Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem hier anstehenden Fragenkomplex möchte ich vom Standpunkt der kommunalen Selbstverwaltung aus nur einige kurze Bemerkungen machen. Wir haben schon zu verschiedenen Malen bedauert — auch mein Kollege Gülich in seinen Ausführungen von heute morgen —, daß die kommunale Selbstverwaltung im Rahmen des Grundgesetzes so außerordentlich schlecht weggekommen ist. Die Behandlung im Grundgesetz beschränkt sich bekanntlich auf den Art. 28, der lediglich die institutionelle Garantie für die kommunale Selbstverwaltung beinhaltet, ohne aber, was meines Erachtens notwendig wäre, daraus nun auch die Konsequenzen für die weitere Gesetzgebung und damit für die Sicherstellung der kommunalen Selbstverwaltung in ihrer Funktionsfähigkeit zu ziehen. Wir haben im Gegenteil festzustellen, daß die bisherige Praxis bei der Behandlung dieser Materie durch Bundesregierung und Bundestag leider die Folge hatte, daß eine ganze Anzahl von Gesetzen verabschiedet wurde, die die Gemeinden in ihrer finanziellen Grundlage sehr erheblich eingeschränkt und ihnen Verpflichtungen und Belastungen auferlegt haben, ohne — was hier ja eigentlich selbstverständlich sein müßte — zugleich auch die finanziellen Mittel für die Durchführung der Aufgaben zu gewähren. Ich brauche nur auf einige Gesetze hinzuweisen, auf das Gesetz nach Art. 131, das Lastenausgleichsgesetz, das Investitionshilfegesetz mit sehr starken Auswirkungen gerade in den Finanzsektor der Gemeinden hinein. Dahin gehört auch das Problem der Umsatzsteuererhöhung für die Gemeinden, das heute schon angesprochen worden ist.
Wir sind der Meinung, daß es die Aufgabe des Gesetzgebers ist, dafür zu sorgen, daß den Ge-
meinden die finanzielle Voraussetzung für die Durchführung ihrer Aufgaben geschaffen wird.
Das scheint mir Aufgabe des Bundes zu sein. Die gerade jetzt anstehenden Beratungen zur Finanzverfassung bieten eine willkommene Gelegenheit dazu, ja sie bieten sich geradezu an, dieses Problem mit zu lösen.
Ich möchte deswegen noch einmal ganz kurz die besonderen Anliegen der kommunalen Selbstverwaltung aufzeigen. Da ist zunächst einmal die Sicherstellung, daß die Realsteuern den Gemeinden kraft Gesetzes verbleiben. Sie werden nun sagen, daß das bisherige Übung ist und sich daran kaum etwas ändern wird. Wir sind jedoch nicht ganz der Meinung, daß hier keine Gefahren für die kommunale Selbstverwaltung drohen, insbesondere nicht, nachdem bei den Beratungen im Bundesrat der Herr Staatssekretär Dr. Ringelmann von der Möglichkeit gesprochen hat, die Realsteuern auch für den Bedarf der Länder mit in Anspruch zu nehmen.
Das ist ein Alarmzeichen für die kommunale Selbstverwaltung und für uns jedenfalls Anlaß, unsere Forderung hier noch .einmal mit allem Nachdruck zu unterstreichen.
Da ist zum zweiten und zweifellos am wichtigsten die Sicherstellung bei den Beratungen über Art. 106 des Grundgesetzes, daß Aufgaben, die den Gemeinden durch gesetzgeberische oder verwaltungsmäßige Maßnahmen der Bundesregierung auferlegt werden, auch von denen finanziert werden, die diese Auflagen machen. Es ist unmöglich, den Gemeinden weiterhin zuzumuten, daß sie von ihrer schmalen Finanzdecke auch noch die Aufgaben des Bundes oder der Länder mit finanzieren.
Dann ist ein Weiteres zu nennen: eine echte Beteiligung der Gemeinden und Gemeindeverbände am Aufkommen der gemeinschaftlichen Steuern, und zwar mit einem bestimmten Prozentsatz.
Es ist in diesem Zusammenhang sehr oft davon gesprochen worden, daß die kommunale Personalsteuer wieder eingeführt werden sollte. Das ist natürlich ein etwas heißes Eisen, wenn man von vornherein den Gemeinden die Verantwortung dafür zuschiebt, in welcher Höhe sie ihre Bürger mit einer zusätzlichen Steuer belastet. Wir haben ja alle noch die Erfahrungen aus der Zeit der Bürgersteuer in Erinnerung.
Aber weil ich gerade von der Bürgersteuer spreche, meine Damen und Herren, möchte ich folgendes sagen. Mir scheint, das wäre eine Lösung, daß man die Bürgersteuer, die jetzt in die Einkommensteuer eingebaut ist, wieder ausklammert und den Gemeinden zuweist. Zweifellos wäre damit dieses Problem gelöst. Wir stünden dann nicht vor der Notwendigkeit, eine neue Steuer einzuführen. Im Prinzip werden wir trotz aller Notwendigkeiten, die von uns in der Frage der Sicherstellung des Finanzbedarfs vom kommunalen Standpunkt aus anerkannt werden, niemals bereit sein, zu diesem Zwecke eine erneute Steuer, die gleichzeitig eine neue Steuerbelastung für den einzelnen ausmacht, anzuerkennen oder ihr zuzustimmen.
Es ist nicht Aufgabe der ersten Lesung von Gesetzentwürfen, auf die Einzelheiten, die hier als Lösungsmöglichkeiten anstehen oder erarbeitet werden sollten, einzugehen. Im übrigen ist dieses
Problem ja heute auch schon dankenswerterweise von einigen Vorrednern mit angesprochen worden. Ich habe mich besonders über die Ausführungen gefreut, die Herr Kollege Dresbach hier zu diesem Thema gemacht hat. Sie waren nicht nur von einer sehr gründlichen Kenntnis der Materie getragen, sondern zweifellos auch von der gebotenen Ehrlichkeit und der notwendigen Bereitschaft, das Problem zu lösen. Nun, so sehr ich die Ehrlichkeit des Kollegen Dresbach anerkenne, so viel lieber wäre es mir aber gewesen, er hätte diese Ausführungen mit der Vorbemerkung machen können, daß er hier die Auffassung seiner Fraktion verträte. Dann hätten sie zweifellos etwas mehr Nachdruck gehabt.
Ich darf in diesem Zusammenhang vielleicht auch an die Ausführungen erinnern, die der Herr Bundesinnenminister in der Sitzung des Kommunalpolitischen Ausschusses am 9. Februar dieses Jahres zu diesem Thema gemacht hat. Wenn wir trotzdem skeptisch sind, dann ist das aus der bisherigen Praxis zu erklären, die sich doch dadurch auswies, daß alles das, was von der Mehrheit dieses Hauses zu diesen Belangen der kommunalen Selbstverwaltung gesagt wurde, eben nur Worte geblieben sind,
denen man die Taten nicht hat folgen lassen. Mir scheint es dringend notwendig zu sein, über den Status leerer Deklamationen endlich einmal hinauszukommen und in den Status der Verwirklichung einzutreten. Ich hoffe, daß die neue Zusammensetzung des Bundestages und insbesondere der Mehrheit dieses Bundestags hier etwas kommunalfreundlicher eingestellt ist, als es in der Vergangenheit der Fall war, und wir vielleicht auch endlich einmal dazu kommen, die Probleme zu lösen.
Es ist selbstverständlich, daß hier Verfassungsänderungen notwendig sind. Aber ich glaube, man kann doch wohl mit Recht die Auffassung vertreten, daß, wenn man die Notwendigkeit anerkannte, auf außenpolitischem Gebiet Verfassungsänderungen vorzunehmen, und auch die entsprechenden Konsequenzen gezogen hat, man auch den Mut haben sollte, zur innerstaatlichen Befriedung die Verfassungsänderungen durchzuführen, die nun einmal notwendig sind.
Ich will mich mit diesen kurzen Ausführungen begnügen. Ich möchte nur noch einmal an das Kernproblem erinnern, das sich ja letztlich dadurch ausweist, daß wir, wenn wir die kommunale Selbstverwaltung in dieser Bundesrepublik nicht in Ordnung bringen und nicht in Ordnung halten, uns sehr sehr schwer damit tun werden, die Demokratie in Deutschland überhaupt zu festigen.