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    2. Deutscher Bundestag — 26. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. April 1954 1043 26. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. April 1954. Geschäftliche Mitteilung en . . . . 1046 A, 1092 C, 1101 D, 1141 A Gedenkworte des Präsidenten für die Todesopfer des Bergunglücks der Heilbronner Schüler und Lehrer und für ihre Hinterbliebenen und Dank für die an dem Rettungswerk Beteiligten 1046 B Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg Schuler, Höcker, Horn, Ladebeck, Gerns, Ritzel, Dr. Bartram, Cillien, Arnholz . . 1046 D Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags 1046 D Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 15, 39, 42, 43, 47, 50, 52, 54 (Drucksachen 144, 460; 342, 485; 383, 463; 384, 461; 408, 471; 426, 491; 438, 479; 457, 490) 1046 D Vorlage des Berichts des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über Maßnahmen betr. Verlängerung der Verordnung über die Beimischung inländischen Rüböls und Feintalges (Drucksache 465) 1047 B Vorlage des Geschäftsberichts der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein und der Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung der Verwertungsstelle für das Geschäftsjahr 1952/1953 (Drucksache 464) 1047 B Mitteilung über Vereinbarung im Ältestenrat betr. Behandlung von Fragen der Fragestunde, die wegen Abwesenheit des zuständigen Bundesministers oder seines Vertreters in der Fragestunde unerledigt bleiben 1047 C Fragestunde (Drucksache 477): 1. betr. Material zur Bewertung der Rede des Herrn Chruschtschew und zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage in der Sowjetunion: Dr. Lütkens (SPD) . . . 1047 C, D, 1048 A Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 1047 D, 1048 A 2. betr. Artikel in der Zeitschrift „Außenpolitik" und Vermeidung der Benennung Frankreichs als Partner des Potsdamer Abkommens sowie Auslegung des Begriffs „Vereinbarungen von 1945" in der amtlichen Begründung zum Bonner Vertrag vom 26. Mai 1952: Dr. Lütkens (SPD) 1048 B, C, D Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 1048 B, D 3. betr. Unterbindung des Schlachtens von Hunden und Katzen zum Zwecke des Verzehrs: Dr. Leiske (CDU/CSU) 1049 A, C, D, 1050 A Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . 1049 B, D Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 1050 A 4. betr. Vorschriften zum Schutz der Volksgesundheit im Bereich der Milchwirtschaft: Frau Nadig (SPD) 1050 A, C Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . 1050 A, C 5. betr. Fischereischutzboote für die Fanggebiete der deutschen Hochseefischerei: Schneider (Bremerhaven) (DP) . . . 1050 C Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . . 1050 D 6. betr. Steuererleichterung für den Schaustellerstand: Ruhnke (SPD) 1051 A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1051 A 7. betr. Bereitstellung von Mitteln für den Ausbau des Albaufstiegs auf der Autobahnstrecke von Aichelberg bis Hohenstadt (Kreis Göppingen): Finckh (CDU/CSU) 1051 B, C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1051 B, D 8. betr. Vorlage des Entwurfs eines neuen Bundesbesoldungsgesetzes: Jahn (Frankfurt) (SPD) 1051 D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1051 D 9. betr. Vorlage des Entwurfs eines Gesetzes über die Finanzgerichtsbarkeit: Dr. Bucher (FDP) 1052 A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1052 A 10. betr. Öffnung einer für das Auswärtige Amt bestimmten Kuriersendung durch eine Zoilkontrollstelle: Dr. Lütkens (SPD) 1052 B 11. betr. Teilnahme des Kulturattachés der Deutschen Botschaft in Paris von Tiechowitz an der Französisch-Deutschen Pädagogentagung Pfingsten 1953 in Paris: Dr. Lütkens (SPD) . . . 1052 C, D, 1053 A Dr. Hallstein , Staatssekretär des Auswärtigen Amts . . . . 1052 C, D, 1053 A 12. betr. Anwendung der Richtlinien des Bundesministeriums der Finanzen zur Neuregelung von Nutzungsentschädigungen für von der Besatzungsmacht beschlagnahmte landwirtschaftliche Nutzflächen: Kahn-Ackermann (SPD) . . 1053 B, C, D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1053 B, C, D 13. betr. Verwendung und Aufbewahrung des Forschungsguts des früheren Reichsinstituts für Inner-Asien-Forschung in München: Miller (CDU/CSU) 1053 D Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 1054 A 14. betr. Fährverbindung Cuxhaven-Brunsbüttelkoog (Fährschiff „Niedersachsen") : Dr. von Buchka (CDU/CSU) . . . . 1054 B Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1054 B 15. betr. Nichtberücksichtigung eines der vom Bayerischen Verkehrsbeamtenverein in München vorgeschlagenen Vertreters für den Postverwaltungsrat: Kramel (CDU/CSU) . . . . 1054 D, 1055 C Dr. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . 1055 A, C 16. betr. Maßnahmen zum Schutze der in den ostfriesischen Inselbädern ortsansässigen Einzelhandelsbetriebe gegen Beeinträchtigungen durch Filialbetriebe von Großunternehmungen des Festlandes während der Saison: Kortmann (CDU/CSU) 1055 B, C Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 1055 C, D 17. betr. Zustände an den Postämtern Reinheim und Reichelsheim im Odenwald: Banse (SPD) 1055 D Dr. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . . 1055 D 18. betr. Unterlassung einer Erhöhung der Beförderungsgebühren für Päckchen in die sowjetisch besetzte Zone: Becker (Hamburg) (DP) 1056 C Dr. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . . . 1056 D 19. betr. Maßnahmen zur Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes in den deutsch-schweizerischen Grenzkraftwerken des Oberrheins: Faller (SPD) 1057 A Storch, Bundesminister für Arbeit 1057 A 20. betr. Ablauf der Konzession der Privatbahn Hetzbach-Beerfelden (Odenwald) und weitere Sicherung der Personen- und Güterbeförderung auf dieser Strecke: Banse (SPD) 1057 C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1057 C 21. betr. Ausbau der Elb-Fährverbindung Glückstadt—Wischhafen: Dr. von Buchka (CDU/CSU) . . . 1054 C, D Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1054 C, D 22. betr. Maßnahmen zur Förderung des Wiederaufbaus von Räumungsgrundstücken: Dr. Hesberg (CDU/CSU) 1057 B Dr. Preusker, Bundesminister für Wohnungsbau 1057 B 23. bis 41.: Wegen Zeitablaufs der Fragestunde schriftliche Beantwortung vorgesehen 1057 D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Saarfrage (Drucksache 340; Entschließungsantrag Drucksache 493) in Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP betr. Entwicklung der außenpolitischen Lage (Drucksache 488) 1057 D Dr. Mommer (SPD), Anfragender 1058 A, 1070 D, 1071 A Dr. Kopf (CDU/CSU), Anfragender 1060 C Zur Geschäftsordnung, — Frage der Verbindung der Beratung der Punkte 2 und 3 der Tagesordnung: Dr. von Brentano (CDU/CSU) 1061 B, 1062 A Dr. Menzel (SPD) 1061 B Präsident D. Dr. Ehlers 1062 B Verbindung beschlossen 1062 C Fortsetzung der Beratung der Großen Anfragen 340 und 488 in weiterer Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Auswirkungen der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl auf die Wirtschaft der Bundesrepublik (Drucksache 455) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Bildung eines Ausschusses zur Beratung von Vorschlägen gemäß Art. 96 des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 459) 1061 B, 1062 C Dr. Deist (SPD), Anfragender . . . . 1062 C Dr. Adenauer, Bundeskanzler 1067 B, 1070 D, 1071 A, B Dr. Mommer (SPD) 1070 D, 1071 A, 1124 D Ollenhauer (SPD) 1076 D Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . 1085 D Dr. Pfleiderer (FDP) . . . . 1092 C, 1095 D Dr. Lütkens (SPD) 1095 C, 1120 C Seiboth (GB/BHE) 1098 D Dr. von Merkatz (DP) 1101 D Freiherr Riederer von Paar (CDU/CSU) 1107 D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 1110 A Walz (CDU/CSU) 1114 C Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein (FDP) 1115 C D. Dr. Gerstenmaier (CDU/CSU) . . 1117 D, 1120 C, 1126 B Trittelvitz (SPD) 1126 C Dr. Pohle (Düsseldorf) (CDU/CSU) 1127 D Dr. Kreyssig (SPD) 1130 B Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 1136 C Scheel (FDP) 1139 B Abstimmung vertagt 1140 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. das Abkommen vom 1. Juli 1953 über die Errichtung einer Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung (Drucksache 394) 1140 A Überweisung an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten 1140 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das deutsch-österreichische Protokoll vom 14. Dezember 1953 über die Verlängerung des deutschen Zollzugeständnisses für Loden (Drucksache 397) . . . 1140 A Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 1140 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Internationale Zuckerabkommen vom 1. Oktober 1953 (Drucksache 469) . . 1140 B Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 1140 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Zollabkommen vom 30. Dezember 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen (Drucksache 470) 1140 B Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 1140 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. November 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen (Drucksache 156); Mündlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 337) 1140 B Dr.-Ing. E. h. Schuberth (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 1142 Beschlußfassung 1141 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen über den Antrag der Abg. Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein, Walz, Trittelvitz, Seiboth, Schneider (Bremerhaven) u. Gen. betr. Reiseverkehr mit dem Saargebiet (Drucksachen 334, 170) 1141 C Walz (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 1144 Beschlußfassung 1141 D Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betr Betriebskostenpauschale für freie Berufe (Drucksache 418) 1141 D Beschlußfassung 1141 D Nächste Sitzung 1141 A, D Anlage 1: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten zum Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. November 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen (Drucksachen 156, 337) 1142 Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen über den Antrag der Abg. Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein, Walz, Trittelvitz, Seiboth, Schneider (Bremerhaven) u. Gen. betr. Reiseverkehr milt dem Saargebiet (Drucksachen 334, 170) 1144 Die Sitzung wird um 9 Uhr 4 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
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    *) Siehe Anlage 1 Seite 1142. **) Siehe Anlage 2 Seite 1144. Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 26. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (4. Ausschuß) zum Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. November 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen (Drucksachen 337, 156) Berichterstatter: Dr.-Ing. E. h. Schuberth Die Bundestagsdrucksache 156 enthält den Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. 11. 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen. Neben diesem Entwurf liegt eine Begründung dazu und weiter der von der Vollversammlung der Vereinten Nationen am 21. 11. 1947 gebilligte Text des Abkommens vor. Es handelt sich dabei um folgendes. I. Die Bundesrepublik ist bekanntlich Mitglied einiger der sogenannten Sonderorganisationen der Vereinten Nationen, z. B. der Internationalen Arbeitsorganisation, der UNESCO, der Weltgesundheitsorganisation, des Internationalen Fernmeldevereins. In anderen Sonderorganisationen arbeitet die Bundesrepublik mit, ohne formell Mitglied zu sein, so z. B. in der Organisation für internationale zivile Luftfahrt, im Weltpostverein. Bis jetzt fehlt es an einer Rechtsgrundlage, die den Organisationen, in denen die Bundesrepublik Mitglied ist oder an deren Arbeiten sie teilnimmt, diejenigen Vorrechte und Befreiungen zukommen läßt, welche nach internationaler Übung den Organisationen und ihrem Mitarbeiterstab in anderen Staaten gewährt werden. Die Bundesregierung mußte schon bisher einigen Sonderorganisationen ohne die besagte Rechtsgrundlage Vorrechte und Befreiungen in beschränktem Rahmen einräumen, so z. B. der OEEC, der CARE-Organisation, der Liga der Rotkreuzgesellschaften, der Schweizer Europahilfe. Die Zugeständnisse waren dann notwendig, wenn eine Sonderorganisation im Gebiet der Bundesrepublik etwa eine Zweigstelle errichtete, so z. B. die Zweigstelle der Internationalen Arbeitsorganisation in Bad Godesberg, oder wenn eine Organisation in Deutschland Grundbesitz erwarb oder Bankkonten eröffnete oder schließlich, wenn eine Organisation im Gebiet der Bundesrepublik eine Tagung abhielt. Der Beitritt der Bundesrepublik zu dem Abkommen soll jetzt für solche Maßnahmen die Rechtsgrundlage schaffen und auch die Möglichkeit geben, über die schon bisher eingeräumten Befreiungen und Vorrechte hinaus die Beziehungen der Bundesrepublik zu anderen Sonderorganisationen auf eine einwandfreie Grundlage zu stellen. Zur Zeit wird verhandelt über Verträge mit der Arbeitsgemeinschaft der Skandinavischen Wohlfahrtsverbände, dem Weltkirchenrat, dem Lutherischen Weltbund, der World's Young Men's Christian Association und der National Catholic Welfare Conference. Zu dem Inhalt des Abkommens sei zunächst bemerkt, daß es weitgehend dem Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen des Europarats ähnelt. Im Gegensatz dazu ist das Abkommen für die Sonderorganisationen ein Rahmenabkommen. Es wird für die einzelnen Organisationen je nach der Interessenlage durch Anhänge ergänzt. Die Rechtsstellung, die der einzelnen Sonderorganisation zukommt, ergibt sich also aus dem Abkommen und dem Anhang. Die wesentlichsten Bestimmungen des Abkommens sind in den Artikeln II, III, V und VI enthalten. Die Artikel II und III befassen sich mit der Rechtsstellung, die der Organisation als solcher gewährt wird. Danach erhält die Sonderorganisation die Qualifikation einer Rechtspersönlichkeit. Sie kann also Verträge abschließen, Vermögen erwerben und darüber verfügen. Sie kann vor Gericht klagen und verklagt werden (Art. II § 3). Die völkerrechtliche Stellung der Organisation behandelt Art. III. Die hier zusammengefaßten Vorschriften geben den Sonderorganisationen die Freiheit, ihren Aufgaben in voller Unabhängigkeit von einzelnen Mitgliedern gerecht zu werden. Das heißt: die Sonderorganisationen sind für ihr Vermögen von der Gerichtsbarkeit befreit. Ihre Räumlichkeiten und Archive sind unverletzlich. Ihre Guthaben, ihre Einkünfte unterliegen nicht den direkten Steuern, und schließlich sind sie auch bezüglich der zum Amtsgebrauch bestimmten Gegenstände von allen Zöllen, Ein- und Ausfuhrverboten freigestellt. Art. III § 7 sieht auch eine Befreiung von devisenrechtlichen Beschränkungen vor. Das kann aber in vollem Umfange für die Bundesrepublik nicht gelten. Deshalb macht Art. 1 des Beitrittsgesetzes einen Vorbehalt zu § 7 b. Dies bedeutet aber nicht, daß die Sonderorganisationen ihre in der Bundesrepublik befindlichen Guthaben und Devisen usw. (Dr.-Ing. E. H. Schuberth) nicht transferieren dürfen. Der Transfer bedarf nur der nach deutschem Recht erforderlichen Genehmigung. Die persönlichen Vorrechte und Befreiungen sind Gegenstand der Vorschriften in Art. V und Art. VI. Art. V behandelt die Vorrechte und Befreiungen für die Vertreter der Mitgliedstaaten, die an Tagungen der Sonderorganisationen teilnehmen. Die Vertreter der Mitgliedstaaten sollen sich in voller Freiheit zum Tagungsort begeben, vom Tagungsort zurückkehren und auf der Tagung ihres Amts walten können. Art. V sieht deshalb die Befreiung von Verhaftung und Festnahme auf der Reise nach und vom Tagungsort, die Unverletzlichkeit aller Papiere und Schriftstücke, die Befreiung von fremdenpolizeilichen Vorschriften sowie eine Immunität für alle Äußerungen bei der Ausübung des Amts vor. Die Freiheiten, welche in dieser Weise den Vertretern der Mitgliedstaaten eingeräumt werden, gelten nicht im Verhältnis zu demjenigen Staat, dem der Vertreter angehört oder den er bei der Sonderorganisation zu vertreten hat (§ 17). Die Vorrechte und Befreiungen, die die Beamten der Sonderorganisationen erhalten haben, sind nach der Funktion, die der einzelne Beamte ausübt, abgestuft. Die Leiter der Sonderorganisationen genießen volle diplomatische Immunitäten für sich und ihre Familienangehörigen (§ 21). Die übrigen Beamten sind von der Gerichtsbarkeit befreit in bezug auf amtliche Äußerungen und Handlungen. Sie sind befreit von der Einkommensteuer, von fremdenpolizeilichen Vorschriften und vom Zoll für die erstmalige Überführung ihres Hausrats. Außerdem genießen sie eine bevorzugte Behandlung bei der Devisenbewirtschaftung. Welchen Beamten diese Befreiungen zustehen sollen, bestimmt jede Organisation für sich. Der Generalsekretär der Sonderorganisation hat die Namen der Beamten, die solche Befreiungen erhalten sollen, den Mitgliedsregierungen mitzuteilen (§ 18). Art. VII §§ 24 und 25 schafft Vorkehrungen, die es erlauben, einem Mißbrauch der Vorrechte zu begegnen. Von Interesse ist schließlich Art. IX, der ein Verfahren vorsieht, nach dem Streitigkeiten auf dem Gebiet des Vertragsrechts geschlichtet werden oder auch Streitigkeiten, an denen ein mit Immunitäten begabter Beamter beteiligt ist. Der Beitritt der Bundesrepublik wird dadurch wirksam, daß die Beitrittserklärung bei dem Generalsekretär der Vereinten Nationen oder dem Leiter der betreffenden Sonderorganisation hinterlegt wird. Das Abkommen wird jeweils im Verhältnis zwischen dem Staat und der in Frage stehenden Sonderorganisation wirksam. II. Der vorliegende Gesetzentwurf regelt nicht nur den Beitritt der Bundesrepublik zu dem Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen, sondern macht es im Art. III der Bundesregierung möglich, durch Rechtsverordnung Vorrechte und Befreiungen auch anderen zwischenstaatlichen Sonderorganisationen sowie ausländischen Wohlfahrtsorganisationen und ihren ausländischen Vertretern im Bundesgebiet zu gewähren. Solche amtlichen zwischenstaatlichen Organisationen sind z. B. internationale Schiedsgerichte, die mit dem Sitz in der Bundesrepublik errichtet werden, so der Schiedsgerichtshof des Londoner Schuldenabkommens. Ausländischen Wohlfahrtsorganisationen hat die Bundesregierung schon in der Vergangenheit auf Grund besonderer Abmachungen Steuer- und Zollvergünstigungen einräumen müssen (z. B. CARE, CRALOG, LICROS usw.); siehe Begründung des Gesetzentwurfs auf Seite 4. III. Aus allgemein politischen, aus rechtlichen, aber auch vielleicht aus moralischen Gründen sollte die Bundesrepublik dem Abkommen beitreten. Der Bundesrat hat dem Gesetzentwurf mit der Maßgabe zugestimmt, daß in Art. III Satz 3 die Worte eingefügt werden sollen: „mit Zustimmung des Bundesrats". Dieses Verlangen des Bundesrats scheint berechtigt; die Bundesregierung hat hiergegen auch nichts einzuwenden gehabt. Die Berlin-Klausel in Art. IV sollte die jetzt übliche Fassung erhalten, nämlich: Dieses Gesetz gilt auch im Lande Berlin, wenn das Land Berlin die Anwendung dieses Gesetzes feststellt. Bonn, den 29. April 1954 Dr.-Ing. E. h. Schuberth Berichterstatter Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 26. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen (35. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein, Walz, Trittelvitz, Seiboth, Schneider (Bremerhaven) und Genossen betreffend Reiseverkehr mit dem Saargebiet (Drucksachen 334, 170) Berichterstatter: Abgeordneter Walz Der Bundestag hat mit Beschluß vom 12. Juli 1950 die Bundesregierung aufgefordert, sich für die Aufhebung des Paß- und Visumzwangs im Reiseverkehr mit dem Saargebiet einzusetzen. Die daraufhin eingeleiteten Verhandlungen mit der Alliierten Hohen Kommission führten mit Wirkung vom 1. Januar 1951 zur Aufhebung des Visumzwangs. Der Paßzwang blieb bestehen. Das neue Bundesgesetz über das Paßwesen vom 4. März 1952 schreibt einen Paßzwang nur für Deutsche vor, die das Bundesgebiet über eine Auslandsgrenze verlassen oder betreten. Nach deutschem Recht besteht daher für die Ausreise von deutschen Staatsangehörigen aus dem deutschen Bundesgebiet in das Saargebiet oder für die Einreise von Saarbewohnern deutscher Staatsangehörigkeit aus dem Saar- in das Bundesgebiet kein Paßzwang. Bei der damaligen Beratung des neuen Paßgesetzes im Ausschuß des Bundestages für Angelegenheiten der inneren Verwaltung bestand daher Übereinstimmung darüber, daß rechtlich gegenüber dem Saargebiet ebensowenig ein Paßzwang für Deutsche in Frage kommt wie beim Übertritt über die Sowjetzonengrenze. Der Antrag der Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein, Walz, Trittelvitz, Seiboth, Schneider (Bremerhaven) und Genossen betreffend Reiseverkehr mit dem Saargebiet vom 8. Januar 1954 ist nach einem Beschluß des Bundestages dem Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen federführend unter Mitbeteiligung des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung überwiesen worden. In einer Sitzung vom 9. Februar 1954 beschloß der mitbeteiligte Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung daraufhin, dem federführenden Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen folgende Formulierung zu empfehlen: Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, den Reiseverkehr zwischen dem Saargebiet, den unter vorläufiger Auftragsverwaltung stehenden Westgebieten und dem Bundesgebiet nach den Gepflogenheiten des innerdeutschen Reiseverkehrs zu regeln. Der Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen hat in seiner Sitzung vom 16. März 1954 diese Formulierung gutgeheißen und beschlossen, sie als Antrag dem Bundestag vorzulegen. Als Berichterstatter empfehle ich Ihnen, in diesem Sinne zu beschließen. Bonn, den 29. April 1954 Walz Berichterstatter
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    Rede von Dr. Max Becker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Manchmal hat ein Bundestagsabgeordneter auch Zeit, ein Buch zu lesen; aber nur manchmal. So habe ich denn in den Weihnachtstagen einmal ein ausgezeichnetes Buch einer Französin gelesen, dessen Titel in der deutschen Übersetzung lautet: „Wie ich die Wölfin zähmte". Es handelt sich dabei um die ausgezeichnet nachempfundenen Memoiren des römischen Kaisers Hadrian. Als ich das Buch las, kam mir der Gedanke, wie hat doch eigentlich damals die Welt mehrere Jahrhunderte glücklich in einem Frieden gelebt, weil nur eine einzige Macht gewissermaßen die Welt beherrschte. Daher spricht man auch noch von der Zeit der pax Romana. Ich glaube, sogar das Problem der Konvertibilität hat damals keine Schmerzen gemacht.

    (Heiterkeit.)

    Wenn wir dann die Geschichte weiter durchgehen, dann kommen wir bis zum 19. Jahrhundert und stellen fest, das von 1815 an unter Führung des englischen Reiches und gestützt auf die Ausbalancierung des Gleichgewichts der Kräfte auf dem Kontinent auch wieder in summa summarum eine Zeit des Friedens herrschte, wenn auch manche Kriege, wenn auch jeder nur von kurzer Dauer, die Friedenszeit unterbrochen haben. Auch damals hat man sich über die Konvertibilität der Währungen keine Kopfschmerzen bereiten lassen.
    Heute stellen wir nun fest, daß die Welt in zwei große Mächte gespalten ist, die miteinander den Erdball umspannen, die also jeden Staat irgendwie mit ihrer Einflußsphäre umspannen und ergreifen und von deren Beziehung zueinander eigentlich das Schicksal der ganzen Welt abhängig ist. Dann haben wir festzustellen, daß ausgerechnet die Brennpunkte der Spannungen dieser beiden Mächte im Osten in dem gespaltenen Korea, im Westen in dem gespaltenen Deutschland liegen. Das ist heute unsere Situation, und das ist das, was die Welt in Unruhe versetzt.
    Die zweite Frage dazu, wo die Gefahr liegt, daß es zum Zusamenprall kommt, ist meiner Ansicht nach eindeutig dahin zu beantworten, daß nach allem, was wir bisher erlebt haben, von der russischen Seite die größere Gefahr droht. Der russische Staat wird kontrolliert und geführt von
    einem totalitären System, dem kommunistischen System, das in sich — wir haben ja alle mal in einem totalitären System gelebt — den Willen trägt, alle seinen Ideen untertänig zu machen. Wir stellen zum zweiten fest, daß es Rußland war, das 1945 nicht abgerüstet, sondern weiter aufgerüstet hat. Eine Zahl von 175 russischen Divisionen nannte vor einiger Zeit der französische Staatsmann Paul Reynaud in Straßburg. Und zum dritten ist festzustellen, daß dieser selbe Staat in allen Ländern sogenannte Fünfte Kolonnen besitzt, d. h. die kommunistischen Parteien in anderen Ländern; diese sind nicht mit Parteien zu vergleichen, die auf unter sich gleichen Tendenzen fußen. Wenn sie sich auch in ihren Tendenzen unter Umständen gleichen, so unterscheiden sich die kommunistischen Parteien doch darin von ihnen, daß sie von einem einheitlichen Willen regiert werden, nach einheitlichem Befehl handeln und daß nur die Methoden, mit denen sie in den verschiedenen Ländern handeln, den Eigenarten des betreffenden Landes angepaßt sind. Dazu kommen dann als letztes noch die Aggressionen, die dieser Staat von 1944 an vorgenommen hat. Ich brauche Ihnen die Satellitenstaaten, die er sich unterworfen hat, nicht aufzuzählen. Ich erinnere nur an die Blockade von Berlin und daran, was das Kennzeichen der letzten Zeit gewesen ist: daß Rußland den Angriff immer durch Stellvertreter vortragen läßt, so wie es auch jetzt in Indochina geschieht. Und da hinein paßt wieder ein Wort, das Paul Reynaud zitierte, ein Wort von Lenin, das ich schon oft genannt habe und das ich nur immer wiederholen kann und das ausgerechnet in den Tagen der Genfer Konferenz als aktuell zu bezeichnen ist. Dieses Wort lautet: Der Weg des Kommunismus von Moskau nach Paris geht über Peking und Kalkutta. In Peking ist er. Und wie weit Kalkutta von Indochina entfernt liegt, na, das wissen wir alle.
    Nun ist die Frage aufgeworfen worden: Hat Rußland nicht inzwischen seine Tendenzen geändert? — O ja, in den Methoden nach außen hin etwas. Man hat auch irgendwie versucht, wieder den Nachdruck auf die Konsumgüterindustrie und die landwirtschaftliche Produktion zu legen. Aber ist das eine Änderung nach außen? Ich beziehe mich auf einen Zeugen, der vielleicht auch von den Kollegen der SPD als guter Zeuge anerkannt wird. In der vergangenen Woche hat sich in Paris auf der Konferenz der europäischen Parlamentarier der führende Sozialist in Dänemark, Herr Jakobsen, klar und deutlich dahin ausgesprochen, daß sich in Rußland in der Tat etwas geändert habe. Man sei nämlich jetzt vorsichtiger geworden, man sei schmiegsamer, man sei nicht mehr so stur, aber man sei darum um so gefährlicher, weil die beherrschenden Tendenzen geblieben seien.
    Es fällt mir hier ein Wort ein, das vor zwei Jahren der verstorbene Kollege Schumacher mal gesprochen hat. Er redete in seiner ironisierenden Art von jenen Hirtenknaben, die auszogen, das russische Lämmlein zu hüten. Die gibt's auch heute noch.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Weiter sprach er, wie mir noch einfällt, in der
    gleichen Rede davon, daß er eine ganze trojanische
    Kavallerie angaloppieren sehe. Nun ja, heute
    haben wir den Vorschlag des Herrn Molotow, zunächst in der Berliner Konferenz dahin ausgesprochen, daß man in das Europäische Verteidigungssystem, in die EVG mit eintreten wolle, und
    dann später dahin moduliert, daß man der NATO


    (Dr. Becker [Hersfeld])

    beitreten möchte. Ich glaube, es ist vorhin der Vorwurf erhoben worden, man hätte diese Vorschläge nicht ernst genommen, nicht genug studiert. Wir haben sie studiert. Aber nach allem, was wir von den dahinter steckenden Tendenzen wissen, nach allem, was wir in der Vergangenheit, auch schon vom August 1953 an erlebt haben, haben wir den Eindruck, daß es sich um trojanische Pferde in Großformat handelt.
    Wenn wir feststellen konnten, daß zwei starke Mächte die Welt beherrschen und die anderen Länder in dem Spannungsfeld dieser beiden Mächte liegen, und wenn wir uns daran erinnern, daß auf der Konferenz in Berlin leider Gottes praktisch nichts erreicht worden ist, müssen wir doch ganz realistisch die Konsequenz daraus ziehen. So sehr wir nach wie vor alles tun, um die Wiedervereinigung herbeizuführen, so ist doch in dem Augenblick, in dem sich die Standpunkte der beiden Mächte festgefahren haben, in dem keine Verhandlungen hinüber und herüber mehr möglich sind, leider ein Status quo geschaffen, von dem wir nicht wissen, wie lange er dauert.
    Erlauben Sie mir deshalb in diesem Zusammenhang eine Frage. Wie wäre es, wenn man dem Beispiel der Siegermächte hinsichtlich des Friedensvertrages mit Japan folgte und nun doch einmal den Versuch machen wollte, auch mit uns einen Friedensvertrag abzuschließen? Das hätte zur Voraussetzung, daß die vier Mächte zunächst unter sich irgendwie in Verbindung miteinander treten müßten. Damit würden auch automatisch wieder Verhandlungen kommen, zu deren Thema dann in irgendeiner Form die Frage der Wiedervereinigung gehören würde. Ich bitte, sich einmal diese Frage zu überlegen.
    Zu dieser Unruhe in der Welt, die aus dem Vorhandensein dieser zwei großen Mächte herrührt, kommt nun noch, daß in diese zweigeteilte Welt, in die Welt der Unruhe und des Kalten Krieges noch die Bilder der Explosionen der Atom- und Wasserstoffbomben dringen. Die Öffentlichkeit der Welt ist durch das unvorstellbare Grauen alarmiert, das die Verwendung solcher Bomben in einem Krieg hervorrufen könnte. Millionenstädte könnten durch einen Bombenabwurf verschwinden. Die Erdoberfläche kann bis zu 70 m tief mit allen Kasematten, Konzentrationslagern, Luftschutzkellern, Bankgewölben und Stahlfächern aufgewühlt werden. Die Luft kann auf weite Entfernungen hin todbringend verseucht sein. Die verzagte Welt schaut sich nun um, ob und wie es Mittel gibt, ein derartiges Weltunglück zu verhindern. Wir wollen prüfen, was da zu tun ist.
    Wir begrüßen es, ähnlich wie es schon die Vorredner getan haben, daß Präsident Eisenhower den Versuch macht, in unmitelbarem Benehmen mit Sowjetrußland ein Verbot der kriegerischen Verwendung dieser fürchterlichen Waffen zu vereinbaren und Grundlagen für eine nur friedliche Verwendung dieser gigantischen Kräfte zu finden. Das wäre das erste.
    Darüber hinaus müßten sich eigentlich alle Völker, auch die, die nicht Mitglied der Vereinten Nationen sind, verpflichten, alle Streitfragen zunächst einem internationalen Schiedsgericht zu unterbreiten, soweit nicht der Weg unmittelbarer Verhandlungen ohne weiteres zum Ziele, zur Schlichtung führt.
    Dann kommt aber noch ein Drittes hinzu, und das liegt auf ideellem Gebiet. Ich glaube, auch davon darf man hier in diesem Zusammenhang einmal sprechen, auch wenn Sie mich vielleicht in Anbetracht dessen, was ich jetzt sagen werde, für ein bißchen veraltet halten würden. Ich bin der Meinung, daß bei allen Völkern, bei allen Staaten und bei allen Staatsmännern der ernste Entschluß obwalten muß, nur eine solche Politik zu führen, die vor dem Schöpfer aller Dinge und vor dem ewigen Sittengesetz bestehen kann,

    (Abg. Kunze [Bethel]: Sehr richtig!)

    nur eine solche Politik zu betreiben, die mit den Grundsätzen der Humanität übereinstimmt. Wir Deutschen, die wir aus der Hitlerzeit wissen, was eine vom ewigen Recht abweichende Politik zu bedeuten hat, wir, die wir ihre Folgen an unserem Volk, an unserem Staat, an uns selbst und dazu noch die Folgen eines unseligen Krieges zu spüren bekommen haben, haben gelernt, daß alle Politik nur dann vom Vertrauen eines Volkes getragen sein kann, wenn sie mit den ewigen Gesetzen, die der Schöpfer aller Dinge geoffenbart hat — und er offenbart sie in vielerlei Form und Gestalt —, in Übereinstimmung steht.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Eine solche moralische Haltung in der Politik gibt allen denen, die diese Politik treiben sollen, aber auch ihren Völkern, den inneren Halt und die Charakterstärke, die erforderlich sind, um das Grauen, von dem sich die Menschheit in dieser zweigeteilten Welt im Zeitalter dieser schaurigen Bomben auf Schritt und Tritt bedroht fühlt, zu bestehen. Nur durch Gottvertrauen kommt man zum Selbstvertrauen, und dann gilt auch wieder der Satz für jeden einzelnen von uns: Pfeiler, Säulen kann man brechen, aber nicht ein freies Herz!
    Als weiteren Punkt möchte ich nennen: Es muß verhindert werden, daß die angreifende Macht, also Sowjetrußland, noch weiteren Machtzuwachs erhält. Ich deute an, daß sie durch stellvertretende Angriffe versucht, über Peking, über Kalkutta zu dem Ziel Westeuropa bis zum Atlantischen Ozean zu kommen. Ich begrüße den Vorschlag der USA zu einem Verteidigungsabkommen für Südostasien, das in dieser Linie liegt. Ich begrüße zugleich, daß damit der Gedanke verbunden ist, diesen Völkern Asiens die Unabhängigkeit zu geben und sie auf den Boden der Freiheit zu führen. Dazu gehört ferner, daß nach dem Truman-Vorschlag Nr. 4, Hilfe für die zurückgebliebenen Gebiete, und ebenso nach dem Kolombo-Plan der englischen Dominien auch nach der materiellen Richtung hin das getan werden muß, was notwendig ist, um Angriffe des Kommunismus in dieser Richtung zu unterbinden.
    Dann noch ein letztes. Es muß versucht werden, aus der Zweiteilung der Welt herauszukommen, d. h. es muß versucht werden, noch weitere Machtgruppen zu schaffen, auch wenn sie an Machtfülle nicht an diese beiden Staaten herankommen können. Ich denke an den indischen Subkontinent mit Pakistan, an die arabischen Staaten und nicht zuletzt an unser Europa.
    Wir haben — Herr von Brentano ist leider nicht hier, sonst würde ich ihm sagen, daß auch ich zu den Romantikern gehöre, von denen mein Kollege Pfleiderer gesprochen hat — in einer sehr intensiven und von uns sehr ernst genommenen Arbeit im Winter 1952/53 den Versuch gemacht, eine Verfassung für Europa auszuarbeiten. Ich stehe zu ihrem Inhalt, und ich bin der Meinung, daß sowohl die Montan-Union wie der EVG-Vertrag viel-


    (Dr. Becker [Hersfeld])

    leicht nur ein Torso bleiben, wenn nicht der weitere Schritt zur Europäischen Politischen Gemeinschaft gegangen wird. Der Kollege Deist war es, glaube ich, der heute morgen davon spach, daß sich um die Ergebnisse der Montan-Union eine Art Verschwörung des Schweigens gebildet habe. Das ist ein Irrtum. In der vorigen Woche hat mein Fraktionskollege und Freund Blank in Paris ausdrücklich davon gesprochen, daß es in der Montan-Union vielleicht gewisse Kinderkrankheiten gebe, daß aber noch nicht feststehe, ob die Montan-Union als solche, die Konstruktion dieser Verbindung die Ursache dessen sei, was wir zu konstatieren haben. Vor allen Dingen müsse man sich, wenn eine gewisse Übergangszeit vorüber sei, darüber klar sein, daß diesem ersten Schritt zur europäischen Integration weitere folgen müssen, wenn nicht ein Torso bleiben soll, wenn man nicht wünschen müsse, diesen Schritt unter Umständen rückgängig zu machen.
    Nun zur Europäischen Politischen Gemeinschaft! Der Herr Bundeskanzler hat heute morgen von Fortschritten gesprochen, die auf diesem Gebiet gemacht worden seien. Er wird es mir nicht übelnehmen, wenn ich sage, daß es nach meiner Auffassung Rückschritte sind. Ich habe den ernsten Wunsch auszusprechen, daß diese Angelegenheit doch kräftig in Angriff genommen wird, und zwar auf folgende Weise. Die sechs Regierungen haben damals, im September 1952, ein Parlament von europäischen Parlamentariern geschaffen, gleichsam „als ob" ein Europa politisch schon existiere. Nun drehen wir den Spieß um und sagen wir: wenn dieses „Als-ob-Parlament" da ist, dann muß ihm gegenüber auch eine „Als-ob-Regierung" da sein, d. h., es muß nun versucht werden, dieses Vertragsinstrument in gemeinsamen Verhandlungen zwischen dieser quasi-Regierung Europas und dem quasi-Parlament Europas weiterzuführen. Ich sehe nur, daß das, was wir in einem halben Jahr gut zustande gebracht haben, jetzt in weit über einem Jahr, seitdem nun die Regierungen, die auswärtigen Ämter der sechs Staaten die Angelegenheit in die Hand genommen haben, keine Fortschritte gemacht hat. Ich weiß, daß die Diplomaten die abgewogenere Art der Verhandlung haben und daß diesem oder jenem Parlamentarier gern vorgeworfen wird, er habe vielleicht zuviel Temperament. Aber ich glaube doch, daß ohne Temperament, ohne Begeisterung und ohne Nachdruck, den auszuüben die Parlamentarier vielleicht mehr gewohnt sind als die Diplomaten, die Dinge nicht so vorangehen werden, wie sie vorangehen sollten. Deshalb meine Bitte an die Bundesregierung, den Vorschlag zu machen, daß die sechs Regierungen zusammen mit der Ad-hoc-Versammlung versuchen, auf der Grundlage des Statuts, das wir ausgearbeitet haben, zum Ziele zu kommen. Ich halte den augenblicklichen Zeitpunkt für außerordentlich günstig, und zwar aus personellen Gründen, weil nämlich der bisherige Präsident der Verfassunggebenden Versammlung, Herr Spaak, nunmehr auf die andere Seite hinübergewechselt und Außenminister Belgiens geworden ist, so daß er in seiner doppelten Eigenschaft, mit seinen doppelten Erfahrungen und mit der Dynamik, die ich ihm zutraue und die ich zu kennen glaube, vielleicht doch die Dinge, wenn an ihn herangegangen würde, voranbringen könnte.
    Denn, meine Damen und Herren — und damit komme ich nun zur Saarfrage —: Ein Deutscher von der Saar hat einmal sehr schön das Wort geprägt: „Europäisieren Sie zuerst Europa, und dann
    ist die Saarfrage mit den wirtschaftlichen Verflechtungen, die dann zu treffen sind, leicht zu regeln!"
    Ich muß leider feststellen, daß das Wort „Europäisierung" im Zusammenhang mit der Saar, wie es jetzt vorgeschlagen wird, nur geeignet ist, den wirklichen europäischen Gedanken zu kompromittieren. Der echte Wille, ein Europa zu schaffen, kann Schaden leiden, wenn eine Lösung, die keine europäische Lösung ist, so genannt wird; und der europäische Gedanke kann Schaden leiden, wenn in dem Naters-Plan der Begriff Europa in allen möglichen Zusammenhängen vorkommt, die kein Mensch verstehen kann. Es wird ein Kommissar vorgeschlagen, der vom Europarat, d. h. von den Staaten, die von Island bis zur Türkei hin in ihm versammelt sind, ernannt werden soll. Auf der andern Seite wird ein Berater vorgeschlagen, der von der luxemburgischen Montanbehörde, also von dem Europa der Sechs, ernannt werden soll. Zum Schluß wird von einem Europastatut der Saar geredet, das überhaupt erst in einer Konferenz geschaffen werden soll, so daß hier die dritte Bedeutung ties Begriffes Europa hineinkommt, — und das Ganze durcheinander. Das, was hier geschaffen wird, ist niemals eine echte Europäisierung.
    Ich möchte keinen Zweifel darüber lassen, daß das, was an der Saar geschieht, unserer Auffassung nach eine verhüllte Annexion ist. Frankreich behauptet, es wolle nicht annektieren. Was heißt annektieren? Ein Territorium aus einem Staatsgebilde herauslösen und es einem andern irgendwie einverleiben. Man kann unter den heutigen Verhältnissen — bei den Verflechtungen auf den Gebieten des Geldes, der Wirtschaft, der Organisation usw. — ohne weiteres sehr leicht auch ohne territoriale Regelung, die nach außen auf der Landkarte ersichtlich wird, doch durch derartige wirtschaftliche Verflechtungen, Konventionen, wie sie vorliegen, eine verschleierte Annexion vornehmen.
    Nun wird gesagt, das seien aber doch Tatsachen, es sei doch ein De-facto-Zustand an der Saar. Sehr schön! Aber wer verlangt denn nun, daß es jetzt geregelt wird? Wir? — Nein, Frankreich! Frankreich möchte noch die Unterschrift Deutschlands dazu haben. Die Unterschrift, die Frankreich verlangt, die ihm viel wert zu sein scheint, ist uns dasselbe wert.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Wir sind der Meinung, daß der Naters-Plan — Kollege Pfleiderer hat das schon ausgeführt — keine Grundlage ist, auf der man Verhandlungen führen kann. Der Naters-Plan bietet zwei Vorteile. Er gibt uns das Versprechen, daß, wenn auf der einen Seite die wirtschaftliche Verbindung mit Frankreich bleibt, eine Konferenz in der Zukunft versuchen soll, auch nach der deutschen Seite hin wirtschaftliche Verbindungen zu schaffen. Ich bin der Meinung, das kommt auf uns zu, auch wenn der De-facto-Zustand bleibt. Sogar ein selbständiger Saarstaat würde im Interesse seiner Wirtschaft und seiner Bevölkerung auch mit seinem östlichen Nachbarn, also mit uns, wirtschaftliche Verbindungen pflegen müssen.
    Als zweites wird uns vorgeschlagen, daß demokratische Freiheiten kommen sollen, aber in einer zeitlichen Dosierung, bei der man nicht weiß, warum die zeitliche Dosierung notwendig sein soll, wenn andererseits das erste und praktisch einzige, was der Europarat fertiggebracht hat, nämlich die


    (Dr. Becker [Hersfeld])

    Konvention der Menschenrechte, doch nun sozusagen das Grundgesetz von Europa ist. Man kann sich nicht vorstellen, warum das erst mit zeitlichem Abstand eingeführt werden soll. Ich glaube, daß der Druck der Weltmeinung und der Druck der Saarbevölkerung so stark sein werden, daß wir für dieses Entgegenkommen nicht noch zu zahlen brauchen. Mir kommt manchmal, wenn ich den Naters-Plan lese, das Gedicht von Schiller von dem Mädchen aus der Fremde in Erinnerung. Das kam auch jedes Jahr ins Land und reichte der einen Seite Früchte und der andern Blumen dar. Die Blumen sind uns zugedacht, das sind die Versprechungen, die darin enthalten sind, die erst durch eine Konferenz realisiert werden sollen. Wenn ich mir überlege, wie lange man gebraucht hat, um z. B. den EVG-Vertrag zu unterschreiben, und wie lange es jetzt dauert, bis er ratifiziert wird, dann habe ich Bedenken, wenn ich mir die Zeit vorstelle, die es dauern wird, bis diese Zusagen dann erfüllt sein werden.

    (Zuruf von SPD: Drei Monate, sagt Naters!)

    Ich bin der Meinung, daß man, wenn man überhaupt verhandelt, nur Zug um Zug Leistungen verabreden kann. Die Zeit der Vorleistungen muß vorüber sein.

    (Beifall bei der FDP und der SPD.)

    In dem Plan ist von einer Volksabstimmung die Rede. Die Volksabstimmung, die dort vorgeschlagen wird, hat ein doppeltes Gesicht. Sie soll der Saarbevölkerung das Recht geben, ihre Verfassung gewissermaßen neu zu schaffen. Das zweite Gesicht, das diese Volksabstimmung hat, hat völkerrechtliche Bedeutung, staatsrechtliche Bedeutung nach außen hin gesehen. Das heißt, sie führt dahin, daß gewissermaßen ein Teil, nämlich das Teilterritorium, das abgetreten werden soll, über sein Schicksal bestimmen soll, ohne daß das Gesamtterritorium, nämlich Deutschland, gefragt wird. Es ist eine alte Regel, die nur einmal, im Versailler Vertrag in den Bestimmungen über die Saar, durchbrochen wurde, daß nur der Staat als Ganzes, das Volk als Ganzes darüber zu bestimmen hat, ob ein Teil von ihm losgelöst werden soll oder nicht.

    (Sehr richtig! bei der FDP und SPD.)

    Ich bitte die Herren Korrespondenten der Auslandspresse, wenn sie über diese Sitzung berichten, ihren Lesern auch einmal mitzuteilen, daß es an der Saar nur Deutsche, keine Ausländer gibt.

    (Sehr gut! bei der FDP und bei der SPD.) Der Gedanke, der manchmal im Ausland auftritt, daß es hier eine Mischbevölkerung gebe, die darüber abstimmen müßte, wo sie hingehört, ist also völlig falsch. Weiter bitte ich die Herren Auslandskorrespondenten, ihre Völker doch auch einmal zu fragen, was irgendeiner der sechs Staaten wohl sagen würde, wenn an ihn von einem anderen Staat die Aufforderung erginge, im Interesse der Europäisierung einen Teil seines Landes abzutreten.


    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Nun ist die Frage aufzuwerfen, was Frankreich denn eigentlich will; ich meine jetzt nicht nur an der Saar, sondern im Großen und Ganzen seiner Politik. Was will es? Wir haben uns nicht zum EVG-Vertrag gedrängt. Unsere deutsche Bevölkerung stand noch völlig unter dem Eindruck der
    Entmilitarisierungsbestimmungen, sie stand auch unter dem Eindruck der Geschehnisse dieses Krieges. Speziell bei unserer Jugend war noch im Jahre 1950 der Gedanke von „Ohne mich!" bis zu einem gewissen Grade populär. Sie entsinnen sich; ich habe einmal im Europarat in Straßburg den dort versammelten ausländischen Kollegen vorzuführen versucht, in welcher Stimmung unsere Jugend damals gewesen ist. Wir haben uns nicht zur Bildung eines Heeres gedrängt. Wir sind an sich auch nicht nervös, wenn Frankreich seine Entscheidung aus diesem oder jenem Grund verzögert. Wir zeigen deswegen keine Ungeduld. Aber wir wollen doch nun einmal wissen, woran wir sind. Wenn Frankreich das nicht will, was seine Regierung schon unterschrieben hat — es wird doch die Bedrohung aus dem Osten so sehen wie wir auch; es war ja der französische Staatsmann Paul Reynaud, der daran erinnert hat, daß im Osten 175 Divisionen stehen, daß der Weg von Moskau nach Paris über Peking und Kalkutta und über Indochina geht —, muß Frankreich schließlich einmal sagen, welche Alternative es eigentlich hat. Denn dann tritt auch an uns die Frage heran, unsererseits Alternativen zu prüfen oder zu überlegen. Frankreich sieht die Dinge, weil es 700 km vom Eisernen Vorhang entfernt liegt, etwas zu leicht. Wenn die „Comédie Française" zur Zeit in Moskau 28 Vorhänge hat — ich gönne es den Künstlern, es sind ausgezeichnete Künstler, aber wir wissen ja von unseren Erfahrungen in Deutschland, wie in einem totalitären Staate derartige Beifallskundgebungen organisiert werden —, so berauscht man sich daran. Aber man sieht nicht, daß da drunten in Indochina bei Dien Bien Phu das Blut von Europäern fließt, auch das Blut von vielen deutschen Menschen. Das darf einmal hier gesagt sein. Und wenn die Weltöffentlichkeit mit Recht dem kommandierenden General de Castries ihre Hochachtung zollt, dann wollen wir in diesem Augenblick auch an die dort eingesetzten Soldaten, auch an unsere deutschen Menschen denken, die dort unten kämpfen und bluten.

    (Beifall bei der FDP.)

    Ich darf bitten, mir noch zu gestatten, auf Grund eines persönlichen Erlebnisses etwas anzufügen. Im Jahre 1552 — —

    (Abg. Dr. von Brentano: Das ist doch kein persönliches Erlebnis! So alt sind Sie noch nicht, Herr Kollege! — Heiterkeit.)

    — Das kommt noch; der Satz war noch nicht zu Ende. Warten Sie den Satz ab; ich komme dann zu dieser Gegenwart. —
    Der Vertrag von 1552, den damals einzelne Landstände in Deutschland — Hessen, Sachsen, Württemberg und einige andere — mit dem französischen König abgeschlossen haben und mit dem sie Metz, Toul, Verdun in Lothringen an Frankreich ausgeantwortet haben unter dem Vorbehalt aller „dero Kaiserlicher Majestät geschuldeten Rechte" oder unter dem Vorbehalt „aller Gerechtsame des Heiligen Römischen Reiches", mit dem Vorbehalt, daß es wieder zurückrevidiert werden könnte, — dieser Vertrag wurde in einem hessischen Jagdschloß geschlossen, das in meinem Heimatkreis liegt, in dem Schloß Friedewald. Eine Tafel erinnert noch heute an dieses Geschehnis.
    Nun kommt das Persönliche: ich möchte es lieber sehen, daß unsere Namen einmal auf einer Tafel stehen, auf der es heißt: „Ihr wart beteiligt an der Schaffung eines einigen Europa und habt damit eine Zwietracht, die jahrhundertelang Europa in


    (Dr. Becker [Hersfeld])

    Unruhe gehalten hat, zwischen Deutschland und Frankreich aus der Welt geschafft."

    (Abg. Lücke: Sehr gut! — Abg. Frau Dr. Weber [Aachen]: Das wollen wir ja!)

    Von den Höhen meiner hessischen Heimat geht mein Blick dann herüber zu den Höhen von Verdun. Ich habe zwischen den beiden Kriegen einmal dort oben gestanden und das große Beinhaus „Ossuâire" gesehen, das dort errichtet ist und in dem die sterblichen Überreste aller derjenigen beigesetzt sind, deren Persönlichkeit nicht hat identifiziert werden können. Es war erschütternd, zu sehen, daß da unten unerkannt und ungekannt vielleicht Freund und Feind miteinander im Frieden vereint liegen, aber tot. Und warum tot? Weil zwischen Deutschland und Frankreich alle 50 bis 60 Jahre Kriege stattgefunden haben, Kriege, an denen wir nicht allein schuld waren — es gab auch einen Ludwig XIV. und einen Napoleon I. —, aber immer mit dem Ergebnis, daß die Grenze zwischen unseren beiden Staaten bald einmal 60 bis 80 km weiter nach Osten und bald einmal 60 bis 80 km weiter nach Westen verlegt wurde. Hören wir doch endlich auf mit diesem Verschieben von Grenzen, und kommen wir dahin, daß die Grenzen wegfallen!

    (Abg. Lücke: Sehr gut!)

    Wenn wir aber zu dem Ergebnis in Gestalt der politischen Gemeinschaft kommen wollen, die diese Grenzen sukzessive abbaut, dann darf dieses Ergebnis nicht dadurch herbeigeführt werden, daß nun zum letztenmal vorher noch einmal Grenzen verschoben werden, nämlich unsere Westgrenze, die jetzt vom Westen der Saar an den Ostrand der Saar gelegt werden soll. Das paßt dann nicht zu den europäischen Methoden. Das paßt nur noch in das 19. Jahrhundert hinein, dessen Verdienst es wohl war, die Nationalstaaten geschaffen zu haben. Aber das Kennzeichen des 20. Jahrhunderts ist die Schaffung von über den Nationen stehenden Gemeinschaften, und diese müssen nach anderen Methoden geschaffen werden als nach denen des 19. Jahrhunderts.
    Ich habe vorhin davon gesprochen, daß die Politik immer dem ewigen Sittengesetz entsprechen muß. Es entspricht aber nicht dem ewigen Sittengesetz, wenn ein Volk, ein Staat, ein Land, in dem nur Deutsche wohnen, abgetrennt wird und wenn wir das noch zum Opfer bringen wollen, nur um die Europäische Verteidigungsgemeinschaft zu schaffen. Ich widersetze mich einem Junktim zwischen EVG und einer solchen Abtrennung.
    Und noch ein Letztes. Wir wollen eine gemeinsame europäische Armee schaffen. Leben sollen die Söhne der Völker, die bei Verdun sich so oft bekämpft haben, nun nebeneinander in der gleichen europäischen Wehrmacht. Es geht nicht an, es ist psychologisch unmöglich, eine Wehrmacht aufzubauen und darin Soldaten deutscher Nationalität zu haben, die sich sagen müssen: Jetzt treten wir gemeinsam zum Schutz von Europa an, aber nur deshalb, weil vorher erst noch ein Stück Deutschlands geopfert werden mußte.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Das paßt nicht zusammen.
    Ich fragte vorhin: Was wird Frankreich tun? Ich glaube, wenn ich wieder hinblicke auf jenes ernste Haus auf den Höhen bei Douaumont, dann ist die Frage zu stellen: Sollen wir nicht ohne diese Zutaten eines verflossenen nationalistischen Jahrhunderts uns so als Europäer finden?
    Deshalb glaube ich, daß es nunmehr an Frankreich wäre, zu antworten.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Walz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Karl Walz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Deutscher von der Saar darf ich wohl zur Saarfrage heute auch etwas sagen. Vor allen Dingen darf ich es deshalb tun, weil ich glaube, für diejenigen Deutschen an der Saar mit zu sprechen, die bis heute dort keine Gelegenheit gehabt haben, ihren Standpunkt, ihren wahren deutschen Standpunkt zur Saarfrage darzulegen.

    (Bravo! bei der SPD.)

    Wenn wir an der Saar die unveräußerlichen demokratischen und politischen Rechte gehabt hätten, wie wir sie im deutschen Bundesgebiet besitzen, wie der Verlauf der heutigen Aussprache im Deutschen Bundestag bewiesen hat, dann wäre, glaube ich, die Saarfrage vielleicht schon geregelt, und wir wären in der europäischen Entwicklung weiter vorangekommen, als das bis jetzt der Fall ist.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Ich komme gleich zum van-Naters-Plan. Ich brauche ja in dieser vorgeschrittenen Stunde nicht zu wiederholen, was bereits im Laufe des heutigen Tages in positivem Sinne für uns an der Saar gesprochen worden ist.
    Ich für meine Person — ich glaube aber, das auch im Namen und sogar im Auftrag unserer Freunde an der Saar sagen zu dürfen — lehne den van-
    Naters-Plan ab. Wir verkennen nicht, daß dieser Plan einige Ansatzpunkte enthält, die nach unserer Auffassung dazu beitragen könnten, in europäischer Beziehung und vor allen Dingen in der Herstellung der demokratischen Freiheiten an der Saar vorwärtszukommen.
    Die erste Feststellung, die man im van-Naters-
    Plan treffen kann, ist die, daß es an der Saar nur Deutsche gibt und daß die Saar deutsch ist.
    Das zweite ist, daß dieser Plan nicht verschweigen kann, daß an der Saar keine Verfassung und keine Rechtsordnung besteht, die es den Menschen an der Saar in vollem Umfange ermöglichen würde, ihre politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Angelegenheiten selbst zu regeln. Richtig: Es ist nicht erlaubt, anderer Auffassung zu sein oder sich in einem anderen Sinne zu äußern, als es das herrschende Regime an der Saar wünscht oder erwartet. Aus den von mir angeführten Lebensbereichen darf ich ein Beispiel anführen. Es ist in der gewerkschaftlichen Geschichte bis jetzt wohl kaum vorgekommen, daß eine große Gewerkschaft, wie der Industrieverband Bergbau an der Saar, aufgelöst worden ist, von der Polizei nur aufgelöst worden ist, weil er in wirtschaftlicher Beziehung anderer Auffassung war als das herrschende Regime und weil er die Auffassung vertrat, daß die Grundfreiheiten an der Saar nicht gewährleistet seien.
    Das dritte ist, daß der van-Naters-Plan die einseitige wirtschaftliche Bindung, die in der französischsaarländischen Wirtschafts- und Zollunion zum Ausdruck kommt, nicht hundertprozentig gutheißt und die daraus sich ergebenden politischen Folgen nicht abzustreiten vermag. Das ist durchaus richtig und entspricht auch einem Standpunkt, der


    (Walz)

    bei einer anderen Gelegenheit von französischer Seite eingenommen worden ist. Bei den Erwägungen, die anläßlich der Schaffung einer deutschösterreichischen Zollunion angestellt worden sind, war es gerade Frankreich — und nachlesen können wir es in dem bekannten Buch des französischen Botschafters François-Poncet „Als Botschafter in Berlin" —, das sich vor dem Haager Gerichtshof mit dem Argument durchzusetzen vermochte, daß, wenn ein kleinerer Partner mit einem größeren Partner eine solche Abmachung treffe, er früher oder später auch in den politischen Einflußbereich dieses größeren Partners geraten und seine Selbständigkeit verlieren müsse. Das hieße in unserem Fall: die Abtrennung von Deutschland, auch in kultureller Beziehung.
    Das vierte, was der van-Naters-Plan zum Ausdruck bringt, ist, daß an der Saar keine uneingeschränkte Meinungs-, Presse-, Vereins-, Versammlungs- und Parteienfreiheit besteht. Dieses Anliegen muß nach unserer Auffassung und auch nach meiner persönlichen Auffassung unbedingt vorgebracht werden. Ich muß hier die Bitte hinzufügen, vor allem folgende Bedenken ernsthaft zu beachten. Wir von der Saar-CDU fühlen uns nach wie vor mit Deutschland verbunden. Wir betrachten die Saar als ein Stück der deutschen Heimat. Wir vermögen uns also nicht dazu zu entschließen, uns von Deutschland abzutrennen.
    Nun hat Herr Abgeordneter Dr. Pfleiderer, ein Europaexperte und auch van-Naters-Plan-
    Experte, zum Ausdruck gebracht, daß der van-
    Naters-Plan eine echte Loslösung von Deutschland mit sich brächte. Wir aber wollen uns nicht von Deutschland lösen. Wenn jetzt etwa im Rahmen irgendwelcher Bemühungen eine Grundsatzerklärung oder eine sonstige Abmachung zwischen Deutschland und Frankreich zustande käme, dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, frage ich Sie, wie wir an der Saar noch unseren Standpunkt zum Ausdruck bringen könnten. Es wäre unmöglich, ihn in der Annahme und der Hoffnung zum Ausdruck zu bringen, ihm zum Erfolge zu verhelfen. Wir könnten es wohl versuchen. Wir würden bei dieser Tätigkeit aber unzweifelhaft auch sowohl in einen antideutschen als auch in einen antieuropäischen Akzent geraten, und beides wollen ja die Deutschen an der Saar nicht. Wir wollen bei Deutschland bleiben. Wir wollen helfen, Europa zu schaffen. Wir an der Saar sind keine Nationalisten. Wir sind gute Deutsche, genau wie Sie gute Deutsche sind. Das sind wir, aber keine Nationalisten. Eine der deutschen Parteien an der Saar hat bereits im Jahre 1950, um aus den Schwierigkeiten mit dem Saarproblem herauszukommen, eine europäische Lösung an der Saar vorgeschlagen und ist deshalb von dem herrschenden Regime verboten worden.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Diese Partei hat sich jetzt, kurz vor Weihnachten 1953, sogar vom Oberverwaltungsgericht Saarlouis diese Entscheidung ausdrücklich bestätigen lassen müssen.
    Die politischen und demokratischen Freiheiten sind für uns ein ganz selbstverständliches Anliegen, das nach unserer Auffassung unbedingt berücksichtigt und auch durchgesetzt werden müßte. Ich glaube bestimmt daran, daß Frankreich, wenn es nicht eine gewisse Anzahl von undemokratischen Helfershelfern an der Saar besäße, mit seinen hohen Idealen der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit schon längst auch uns an der Saar diese Freiheiten hätte einräumen müssen. Dann würde halt die Saarfrage von uns selber zu regeln sein. Ich glaube, die Deutschen an der Saar müßten zuerst diejenigen sein, die über ihr Schicksal zu entscheiden bzw. als Voraussetzung dazu zunächst einmal darüber frei und offen zu sprechen und zu diskutieren haben. Deswegen muß ich meine Stimme dagegen erheben, daß gerade die fehlenden politischen und demokratischen Freiheiten eingetauscht werden sollten gegen Zugeständnisse, die es uns unmöglich machen würden, das zu bleiben, was wir sind und was wir bleiben wollen: nämlich Deutsche.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)