Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein, das ist ganz sicher unschlüssig, Herr Abgeordneter. Wenn dieses Abkommen noch gilt, so ist es ganz sicher, daß es noch im Verhältnis zur Bundesrepublik gilt, ohne daß es aus dem Grunde, daß die Bundesrepublik nicht ganz Deutschland umfaßt, einer Bestätigung bedürfte.
Aber ich entnehme aus Ihrer Bemerkung ein methodisches Zugeständnis, das ich gerne aufgreife, weil es dafür spricht, daß der Herr Bundeskanzler diese Erklärung abgegeben hat. Es kann Situationen geben — das will ich Ihnen gar nicht bestreiten —, wo es sich empfiehlt, etwas zu bestätigen, was auch ohne die Bestätigung wirksam sein würde. Eben das hat der Herr Bundeskanzler getan. Es war der Sinn meiner Bemühungen von vorhin, das Hohe Haus zu überzeugen, daß es sich darum und um nicht mehr handelt.
Drittens möchte ich mit Entschiedenheit dem widersprechen, was Sie über den Inhalt des Urteils des amerikanischen Obersten Gerichts ausgeführt haben. Ich bedaure, sagen zu müssen: Niemand würde glücklicher sein als die Bundesregierung, wenn das richtig wäre, was Sie sagen, wenn also in der Tat der deutsch-amerikanische Freundschafts- und Handelsvertrag von 1923 in seinem vollem Umfang — darauf kommt es an — in Geltung geblieben wäre und wenn wir nicht genötigt gewesen wären, Verhandlungen wegen eines Interimsvertrags zu führen, durch den er wieder in Kraft gesetzt wird. Aber — es tut mir leid, das sagen zu müssen —: In allen wesentlichen Punkten haben Sie das Urteil des amerikanischen Obersten Gerichts unrichtig ausgelegt. Es ist richtig, daß dort ein Grundsatz steht, daß Verträge in Kraft bleiben. Das ist ein alter Grundsatz des englischen Common Law, der vom amerikanischen Recht übernommen worden ist. Aber die Tatsache selbst, daß sich die amerikanische Regierung mit der deutschen in Verbindung gesetzt hat, um einen Interimsvertrag wegen der Wiederinkraftsetzung des alten Freundschaftsvertrags abzuschließen, beweist — ich drücke mich jetzt sehr vorsichtig aus —, daß dieser Grundsatz mindestens nicht für die Aufrechterhaltung dieser alten Verträge in ihrem vollen Umfang in Anspruch genommen werden kann. Und das ist der springende Punkt!
Die Zitate, die Sie, Herr Abgeordneter, selber angeführt haben, bestätigen das, was ich vorgetragen habe, daß sich nämlich der dezisive, der entscheidende, der verfügende Teil des Urteils ausschließlich auf die Anerkennung der Möglichkeit beschränkt, daß trotz der Feindgesetzgebung Deutsche in den Vereinigten Staaten haben erben können und noch erben können.
Aber schließlich, selbst wenn alles richtig wäre, was Sie sagen, was würde denn daraus gegen die Erklärung des Herrn Bundeskanzlers folgen? Aus Ihren eigenen Ausführungen, Herr Abgeordneter, ergibt sich, daß die Erklärung des Herrn Bundes-
kanzlers nicht die Bedeutung haben kann, die Rechtslage zuungunsten der privaten Vermögensrechte deutscher Bürger zu verändern.
In diesem Punkt stimmen wir völlig überein. Das heißt: es bleibt deutschen Privatpersonen, die durch die Feindgesetzgebung der Vereinigten Staaten betroffen sind, unbenommen, dagegen anzugehen. Es bleibt ihnen unbenommen, sich dabei auf die allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätze und die Grundsätze innerstaatlichen Rechts, amerikanischen Rechts, die Sie soeben als die nach Ihrer Auffassung richtigen vorgetragen haben, zu berufen. Es bleibt ihnen sogar unbenommen, sich auf den Art. I Abs. 4 des alten Vertrages zu berufen. Infolgedessen verstehe ich nicht recht, wie sich aus den Argumenten, die Sie selber vorgetragen haben, irgend etwas dagegen ergeben soll, daß der Herr Bundeskanzler diese Erklärung abgegeben hat.