturellen Sektor gerade an der Zonengrenze so wenig Beachtung schenkt. Wir hoffen, auf unsere Frage eine befriedigende Antwort zu erhalten.
    Vielleicht wird man uns darauf verweisen, daß im Einzelplan 60 des Haushalts 1954/55, wie Herr Dr. Drechsel schon erwähnte, ein Betrag von 120 Millionen für diese und andere Zwecke eingeplant worden sei. Aber, Herr Dr. Drechsel, gerade dieser Haushaltsposten ist doch stärkstens umstritten. Er
    wird doch erst dann voll wirksam, wenn der Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer die Quote von 42% erreicht.

    (Abg. Pelster: Das war einmal!)

    In der Haushaltsdebatte ist die Verknüpfung der 120 Millionen Grenzlandhilfe mit der Erhöhung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer von meinem Freund Gülich als unmoralisch bezeichnet worden, unmoralisch deswegen, weil ein Haushaltsposten, der der Linderung der Wirtschaftsnot in den Zonenrandgebieten dienen soll, benutzt wird, um einige Finanzminister kompromißfreudiger zu stimmen. Ich glaube, daß die Bevölkerung in den Zonenrandgebieten kein Verständnis dafür aufbringen wird, daß ihre Wirtschaftsnot als Handelsobjekt benutzt werden soll. Es ist doch einfach unmöglich, der Grenzbevölkerung zu sagen, daß sie bei einem 40 %igen Bundesanteil keine Hilfe, bei einem 41 %igen Bundesanteil halbe Hilfe

    (Zuruf rechts: Ist doch längst überholt!)

    und erst bei einem 42%igen Anteil eine noch immer nicht ausreichende Hilfe zu erwarten habe. Wenn das inzwischen überholt ist, nehmen' wir das gern zur Kenntnis.

    (Abg. Dr. Gülich: Es ist offiziell noch nicht bestätigt! Gerüchtweise ist es überholt!)

    — Ich höre gerade: „gerüchtweise" ist es überholt.

    (Abg. Pelster: Es ist überholt!)

    — Wollte Gott, Sie hätten recht!
    Ich glaube, daß man mit einseitig fiskalischem Denken Probleme in den Zonenrandgebieten nicht lösen kann. Sie sind auch nicht zu lösen mit Vertröstungen. So hat z. B. der Deutsche Uniondienst am 17. März 1954 verkündet, die CDU-Fraktion werde alles in ihrer Macht Stehende tun, um der gesamtdeutschen Frage gerecht zu werden. Meine Damen und Herren, ich möchte darauf antworten, daß die CDU-Minister in den vergangenen Monaten alles in ihrer Macht Stehende getan haben, um die Beschlüsse des Bundestags vom 2. Juli zu verniedlichen und zu verzögern.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat in seiner schriftlichen Beantwortung der Interpellationen eine umfassende Übersicht über die bisher im Laufe der Jahre, d. h. seit 1951, in die Sanierungsgebiete geflossenen Mittel gegeben. Es wäre uns mehr damit gedient gewesen, wenn der Herr Bundeswirtschaftsminister uns gesagt hätte, was nach den Beschlüssen vom Juli vergangenen Jahres getan worden ist. Ich wäre Ihnen, Herr Staatssekretär Westrick als Vertreter des Ministers, dankbar, wenn Sie — und darauf zielt ja unsere Große Anfrage ab — uns nachher vorexemplifizieren würden, was nach dem Kabinettsbeschluß vom 13. August an Bundesmitteln in die Zonenrandgebiete geflossen ist. Dabei müßten Sie allerdings die dankenswerte und großzügige Hilfeleistung der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung — die ja nicht der direkten Einflußnahme der Bundesregierung unterliegt — außer acht lassen. Ich wäre Ihnen auch, Herr Staatssekretär Westrick, dankbar, wenn Sie den Betrag für Sontra außer acht lassen würden, der praktisch eine schon seit Jahren fließende Hilfe darstellt.


    (Dr. Bleiß)

    Ich wäre Ihnen, Herr Staatssekretär, aber noch für eine weitere Aufklärung dankbar. In Ihren Richtlinien für die Berücksichtigung bevorzugter Bewerber bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen vom 31. März 1954 wird unter § 4 Abs. 4 gesagt, daß ein Bewerber aus dem Zonenrandgebiet den Zuschlag dann erhalten soll, wenn sein Angebot geringfügig über dem wirtschaftlichsten Angebot liegt. In dem schriftlichen Bericht des Herrn Bundeswirtschaftsministers liest man es anders; darin steht, daß den Zonenrandgebieten eine wesentliche Vergünstigung zuteil werden soll. Nun, „geringfügig" und „wesentlich" sind in der Ermessensfrage zwei absolut unterschiedliche Begriffe.
    Herr Dr. Drechsel hat vorhin gesagt, daß schon die Verordnung vom 31. März 1954 eine große Erleichterung sei. Ich kann die Auffassung nicht teilen. Der jetzige Wortlaut beinhaltet eine solche große Erleichterung noch nicht. Ich wäre Ihnen daher, Herr Staatssekretär, im Interesse der Randgebiete für eine Erklärung darüber dankbar, ob die Drucksache 534 eine verbindliche Interpretation der Verordnung vom 31. März 1954 bedeutet.
    Meine Damen und Herren, die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung haben uns nicht befriedigt. Wir haben deswegen zur Behebung der Wirtschaftsnot in den Zonenrandgebieten fünf Anträge eingebracht, die von meinen Freunden im einzelnen begründet werden.
    Generell möchte ich im Zusammenhang mit der Großen Anfrage zu den Anträgen sagen, daß sie vor allem darauf abzielen, die Arbeitslosigkeit zu vermindern. Wir beantragen, für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen einen Betrag von 60 Millionen DM zur Verfügung zu stellen, um damit Notstandsarbeiten — Meliorationen usw. — zu finanzieren. Aus dem Betrag von 60 Millionen DM sollen auch Zuschüsse gewährt werden, Zuschüsse an finanzschwache Gemeinden und an sonstige Träger von Notstandsarbeiten, die — trotz der Dringlichkeit der Vorhaben — nicht in der Lage sind, die von der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung geforderte Eigenbeteiligung von 20% des Gesamtprojekts aufzubringen. Gerade an dem Erfordernis der Eigenbeteiligung von 20 % sind im vergangenen Jahre eine Reihe von Vorhaben gescheitert.
    Meine Damen und Herren! Wir beantragen weiter im Sinne des Förderungsprogramms vom 2. Juli vergangenen Jahres —, daß für den Straßenbau ein Betrag von 65 Millionen und zum Zwecke der Kredithilfe für die mittelständische Wirtschaft im Zonenrandgebiet 50 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden. In allen Fällen handelt es sich um die Finanzierung arbeitsintensiver Programme.
    Wir halten diese drei Sonderansätze neben den im Haushalt vermerkten 120 Millionen DM für notwendig, weil bei wirklich durchgreifender Hilfe die bisherigen Haushaltsansätze kaum ausreichen werden, um die im Förderungsprogramm vom 2. Juli festgelegten Maßnahmen wie z. B. die Frachtkostenhilfe, wie z. B. den Wohnungsbau, wie z. B. den Kulturfonds, wie z. B. die Erstattung von Gewerbesteuern, zu finanzieren. Aus diesem Fends müssen auch die Mittel für eine Hilfe der 2200 notleidenden landwirtschaftlichen Betriebe fließen.
    Neben den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen halten wir es für erforderlich, die Wettbewerbsfähigkeit der Zonenrandgebiete durch eine Senkung der
    Umsatzsteuer zu erhöhen. Wir sehen gerade in dieser Maßnahme, die mein Freund Kurlbaum noch ausführlich begründen wird, ein wirksames Mittel, um endlich die Betriebsabwanderungen nach dem Westen abzustoppen.
    Meine Damen und Herren, bei den Vorschlägen, die ich hier angedeutet habe, werden Sie natürlich die Frage nach der Deckung der Ausgaben stellen.

    (Abg. Frau Dr. Brökelschen: Allerdings!)

    Nun, wir sind mitten in den Beratungen über die Steuer- und Finanzreform, bei der ja rund 2,3 Milliarden DM zur Diskussion stehen. Ich halte das Problem der Zonenrandgebiete für so vordringlich, daß auch die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen bei den Steuerberatungen ihre Berücksichtigung finden sollten.
    Aber abgesehen davon sollte in den Ausschüssen auch ernsthaft geprüft werden, ob die Sanierung der Zonenrandgebiete nicht aus den Mitteln des Verteidigungshaushalts zu bestreiten ist; denn die strukturelle Arbeitslosigkeit in vielen Notstandsgebieten wächst sich zu einem echten politischen Problem aus. Aus dem Gebiet Salzgitter kommen alarmierende Nachrichten über die massive und leider auch erfolgreiche Propaganda antidemokratischer Kräfte. Ich bin der Meinung, daß jede Mark, die für die Sanierung der Zonenrandgebiete ausgegeben wird, mehr für die Verteidigung der westlichen Demokratie bedeutet als ihre Verwendung für einen überhöhten Besatzungsbedarf.
    Der Herr Bundeswirtschaftsminister vertritt in der Drucksache 534 die Auffassung, daß die Durchführung von Hilfsmaßnahmen für das Zonenrandgebiet keineswegs allein die Aufgabe des Bundes, sondern gemeinsam von Bund und Ländern wahrzunehmen ist. Diese Auffassung ist hinsichtlich der Kompetenzverteilung absolut richtig. Sie setzt aber voraus, daß die Länder auch die finanziellen Möglichkeiten haben, ihre Aufgabe zu erfüllen.
    Um diese Voraussetzungen zu schaffen, fordert die SPD nach wie vor die zentrale Finanzverwaltung. Die Bundesregierung hat unsere Forderungen bisher stets abgelehnt. Sie hat sich damit zu einer Finanzpolitik bekannt, die den Interessen der Grenzländer nicht gerecht wird. Wir müssen dem Herrn Bundesfinanzminister den Vorwurf machen, daß er auf die besonderen wirtschaftlichen Notstände in den Randgebieten bei seinen haushaltsmäßigen Überlegungen nicht die erforderliche Rücksicht genommen hat. Unter den gegebenen Verhältnissen ist es für die Länder Bayern, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein unzumutbar, mit der Problematik in den Zonenrandgebieten fertigzuwerden. Solange aber die zentrale Finanzverwaltung nicht hergestellt ist, hat die Bundesregierung die Verpflichtung, die zur Sanierung der Zonenrandgebiete erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. Und das hat sie bisher nicht getan.
    Um diese klaffende Lücke auszufüllen, haben wir die Große Anfrage eingebracht. Sie soll dazu dienen, in der Richtung zur Behebung der Wirtschaftsnot und der Dauerarbeitslosigkeit in den Zonenrandgebieten ein gutes Stück weiterzukommen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Marie-Elisabeth Lüders
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das
Wort hat Herr Staatssekretär Westrick vom Wirtschaftsministerium.


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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich die Anfragen der SPD und der FDP gemeinsam beantworte, wobei ich um Ihre Erlaubnis bitte, daß ich zunächst zur Anfrage der SPD spreche, weil sich aus der Beantwortung dieser Anfrage schon einiges für die Anfrage der FDP ergeben wird.
    Die Bundesregierung überwacht von jeher, und zwar laufend, die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Bundesrepublik sowohl als auch ihrer einzelnen Teilgebiete, und dabei widmet sie selbstverständlich den wirtschaftlich schwachen Räumen, vornehmlich den Zonenrandgebieten, die besondere, ihnen gebührende Aufmerksamkeit.

    (Abg. Dr. Gülich: Davon merken nur die Zonenrandgebiete nichts!)

    — Wenn Sie die Entwicklung sehr genau verfolgen, Herr Professor, werden Sie bestimmt auch bemerken, daß diese Maßnahmen ihre allerdings natürlich auch uns nicht voll befriedigenden Wirkungen ausgelöst haben und, wie wir hoffen, auch in Zukunft auslösen werden. Die letzten Ermittlungen über Art, Umfang und Größe der Notstände ergeben jedenfalls folgendes Bild. Die Zahl der beschäftigten unselbständigen Erwerbspersonen in den der sowjetischen Besatzungszone und der Tschechoslowakei vorgelagerten Arbeitsamtsbezirken insgesamt ist vom 30. September 1949 bis zum 30. September 1953 auf rund 109 % gestiegen. Dabei ist die. Entwicklung in keinem der Jahre zwischen 1949 und 1953 abwärts gerichtet gewesen; sie ist vielmehr ständig gestiegen, wenn auch mit verschiedener Intensität in den einzelnen Jahren. Die Beschäftigtenzahlen in der Bundesrepublik haben sich allerdings im gleichen Zeitraum um 18 Punkte erhöht. Die Steigerung ist also, relativ genommen, in der Bundesrepublik insgesamt besser als in den Zonenrandgebieten.
    Ein ähnliches Bild ergibt die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in den genannten Arbeitsamtsbezirken. Während die Belastungsziffer — das ist die Zahl der Arbeitslosen in vom Hundert der unselbständigen Erwerbspersonen - am 30. September 1949 16,1% betrug, erreichte sie am 30. September 1953 nur noch 9,9%.

    (Zuruf von der SPD: Aber die Abgewanderten?!)

    — Darauf komme ich gleich zu sprechen. Die entsprechenden Zahlen im Bundesgebiet lauten 8,8 und 5,5 %. Auch hier ist also festzustellen, daß sich die Situation von Jahr zu Jahr ständig verbessert hat. Die beiden eben zitierten Daten, die durch Vergleichszahlen aus der Industrieberichterstattung über die Entwicklung der Beschäftig- ten, der geleisteten Arbeitsstunden, der Bruttosummen der Löhne und Gehälter sowie der Umsätze bestätigt werden, zeigen deutlich, daß die wirtschaftliche Entwicklung in den Zonenrandgebieten zwar nicht den Steigerungsgrad der Bundesrepublik in ihrer Gesamtheit, insbesondere natürlich nicht in den günstigen Wirtschaftsgebieten im Westen der Bundesrepublik, erreicht hat, daß sie aber trotzdem aufwärts gerichtet ist.
    Es muß hier also festgehalten werden, daß der Rückgang der Arbeitslosenzahl entgegen einer weit verbreiteten Auffassung nicht überwiegend, geschweige denn allein auf die Abwanderung von Arbeitskräften zurückzuführen ist, daß vielmehr das Ansteigen der Beschäftigtenzahlen eine wesentliche Ursache für die Entlastung des Arbeitsmarkts in den Zonenrandgebieten gewesen ist. Dies geht eindeutig aus einem Vergleich der absoluten Steigerung der Beschäftigtenzahl mit dem Rückgang der Arbeitslosigkeit hervor. Die beschäftigten unselbständigen Erwerbspersonen in den Zonenrandgebieten haben in der Zeit vom 30. September 1949 bis zum 30. September 1953 um 118 000 zugenommen, während die Arbeitslosenzahl in der gleichen Zeit um 102 000 abgenommen hat. Man kann also von einer Verschlechterung der Wirtschaftslage in den Zonenrandgebieten keineswegs sprechen, wobei ich nicht abstreiten will, daß die Verbesserung in den günstigen Wirtschaftsgebieten der Bundesrepublik erheblicher war. Dies gilt nicht nur für den Durchschnitt der Zonenrandgebiete, sondern für alle Bezirke, auch für die wirtschaftlich besonders ungünstig liegenden Teilgebiete, wenn auch hier die Intensität der Entlastung unterschiedlich ist.
    Über die in der Anfrage erwähnten Betriebsverlagerungen sind bisher trotz ernsten Bemühens überzeugende Nachweise nicht geführt worden. Im Rahmen der Betriebsbewegungen, die im gesamten Raum der Bundesrepublik in sehr begrenztem Umfang stattfinden, gibt es natürlich auch einige Betriebe aus den Zonenrandgebieten, die in günstigere Räume abgewandert sind.

    (Abg. Dr. Schöne: Haben Sie da die Untersuchungen vom Institut für Raumforschung mit herangezogen?)

    — Ich glaube nicht, daß die dabei sind.

    (Abg. Dr. Schöne: Das würde ich aber empfehlen!)

    — Das wollen wir gern tun und dann darauf zurückkommen.

    (Abg. Dr. Schöne: Das ist ein ausgezeichnetes Material!)

    - Danke sehr für die Anregung.

    (Abg. Dr. Schöne: Bitte!)

    Die Bundesregierung hat, um den Überblick über das Ausmaß dieser Abwanderungsbewegung zu erhalten, die Landesregierungen um einen Bericht über die Zahl und das Ausmaß der Betriebswanderungen gebeten. Die daraufhin eingegangenen Unterlagen konnten jedoch den Nachweis einer nennenswerten Entblößung der Zonenrandgebiete von leistungsfähigen Betrieben nicht erbringen. Allerdings ist sich die Bundesregierung darüber klar, daß über diesen Sachverhalt nur schwerlich ein eindeutiges statistisches Material erstellt werden kann; sie wird deshalb laufend in Verbindung mit den Landesregierungen die Entwicklung in diesen Zonenrandgebieten sorgfältig weiter beobachten.
    Zur Frage b). Die Bundesregierung ist im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten bemüht, die Abwerbung von leistungsfähigen Betrieben aus den Zonenrandgebieten zu unterbinden. Sie hat in Zusammenarbeit mit den Landesregierungen Entschließungen der Landesinnenminister und der kommunalen Spitzenverbände herbeigeführt, in denen gegen die Abwerbungsmißstände scharf Stellung genommen wird. Der Bundesminister der Finanzen beabsichtigt, die Finanzminister der Länder zu bitten, nach Möglichkeit darauf hinzuwirken, daß das Werben der Gemeinden um Gewerbebetriebe auf ein vernünftiges Maß beschränkt wird, die Gewährung oder Zusage ungesetzlicher


    (Staatssekretär Dr. Westrick)

    steuerlicher Vergünstigungen unterbleibt und die Abwerbung von Betrieben aus den Zonenrand-und Notstandsgebieten unterlassen wird. Der Bundesminister des Innern wird gebeten werden, die gleiche Bitte an die Innenminister der Länder und die kommunalen Spitzenverbände zu richten.
    Dabei ist sich die Bundesregierung bewußt, daß mit den angeführten Maßnahmen allein die Abwerbung nicht immer vollständig verhindert werden kann. Es kommt daneben vor allem darauf an, die Gemeinden in den Zonenrandgebieten wirtschaftlich und finanziell zu stärken und sie so zu befähigen, die ihnen obliegenden Aufgaben angemessen zu erfüllen, ohne die Hebesätze der Realsteuer überdurchschnittlich hoch festsetzen zu müssen.
    Die Bundesregierung ist daher bestrebt, bei der Neuordnung des Finanzausgleichs unter den Ländern den Wirkungsbereich dieses Ausgleichs nicht auf die Länderhaushalte im eigentlichen Sinne zu beschränken, sondern auch die gemeindliche Finanzwirtschaft dabei zu berücksichtigen. Angesichts der Bedeutung der Kommunalfinanzen im Rahmen der Länderfinanzwirtschaft will die Bundesregierung dem Finanzausgleich die Zielsetzung geben, die leistungsschwachen Länder, in erster Linie also die Zonenrandländer, finanziell so zu stellen, daß auch sie die gemeindlichen Bedarfsunterschiede wirksam ausgleichen können.

    (Abg. Dr. Gülich: Was sagt Herr Schäffer dazu?! — Heiterkeit bei der SPD.)

    — Vielleicht hat er nachher Gelegenheit, selbst dazu zu sprechen.
    Selbstverständlich ist die Bundesregierung nicht nur bemüht, die Abwanderung von Betrieben zu verhindern; sie strebt darüber hinaus die Ansiedlung neuer Unternehmungen im Zonenrandgebiet an. So stellte sie und stellt noch für verschiedene Programme im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten Mittel bereit, die auf Vorschlag der Landesregierungen als Kredite an Firmen vergeben werden können, die sich in den Zonenrandgebieten niederlassen oder ihre dort vorhandenen Betriebe vergrößern wollen. Unter diesen Programmen nenne ich das Sanierungsprogramm, das 300-Millionen-Schwerpunktprogramm, das ja immer noch läuft, und die Sonderprogramme aus den ERP-Gegenwertmitteln. Die in diesem Sanierungsprogramm bereitgestellten Beträge beliefen sich z. B. in den Jahren 1952 und 1953 nach Abzug der Sonderausgaben für Kehl und Helgoland auf je 40 Millionen DM. Der weitaus größere Teil dieser Mittel fließt in die Zonenrandgebiete, weil dort ja der Schwerpunkt der Sanierungsgebiete liegt.
    Außerdem hat die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung im Laufe der letzten Monate mehrere Male Kreditmittel für die gewerbliche Wirtschaft in den Zonenrandgebieten zur Verfügung gestellt, und ich bedaure, dem Vorschlag von Herrn Dr. Bleiß nicht ganz folgen zu können, daß wir diese Mittel hier einfach unbeachtet und unerwähnt lassen. Denn wir möchten natürlich auch jene Mittel erwähnen, die wir zur Verfügung stellen konnten.

    (Abg. Dr. Bleiß: Aber keine Mittel des Bundes, Herr Staatssekretär!)

    — Einverstanden!

    (Abg. Dr. Schöne: Herr Westrick, die Sie zur Verfügung stellen konnten, aber nicht die andern!)

    — Die zur Verfügung gestellt werden konnten, darf ich dann vielleicht anonym sagen. — Die Zins-und Tilgungsbedingungen für die Mittel sowohl des Bundes als auch der Anstalt, will ich also sagen, sind günstiger als die allgemeinen Zins- und Tilgungsbedingungen des Kapitalmarktes.
    Nicht zuletzt aber ist die Bundesregierung auch bemüht, dem Zonenrandgebiet die dort bestehenden Betriebe dadurch zu erhalten, daß sie für standortliche Benachteiligungen, die durch die Zonengrenzziehungen entstanden sind, wenigstens einen gewissen Ausgleich schafft. Hierzu dienen beispielsweise die Durchführung der schon erwähnten Frachthilfe und die Bevorzugung des Zonenrandgebietes bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Da möchte ich auch Herrn Dr. Bleiß etwas erwidern. Er erwähnte, es sei vielleicht ein Widerspruch zwischen der Antwort, die wir schriftlich gegeben haben und in der gesagt ist, daß eine wesentliche Bevorzugung stattfinde, und der Verordnung, in der es heiße, daß die Angebote, die aus den Zonenrandgebieten stammen, geringfügig über den andern Angeboten lägen. Meine Damen und Herren, die Erklärung hierfür liegt in folgendem. Es wird allerdings seitens der Bundesregierung als ein sehr wesentlicher Vorteil betrachtet, daß eine Vergabe von Aufträgen an die Zonenrandgebiete selbst dann erfolgen muß, wenn die Preise gleich hoch liegen. Aber auch dann, wenn die Preise bis zu 5 0/o höher liegen, werden die Zonenrandgebiete insofern noch bevorzugt, als die Erklärung — —

    (Abg. Dr. Bleiß: Ist das die obere Grenze?)

    Das ist die obere Grenze. Aber das Wesentliche an Vorteilen, Herr Dr. Bleiß, sieht die Bundesregierung darin, daß ein Zwang zur Vergebung der Aufträge an die Zonenrandgebiete vorliegt, und zwar auch dann, wenn Angebote mit gleichen Preisen oder in geringfügigem Umfang auch mit höheren Preisen vorliegen.

    (Zuruf von der SPD: Das ist doch keine wesentliche Hilfe!)

    Wir sind der Meinung, daß normalerweise der Auftraggeber die freie Wahl seiner Entscheidung hat, wenn Angebote mit gleichen Preisen vorliegen. Diese freie Wahl seiner Entscheidung ist ihm durch diese Verordnung genommen.

    (Zuruf von der SPD.)

    — Irgendwie ist es ein Ermessen, das gebe ich Ihnen zu. Aber wir betrachten es doch als einen echten wesentlichen Vorteil, daß hier dem Auftragserteiler die Möglichkeit der freien Entscheidung genommen wird, und zwar zugunsten der Zonenrandgebiete.
    In Ergänzung des Ihnen vorliegenden schriftlichen Berichts der Bundesregierung ist noch zu sagen, daß, nachdem eine Einigung über die Beteiligung der Länder über die Aufbringung der Frachthilfe erzielt worden ist — diese Beteiligung war in unserem Bericht noch vorbehalten —, nunmehr die Voraussetzungen für das Anlaufen der Frachthilfe in allen Zonenrandländern, und zwar rückwirkend vom 1. Oktober 1953 an, gegeben sind. Die wesentlichsten Güterarten, die in diese Frachthilfe einbezogen werden sollen, sind bereits festgelegt, und somit stehen der Wirtschaft des Zonenrandgebiets für die Zeit vom 1. Oktober 1953 bis 31. März 1955 insgesamt 111/4 Millionen DM an Mitteln für diese Frachthilfe zur Verfügung.

    (Abg. Dr. Bleiß: Ist das alles, Herr Staatssekretär?)



    (Staatssekretär Dr. Westrick)

    — Leider ist das alles. Die Bundesregierung hofft, der Wirtschaft in den Zonenrandgebieten weitere erhebliche Beträge zuführen zu können, wenn sich ihr Vorschlag — und jetzt kommen wir zum Nervus rerum —, die 120 Millionen DM für die Grenzgebiete im Bundeshaushalt 1954 bereitzustellen, verwirklichen läßt.

    (Abg. Dr. Schöne: Reptilienfonds!)

    Allerdings wäre es wenig sinnvoll, zu versuchen, mit diesen Mitteln durch Einräumung unverhältnismäßig günstiger Rationalisierungsbedingungen oder gar durch völligen Verzicht auf Absicherung und durch ähnliche außergewöhnliche Vorzüge Betriebe zur Ansiedlung bzw. Erweiterung in den Zonenrandgebieten zu veranlassen. Ein solches Verfahren würde wohl nach allgemeiner Auffassung aller an der Lösung des Zonenrandproblems mitwirkenden Stellen dazu führen, daß Betriebe angesetzt werden, die schließlich im Wettbewerb nicht bestehen können und ständig subventioniert werden müßten, wenn sie nicht zum Erliegen kommen sollen. Vom Standpunkt der Bundesregierung ist es im Interesse des Steuerzahlers nur zu verantworten, daß Haushaltsmittel — d. h. Steuermittel
    — dazu verwendet werden, um gesunde und auf die Dauer leistungsfähige Betriebe in den Zonenrandgebieten anzusiedeln.
    Ihre Frage erstreckt sich ferner auf den Fremdenverkehr in den Zonenrandgebieten. Dazu möchte ich auch noch ein paar Worte sagen. Im Zug der Förderungsaktion der Bundesregierung sind den wichtigsten Fremdenverkehrsgebieten im Osten der Bundesrepublik bereits erhebliche Mittel zugeflossen. Der Gesamtbetrag der Kredite und Zuschüsse für das Fremdenverkehrsgewerbe in den Sanierungsgebieten beläuft sich in den Jahren 1951 bis 1953 auf 4,7 Millionen DM. Diese Kredite wurden ebenfalls zu einem verbilligten Zinssatz gegeben, und zwar zu 5 %, also um 21/2 % billiger als die übrigen Sanierungskredite. Außerdem werden aus den Mitteln der werteschaffenden Arbeitslosenfürsorge, die in Verbindung mit den verschiedenen öffentlichen Kreditprogrammen zum Einsatz kommen, Straßenverbindungen in Fremdenverkehrsgebieten ausgebaut, was eine wesentliche Belebung des Fremdenverkehrs zur Folge haben wird. So sind z. B. in Bayern im Jahre 1953 im Rahmen des Sanierungsprogramms von der bayerischen Gesamtquote von rund 8 Millionen DM allein 2 Millionen DM für Straßenbauten verwendet worden. An diese Gelder wiederum waren rund 11/2 Millionen DM aus Mitteln der werteschaffenden Arbeitslosenfürsorge gebunden.
    Schließlich hat die Bundesregierung — wie in dem Ihnen vorliegenden Bericht im einzelnen dargelegt ist — besondere Werbeaktionen für die Fremdenverkehrszentren im Zonenrandgebiet durchgeführt, auf die im einzelnen einzugehen ich mir versagen darf, da die Damen und Herren den Bericht vorliegen haben.
    Nun zur Frage der Vergabe öffentlicher Aufträge in den Zonenrandgebieten! Ich glaube, ich darf es mir hier relativ leicht machen und Sie bitten, sich an Hand des Berichts noch einmal vor Augen zu führen, was die Bundesregierung in dieser Frage getan hat. Wir haben den Eindruck, daß zwar nicht alles geschehen ist, was auch uns wünschenswert zu sein scheint, daß jedoch alles geschehen ist, was uns augenblicklich möglich erscheint.
    Nun fragen Sie: Warum hat die Bundesregierung nicht Mittel im Sinne des Bundestagsbeschlusses vom 2. Juli 1953 eingesetzt, um den kulturellen
    Zwecken der Zonenrandgebiete zu dienen? Dazu ist
    folgendes zu sagen: Die Bundesregierung hat bisher
    — abgesehen von den Mitteln, die im Einzelplan des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen zur Förderung von Schulbauten in den gefährdeten Grenzgebieten bereitgestellt wurden — keine besonderen Mittel für die Förderung kultureller Maßnahmen in den Grenzgebieten bereitstellen können.

    (Abg. Samwer: Sehr bedauerlich!)

    — Ja, das bedauern wir auch sehr. Mit Hilfe der für die Durchführung regionaler Förderungsmaßnahmen zur Verfügung stehenden knappen Haushaltsmittel war es bisher nur möglich, solche Vorhaben zu unterstützen, die zur Erweiterung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit dieser Gebiete dienten. Dieses Verfahren war von der nach meiner Meinung begreiflichen Auffassung bestimmt, daß bei aller Würdigung der Bedeutung kultureller Hilfsmaßnahmen die Sicherung und Erweiterung der wirtschaftlichen Lebensgrundlage in den bedrohten Gebieten in der Rangordnung der Dringlichkeit bei so starker, leider notwendiger Beschränkung der Mittel doch einen gewissen Vorrang haben müßte. Außerdem bestehen starke Zweifel, ob es sich bei der Durchführung derartiger Maßnahmen nicht um ein den Ländern vorbehaltenes Aufgabengebiet handeln könnte.

    (Abg. Wehner: Zum Schluß kommt man immer auf die Zuständigkeitsfrage! Die deutsche Spaltung ist auch keine Länderangelegenheit!)

    Bei dem unzweifelhaft politischen Gewicht solcher Maßnahmen wird aber auch der Bund versuchen, aus den vorhin erwähnten 120 Millionen DM, wenn sie verfügbar sind, einen bestimmten Betrag für die Durchführung dieser kulturellen Hilfsmaßnahmen abzuzweigen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß es sich der für die Verwendung dieser 120 Millionen DM vorgeschlagenen Zweckbestimmung entsprechend nur um die Förderung solcher kultureller Vorhaben handeln kann, die auch der Förderung der Wirtschaft dienen. Die wirtschaftliche Zweckbindung, die die Bundesregierung für die Verwendung der 120 Millionen DM aufgestellt hat, würde die Förderung des Schulwesens, des Fachschulwesens und des allgemeinen Ausbildungswesens selbstverständlich einschließen, und auch eine solche Förderung dürfte doch von großem politischen Nutzen sein.

    (Abg. Samwer: Sehr richtig!)

    Darf ich dann zu der Anfrage der Freien Demokratischen Partei übergehen. Der erste Abschnitt der Frage ist durch den dem Bundestag vorliegenden Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums, soweit es überhaupt möglich ist, beantwortet. Zu dem zweiten Abschnitt betreffend die Verwendung der vorgesehenen 120 Millionen DM ist folgendes darzutun. Diese 120 Millionen DM dienen zunächst einmal nicht nur den Zonenrandgebieten, sondern auch — wenn auch nur zum kleineren Teil — besonders benachteiligten Gebieten an den übrigen Staatsgrenzen der Bundesrepublik. Soweit die Mittel in die Zonenrandgebiete fließen, sollen damit zunächst die nachweisbaren Mehrbelastungen abgedeckt werden, welche die Zonengrenze verursacht. Hierzu gehören vor allem die Mehrfrachten, die durch Verlagerung der Bezugs- und Absatzgebiete, sowie die Umwegfrachten, die durch das


    (Staatssekretär Dr. Westrick)

    Umfahren der sowjetischen Besatzungszone laufend entstehen. Schließlich ist auch an eine Ermäßigung der Energiepreise gedacht, soweit diese im Zonenrandgebiet durch die Abschneidung von den zunächst gelegenen mitteldeutschen Strom- und Kohleliefergebieten überdurchschnittlich gestiegen sind. Bisher war die Beseitigung dieser Nachteile, wie aus dem Bericht des Bundeswirtschaftsministers hervorgeht, nur teilweise möglich. Außerdem wird im Bundeswirtschaftsministerium zur Zeit eingehend geprüft, ob über die Fälle hinaus, in denen laufend zonengrenzbedingte Mehrkosten eindeutig nachgewiesen werden können, allgemeine Erleichterungen und Hilfen gewährt werden sollen wie Zinserleichterungen, Steuererleichterungen und ähnliches. Diese Maßnahmen würden gegebenenfalls dazu dienen, die auf den Zonenrandgebieten liegende, im einzelnen aber nicht nachweisbare Kostenbelastung der Wirtschaft zu mindern.
    Schließlich ist beabsichtigt, nach dem Ausgleich der zonengrenzbedingten Mehrbelastungen strukturverbessernde Maßnahmen durchzuführen, wie sie aus den bereits laufenden Sanierungsprogrammen schon bekannt sind. Hierzu gehören die Bereitstellung von Rationalisierungskrediten an gewerbliche Unternehmen, der Ausbau von Straßen, die Verbesserung der Energieversorgung, der Wasserversorgung und sonstige gewerbliche und landwirtschaftliche Förderungsmaßnahmen. Bei der Auswahl dieser Maßnahmen soll und wird darauf geachtet werden, daß nur solche Vorhaben zum Zuge kommen, die von übergeordneter Bedeutung sind. Außerdem soll solchen Maßnahmen der Vorzug gegeben werden, die geeignet sind, zonengrenzbedingte Belastungen auszugleichen. Zum Beispiel sollen mit Vorrang Straßen gebaut werden, die als Ersatz für die weggefallenen großen Verkehrsverbindungen dienen können, die ehemals die Zonenrandgebiete mit ihren wirtschaftlichen Ergänzungsgebieten jenseits der Zonengrenze verbanden.
    Die Bundesregierung wird bei der Festlegung von Art und Ausmaß der durchzuführenden Maßnahmen bestimmenden Einfluß nehmen. Dies ist notwendig, um sicherzustellen, daß mit den 120 Millionen DM, soweit sie den Zonenrandgebieten zufließen, ausschließlich Maßnahmen finanziert werden, die den Zonenrandgebieten zugute kommen. Es wird außerdem mit allen Mitteln angestrebt, daß die Maßnahmen der einzelnen Länder aufeinander abgestimmt werden.
    Soweit aus den 120 Millionen DM laufende Ausgaben finanziert werden, ist dafür Sorge zu tragen, daß die Fortführung der Maßnahmen in den zukünftigen Jahren sichergestellt wird. Dies kann geschehen, indem aus den 120 Millionen DM die gesamten Beträge, die für das Jahr 1954 und die folgenden beiden Jahre erforderlich sind, entnommen werden oder die Länder sich bereit erklären, die Fortsetzung der Maßnahmen aus ihren Haushalten zu finanzieren. Diese vorsichtige Disposition erscheint unvermeidlich, weil jetzt einerseits nicht davon ausgegangen werden kann, daß im Bundeshaushalt 1955 wiederum 120 Millionen DM bereitstehen, andererseits aber in den meisten Fällen die einmal eingeleiteten, laufenden Ausgaben über einen längeren Zeitraum hinweg geleistet werden müssen. Die vorbereitenden Arbeiten über die zukünftigen Hilfsmaßnahmen für die Zonenrandgebiete sind noch nicht so weit abgeschlossen, daß jetzt schon eine Aufgliederung auf bestimmte Verwendungszwecke und eine genaue Aufschlüsselung der 120 Millionen DM möglich ist. Außerdem soll die endgültige Entscheidung nur im Benehmen mit den Ländern getroffen werden.
    Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß der Herr Bundesminister Kraft zur Zeit damit befaßt ist, ein Memorandum über die erforderlichen Maßnahmen zur Förderung der Zonenrandgebiete auszuarbeiten. Die Ergebnisse seiner Arbeit, die voraussichtlich in zwei bis drei Monaten vorliegen, sollen bei der endgültigen Auswahl der aus den 120 Millionen DM zu finanzierenden Maßnahmen zusammen mit den bisherigen Erfahrungen und Erkenntnissen verwendet werden.

    (Lachen links.)

    Zur Frage 2 der Anfrage der FDP darf ich erneut auf den den Damen und Herren vorliegenden Bericht der Bundesregierung verweisen.
    Gestatten Sie mir zum Schluß in Erwiderung dessen, was Herr Dr. Bleiß erwähnt hat, noch eine Bemerkung. Ich bitte Sie, die Versicherung entgegenzunehmen, daß sich die Bundesregierung keineswegs über jenen Bundestagsbeschluß hinwegsetzt oder ihn etwa mißachtet. Die Bundesregierung ist sich der ungeheuren politischen, sozialen und ökonomischen Bedeutung dieser Sache sehr bewußt. Aber bei der Begrenzung der im Haushalt gegebenen Möglichkeiten muß doch, glaube ich, gesagt werden, daß zumindest vieles geschehen ist. Ich darf in diesem Zusammenhang auf den Bericht verweisen. Auch die Bundesregierung weiß natürlich, daß noch sehr vieles zu geschehen hat.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)