Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir das angesprochene Problem recht beurteilen wollen, müssen wir in etwa die ganze Entwicklungsgeschichte der Arbeitsvermittlung kennen. Es war deshalb wertvoll, daß die Bundesregierung in der Begründung ihres Entwurfes auf die Entwicklungsgeschichte hingewiesen hat. Es ist richtig, daß das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung im Jahre 1927 ein gewisses Vermittlungsmonopol für die
Bundesanstalt, die damalige Reichsanstalt, für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung geschaffen hat. Es ging weithin darum, die gewerbsmäßige Stellenvermittlung auszuschalten. Aber man hat damals bewußt gemeinnützigen Stellenvermittlungseinrichtungen ihre Aufgabe belassen, weil man wußte, daß in verschiedenen Bereichen solche Einrichtungen die gestellte Aufgabe besser als eine Verwaltung erfüllen konnten. Man hat dann im Jahre 1935 durch das Gesetz über die Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung diesen Grundsatz an sich beibehalten. In diesem Gesetz hat man die Möglichkeit geschaffen, daß Einrichtungen außerhalb der damaligen Reichsanstalt für die Arbeitsvermittlung bestehenblieben. Aber — und nun setzte das Unrecht ein — man hat dann in einer Verordnung zu diesem Gesetz bestimmt, daß Einrichtungen nach einem bestimmten Termin nicht mehr zugelassen sind, wenn nicht bis dahin eine neue Beauftragung erfolgt. Tatsache ist, daß eben nach dem 31. März 1936 — das war der Termin — keine neuen Beauftragungen mehr erfolgten, daß also dieses Arbeitsgebiet den betreffenden Organisationen, den karitativen Organisationen, völlig genommen wurde.
Das ist der Tatbestand. Man kann meines Erachtens wirklich nicht bestreiten, daß es sich hier um ein nationalsozialistisches Unrecht handelt. Ich bin deswegen eigentlich etwas erstaunt darüber, daß der Kollege Könen hier sagen zu müssen glaubt, die Wiedergutmachung spiele in diesem Falle keine Rolle.
Nun müssen wir uns allerdings auch über die Zweckmäßigkeit solcher Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege zur Stellenvermittlung unterhalten.
Ich glaube, der Fachmann weiß, daß für Teile der Arbeitsvermittlung, insbesondere bei der Vermittlung in hauswirtschaftliche und Pflegeberufe, die Einschaltung der karitativen Organisationen sehr wertvoll ist. Es ist schon einmal gesagt worden: die enge Verbindung zur Familie in der Hauswirtschaft zwingt dazu, manche Dinge zu berücksichtigen, die bei der allgemeinen Arbeitsvermittlung keiner besonderen Berücksichtigung bedürfen. Bei den Pflegeberufen macht die Bindung zu den Krankenanstalten usw. deutlich, daß karitative Organisationen hier eine wertvolle Hilfe leisten können. Es ist auch wiederholt gerade von der früheren Reichsanstalt und von Experten der Arbeitsvermittlung darauf hingewiesen worden, daß man diese Mitarbeit nicht entbehren kann. Es ist ja nicht so, als wollte man einem Gegeneinander das Wort reden. Nein, schon in der Vergangenheit haben diese Einrichtungen immer in enger Verbindung mit den amtlichen Stellen ihre Aufgabe erfüllt. Im Gesetz ist ein gewisses Aufsichtsrecht vorgesehen, und aus der Praxis weiß man, daß diese Zusammenarbeit immer sehr gut war.
Der Bundesrat hat erklärt, daß in der Tat ein echtes Bedürfnis für eine Sondervermittlung auf bestimmten Gebieten bestehe. Er meint aber, der Erlaß eines besonderen Gesetzes sei nicht notwendig, weil auf Grund des Gestzes von 1935 im Einzelfall eine Zulassung erfolgen könne. Wir wollen jedoch diese Einrichtungen in dem damaligen Ausmaß nunmehr gesetzlich generell zulassen. Dabei ist aber dafür Sorge getragen, daß nun nicht etwas zum Leben erweckt wird, was an sich nicht lebensfähig ist. Deswegen ist im Gesetz vorgesehen, daß eine bestimmte Frist zur Antragstellung eingehalten werden muß, und weiter, daß in einer bestimmten
Zeit die Einrichtungen wieder entstanden sein müssen, wenn auf Grund dieses Gesetzes, das wir heute diskutieren, diese Einrichtungen neu geschaffen werden sollen.
Kollege Könen meinte, hier könne unter Umständen eine Interessenkollision entstehen. Er glaubt, die Einzelarbeitsverträge könnten in diesen Fällen ungünstig beeinflußt werden. Meine Damen und Herren, Sie wissen, daß die Vermittlung mit der tarifvertraglichen Gestaltung der einzelnen Arbeitsverträge nichts zu tun hat. Gewiß, diese Arbeitsverhältnisse sind nicht immer so, wie wir alle sie wünschen. Aber ich glaube, daß diese Art der Stellenvermittlung keine nachteilige Wirkung auslöst. Wir müssen eben versuchen, durch entsprechende Regelungen diese ganze Materie, d. h. den Arbeitsvertrag in diesen Berufen, so zu gestalten, daß wir damit zufrieden sein können.
Ich gebe mich auch nicht der Illusion hin, daß der starke Mangel an Haushaltskräften und an Kräften aus Pflegeberufen durch eine solche Regelung plötzlich beseitigt werden könnte. Aber hier kann meines Erachtens doch vieles geschehen. Wer die Praxis kennt, weiß, daß wir heute überall einen Mangel an Menschen haben, die bereit sind, in der Hauswirtschaft tätig zu sein, an Menschen, die bereit sind, in Pflegeberufen tätig zu sein, weil diese Tätigkeiten mit manchen Unannehmlichkeiten verbunden sind, die man in anderen Berufen nicht kennt. Ich glaube, dieses Gesetz wird doch dazu verhelfen, manche Lücken auszufüllen, manche Vermittlung in die entsprechenden Arbeitsverhältnisse zu ermöglichen, die sonst nicht möglich wäre, und ich glaube, daß auch die Qualitätsvermittlung hierdurch doch recht günstig beeinflußt werden kann.
Alle diese Gründe veranlassen uns, Sie zu bitten, dem Gesetz in der vorgelegten Fassung Ihre Zustimmung zu geben.