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ID0202622700

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    2. Deutscher Bundestag — 26. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. April 1954 1043 26. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. April 1954. Geschäftliche Mitteilung en . . . . 1046 A, 1092 C, 1101 D, 1141 A Gedenkworte des Präsidenten für die Todesopfer des Bergunglücks der Heilbronner Schüler und Lehrer und für ihre Hinterbliebenen und Dank für die an dem Rettungswerk Beteiligten 1046 B Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg Schuler, Höcker, Horn, Ladebeck, Gerns, Ritzel, Dr. Bartram, Cillien, Arnholz . . 1046 D Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags 1046 D Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 15, 39, 42, 43, 47, 50, 52, 54 (Drucksachen 144, 460; 342, 485; 383, 463; 384, 461; 408, 471; 426, 491; 438, 479; 457, 490) 1046 D Vorlage des Berichts des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über Maßnahmen betr. Verlängerung der Verordnung über die Beimischung inländischen Rüböls und Feintalges (Drucksache 465) 1047 B Vorlage des Geschäftsberichts der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein und der Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung der Verwertungsstelle für das Geschäftsjahr 1952/1953 (Drucksache 464) 1047 B Mitteilung über Vereinbarung im Ältestenrat betr. Behandlung von Fragen der Fragestunde, die wegen Abwesenheit des zuständigen Bundesministers oder seines Vertreters in der Fragestunde unerledigt bleiben 1047 C Fragestunde (Drucksache 477): 1. betr. Material zur Bewertung der Rede des Herrn Chruschtschew und zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage in der Sowjetunion: Dr. Lütkens (SPD) . . . 1047 C, D, 1048 A Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 1047 D, 1048 A 2. betr. Artikel in der Zeitschrift „Außenpolitik" und Vermeidung der Benennung Frankreichs als Partner des Potsdamer Abkommens sowie Auslegung des Begriffs „Vereinbarungen von 1945" in der amtlichen Begründung zum Bonner Vertrag vom 26. Mai 1952: Dr. Lütkens (SPD) 1048 B, C, D Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 1048 B, D 3. betr. Unterbindung des Schlachtens von Hunden und Katzen zum Zwecke des Verzehrs: Dr. Leiske (CDU/CSU) 1049 A, C, D, 1050 A Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . 1049 B, D Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 1050 A 4. betr. Vorschriften zum Schutz der Volksgesundheit im Bereich der Milchwirtschaft: Frau Nadig (SPD) 1050 A, C Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . 1050 A, C 5. betr. Fischereischutzboote für die Fanggebiete der deutschen Hochseefischerei: Schneider (Bremerhaven) (DP) . . . 1050 C Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . . 1050 D 6. betr. Steuererleichterung für den Schaustellerstand: Ruhnke (SPD) 1051 A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1051 A 7. betr. Bereitstellung von Mitteln für den Ausbau des Albaufstiegs auf der Autobahnstrecke von Aichelberg bis Hohenstadt (Kreis Göppingen): Finckh (CDU/CSU) 1051 B, C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1051 B, D 8. betr. Vorlage des Entwurfs eines neuen Bundesbesoldungsgesetzes: Jahn (Frankfurt) (SPD) 1051 D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1051 D 9. betr. Vorlage des Entwurfs eines Gesetzes über die Finanzgerichtsbarkeit: Dr. Bucher (FDP) 1052 A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1052 A 10. betr. Öffnung einer für das Auswärtige Amt bestimmten Kuriersendung durch eine Zoilkontrollstelle: Dr. Lütkens (SPD) 1052 B 11. betr. Teilnahme des Kulturattachés der Deutschen Botschaft in Paris von Tiechowitz an der Französisch-Deutschen Pädagogentagung Pfingsten 1953 in Paris: Dr. Lütkens (SPD) . . . 1052 C, D, 1053 A Dr. Hallstein , Staatssekretär des Auswärtigen Amts . . . . 1052 C, D, 1053 A 12. betr. Anwendung der Richtlinien des Bundesministeriums der Finanzen zur Neuregelung von Nutzungsentschädigungen für von der Besatzungsmacht beschlagnahmte landwirtschaftliche Nutzflächen: Kahn-Ackermann (SPD) . . 1053 B, C, D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1053 B, C, D 13. betr. Verwendung und Aufbewahrung des Forschungsguts des früheren Reichsinstituts für Inner-Asien-Forschung in München: Miller (CDU/CSU) 1053 D Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 1054 A 14. betr. Fährverbindung Cuxhaven-Brunsbüttelkoog (Fährschiff „Niedersachsen") : Dr. von Buchka (CDU/CSU) . . . . 1054 B Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1054 B 15. betr. Nichtberücksichtigung eines der vom Bayerischen Verkehrsbeamtenverein in München vorgeschlagenen Vertreters für den Postverwaltungsrat: Kramel (CDU/CSU) . . . . 1054 D, 1055 C Dr. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . 1055 A, C 16. betr. Maßnahmen zum Schutze der in den ostfriesischen Inselbädern ortsansässigen Einzelhandelsbetriebe gegen Beeinträchtigungen durch Filialbetriebe von Großunternehmungen des Festlandes während der Saison: Kortmann (CDU/CSU) 1055 B, C Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 1055 C, D 17. betr. Zustände an den Postämtern Reinheim und Reichelsheim im Odenwald: Banse (SPD) 1055 D Dr. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . . 1055 D 18. betr. Unterlassung einer Erhöhung der Beförderungsgebühren für Päckchen in die sowjetisch besetzte Zone: Becker (Hamburg) (DP) 1056 C Dr. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . . . 1056 D 19. betr. Maßnahmen zur Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes in den deutsch-schweizerischen Grenzkraftwerken des Oberrheins: Faller (SPD) 1057 A Storch, Bundesminister für Arbeit 1057 A 20. betr. Ablauf der Konzession der Privatbahn Hetzbach-Beerfelden (Odenwald) und weitere Sicherung der Personen- und Güterbeförderung auf dieser Strecke: Banse (SPD) 1057 C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1057 C 21. betr. Ausbau der Elb-Fährverbindung Glückstadt—Wischhafen: Dr. von Buchka (CDU/CSU) . . . 1054 C, D Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1054 C, D 22. betr. Maßnahmen zur Förderung des Wiederaufbaus von Räumungsgrundstücken: Dr. Hesberg (CDU/CSU) 1057 B Dr. Preusker, Bundesminister für Wohnungsbau 1057 B 23. bis 41.: Wegen Zeitablaufs der Fragestunde schriftliche Beantwortung vorgesehen 1057 D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Saarfrage (Drucksache 340; Entschließungsantrag Drucksache 493) in Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP betr. Entwicklung der außenpolitischen Lage (Drucksache 488) 1057 D Dr. Mommer (SPD), Anfragender 1058 A, 1070 D, 1071 A Dr. Kopf (CDU/CSU), Anfragender 1060 C Zur Geschäftsordnung, — Frage der Verbindung der Beratung der Punkte 2 und 3 der Tagesordnung: Dr. von Brentano (CDU/CSU) 1061 B, 1062 A Dr. Menzel (SPD) 1061 B Präsident D. Dr. Ehlers 1062 B Verbindung beschlossen 1062 C Fortsetzung der Beratung der Großen Anfragen 340 und 488 in weiterer Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Auswirkungen der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl auf die Wirtschaft der Bundesrepublik (Drucksache 455) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Bildung eines Ausschusses zur Beratung von Vorschlägen gemäß Art. 96 des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 459) 1061 B, 1062 C Dr. Deist (SPD), Anfragender . . . . 1062 C Dr. Adenauer, Bundeskanzler 1067 B, 1070 D, 1071 A, B Dr. Mommer (SPD) 1070 D, 1071 A, 1124 D Ollenhauer (SPD) 1076 D Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . 1085 D Dr. Pfleiderer (FDP) . . . . 1092 C, 1095 D Dr. Lütkens (SPD) 1095 C, 1120 C Seiboth (GB/BHE) 1098 D Dr. von Merkatz (DP) 1101 D Freiherr Riederer von Paar (CDU/CSU) 1107 D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 1110 A Walz (CDU/CSU) 1114 C Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein (FDP) 1115 C D. Dr. Gerstenmaier (CDU/CSU) . . 1117 D, 1120 C, 1126 B Trittelvitz (SPD) 1126 C Dr. Pohle (Düsseldorf) (CDU/CSU) 1127 D Dr. Kreyssig (SPD) 1130 B Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 1136 C Scheel (FDP) 1139 B Abstimmung vertagt 1140 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. das Abkommen vom 1. Juli 1953 über die Errichtung einer Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung (Drucksache 394) 1140 A Überweisung an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten 1140 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das deutsch-österreichische Protokoll vom 14. Dezember 1953 über die Verlängerung des deutschen Zollzugeständnisses für Loden (Drucksache 397) . . . 1140 A Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 1140 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Internationale Zuckerabkommen vom 1. Oktober 1953 (Drucksache 469) . . 1140 B Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 1140 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Zollabkommen vom 30. Dezember 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen (Drucksache 470) 1140 B Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 1140 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. November 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen (Drucksache 156); Mündlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 337) 1140 B Dr.-Ing. E. h. Schuberth (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 1142 Beschlußfassung 1141 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen über den Antrag der Abg. Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein, Walz, Trittelvitz, Seiboth, Schneider (Bremerhaven) u. Gen. betr. Reiseverkehr mit dem Saargebiet (Drucksachen 334, 170) 1141 C Walz (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 1144 Beschlußfassung 1141 D Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betr Betriebskostenpauschale für freie Berufe (Drucksache 418) 1141 D Beschlußfassung 1141 D Nächste Sitzung 1141 A, D Anlage 1: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten zum Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. November 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen (Drucksachen 156, 337) 1142 Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen über den Antrag der Abg. Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein, Walz, Trittelvitz, Seiboth, Schneider (Bremerhaven) u. Gen. betr. Reiseverkehr milt dem Saargebiet (Drucksachen 334, 170) 1144 Die Sitzung wird um 9 Uhr 4 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
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    *) Siehe Anlage 1 Seite 1142. **) Siehe Anlage 2 Seite 1144. Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 26. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (4. Ausschuß) zum Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. November 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen (Drucksachen 337, 156) Berichterstatter: Dr.-Ing. E. h. Schuberth Die Bundestagsdrucksache 156 enthält den Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. 11. 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen. Neben diesem Entwurf liegt eine Begründung dazu und weiter der von der Vollversammlung der Vereinten Nationen am 21. 11. 1947 gebilligte Text des Abkommens vor. Es handelt sich dabei um folgendes. I. Die Bundesrepublik ist bekanntlich Mitglied einiger der sogenannten Sonderorganisationen der Vereinten Nationen, z. B. der Internationalen Arbeitsorganisation, der UNESCO, der Weltgesundheitsorganisation, des Internationalen Fernmeldevereins. In anderen Sonderorganisationen arbeitet die Bundesrepublik mit, ohne formell Mitglied zu sein, so z. B. in der Organisation für internationale zivile Luftfahrt, im Weltpostverein. Bis jetzt fehlt es an einer Rechtsgrundlage, die den Organisationen, in denen die Bundesrepublik Mitglied ist oder an deren Arbeiten sie teilnimmt, diejenigen Vorrechte und Befreiungen zukommen läßt, welche nach internationaler Übung den Organisationen und ihrem Mitarbeiterstab in anderen Staaten gewährt werden. Die Bundesregierung mußte schon bisher einigen Sonderorganisationen ohne die besagte Rechtsgrundlage Vorrechte und Befreiungen in beschränktem Rahmen einräumen, so z. B. der OEEC, der CARE-Organisation, der Liga der Rotkreuzgesellschaften, der Schweizer Europahilfe. Die Zugeständnisse waren dann notwendig, wenn eine Sonderorganisation im Gebiet der Bundesrepublik etwa eine Zweigstelle errichtete, so z. B. die Zweigstelle der Internationalen Arbeitsorganisation in Bad Godesberg, oder wenn eine Organisation in Deutschland Grundbesitz erwarb oder Bankkonten eröffnete oder schließlich, wenn eine Organisation im Gebiet der Bundesrepublik eine Tagung abhielt. Der Beitritt der Bundesrepublik zu dem Abkommen soll jetzt für solche Maßnahmen die Rechtsgrundlage schaffen und auch die Möglichkeit geben, über die schon bisher eingeräumten Befreiungen und Vorrechte hinaus die Beziehungen der Bundesrepublik zu anderen Sonderorganisationen auf eine einwandfreie Grundlage zu stellen. Zur Zeit wird verhandelt über Verträge mit der Arbeitsgemeinschaft der Skandinavischen Wohlfahrtsverbände, dem Weltkirchenrat, dem Lutherischen Weltbund, der World's Young Men's Christian Association und der National Catholic Welfare Conference. Zu dem Inhalt des Abkommens sei zunächst bemerkt, daß es weitgehend dem Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen des Europarats ähnelt. Im Gegensatz dazu ist das Abkommen für die Sonderorganisationen ein Rahmenabkommen. Es wird für die einzelnen Organisationen je nach der Interessenlage durch Anhänge ergänzt. Die Rechtsstellung, die der einzelnen Sonderorganisation zukommt, ergibt sich also aus dem Abkommen und dem Anhang. Die wesentlichsten Bestimmungen des Abkommens sind in den Artikeln II, III, V und VI enthalten. Die Artikel II und III befassen sich mit der Rechtsstellung, die der Organisation als solcher gewährt wird. Danach erhält die Sonderorganisation die Qualifikation einer Rechtspersönlichkeit. Sie kann also Verträge abschließen, Vermögen erwerben und darüber verfügen. Sie kann vor Gericht klagen und verklagt werden (Art. II § 3). Die völkerrechtliche Stellung der Organisation behandelt Art. III. Die hier zusammengefaßten Vorschriften geben den Sonderorganisationen die Freiheit, ihren Aufgaben in voller Unabhängigkeit von einzelnen Mitgliedern gerecht zu werden. Das heißt: die Sonderorganisationen sind für ihr Vermögen von der Gerichtsbarkeit befreit. Ihre Räumlichkeiten und Archive sind unverletzlich. Ihre Guthaben, ihre Einkünfte unterliegen nicht den direkten Steuern, und schließlich sind sie auch bezüglich der zum Amtsgebrauch bestimmten Gegenstände von allen Zöllen, Ein- und Ausfuhrverboten freigestellt. Art. III § 7 sieht auch eine Befreiung von devisenrechtlichen Beschränkungen vor. Das kann aber in vollem Umfange für die Bundesrepublik nicht gelten. Deshalb macht Art. 1 des Beitrittsgesetzes einen Vorbehalt zu § 7 b. Dies bedeutet aber nicht, daß die Sonderorganisationen ihre in der Bundesrepublik befindlichen Guthaben und Devisen usw. (Dr.-Ing. E. H. Schuberth) nicht transferieren dürfen. Der Transfer bedarf nur der nach deutschem Recht erforderlichen Genehmigung. Die persönlichen Vorrechte und Befreiungen sind Gegenstand der Vorschriften in Art. V und Art. VI. Art. V behandelt die Vorrechte und Befreiungen für die Vertreter der Mitgliedstaaten, die an Tagungen der Sonderorganisationen teilnehmen. Die Vertreter der Mitgliedstaaten sollen sich in voller Freiheit zum Tagungsort begeben, vom Tagungsort zurückkehren und auf der Tagung ihres Amts walten können. Art. V sieht deshalb die Befreiung von Verhaftung und Festnahme auf der Reise nach und vom Tagungsort, die Unverletzlichkeit aller Papiere und Schriftstücke, die Befreiung von fremdenpolizeilichen Vorschriften sowie eine Immunität für alle Äußerungen bei der Ausübung des Amts vor. Die Freiheiten, welche in dieser Weise den Vertretern der Mitgliedstaaten eingeräumt werden, gelten nicht im Verhältnis zu demjenigen Staat, dem der Vertreter angehört oder den er bei der Sonderorganisation zu vertreten hat (§ 17). Die Vorrechte und Befreiungen, die die Beamten der Sonderorganisationen erhalten haben, sind nach der Funktion, die der einzelne Beamte ausübt, abgestuft. Die Leiter der Sonderorganisationen genießen volle diplomatische Immunitäten für sich und ihre Familienangehörigen (§ 21). Die übrigen Beamten sind von der Gerichtsbarkeit befreit in bezug auf amtliche Äußerungen und Handlungen. Sie sind befreit von der Einkommensteuer, von fremdenpolizeilichen Vorschriften und vom Zoll für die erstmalige Überführung ihres Hausrats. Außerdem genießen sie eine bevorzugte Behandlung bei der Devisenbewirtschaftung. Welchen Beamten diese Befreiungen zustehen sollen, bestimmt jede Organisation für sich. Der Generalsekretär der Sonderorganisation hat die Namen der Beamten, die solche Befreiungen erhalten sollen, den Mitgliedsregierungen mitzuteilen (§ 18). Art. VII §§ 24 und 25 schafft Vorkehrungen, die es erlauben, einem Mißbrauch der Vorrechte zu begegnen. Von Interesse ist schließlich Art. IX, der ein Verfahren vorsieht, nach dem Streitigkeiten auf dem Gebiet des Vertragsrechts geschlichtet werden oder auch Streitigkeiten, an denen ein mit Immunitäten begabter Beamter beteiligt ist. Der Beitritt der Bundesrepublik wird dadurch wirksam, daß die Beitrittserklärung bei dem Generalsekretär der Vereinten Nationen oder dem Leiter der betreffenden Sonderorganisation hinterlegt wird. Das Abkommen wird jeweils im Verhältnis zwischen dem Staat und der in Frage stehenden Sonderorganisation wirksam. II. Der vorliegende Gesetzentwurf regelt nicht nur den Beitritt der Bundesrepublik zu dem Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen, sondern macht es im Art. III der Bundesregierung möglich, durch Rechtsverordnung Vorrechte und Befreiungen auch anderen zwischenstaatlichen Sonderorganisationen sowie ausländischen Wohlfahrtsorganisationen und ihren ausländischen Vertretern im Bundesgebiet zu gewähren. Solche amtlichen zwischenstaatlichen Organisationen sind z. B. internationale Schiedsgerichte, die mit dem Sitz in der Bundesrepublik errichtet werden, so der Schiedsgerichtshof des Londoner Schuldenabkommens. Ausländischen Wohlfahrtsorganisationen hat die Bundesregierung schon in der Vergangenheit auf Grund besonderer Abmachungen Steuer- und Zollvergünstigungen einräumen müssen (z. B. CARE, CRALOG, LICROS usw.); siehe Begründung des Gesetzentwurfs auf Seite 4. III. Aus allgemein politischen, aus rechtlichen, aber auch vielleicht aus moralischen Gründen sollte die Bundesrepublik dem Abkommen beitreten. Der Bundesrat hat dem Gesetzentwurf mit der Maßgabe zugestimmt, daß in Art. III Satz 3 die Worte eingefügt werden sollen: „mit Zustimmung des Bundesrats". Dieses Verlangen des Bundesrats scheint berechtigt; die Bundesregierung hat hiergegen auch nichts einzuwenden gehabt. Die Berlin-Klausel in Art. IV sollte die jetzt übliche Fassung erhalten, nämlich: Dieses Gesetz gilt auch im Lande Berlin, wenn das Land Berlin die Anwendung dieses Gesetzes feststellt. Bonn, den 29. April 1954 Dr.-Ing. E. h. Schuberth Berichterstatter Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 26. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen (35. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein, Walz, Trittelvitz, Seiboth, Schneider (Bremerhaven) und Genossen betreffend Reiseverkehr mit dem Saargebiet (Drucksachen 334, 170) Berichterstatter: Abgeordneter Walz Der Bundestag hat mit Beschluß vom 12. Juli 1950 die Bundesregierung aufgefordert, sich für die Aufhebung des Paß- und Visumzwangs im Reiseverkehr mit dem Saargebiet einzusetzen. Die daraufhin eingeleiteten Verhandlungen mit der Alliierten Hohen Kommission führten mit Wirkung vom 1. Januar 1951 zur Aufhebung des Visumzwangs. Der Paßzwang blieb bestehen. Das neue Bundesgesetz über das Paßwesen vom 4. März 1952 schreibt einen Paßzwang nur für Deutsche vor, die das Bundesgebiet über eine Auslandsgrenze verlassen oder betreten. Nach deutschem Recht besteht daher für die Ausreise von deutschen Staatsangehörigen aus dem deutschen Bundesgebiet in das Saargebiet oder für die Einreise von Saarbewohnern deutscher Staatsangehörigkeit aus dem Saar- in das Bundesgebiet kein Paßzwang. Bei der damaligen Beratung des neuen Paßgesetzes im Ausschuß des Bundestages für Angelegenheiten der inneren Verwaltung bestand daher Übereinstimmung darüber, daß rechtlich gegenüber dem Saargebiet ebensowenig ein Paßzwang für Deutsche in Frage kommt wie beim Übertritt über die Sowjetzonengrenze. Der Antrag der Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein, Walz, Trittelvitz, Seiboth, Schneider (Bremerhaven) und Genossen betreffend Reiseverkehr mit dem Saargebiet vom 8. Januar 1954 ist nach einem Beschluß des Bundestages dem Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen federführend unter Mitbeteiligung des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung überwiesen worden. In einer Sitzung vom 9. Februar 1954 beschloß der mitbeteiligte Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung daraufhin, dem federführenden Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen folgende Formulierung zu empfehlen: Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, den Reiseverkehr zwischen dem Saargebiet, den unter vorläufiger Auftragsverwaltung stehenden Westgebieten und dem Bundesgebiet nach den Gepflogenheiten des innerdeutschen Reiseverkehrs zu regeln. Der Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen hat in seiner Sitzung vom 16. März 1954 diese Formulierung gutgeheißen und beschlossen, sie als Antrag dem Bundestag vorzulegen. Als Berichterstatter empfehle ich Ihnen, in diesem Sinne zu beschließen. Bonn, den 29. April 1954 Walz Berichterstatter
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    Rede von Dr. Wolfgang Pohle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe für meine Freunde zu den beiden Drucksachen 455 und 459 einige Bemerkungen zu machen.
    Was zunächst die Drucksache 459 anlangt, den Antrag der Fraktion der SPD, zur Vorbereitung der sogenannten großen Revision nach Art. 96 des Montan-Union-Vertrages einen Ausschuß einzusetzen, so halten wir diesen Antrag für erwägenswert. Wir glauben, daß eine Reihe von Gründen für die Bildung eines solchen Ausschusses spricht. Aber manche Gründe sprechen auch dagegen. Es muß berücksichtigt werden, daß die Revision erst nach dem 1. Februar 1958 möglich ist. Wir müssen deshalb die Frage aufwerfen, ob es angebracht ist, schon heute einen derartigen Ausschuß ins Leben zu rufen, oder ob es nicht zweckmäßig ist, daß der Wirtschaftspolitische Ausschuß diese Aufgabe mit übernimmt. Wir beantragen deshalb, diesen Antrag zur Prüfung an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß zu überweisen.
    Aus den in der Großen Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion zum Montan-Union-Vertrag — Drucksache 455 — gestellten Einzelfragen, insbesondere aus den Fragen c) und d) — die Fragen bilden eine Einheit —, geht hervor, daß gewisse Zweifel an der Funktionsfähigkeit des gemeinsamen Marktes geäußert werden. Es wird auch davon gesprochen, daß bereits Nachteile und Schäden für die Wirtschaft der Bundesrepublik eingetreten seien. Weiter werden gegen den Schumanplan als ganzen gewisse Bedenken erhoben.
    Diese Art der Fragestellung erfordert eine grundsätzliche Bemerkung. Der Herr Bundeskanzler hat schon heute morgen in seiner Regierungs-


    (Pohle [Eckernförde])

    erklärung zum Ausdruck gebracht, welche wirtschaftliche und politische Aspekte der Montan-
    Union-Vertrag für uns hat. Es kann kein Zweifel bestehen, daß, wer die europäische Gemeinschaft ernstlich will, auch die Montan-Union bejahen muß und daß umgekehrt, wer die Montan-Union als Institution verneint, auch die Idee der europäischen Integration leugnet. Um so mehr begrüße ich es, daß Herr Kollege Deist heute morgen betont hat, daß er aus seiner Sorge um diese Institution gesprochen hat. Er hat damit das gleiche Positivum wiederholt, das auch in Straßburg Gegenstand der einstimmigen Resolution aller Parteien im Investitionsausschuß und in der Gemeinsamen Versammlung war. Meine Freunde und ich halten es für angebracht und notwendig, an dieser Stelle erneut und mit allem Nachdruck zu betonen, daß wir uns rückhaltlos zur Idee und zur Realisierung der Montan-Union bekennen. Wir halten dieses Vertragswerk für einen bedeutungsvollen Schritt auf dem Wege zur Verwirklichung der europäischen Gemeinschaft und wiederholen die in diesem Hause schon mehrfach abgegebene Erklärung, daß wir den Vertrag als außerordentlich wichtige politische Etappe betrachten.
    Dieses Bekenntnis hindert uns nicht, mit der Bundesregierung festzustellen, daß sich naturgemäß Anlauf- und Anfangsschwierigkeiten ergeben. Einmal deshalb, weil es sich bei einer supranationalen Behörde um ein rechtliches, zumindest um ein wirtschaftliches Novum handelt. Zum andern, weil die Wirtschaftssysteme und Wirtschaftsstrukturen der einzelnen Mitgliedstaaten völlig verschieden sind — daher auch die Übergangsbestimmungen der Art. 95 und 96 —, und zum dritten, weil die Montan-Union, wie der Herr Bundeskanzler zum Ausdruck gebracht hat, nur eine Teilintegration ist und sich zwischen den integrierten und nicht integrierten Teilen der Nationalwirtschaften Reibungen ergeben müssen. Die Überwindung und Beseitigung dieser Störungsfaktoren ist unser aller Anliegen, sowohl das der Bundesregierung wie von uns, die wir die Ehre haben, den Bundestag in der Gemeinsamen Versammlung der Montan-Union zu vertreten. Selbst wenn wir dort nicht mit den gleichen parlamentarischen Rechten ausgestattet sind, wie wir sie in diesem Hohen Hause genießen — das liegt am Vertragswerk —, so haben wir doch weitgehende Zusammenwirkungsmöglichkeiten mit der Hohen Behörde.
    Es ist selbstverständlich, meine Damen und Herren — und ich stehe nicht an, das ganz offen auszusprechen —, daß nicht alle Maßnahmen der Hohen Behörde unseren ungeteilten Beifall gefunden haben und finden können, und wir haben auch mit unserer Kritik bisweilen nicht zurückgehalten. So und nicht anders, als ein Beitrag zu einer aufbauenden und positiv-kritischen Stellungnahme zu den Maßnahmen der Hohen Behörde, sind — ich habe Anlaß, das besonders zu betonen — auch die Äußerungen der Herren Momsen, Berg und Abs aufzufassen, von denen heute morgen hier die Rede war.
    Manche Maßnahmen der Hohen Behörde zeigen das Bestreben, die noch nicht erprobten Bestimmungen des Vertrages mit der Praxis in Einklang zu bringen. Eins aber ist sicher anzuerkennen: die Hohe Behörde hat immer das Bestreben gezeigt, vor allen ihren Entscheidungen und Empfehlungen die zuständigen Instanzen, sei es den Ministerrat, sei es den Beratenden Ausschuß, sei es auch im Rahmen seiner Befugnisse das Montan-Parlament,
    zu befragen und zu einem Ausgleich der Meinungen zu gelangen.
    Deutschland und die betroffenen Grundindustrien haben durch ihren Beitritt zur Montan-Union eine politische Entscheidung getroffen. Sie haben sie getroffen in voller Erkenntnis der Tatsache, daß sie willens und bereit sind, im Rahmen der europäischen — auch wirtschaftlichen — Integration gewisse Opfer zu bringen, um des großen Ziels der europäischen Gemeinschaft willen. In vollem Bewußtsein dessen hat Deutschland damals die sogenannten Startnachteile in Kauf genommen. Die deutschen Werke waren damals besonders benachteiligt, weil, wie der Herr Bundeskanzler ausgeführt hat, einige Faktoren zusammentrafen, die erhebliche Investitionsrückstände, eine erheblich schlechtere technische Ausrüstung und demgemäß eine schlechtere Wettbewerbslage zur Folge hatten. Der Vollständigkeit halber darf ich nur hinzufügen, daß auch die Unterschiedlichkeit der Steuersysteme, die den Export der deutschen eisenschaffenden Industrie in die Montan-Union-Länder gegenüber anderen Mitgliedstaaten benachteiligt, zu diesen Startnachteilen gehört. Wir hoffen, daß die Bundesregierung nichts unterlassen wird, um diese Differenzierung der steuerlichen Belastungen auf die Dauer zu beseitigen. Vom Kollegen Deist ist ferner auf Art. 66 verwiesen worden. Wir hoffen, daß es gelingt — ich weiß, daß die Bundesregierung nach dieser Richtung eifrig tätig gewesen ist —, eine Zementierung des Startnachteils, der hiermit im Zusammenhang steht, zu beseitigen.
    Mit Recht hat der Herr Bundeskanzler heute morgen hervorgehoben, daß bei der Verkündung des Schumanplans diesen Startnachteilen auch erhebliche Vorteile gegenüberstanden, die durch das Inkrafttreten des Plans ausgelöst wurden. Er hat auf die schnellebige Zeit verwiesen. Ich kann von mir aus hinzufügen: wer damals die Eingriffe der Alliierten in den Betrieben erlebt hat und wer heute feststellt, wie unsere Vertreter im Montan-Parlament und in allen anderen Instanzen als gleichberechtigte Partner tätigen Anteil am Geschick der Montan-Industrie nicht nur von Deutschland, sondern von ganz Europa nehmen, für den ist dieser Unterschied eklatant.
    Von dieser Gesamtkonzeption aus nehme ich nun noch zu einigen Punkten, die in der Anfrage behandelt sind, Stellung. Ich glaube nicht, daß man sagen kann, daß durch die bisherige Praktizierung des Gemeinsamen Marktes eine erhebliche Benachteiligung der deutschen Montanwirtschaft eingetreten ist. Die Steinkohlenförderung betrug im Jahre 1953 im Monatsdurchschnitt 10,3 Millionen t — 1953 trat der Gemeinsame Markt in Kraft — gegenüber 10,2 Millionen t in 1952. In den Monaten Januar/Februar 1954 zeigte sich keine Verringerung. Im Februar 1954 war die Förderung um rund 5 % höher als im Februar 1953. Die Einfuhr an Steinkohlen im Jahre 1953 bis 1954 zeigte ein gleichbleibendes Niveau von rund 800 000 Monatstonnen. Aber im Jahre 1953 waren die Einfuhren gegenüber 1952 um etwa 2,3 Millionen t zurückgegangen trotz eines nicht unbeträchtlichen Ansteigens der Einfuhr von Saar- und Lothringen-Kohle nach Süddeutschland.
    Sie sehen also, daß der Gemeinsame Markt in Fluß gekommen ist. Eine Verschiebung bestand nur darin, daß der prozentuale Anteil der Lieferungen aus Ländern des Gemeinsamen Marktes zunahm, die Einfuhren aus dritten Ländern da-


    (Pohle [Eckernförde])

    gegen zurückgingen. Dies ist aber kein Nachteil des Gemeinsamen Marktes, sondern entspricht geradezu seiner Idee.
    Die Ausfuhr von Steinkohle blieb mit unwesentlichen Schwankungen im Laufe des Jahres 1953 auf rund 2 Millionen Monatstonnen stehen, war aber gegenüber 1952 um rund 1,5 Millionen Tonnen gestiegen. Auch dies entspricht dem Gedanken des Gemeinsamen Marktes.
    Nun hat Herr Kollege Deist auf das Ansteigen der Haldenbestände verwiesen. Meine Damen und Herren, es läßt sich nicht leugnen — und ich glaube, daß die von Herrn Deist genannten Zahlen richtig sind —, daß die Haldenbestände an Kohle und Koks gestiegen sind. Da jedoch weder nach der Einfuhr- noch nach der Ausfuhrseite Änderungen feststellbar sind, kann meines Erachtens das Steigen der Haldenbestände nicht auf das Inkrafttreten des Gemeinsamen Marktes zurückzuführen sein. Es hat vielmehr andere Ursachen. Sie liegen in der konjunkturellen Abschwächung, die die Eisenindustrie zu verzeichnen hatte. Herr Deist hat außerdem darauf verwiesen, daß die Konkurrenz durch andere Energiequellen sich verstärkt hat, eine Konkurrenz, die nicht auf den Gemeinsamen Markt zurückzuführen ist. Die Haldenbestände werden vermutlich in dem Umfange abgebaut werden können, in dem sich eine Wiederbelebung der Eisenindustrie bemerkbar macht.
    Nun noch ein kurzes Wort zu den preispolitischen Maßnahmen der Hohen Behörde im Kohlensektor. Es ist dort der Höchstpreis der Kohle um 2 DM pro Tonne herabgesetzt worden. Das bedeutet für den Kohlenbergbau eine Erlöseinbuße, die seine Selbstkostenlage beeinträchtigt. Demgegenüber steht die Aufhebung der Sondervergünstigungen, durch die eine erhebliche Entlastung eintritt. Zieht man hiervon die vom Bergbau zur Verbilligung der Hausbrandbezüge minderbemittelter Kreise zur Verfügung gestellten jährlich 25 Millionen DM ab, so verbleibt eine Entlastung von jährlich 45 Millionen DM. Das ist auf der Erlösseite nicht sehr erheblich für die Selbstkostenlage. Wir werden diesem Problem weiter ernste Aufmerksamkeit widmen müssen. Immerhin ist insgesamt eine Entlastung eingetreten.
    Nun einige kurze Bemerkungen zum Eisen. Auch die Eisenwirtschaft kann nur im Gesamtrahmen gesehen werden. Ob die bisherigen Entscheidungen der Hohen Behörde über die Eisenpreisregelung, die anfänglich starre Handhabung des Preislistensystems und seine spätere Abwandlung durch Zuerkennung einer Abweichungsmarge von 2 1/2 % richtig sind, muß der Beobachtung in einem längeren Zeitraum überlassen bleiben. Es mag dabei auch mitspielen, daß der neuartige Begriff der Diskriminierung von der Hohen Behörde erstmals gehandhabt werden mußte. Was die behaupteten nachteiligen Auswirkungen des Gemeinsamen Marktes auf Eisen und Stahl anlangt, so glaube ich, daß die Zahlen, die Herr Dr. Deist heute morgen hinsichtlich der Stahlproduktion genannt hat, nicht völlig zutreffend sind. Wenn man das Jahr 1953 mit dem Jahr 1952 in Bezug setzt, so ergibt sich, daß die Stahlerzeugung innerhalb der Montan-Union zwar um 5% zurückgegangen ist. In Deutschland beträgt dieser Rückgang aber nur 2,5 %; in Frankreich 7 %, an der Saar 3,5 %. Setzt man diese Zahlen vollends in Vergleich zum Jahre 1950 — einem Jahr, in dem allerdings vom Gemeinsamen
    Markt noch keine Rede sein konnte —, so ergibt sich ein für Deutschland noch sehr viel günstigeres Bild.
    Im übrigen wird immer gesagt, daß auf Grund des Gemeinsamen Marktes die Einfuhren gestiegen seien und zu dem Rückgang der Stahlproduktion in Deutschland — die sich bekanntlich um 3 bis 4 % vermindert hat — wesentlich beigetragen hätten. Auch dies glaube ich nicht. Die Erhöhung der Einfuhren war nicht eine Folge des Gemeinsamen Marktes. Der Rückgang der Stahlproduktion war eine Folge der abgeschwächten Weltkonjunktur, war eine Folge des Übergangs vom Verkäuferzum Käufermarkt, war eine Folge der notwendigen Liberalisierung des deutschen Außenhandels und der damit im Zusammenhang stehenden Zollstundungen auch dritten Ländern gegenüber. Diese Maßnahmen dienten zugleich der notwendigen Entlastung der deutschen Zahlungsbilanz. Das sind alles Dinge, die uns aus anderen Unterhaltungen geläufig sind. Jedenfalls kann man den Rückgang der deutschen Stahlproduktion nicht dem Gemeinsamen Markt zur Last legen.
    Meine Damen und Herren, Herr Deist ist auf den Erzbergbau nur am Rande eingegangen. Ich glaube, daß auch ich mir Ausführungen darüber ersparen kann, nachdem in der Haushaltsdebatte hierüber gesprochen worden ist.
    Noch ein Wort zu den Investitionen. Es ist nicht zu bestreiten — und ich habe das eingangs schon gesagt —, daß die deutsche Eisenindustrie und auch der Kohlenbergbau mit einem erheblichen Investitionsrückstand in die Montan-Union hineingegangen sind. Auch das hat der Herr Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung bereits betont. Auf der andern Seite ist sicherlich richtig, daß inzwischen große Summen in Kohle und Eisen investiert worden sind, teilweise mit Hilfe öffentlicher Mittel, teilweise auf Grund der Eigenfinanzierung der Werke. Es ist ebenso richtig, daß diese Investitionsmittel noch nicht ausreichen, um die Betriebe auf den neuesten technischen Stand zu heben. Mit der Bundesregierung hoffen wir daher, daß die Hohe Behörde an der ersten Tranche von 100 Millionen Dollar, die ihr für die europäische Montanwirtschaft von amerikanischer Seite zur Verfügung gestellt werden, auch die deutsche Montanindustrie unter Anwendung der vom Bundeswirtschaftsminister vorzuschlagenden Finanzmethoden beteiligen wird. Wir dürfen mit besonderer Befriedigung feststellen, daß sich die Bundesregierung der Notwendigkeit nicht verschließt, auch weiterhin alles Erdenkliche zu tun, um den Investitionsbedürfnissen der Grundindustrien Rechnung zu tragen. Es bedarf in erster Linie der Rationalisierung und Modernisierung der Betriebe. Die Betriebe werden ohne besondere Investitionsplanung der Hohen Behörde in der Lage sein, etwaige Fehlinvestitionen, von denen Dr. Deist gesprochen hat und die zweifellos mit der Entflechtung zusammenhängen, auszugleichen, wenn auf der andern Seite die Nationalwirtschaften dafür sorgen, daß überall wieder gesunde Kapitalmarktverhältnisse entstehen.
    Meine Damen und Herren, wir sind uns völlig im klaren darüber, daß die europäische Gemeinschaft allein mit Kohle und Eisen und aus Kohle und Eisen nicht gebaut werden kann. Die Montan-Union war ein kühner Schritt, aber sie war, wie der Herr Bundeskanzler heute morgen ausgeführt hat, nur ein erster Schritt, dem weitere zu


    (Pohle [Eckernförde])

    folgen haben. Wir sind des Glaubens, daß dies der Fall sein wird und daß infolgedessen die Montan-Union ein wesentlicher und sehr wertvoller Schrittmacher der europäischen Gemeinschaft ist. Wir wollen zu unserem Teil im Sinne der Präambel dieses Vertrages dazu beitragen, durch konkrete Tatsachen eine wirkliche Solidarität zu schaffen und Europa durch Errichtung gemeinsamer Grundlagen für die wirtschaftliche Entwicklung mit aufzubauen.
    Ein Schlußwort im Interesse der Stärkung des europäischen Gedankens und eine Hoffnung. Wir haben Verständnis dafür, daß Großbritannien angesichts seiner besonderen Lage Bedenken gegen einen Beitritt zur Montan-Union hegt. Wir haben aber die zuversichtliche Hoffnung, daß das gerade auf montanwirtschaftlichem Gebiet so leistungsfähige Land in absehbarer Zeit durch Sonderabreden in ein näheres Verhältnis zu der kontinentalen Montanwirtschaft gerückt werden kann. Wir haben diese Hoffnung um so mehr, als sich die britische Regierung in ihrer Erklärung zum EVG-Vertrag zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit bekannt hat und sich mit dem Kontinent, wie der Herr Bundeskanzler es ausdrückte, solidarisch erklärte.

    (Präsident D. Dr. Ehlers übernimmt wieder den Vorsitz.)

    Wir begrüßen deshalb auch die Botschaft, die die Westminster-Konferenz am 1. Februar 1954 an die Ministerpräsidenten der Montan-Union-Länder, an den Ministerpräsidenten des Vereinigten Königreichs und an den Präsidenten der Hohen Behörde gerichtet hat, und wünschen mit dieser Botschaft, daß im Interesse aller Beteiligten eine möglichst enge Zusammenarbeit des Vereinigten Königreichs mit der kontinentalen Montanwirtschaft stattfindet.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kreyssig.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerhard Kreyssig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es scheint mir von einigermaßen symbolischem Charakter zu sein, daß wir heute abend zur Aussprache über unsere Große Anfrage über die Montan-Union kommen, nachdem die Sonne im Westen versunken ist.

    (Oho-Rufe und Zurufe in der Mitte und rechts.) Sie ist schon eine ganze Weile versunken.


    (Abg. Dr. Dresbach: Sie geht im Osten nicht auf!)

    Das scheint deshalb von etwas symbolischem Charakter zu sein, weil von der großen Begeisterung, die hier einmal geherrscht hat, als es sich um die Ratifizierung des Schumanplans handelte, eine ganze Menge verschwunden ist. Ich habe trotzdem das Gefühl, daß der Herr Bundeskanzler und möglicherweise die ganze Bundesregierung noch nicht ausreichend erkannt haben, daß aus der Begeisterung für Europa und vielleicht auch aus gewissen Illusionen inzwischen sehr harte wirtschaftliche Tatbesiande geworden sind.
    Ich finde es sehr merkwürdig, daß wir, nachdem der Herr Bundeskanzler heute morgen die sehr exakt und präzis formulierte Große Anfrage unserer Fraktion nur mit allgemeinen Worten und Sätzen und mit der Erinnerung an lange zurückliegende Dinge beantwortet und nachdem der Herr Bundeswirtschaftsminister sich auch heute zu einer ausgesprochen wirtschaftspolitischen Frage abermals nicht geäußert hat, eine Antwort bekommen
    von dem Chefjustitiar eines großen Stahlunternehmens, der sich der Mühe unterzogen hat,
    wenigstens den Versuch zu machen, die materielle
    Antwort zu den Fragen zu geben, die wir vom
    Herrn Bundeskanzler heute nicht bekommen haben.

    (Bundesminister Dr. Tillmanns: Was ist denn Herr Deist? — Zuruf von der CDU/ CSU: Zudem ist er Abgeordneter!)

    Gewiß, das ist schon richtig; aber es ist dennoch eine eigentümliche Angelegenheit, wenn sich ein Abgeordneter freundlicherweise der Mühe unterzieht, die Sache der Regierung ist. Vielleicht ist der Herr Bundeswirtschaftsminister darüber sehr froh; denn man weiß, daß er in gewissen Kreisen gesagt hat, er sei immer davon überzeugt gewesen, daß die Teilintegration auf dem Sektor von Stahl und Kohle, also die Montan-Union, nichts Gescheites werden könne, und er schweigt vielleicht deshalb, weil er nun der Meinung ist, das Schweigen sei in so einer Situation der beste Ausweg.
    Ich halte es für eine unmögliche Situation, daß wir seitens der Regierung auf eine Große Anfrage über wirtschaftspolitische Fragen, die die ganze Bevölkerung der Bundesrepublik und in der Weiterwirkung nicht nur Kohle und Eisen, sondern die ganze Industrie angehen, unzureichende und unzulängliche Antworten bekommen. Ich muß allerdings sagen, meine Hoffnung, daß vielleicht der Herr Bundeswirtschaftsminister konkreter geantwortet hätte, hat sich zerschlagen, nachdem ich, eigentlich ganz zufällig, heute früh die Antwort in die Hand bekommen habe, die seitens des Bundesministers für Wirtschaft auf eine Kleine Anfrage ergangen ist, die einige Abgeordnete der CSU, also des Landes Bayern, woher auch ich komme, am 11. März mit einiger Besorgnis gestellt haben. In dieser Kleinen Anfrage Nr. 37 haben die Kollegen Strauß, Dr. Jaeger und Genossen bis zu meinem Wahlkreiskollegen Wieninger die Regierung gefragt, ob die Pressemeldungen zutreffend seien, daß der Preis für Hausbrandkohle erhöht werden solle, und was, wenn die Meldung den Tatsachen entspräche, die Bundesregierung eventuell tun würde, um die möglicherweise unvermeidbare Erhöhung des Preises für Hausbrand zu vermeiden. Das sind — wir kennen uns in Bayern da besser aus — die kleinen weißblauen Hechte in dem Karpfenteich der großen CDU. Das sollte vielleicht — und das ist das Interessante —, weil die Kollegen Strauß und Dr. Jaeger Abgeordnete des Montanparlaments sind, die bayrischen Kollegen aus dem Montanparlament entlasten. Die Bundesregierung hat also geantwortet, ich meine, in diesem Fall der Bundesminister für Wirtschaft, allerdings wieder einmal gezeichnet „In Vertretung: m.d.W.d.G.b. Westrick". Das heißt, nach der Terminologie unserer Bürokratie, daß er „mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragt" ist, während der Herr Bundeswirtschaftsminister, glaube ich, in Südamerika war und sich durch zollfreie Einfuhr von einigen Orden ausgezeichnet hat.

    (Große Heiterkeit.)

    Der Bundeswirtschaftsminister hat daraufhin geantwortet, daß sich nach dem Inkrafttreten des Gemeinsamen Marktes die Hohe Behörde zunächst einmal damit einverstanden erklärt habe, die Kohlenpreisermäßigung für den Hausbrand noch für ein Jahr zu erlauben. Es wird weiter gesagt, daß sie sich das Recht vorbehalten habe, die Frage


    (Dr. Kreyssig)

    zu überprüfen. Im Zuge dieser vorgenommenen Überprüfung sei auch der Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl in seiner Sitzung am 12. und 13. März 1954 konsultiert worden. In diesem Ministerrat sitzt bekanntlich auch die Bundesregierung mit ihren Vertretern. Im Verlauf dieser Sitzung hat sich die deutsche Delegation, nachdem die Angelegenheit zuvor mit den Wirtschaftsministern der Länder behandelt war, mit der Aufhebung der Hausbrandverbilligung einverstanden erklärt.

    (Abg. Hilbert: Wir haben es auch gelesen!)

    — Na, es kann nichts schaden, wenn ich es Ihnen noch einmal in Erinnerung bringe. Ich werde Ihnen gleich sagen, warum, Herr Hilbert. Sie müssen nicht immer so nervös werden.

    (Lachen und Zurufe von der Mitte.)

    Es steht in dieser Antwort, die in „der Wahrnehmung der Geschäfte" gegeben worden ist, eine bedeutsame Zahl. Es steht nämlich darin, daß der deutsche Bergbau bisher durch diese Hausbrandverbilligung, die jetzt durch die Hohe Behörde beseitigt worden ist, mit 190 bis 200 Millionen DM belastet gewesen sei.
    Nun, die Kollegen aus Bayern haben dann gefragt, was die Regierung tun wolle, um Schäden oder Nachteile für die Bevölkerung zu vermeiden. Daraufhin hat die Bundesregierung etwas geantwortet, was ich nun in der glücklichen Lage bin ergänzen zu können, nachdem der Herr Kollege Pohle, mit dem ich ja in dem Ausschuß für den Gemeinsamen Markt der Montan-Union bestens gemeinsam deutsche Belange und deutsche Notwendigkeiten mich wahrzunehmen bemühe — wir haben bis jetzt ausgezeichnet kooperiert — —

    (Abg. Kemmer [Bamberg]: Na also! — Weiterer Zuruf von der Mitte: Ist ja wunderbar!)

    — Warten Sie nur ab, lieber Freund, es kommt noch! Da wird nun zur Beschwichtigung gesagt, daß die Aufhebung der Preisspaltung sich für den überwiegenden Teil der Hausbrandverbraucher nicht in vollem Umfange auswirken werde. Denn
    — Sie wissen es — inzwischen habe sich die Kohlenbergbauindustrie bereit erklärt, einen Betrag von 25 Millionen DM zur Verfügung zu stellen, der in Form von Verbilligungsscheinen an die Bevölkerung gehe. Das sind zwei Zahlen, die aufschlußreich und interessant sind. Von den 25 Millionen, die gegeben werden, lieber Kollege Wieninger, steht hier in der Antwort nichts drin. Das haben wir inzwischen aus der Presse erfahren. Hier steht aber drin, daß die Hausbrandverbilligung, die in Wegfall kommt, eine Belastung für die Bevölkerung in Höhe von 190 bis 200 Millionen DM bedeutet, während demgegenüber nur für 25 Millionen DM Verbilligungsscheine gegeben werden. Das ist eine exakte Rechnung, die sogar der verehrte Kollege Kunze trotz seines Kopfschüttelns einfach nachrechnen kann.
    Sehen Sie, Herr Kanzler, das sind Dinge, die wir an sich hier vielleicht einmal von der Regierung und nicht von der Opposition hätten erfahren sollen, oder die Bevölkerung hätte es erfahren sollen,

    (Zuruf von der Mitte: Sie wissen es ja schon!)

    wenn wir diese Frage gestellt haben. Dann hat es auch keinen Zweck, wenn Sie sagen — wenn ich Sie recht verstanden habe, haben Sie das heute früh gesagt —, das seien die Herren, die Ihnen das
    Material geben. Ich nehme es Ihnen nicht übel, Sie können es nicht beurteilen, und vielleicht einige andere, die nicht in der Materie sind, auch nicht. Sie haben gesagt, die Erlöslage habe sich verbessert. Es steht auch in der Antwort, die schriftlich auf die Kleine Anfrage gegeben worden ist, es habe sich eine Erlösverbesserung ergeben. Nun, wir haben uns, da wir uns nun mal in der Montan-Union und im Parlament diese Dinge angelegen sein lassen müssen, dort in der vorigen Woche
    — der Herr Kollege Pohle wird es bestätigen — die Zahlen geben lassen, und wissen Sie, was dabei herausgekommen ist? Daß von einer Erlösverbesserung, die hier behauptet wird, für den deutschen Kohlenbergbau keine Rede sein kann.

    (Abg. Dr. Hellwig: Das haben Sie vor neun Tagen im Rundfunk auch noch gesagt!)

    — Ja, das ist auch deshalb nicht falsch geworden, weil ich es wiederhole, mein verehrter Herr Dr. Hellwig! Sonst müßten S i e den Beweis antreten, daß die Zahlen, die die Hohe Behörde und der deutsche Vizepräsident, Herr Etzel, uns gegeben haben, falsch sind. Solange Sie diesen Beweis nicht erbringen, bleibt das bare Münze, was gesagt ist.

    (Abg. Dr. Hellwig: Auch im Rundfunk haben Sie eine Erlösverbesserung errechnet!)

    — Passen Sie auf! Inzwischen liegt das Protokoll vor, und aus diesem Protokoll - das werden Sie nun zugeben müssen, und Herr Pohle weiß es ja; im übrigen hat er es in seinen Akten, und wir haben gemeinsam geprüft, was stimmt — geht hervor, daß durch die von der Hohen Behörde verordnete Preissenkung, im Durchschnitt 2 DM — angepaßt für Kohle und Kr Ks —, der deutschen Volkswirtschaft ein Betrag von 221 Millionen DM verlorengeht.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Denn mit jeder Tonne, die wir exportieren, kriegen wir weniger Erlös.
    Schauen Sie, Herr Bundeskanzler, der Sie heute früh so liebenswürdig waren, andeutungsweise unsere Große Anfrage zu beantworten,

    (Heiterkeit)

    das ist ja eines der Dinge, die wir von der Regierung wissen wollten, ob das den Voraussetzungen oder den Hoffnungen entspricht, die man in die Union gesetzt hat, und das hängt auch zusammen mit den Startbedingungen.

    (Abg. Dr. von Brentano: Sind Sie denn für Preiserhöhungen, Herr Kollege Kreyssig?)

    — Ich komme darauf, Herr Brentano. Sie kommen in dieses Montanparlament auch nur, wenn über die großen politischen Fragen entschieden wird. Wenn Sie mal vertretungsweise — der Herr Pelster war da für Herrn Jaeger — gekommen wären statt Herrn Pelster, hätten Sie sogar in der vorigen Sitzung des Ausschusses für den Gemeinsamen Markt direkt offiziell von dem „Europäer von Beruf", wie er sich genannt hat, von Herrn Etzel, diese Auskünfte bekommen.

    (Abg. Dr. von Brentano: Das ist interessant!)

    Ich habe gesagt, die Startbedingungen waren schlecht, und wir haben gefragt: Was ist geschehen, um sie zu verbessern? Ich brauche mich gar in der vorigen Sitzung des Ausschusses für den wieder die merkwürdige Theorie entwickelt wird, wir Sozialdemokraten empfänden Genugtuung darüber, wie die Dinge laufen. Genau das Gegenteil ist wahr. Es ist schade, daß Herr Gerstenmaier


    (Dr. Kreyssig)

    jetzt nicht anwesend ist. Aber er ist sehr angestrengt und muß sich wahrscheinlich von seiner Rede erholen und stärken. Ich würde sonst sogar ihm verständlich machen können, daß wir Sozialdemokraten, nachdem dieser Vertrag für 50 Jahre gültig ist, allerdings der Meinung sind, daß wir hier das Beste herausholen müssen, was möglich ist, — und soviel Schäden wie möglich zu vermeiden haben, die sonst auf die Bundesrepublik fallen. Ob Ihnen das behagt oder nicht behagt, ist Ihre Angelegenheit. Wir Sozialdemokraten waren durchaus damit zufrieden, daß die gesamte Gemeinsame Versammlung die Resolution angenommen hat, die durch unsere Initiative im Investitionsausschuß in Straßburg im Januar erarbeitet worden ist.

    (Abg. Dr. von Brentano: So vernünftig sind wir!)

    — Bravo, das freut mich. Ich hoffe, Sie bleiben es.

    (Abg. Dr. von Brentano: Immer! — Heiterkeit.) - Na, freuen wir uns darüber. Aber warten wir ab; es gibt noch mehr Sitzungen.

    Damals haben wir die ganze Versammlung des Montanparlaments — das sind immerhin 78 supranationale Abgeordnete, von denen wir Deutsche nur 18 sind, und die Opposition nur 6 von den 18
    — dahin gebracht, einstimmig die Hohe Behörde aufzufordern, die Möglichkeiten aus dem Vertrag wahrzunehmen, um eben daraus und aus der Politik der Hohen Behörde etwas Vernünftiges zu machen.
    Herr Bundeskanzler, wenn Sie heute früh als Außenminister und Bundeskanzler und gleichzeitig Wirtschaftsressortverwalter — Sie bestimmen ja die Richtlinien der Politik — geantwortet haben, — —

    (Zuruf von der Mitte: Der kommt noch!)

    — Um so besser; wenn wir die Antwort auch noch kriegen, dann wäre es ja —

    (Zuruf des Abg. Hilbert.)

    Ich will Ihnen mal eines sagen, Herr Hilbert, mit aller Aufrichtigkeit und auch mit aller Unmißverständlichkeit. Wenn Sie als Regierungskoalition und Sie, Herr Kanzler, der Meinung sind, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister unsere begründete Anfrage beantworten soll, dann wäre es fair gewesen und richtig gewesen, ihn vorher sprechen zu lassen

    (lebhafte Zustimmung bei der SPD)

    und nicht erst die Aussprache laufen zu lassen. Ich will Ihnen nur sagen: Glauben Sie ja nicht, daß wir davor Bange haben, daß der Herr Professor Erhard nachher kommt und wir nicht zu antworten wüßten!

    (Erneute Zustimmung bei der SPD.)

    Aber ich bin der Meinung, man soll bei Großen Anfragen die parlamentarischen Spielregeln einhalten. Das gehört zum Parlament und gehört zu einer sauberen Demokratie.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Abg. Kunze [Bethel]: Ganz unsere Meinung!)

    Herrn Professor Erhard in allen Ehren, ich freue mich, daß ich mal wieder die Klinge mit Ihnen kreuzen kann,

    (Lachen bei den Regierungsparteien)

    und mein Kollege Deist wird das auch tun. Ich
    hoffe, daß das in einer Form geschieht, daß wir
    hier konkrete Antworten bekommen. Ich werde
    also nun, Herr Kanzler, alle die Fragen an Sie richten, die Sie heute früh durch Ihre mangelhafte Beantwortung unserer Großen Anfrage ausgelöst haben.

    (Lebhafte Zurufe von der Mitte.)

    — Bitte, was Sie sich immer aufregen müssen! Solange sogar der Bundeskanzler der Meinung ist, daß das richtig ist, was ich sage — —. Wir werden ja hören, was sein Bundeswirtschaftsminister, der heute offenbar Redeerlaubnis zum Schumanplan hat, zu sagen hat.

    (Beifall bei der SPD. — Lachen in der Mitte.)

    — Meine Damen und Herren, bis jetzt hat der Bundeswirtschaftsminister — damit ich Ihr Gedächtnis ein bißchen auffrische und die neuen Kollegen davon informiere — zum Schumanplan noch nicht ein einziges Mal auch nur ein Wort gesagt.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Diejenigen — ich will das gleich einfügen —, die dem Herrn Bundeskanzler das Material für seine Rede gegeben haben, sollten doch nun wirklich endlich auch einmal wenigstens den Schumanplan, den Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, so gründlich lesen, daß sie wissen, was drinsteht. Schauen Sie, was nun das anlangt, Herr Bundeskanzler: Es gibt nicht mehrere Fristen, es gibt fünf Jahre Übergangszeit. Die fängt nicht für die Kohle an einem Termin und für den Stahl an einem anderen an, sondern völlig einwandfrei und klar heißt es in dem Übergangsabkommen:
    Die Übergangszeit beginnt mit der Errichtung
    des gemeinsamen Marktes und endet mit Ablauf einer Frist von fünf Jahren nach der Errichtung des gemeinsamen Marktes für Kohle. Und damit ist es aus. Wenn der Edelstahl erst jetzt am 1. Juni in den gemeinsamen Markt hineinkommt, ändert das auch nichts daran. Es gibt nur eine fünfjährige Übergangsfrist.

    (Zuruf von der Mitte: Das stimmt genau mit dem überein, was der Bundeskanzler gesagt hat!)

    — Der Herr Bundeskanzler hat etwas anderes gesagt! Ich habe ihm ausgezeichnet zugehört. Er hat gesagt, die Übergangszeit beginnt bei Kohle im Februar und bei Stahl später.

    (Zurufe von der Mitte: Nein! — Abg. Kunze [Bethel] : Da sind Sie wirklich momentan im Irrtum!)

    — Also, wenn ich das nicht genau gehört haben sollte, bin ich sogar damit zufrieden, feststellen zu können, daß die Texte aus dem Abkommen wirklich exakt bekannt sind. Aber bis zur Einsicht des Protokolls habe ich einen kleinen Vorbehalt.

    (Abg. Heiland: Das Protokoll kann man ändern! — Gegenrufe von der Mitte: Der Text der Rede ist doch schon verteilt!)

    Ich komme nun zu dem Thema zurück, von dem Sie mich auch durch Zwischenrufe nicht abbringen werden. Auf Grund der Zahlen, die wir von der Hohen Behörde unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten Etzel— was die Hohe Behörde dann besonders unverdächtig macht — bekommen haben, haben wir jedenfalls den Nachweis bekommen, daß sich die Erlöslage für den Bergbau in keiner Weise gebessert habe. Ganz im Gegenteil, dadurch, daß die Kohle insgesamt und auch der Koks um 2 DM billiger verkauft werden müs-


    (Dr. Kreyssig)

    sen — das weiß Herr Pohle und alle anderen auch—, ist die Situation vieler deutscher Zechen weit schwieriger geworden, als sie vorher gewesen ist. Auf der anderen Seite ist aber die Situation eingetreten, daß der Vorsprung der französischen Stahlindustrie in Lothringen noch größer geworden ist. Warum reden Sie um die Dinge herum? Wir wissen von einem Sprecher von „GEORG" — das ist die berühmte Abkürzung für die Gemeinschaftsorganisation für den Kohlenverkauf an der Ruhr —, daß dort gesagt worden ist, daß die neue Kohlepreisfestsetzung „eindeutig zum Nutzen der französischen Stahlindustrie erfolgt" sei. Da hat man sich beklagt und war überrascht, daß die Kohlepreisfestsetzung mit Zustimmung der Bunderegierung erfolgt ist.
    Nun, Herr von Brentano hat, glaube ich, den unvorsichtigen Zwischenruf gemacht, ob ich freie Preise wolle.

    (Abg. Dr. von Brentano: Höhere!)

    — Von höheren Preisen hat kein vernünftiger Mensch geredet. Ich stelle aber die Tatsache fest, daß jeder Bürgen in der Bundesrepublik, obwohl der Schumanplan die Besserung der Lebenshaltung herbeiführen soll, den Hausbrand um 60 bis 65 Pfennig teurer bezahlen muß. Denn wenn die Bevölkerung bisher den Hausbrand um 200 Millionen DM billiger bekommen hat, dieser aber jetzt um 200 Millionen DM verteuert wird — minus 25 Millionen DM für Verbesserungsscheine —, dann wird damit dem kleinsten Mann auf der Straße klar, was es bedeutet, wenn man die Verfügungsgewalt über Kohle und Stahl nicht mehr in der Hand hat, sondern auf die Entscheidung einer supranationalen Behörde angewiesen ist.

    (Abg. Dr. von Brentano: Das ist auch logisch!)

    — Das ist sehr logisch, Herr von Brentano! Wenn Sie da nicht mitkommen, kann ich Ihnen nicht helfen.

    (Abg. Dr. von Brentano: Da komme ich auch nicht mit!)

    Nun, das ist die eine Situation.
    Ich muß nun, da wir von der Kohle sprechen und ich nicht noch einmal darauf zurückkommen will und nachdem ich schon einen Vertreter von „GEORG" zitiert habe, auf eine sehr ernste Frage eingehen, die in unserer Großen Anfrage einbegriffen ist. Wir entsinnen uns — und der Herr Bundeskanzler wird es auch ganz genau wissen, denn er hat ein ausgezeichnetes Gedächtnis —, daß er kurz nach der Annahme des Schumanplans im Bundestag den Hohen Kommissaren einen Brief geschrieben hat, die Bundesregierung sei damit einverstanden, daß der Deutsche Kohleverkauf, DKV, bis Mitte des Jahres 1952 aufgelöst wird. Wir waren überrascht, als wir nach einigen Rückfragen mit einiger Verzögerung von diesem Schreiben Kenntnis bekamen. Die Alliierten bestanden nun darauf, da sie ja erklärt hatten, daß es keine Kartelle und dergleichen mehr geben dürfe; und zweitens ist in dem Schumanplanvertrag festgestellt, daß es keine Kartelle mehr geben soll.
    Nun, wir haben eine, wie soll ich sagen, sehr delikate Situation. Unser Herr Bundeswirtschaftsminister, der ja auch landauf, landab für freie Wirtschaft und gegen alle Kartelle ficht, hat es
    — ich sage es ausdrücklich — dankenswerterweise erreicht, daß der GEORG, die Kohleverkaufsorganisation des Ruhrgebiets, wenigstens noch bis zum
    30. Juni, glaube ich, am Leben bleibt. Dann muß weiter verhandelt werden. Ich halte es für einen großen Fortschritt, daß sogar der Herr Bundeswirtschaftsminister eingesehen und zugegeben hat, man könne auf dem Sektor von Kohle und Stahl mit freien Preisen und freiem Wettbewerb bestenfalls ein Chaos schaffen, aber keine vernünftige Wirtschaftspolitik betreiben. Der Herr Minister Erhard hat durch seinen Vertreter, den Herrn Staatssekretär Westrick, den er immer mal nach Luxemburg schickt, durchgesetzt, daß keine Preisfreigabe bei der Kohle erfolgte, die wir auch für einen unmöglichen Zustand halten. Er hat erreicht, daß die Preisfestsetzung für die Kohle durch die Montanbehörde in Luxemburg zunächst einmal wieder für ein Jahr oder eine entsprechend lange Frist durchgeführt worden ist.
    Hier zeigt sich also eine gewisse Einsicht, daß bestimmte Dinge unbedingt notwendig sind. Wenn diese Einsichten wachsen, sind wir sogar davon überzeugt, daß wir Sozialdemokraten bei solcher Kooperation in der Lage sind, aus der Montan-Union ein brauchbares Instrument zu machen, das schlimme Dinge verhüten kann.

    (Beifall in der Mitte.)

    — Wenn Sie dafür der Sozialdemokratie Beifall spenden, dann möchte ich Ihnen in Erwiderung des Dankes doch wenigstens empfehlen, einigen Ihrer Kollegen den guten Rat zu geben, keine törichten Zeitungsartikel zu schreiben, wo nachher so alle möglichen Schwätzerchen dabei herauskommen und die Sache verschoben wird. Sie kennen ja wahrscheinlich besser als ich Ihre Leibschmerzen!

    (Abg. Dr. von Brentano: Gegenseitig!)

    — Nein, wir haben in dieser Hinsicht keine. (Heiterkeit und Zurufe in der Mitte.)

    Sie wissen aber, was ich meine. Wir kommen dann auf eine viel vernünftigere Basis.

    (Zuruf von der Mitte: Dunkel ist der Rede Sinn!)

    Herr Bundeskanzler, Sie haben heute früh auch geantwortet, daß Sie sehr vieles zur Verbesserung der Startbedingungen getan hätten. Man hat Ihnen einige Zahlen über Investitionen genannt. Sie haben sich dann darüber gefreut, daß die Hohe Behörde von Amerika eine Anleihe bekommen hat.
    Dazu muß ich ein paar Dinge sagen. Ich möchte dabei zunächst die Frage stellen — vielleicht kann sie nachher Professor Erhard beantworten —, ob Sie unter Verbesserung der Startbedingungen für die deutsche Kohle- und Stahlindustrie etwa verstehen wollen, daß die Franzosen jetzt mit einem Aufwand von 15 Milliarden Franken eine der besten Gruben im Ruhrgebiet gekauft haben, nämlich die Harpener Bergbau AG., die eine ausgezeichnete Kokskohle liefert.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ist der Bundesregierung bekannt, daß das Geld für den Kauf dieser Kohlengrube, mit der nun der lothringische Stahl aus eigener Produktion, wenn sie auch auf deutschem Gebiet liegt, wer weiß, wie billig — mit Werksverrechnungen — versorgt werden kann, wodurch er in der Konkurrenz wieder überlegen wird, von der französischen Regierung in Form einer Anleihe zu außerordentlich günstigen, vorteilhaften Bedingungen gegeben worden ist?

    (Hört! Hört! bei der SPD.)



    (Dr. Kreyssig)

    Es ist kein Aprilscherz, wenn „Le Monde" am 1. April darüber berichtet hat. In „Le Monde" stand am 1. April als große Schlagzeile zu lesen: „Dank eines von der französischen Regierung gewährten Kredits konnte die lothringische Stahlindustrie eine der schönsten Gruben der Ruhr erwerben." Verkäufer ist ein wahrscheinlich sehr braver nationaler Mann. Er heißt Flick. Mehr brauche ich nicht zu sagen. Der Name Flick hat eine gewisse Vergangenheit und keinen allzu guten Ruf. Aber „Le Monde" hat dazu noch etwas geschrieben, was in das Gebiet fällt. Ich glaube sagen zu dürfen, daß der Herr Bundeskanzler in seiner Eigenschaft als Außenminister oder sein Stellvertreter im Ministerrat der Montan-Union vielleicht einmal ein Wort im Interesse der Bundesrepublik und in unser aller gemeinsamem Interesse reden müßte. Es hat in „Le Monde" außerdem gestanden, und zwar fett gedruckt, damit es ja keiner übersieht, diese Erwerbung stelle eine mutige Operation der lothringischen Stahlindustrie dar. Diese wolle sich „von der traditionellen Vormundschaft Deutschlands befreien, das die Kokslieferungen einschränke, um die Entwicklung der französischen Stahlindustrie zu hindern."
    Nachdem wir 4 1/2 Millionen Tonnen Koks auf Halde haben, einmal weil die Franzosen viel weniger Koks abnehmen, als sie ursprünglich benötigten, weil sie nämlich durch ihre Produktionsüberlegenheit gar nicht mehr so auf unseren Koks angewiesen sind, wie das früher einmal der Fall war, und zum anderen infolge dieser Überlegenheit natürlich auch die deutsche Stahlindustrie weniger arbeitet und weniger verbraucht, kann uns ja weiß Gott niemand den Vorwurf machen, wir schütteten aus lauter Böswilligkeit den Koks auf Halde, bloß damit die Franzosen nicht produzieren könnten. Außerdem stimmt es nicht. Ich will Sie jetzt nicht langweilen, nachdem Herr Dr. Pohle schon so viele Zahlen genannt hat. Tatsache ist jedoch, daß die französische Stahlindustrie in einem erheblichen Umfange nach Deutschland exportiert hat, zu Lasten der Stahlindustrie, die bei uns in Deutschland arbeitet und dazu übergegangen ist, Arbeiter zu entlassen. Lesen Sie die Berichte aus den Hauptversammlungen! Herr Abs hat ja nicht nur eine nette Bemerkung über die Montan-Union gemacht, sondern auch mitgeteilt, daß man schon 1000 und 1500 und mehr Arbeiter entlassen mußte, weil der Produktionsgang nachläßt. Wenn Sie Bedenken haben, daß wir die Dinge falsch sehen oder etwa die Absicht hätten, die Dinge schlechter zu sehen, als sie sind, dann darf ich auf eine Erklärung des Unternehmensverbandes Ruhrbergbau in Essen hinweisen:
    Aus der Tatsache, daß wir 3,82 Millionen Tonnen Koks und 1,23 Millionen Tonnen Kohle auf Halde haben, geht eindeutig hervor, daß die derzeitigen Absatzschwierigkeiten in erster Linie in den geringen Abrufen der Eisen- und Stahlindustrie begründet sind. Diese Abrufe haben sich keineswegs gebessert, und irgendwelche Anzeichen für eine Änderung der Lage in absehbarer Zukunft sind dem Ruhrbergbau nicht bekannt.
    Herr Bundeskanzler, das war einer der Gründe: die Unruhe, die seit Wochen und Monaten vorhanden ist, die Tatsache, daß ungefähr schon 200 000 Bergarbeiter Feierschichten verfahren haben und daß wir auch von Stahlwerken wissen, bei denen langsam die roten Ziffern in Erscheinung treten. Deshalb wollten wir wissen, was die Bundesregierung
    getan hat. Es ist dann nicht ausreichend, einfach zu sagen: Wir haben einiges für die Startbedingungen getan und dergleichen mehr.
    Zurück zu der Anleihe. M. Monnet, der Präsident der Hohen Behörde, kommt mit ganzen 100 Millionen Dollar nach Hause. Im Juni vergangenen Jahres hat M. Monnet in der Versammlung des Montanparlaments in Straßburg die große Unruhe und Unzufriedenheit mit dem Anlaufen des Experiments durch die Erklärung abgefangen — die Zeugen sitzen unter uns; sie haben es mitgehört —: Hier habe ich die große Zusage aus Amerika. Und da wurde von einer halben Milliarde Dollar, vielleicht sogar von einer Milliarde Dollar gesprochen.
    M. Monnet hat es für notwendig oder richtig gehalten, an Herrn Vizepräsidenten Etzel ein Telegramm zu schicken, welches besagt, daß das Verhalten der deutschen Industrie und die Kritik, die sich an den schlechten Ergebnissen des Gemeinsamen Marktes — die man doch nicht wegdiskutieren kann — entzündet hat, die Anleiheverhandlungen in Amerika entscheidend gestört haben. Nun, jeder wußte schon zu dem Zeitpunkt, als wir im Januar die Sitzung hatten und als dann M. Monnet nach Berlin geflogen war, um sich dort mit dem Außenminister Dulles zu unterhalten, daß die Anleiheaussichten erheblich gesunken waren. Schön, es sind 100 Millionen Dollar. In den deutschen Zeitungen steht — natürlich etwas, wie soll ich sagen, ausgerichtet oder dirigiert; in einer Art „gelenkter Meinung" —: Keine große Enttäuschung. Man spricht von der Anerkennung und von allen möglichen Dingen, die man an die Anleihe knüpft. Aber es kommt auch die Frage: Was wird denn Deutschland wohl davon bekommen?
    Wir haben den Tätigkeitsbericht der Hohen Behörde, den wir von der übernächsten Woche an während zweier Wochen in Straßburg gründlich diskutieren werden, inzwischen bekommen. Ich darf einmal auf Dinge aufmerksam machen, die die deutsche Bevölkerung interessieren und die auch dieses Parlament wissen soll. Wir haben ja sogar in der Parlamentarischen Gesellschaft beschlossen, solche Debatten hier im Plenum zu führen. Vom 1. Januar 1953 bis 1. Januar 1954 hat die Hohe Behörde insgesamt 43 Millionen Dollar aus Umlagen von der Kohle- und Stahlindustrie der sechs Montanländer bekommen: Sie erhebt augenblicklich 0,9 % von den Nettoumsätzen. In dem Jahr, das ich hier erwähne, war die Abgabe gestaffelt. Von diesen 43 Millionen Dollar hat die Bundesrepublik 47 % bezahlt. Das sind 20,21 Millionen Dollar oder rund 85 Millionen DM. Es wird wahrscheinlich niemanden unter uns geben, der glaubt, daß das, was wir möglicherweise aus der Anleihe von 100 Millionen Dollar, die Herr Monnet nach Hause bringt, für Deutschland bekommen könnten, etwa diesem Umfang entspricht.
    Ich komme auf das zurück, was ich zur Kohlenpreissenkung sagte. Wir geben an die Montan-Union durch den um 2 Mark gesenkten Kohlenpreis noch einmal beachtliche Summen in der Größenordnung von 40 oder 60 Millionen pro Jahr, und, meine Damen und Herren, Herr Wirtschaftsminister und auch Herr Bundeskanzler, wir zahlen außerdem noch, beinahe als einziges Land, die Ausgleichsumlage für diejenigen Länder, die betroffen werden, für die belgischen Kohlengruben und ähnliche Dinge. Dort ist dafür gesorgt, daß keine Schäden entstehen. Wenn wir das zusammenrechnen, kostet uns diese Mitgliedschaft in der Montan-Union pro Jahr — Herr Pferdmenges ist am Rechnen; er hat


    (Dr. Kreyssig)

    es schneller raus als ich, scheint's, ich kann aber auch rechnen — 80 oder 85 und noch einmal 75 — diese 75 sind die Ausgleichsumlage, die sich langsam reduziert —, das sind 160 Millionen. Dazu kommt das, was wir an jeder Tonne Kohle und Koks um 2 Mark weniger als Erlös bekommen. Da ist die Frage, ob das nun alles den Erwartungen entspricht, die die Bundesregierung in den Vertrag gesetzt hat, immerhin einigermaßen berechtigt. Aber reden wir nicht mehr länger über dies Dolchstoßprogramm von Herrn Monnet. Das ist ganz offensichtlich, da er ja sonst ganz gute Nerven hat, ein „supranationaler Betriebsunfall"; das nehmen wir nicht so tragisch.
    Was uns viel mehr interessiert — und hier kommen wir auf die Frage der Aktivität der Bundesregierung im Ministerrat und im Rahmen der Möglichkeiten der Montan-Union —, ist z. B. die Tatsache, daß gerade jetzt die British Iron and Steel Federation, also der Eisen- und Stahlverband Englands, erklärt hat, daß er mit aller Energie und mit allen Argumenten gegen eine Assoziierung Englands an die Montan-Union angehen wird. Nun, das ist einer der entscheidenden Punkte. Wenn es nicht gelingt, durch eine Politik — zu der eben die Bundesregierung beitragen muß, wenn die anderen sie nicht richtig hinkriegen — die Montan-Union aktionsfähig und wenigstens zu einem Teilinstrument für Europa zu machen, das einen Anreiz für England und andere Länder bietet, dann bleiben wir auf diesem Sektor der Teilintegration stehen. Der Wissenschaftliche Beirat und viele andere kluge Leute, die darüber nachgedacht haben, sogar in Ihren Reihen, wissen, daß es zu nichts führen kann, wenn man nicht über diesen Zustand hinauskommt.
    Deshalb haben wir die Frage gestellt, was die Bundesregierung getan hat, um den Beschluß im Ministerrat durchzuführen. Der Herr Bundeskanzler hat uns geantwortet, die Bundesregierung sei eifrig bemüht, diesem Beschluß nach Kräften zur Realisierung zu verhelfen. Aber schauen Sie, Herr Bundeskanzler, bei diesem supranationalen Parlament sind wir nun einmal in der — Gott sei Dank, möchte ich sagen — glücklichen Lage, in ihm und durch seine Ausschüsse einiges zu erfahren und auch einiges über das zu erfahren, was die deutsche Regierung im Ministerrat tut. Wir haben uns erkundigt, was aus der Realisierung des Beschlusses geworden ist. Die Antwort lautete: man wird einige Experten über Konjunkturbeurteilung und dergleichen mehr in den nächsten Monaten oder Wochen mal zusammenrufen. Es ist also seit dem 13. Oktober 1953 bis heute nichts geschehen, um zu einer gemeinsamen Politik in der Montan-Union zu kommen, um die Ausweitung der Investitionen zu überprüfen und um regelmäßig die Konjunkturlage zu prüfen und zu verfolgen.
    Das sind aber entscheidend wichtige Dinge, wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, daß sich die Situation verschlechtert oder weiter zu unseren Ungunsten entwickelt, Daß sie zu unseren Gunsten verlaufen sei, hat bis jetzt noch niemand behauptet; Herr Pohle hat sehr geschickt und gut und sorgfältig formuliert. Die Tatsachen sind bekannt. Wir wissen nun einmal, daß die Dinge weitaus schlechter gelaufen sind, als vorher angenommen worden ist. Als sich der Herr Kanzler bemühte, diesen Teil unserer Großen Anfrage zu beantworten, hat er gesagt, daß bisher die Befürchtungen bezüglich der Anfangsschäden und -schwierigkeiten, die die Bundesregierung gehegt habe, in geringerem Umfang als erwartet eingetreten seien. Ich möchte
    aus dieser Antwort nicht folgern und nicht etwa folgern müssen, daß die Bundesregierung noch geraume Weile zusieht, wie die Dinge weiterlaufen, bis sich, sagen wir, das Maximum an Nachteilen ergeben hat, das sie zum Eingreifen veranlaßt. Ich glaube, es ist höchste Zeit, und zwar deshalb, weil wir aus dem Vorgehen, aus den Anträgen, aus der Diskussion der Abgeordneten der anderen Länder merken, wie energisch und mit wieviel Nachdruck die Regierungen dieser Länder darum besorgt sind, daß möglichst alles Nachteilige hier bei uns bleibt — die wir so schön vorgeleistet haben — und den anderen Ländern kein Schaden entsteht.
    Die Bundesregierung, das ist die Auffassung der Opposition, muß also weit mehr tun, und sie sollte gerade auch im Ministerrat im Interesse einer Konjunkturpolitik aktiv werden. Wir haben erreicht — Herr Pohle hat den Antrag, den ich im Ausschuß vorgeschlagen habe und der dann einstimmig angenommen worden ist, sogar noch erweitert —, daß von der Hohen Behörde den Parlamentsausschüssen die Unterlagen über Konjunkturbeurteilung und einiges andere mehr vorgelegt werden müssen. Das muß auch im Ministerrat vorangetrieben werden, sonst kommen wir in Schwierigkeiten.
    Herr Bundeskanzler, da dieses supranationale Parlament gottlob ein, wenn auch nur mit geringen Rechten ausgestattetes, so doch einwandfrei demokratisches Parlament ist, hätte ich noch eine Bitte, die ich allerdings vorläufig nur für die Opposition aussprechen kann, die ich aber eigentlich für die 18 deutschen Delegierten im Montan-Parlament gern aussprechen möchte: daß Sie im Ministerrat nicht mehr so viel Mühe darauf verwenden, zu erreichen, daß der Ministerrat in jedem Ausschuß vertreten ist — er hat seine eigenen Funktionen —, sondern daß sich in Zukunft die Tätigkeit und die Aktivität der deutschen Regierung vor allem auf das konzentriert, was wirklich notwendig ist.
    Da ich gehört habe, daß sich der Herr Bundeswirtschaftsminister noch zu Wort melden und noch sprechen wird, möchte ich daran erinnern — damit er die Möglichkeit hat, darauf zu antworten —, daß M. Monnet erklärt hat, die Anleihe, die er nach Hause bringe, und wenn es auch nur die 100 Millionen seien, sei zur Durchführung dessen gedacht, was er gewissermaßen den „Monnet-Plan für Westeuropa" nennt. Der Herr Bundeswirtschaftsminister wird wahrscheinlich wissen oder es durch die Referenten mitgeteilt bekommen haben, wie die Hohe Behörde den Investitionsbedarf einschätzt. Wir haben an schwebenden Investitionen allein im Kohlenbergbau 13/4 Milliarden Dollar in der Montan-Union, an die 6 Milliarden Dollar an Gesamtprojekten überhaupt.
    Ich darf noch auf eines hinweisen, was vielleicht die deutschen Vertreter im Ministerrat einmal zum Nachdenken bringt: während in anderen Ländern die Entwicklung gut gegangen ist, vor allem in England, hat die Montan-Union 11,5 Millionen t Steinkohle auf Lager, daneben ungefähr 4,5 bis 5 Millionen t Koks. Da wir das Hauptlieferland sind — wir stellen ungefähr 65% der Kohle, Herr Kunze —

    (Zuruf des Abg. Kunze [Bethel])

    — ich dachte, Sie wollten etwas erwidern, weil Sie
    den Kopf schütteln —, ist natürlich jeder Rückschlag, der einsetzt, in der Bundesrepublik doppelt
    und dreifach fühlbar. Deshalb sind unsere Anfragen
    von der Sorge geleitet gewesen, ob die Bundes-


    (Dr. Kreyssig)

    regierung die Dinge richtig sieht, ob sie bereit ist, in dem Umfang und nach den Möglichkeiten, die der Montanvertrag und der Ministerrat geben, aktiv zu werden und dadurch größere Nachteile für die Bundesrepublik zu verhüten.
    Als letztes folgendes.

    (Zuruf von der Mitte.)

    — Herr Kollege, Sie bedauern das wohl? Ich kann Ihnen noch eine Stunde Unterricht geben, damit Sie etwas lernen, und mehr lernen.

    (Zurufe von der Mitte.)

    Es kann Ihnen bestimmt nichts schaden, das kann ich Ihnen obendrein sagen.

    (Erneute Zurufe von der Mitte.)

    Wir haben auf Drucksache 459 im Hinblick auf die Möglichkeiten der Revision des Vertrages nach Ablauf der fünfjährigen Anlauffrist beantragt, einen Ausschuß einzusetzen, in dem wir diese Probleme gründlich beraten können. Herr Pohle hat gesagt, da sei manches Gute, vielleicht auch manches zu Überlegende drin. Ich möchte Sie auf einiges aufmerksam machen. Da der Kollege Gerstenmaier nicht da ist, kann ich ihm nicht sagen, daß die Montan-Union und was damit zusammenhängt, ein ziemlich schwieriges Aufgabengebiet ist. Um da einigermaßen bewandert zu sein, muß man eine ganze Menge können. Und wenn Herr Gerstenmaier über die Kenntnisse von Herrn Dr. Deist so überaus erstaunt ist, so ist das nicht weiter verwunderlich, weil ja der Kollege Gerstenmaier in der Montan-Union auch nur „Politik" macht, obwohl ich ihm zutraue, daß er den Unterschied zwischen einem Brikett und einem Stück Koks durchaus kennt

    (Zurufe von der Mitte)

    und sich befleißigt, auch sonst in der Politik zu unterscheiden. — Werden Sie jetzt nur nicht zu ernst, Herr Kollege. — Wir sind der Meinung, der Bundestag sollte unserem Antrag, diesen Ausschuß einzusetzen, sofort zustimmen. Ich möchte dem Kollegen Pohle und allen unseren Kollegen aus dem Montanparlament sagen: wem tut es denn weh? Es kann doch nur jedem von uns nutzen, und wir kommen obendrein um eine Situation herum, die uns allen unbequem war, als wir nämlich ohne einen funktionierenden Ausschuß, bevor wir nach Straßburg fuhren, vom Auswärtigen Amt oder von irgendeinem Minister eingeladen wurden und Informationen bekamen, die uns zu geben die Regierung gute und gewichtige Gründe hatte. Wenn wir den Ausschuß haben und regelmäßig unterrichtet werden, können wir uns gemeinsam in aller Gründlichkeit und Bedächtigkeit überlegen, was wir an Änderungen vorschlagen können und müssen, nachdem der Vertrag keine ernsthaften Schädigungen eines beteiligten Landes herbeiführen soll, während das heute leider der Fall ist oder die Gefahr bestehen könnte. Außerdem belasten wir den Wirtschaftsausschuß nicht mit einer Arbeit, der er, glaube ich, nicht gewachsen ist, weil die Zusammensetzung des Ausschusses dem nicht entspricht und der Ausschuß zu groß ist. Da wirklich nichts geschieht, was irgendwie jemandem hinderlich sein könnte, möchte ich Sie also bitten, unserem Antrag zuzustimmen.
    Zum Abschluß!

    (Zuruf von der Mitte: Immer noch?)

    — Ja, ich möchte jetzt auf den Sprecher eingehen, der offenbar als nächster Redner kommt, auf den Herrn Bundeswirtschaftsminister Professor Erhard.

    (Zuruf des Abg. Hilbert.)

    — Wenn Sie wenigstens geistreich und zugleich laut sprächen, könnte ich es verstehen. Seinerzeit, als der Vertrag ratifiziert wurde, ist von sehr viel Begeisterung die Rede gewesen. Wir haben davon gehört, daß die große Sinfonie von Stahl und Kohle mit dem neuen europäischen Geist und der neuen europäischen Einstellung jetzt über Europa ertönen wird. Wenn man nun einmal in aller Nüchternheit einen Versuch macht, zu diesen begeisterten Europäern zu sprechen, und wenn man heute nach anderthalb oder beinahe zwei Jahren sich fragt, wie sich denn der Gemeinsame Markt ausgewirkt hat und wie es mit den Startbedingungen, Absatzbedingungen und alledem aussieht, dann kommt man zu dem Ergebnis: jetzt sind wir allerdings auf diesem Gemeinsamen Markt im freien Lauf des Wettbewerbs. Die lothringische Industrie und damit die französische Industrie hat eine ausgezeichnete Aschenbahn, gut und solide mit deutschem Koks fundiert. Wenn ich mir aber ansehe, wie es bei uns aussieht, dann habe ich das Gefühl, daß wir bei diesem Wettlauf in den Gemeinsamen Markt auf einem sehr schlechten Knüppeldamm armselig hinterherhinken. Das zu beseitigen, ist eine der wichtigsten Aufgaben, die die Bundesregierung hat.
    Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

    (Beifall bei der SPD.)