Rede von
Anton
Storch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Finselberger, darf ich Ihnen eine Frage vorlegen. Wer hat im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums, ehe Ihre Vorlage da war, gesagt, daß wir ein derartiges Gesetz ablehnen?
— Es hat in der Zeitung gestanden! Dann muß doch auch dringestanden haben, von wem eine derartige Erklärung abgegeben worden ist.
— Gott im Himmel, wenn Sie in dieser Form hier auftreten, Frau Finselberger und meine Herren vom BHE, und sagen, das Arbeitsministerium hat erklärt, es kenne den Inhalt zwar nicht, aber es lehne das Gesetz ab, dann ist es doch klar, daß man sich fragen muß: wer hat es denn eigentlich gesagt?
Ich sage Ihnen in aller Offenheit: eine derartige Erklärung ist vom Bundesarbeitsministerium nicht abgegeben worden!
Bei der Frage der älteren Angestellten haben wir es mit einem Problem zu tun, das kaum lösbar ist. Mein Herr Staatssekretär hat in einer der letzten Sitzungen auf Grund einer Anfrage das Problem sehr weitgehend behandelt. Ich weiß nicht, ob er dem Hohen Hause dabei gesagt hat, daß in der Zeit der nationalsozialistischen Zwangswirtschaft und nach dem Krieg viele Menschen zu Angestellten gemacht wurden. Aus der Statistik ersieht man, daß die Zahl der Angestellten von 1933 bis 1950 um 35 %, die Zahl der gewerblichen Arbeiter dagegen nur um 18 % gestiegen ist. Das ist meines Erachtens eine ungesunde Entwicklung gewesen. Infolge der Zwangsbewirtschaftung sind ungeheuer viele und große Büros eingerichtet worden, und darin sind die Leute eben zu Angestellten geworden. Mit der Umstellung auf eine freie Wirtschaft sind sie dann frei geworden.
Dazu kommt ein anderes. Es ist heute ein ungeheurer Zustrom der Jugend zu den Angestelltenberufen festzustellen. Er hat ein solches Ausmaß, daß nicht alle Leute später in unserer Volkswirtschaft die entsprechende Beschäftigung als Angestellte finden können.
Frau Finselberger, wir werden uns im Ausschuß gerne mit Ihnen über all diese Fragen unterhalten. Bestimmt werden Sie dann auch die Schattenseiten einer derartigen Gesetzgebung erkennen. Mit der Vorlage eines Gesetzentwurfes wird ja die Zahl der Stellen für Angestellte in unserer Wirtschaft und im öffentlichen Leben nicht größer. Wenn zusätzlich Angestellte, die ein gewisses Alter überschritten haben, eingestellt werden, müssen wir damit rechnen, daß andere dafür freigestellt werden, d. h. auf die Straße kommen.
Denken wir doch einmal an all diese Sonderregelungen der dreißiger Jahre zurück! Damals haben wir zum Teil alte Leute in den Betrieben festgehalten und dafür unsere Jugend auf die Straße gejagt, und die ist dann mit der Fahne und mit dem Lied „Die Fahne hoch . . ." durch die Straßen gezogen. Das war der Anfang vom Ende.
Meine sehr verehrten Damen und Herren. Sie müssen sich doch einmal über folgendes im klaren sein. Der Mangel in der Vergangenheit war, daß keine Möglichkeit bestand, den älteren Angestellten vor einer Entlassung zu schützen. Wir haben im 1. Bundestag das Kündigungsschutzgesetz verabschiedet. Ich bin der Überzeugung, daß wir gerade durch dieses Gesetz verhindern können, daß in der Zukunft ältere Angestellte mit 45 oder 50 Jahren auf die Straße geworfen werden. Das ist doch der tiefere Sinn des Gesetzes. Ich erblicke darin auch eine bessere Hilfsmaßnahme für die älteren Angestellten, als wenn wir Sondergesetze
für sie schaffen. Wenn wir uns in einem Kreise von sehr gut orientierten Leuten über das Problem intensiv unterhalten, werden wir auch gemeinsam einen Weg finden, wie wir den älteren Angestellten helfen können.