Rede von
Dr.
Alexander
Elbrächter
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen meiner politischen Freunde möchte ich sagen, daß wir der sozialdemokratischen Opposition dankbar dafür sind, daß sie uns durch ihre Anfrage Gelegenheit gegeben hat, einmal ausführlicher über dieses wichtige Problem der Sozialpolitik zu sprechen. Auch meine Freunde sind der Auffassung, daß der Herr Bundesarbeitsminister durch seine Äußerungen in der deutschen Öffentlichkeit Hoffnungen erweckt hat, die leider bislang noch nicht erfüllt werden konnten. Wir wissen aus sehr vielen Zuschriften unserer Freunde — es ist schon wiederholt darauf hingewiesen worden; aber ich glaube, wir müssen es so stark herausstellen wie nur irgend möglich —, daß bei den Rentnern eine tiefe Unzufriedenheit herrscht, die nun — sei es berechtigter- oder unberechtigterweise — aus den Ausführungen des Herrn Bundesarbeitsministers entnommen haben, daß sie mit einer baldigen Verbesserung ihrer wirklich mißlichen Lage rechnen können. Das ist der Sache
wegen bedauerlich; denn ich stimme mit dem Herrn Bundesarbeitsminister insofern überein, als eine wirkliche Reform eine derartige Vorbereitung erfordert, daß wir in einer, sagen wir einmal, sehr kurzen Zeit nicht zu einer umfassenden Reform kommen können. Darüber sollten wir uns keinen Illusionen hingeben.
Mit meinem Kollegen Atzenroth stimme ich insofern nicht ganz überein, als ich der Auffassung bin, daß durch die detaillierte Schilderung der Aufgaben der Arbeitskreise des Beirats doch schon etwa eine Vorstellung gegeben ist, wie sich der Herr Bundesarbeitsminister diese Reform denkt. Ich glaube, daß es nicht möglich ist, über die Zielsetzung einer umfassenden Reform der Sozialpolitik zu sprechen, wenn nicht zuvor die statistischen Daten vorliegen. Erst die Kenntnis dieser realen statistischen Daten gibt uns die Möglichkeit, zu entscheiden, welchen Weg wir in der Sozialpolitik gehen wollen. Ich glaube, daß die Erstellung solcher statistischen Unterlagen notwendig ist.
Nun möchte ich zum Ausdruck bringen, daß ich
mich außerordentlich über die Leidenschaft gefreut
habe, mit der Herr Kollege Preller sein Anliegen vorgebracht hat. Sicherlich ist vieles richtig
gewesen, was er gesagt hat. Aber ich möchte doch
mit aller Deutlichkeit noch einmal darauf hinweisen, daß uns fromme Wünsche in der Sozialpolitik gar nichts nutzen. Vielmehr müssen wir
dort immer damit rechnen, Herr Kollege Preller,
daß die Mittel vorhanden sind. Insofern begreife
ich nicht ganz — vielleicht habe ich Sie auch mißverstanden —, daß Sie den engen Zusammenhang
zwischen Wirtschaftspolitik, Wirtschaftskraft unseres Landes und den Sozialleistungen nicht so anerkennen, wie das eigentlich der Fall sein müßte.
— Ich habe es eingeschränkt; vielleicht habe ich Sie mißverstanden. Ich freue mich, daß Sie es jetzt herausstellen und daß Sie das doch anerkennen wollen. Aber das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
Ich will mich so kurz fassen, wie es nur irgendwie geht, und deshalb nur noch auf einen Gesichtspunkt hinweisen. Eines scheint mir in der Tat eine Ungereimtheit zu sein: wenn wir wirklich diesen Menschen, von denen Sie mit Recht gesagt haben, daß sie nicht Nutznießer des Wirtschaftsaufstiegs gewesen sind, bevorzugt helfen wollen, dann müssen wir darauf verzichten, viele Wünsche anderer Gruppen zu erfüllen, die immer wieder an uns herangetragen werden. Es ist eine Ungereimtheit, wenn wir eine Steuerreform beschließen wollen, von der wir überzeugt sind, daß sie unbedingt notwendig ist, damit unser Wirtschaftsapparat Impulse bekommt, gleichzeitig aber mit Forderungen auftreten, die diese Wirkungen wieder zunichte machen können. Wir sind doch alle davon überzeugt, daß das soziale Elend am besten über eine gesunde Beschäftigungs- und Wirtschaftspolitik gelindert werden kann. Ich begreife nicht, Herr Kollege Preller, wie Sie die Auffassung vertreten können, daß die Arbeiter nicht an den Früchten des Aufstiegs Anteil hätten; Sie haben es nicht wörtlich gesagt, aber es klang aus Ihren Ausführungen heraus. Wir können uns im gegenwärtigen Augenblick nicht den Luxus leisten, daß für sozialpolitische Forderungen wie etwa die Familienausgleichskassen Summen von 350 oder 800 Millionen DM — je nachdem, wie wir es machen — aus der Wirtschaft oder aus Steuermitteln aufgebracht werden und im gleichen Augenblick, in dem wir, um der Wirtschaft zu helfen, Steuerermäßigungen beschließen, Lohnforderungen angemeldet werden. Diese Lohnforderungen sind nach meiner Meinung nicht gerechtfertigt. Es ist sozialpolitisch besser gedacht, wenn wir die Steuerermäßigungen, die wir der Wirtschaft zugute kommen lassen wollen, sich in einer Verbesserung der Arbeitsmarktverhältnisse auswirken lassen. Es war eines Ihrer Anliegen, Herr Professor Preller, die Arbeitslosigkeit zu beseitigen. Dann können wir aber nicht die Mittel, die zur Verbesserung des Wirtschaftsapparats zur Verfügung stehen, direkt über den bisherigen Umfang hinaus in die Sozialpolitik stecken. Ich möchte Sie also bitten, meine Kollegen von der SPD, auf Ihre Freunde bei den Gewerkschaften dahin einzuwirken, daß in der Lohnpolitik eine gewisse Mäßigung gezeigt wird.
Denn wir sind überzeugt, daß wir wegen des engen sozialpolitischen Zusammenhangs den Rentnern und den anderen Kreisen, die hier angesprochen worden sind, nur helfen können, wenn auf der anderen Seite bei den Lohnforderungen eine gewisse Mäßigung Platz greift. Das ist die Bitte, die ich an Sie richte.
Im übrigen hoffe ich, daß die vielen Anregungen, die der Kollege Schellenberg gegeben hat, sich verwirklichen lassen, glaube aber nicht, daß es Sinn hat, sie jetzt im einzelnen zu diskutieren. Ich würde mich jedoch freuen, wenn wir entsprechend den Vorschlägen, die auch Herr Kollege Atzenroth gemacht hat, über konkrete Anregungen im zuständigen Ausschuß beraten könnten, und hoffe, daß wir uns dann einig werden. Materiell bin ich mit vielem von dem, was Sie sagen, einig.