Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt in der Diplomatie eine Redensart, die heißt „Qui mange de la Sarre, en meurt" — Wer von der Saar ißt, stirbt daran.
Dies gilt natürlich nicht nur für die gequälten Herren Beamten, die sich in der Saarfrage mühen, sondern es gilt ebenso für die Abgeordneten, die im Bundestag oder im Europarat mit dieser schwierigen Sache zu tun haben. Es gilt insbesondere auch für die Abgeordneten, die Pläne ausarbeiten und für Pläne verantwortlich sind, — denn Sie wissen ja: wer im öffentlichen Leben steht und auf sich hält, sollte heute einen Plan haben. Es gilt vielleicht auch für die Regierungen, die sich solche Pläne zunutze machen wollen. Die Saar ist im höchsten Maße gefährlich, und ich bin mir ihrer Gefahren bewußt. Ich möchte mich heute durchaus im Umkreis der Saar und ihrer Gefahren halten.
Am vergangenen Montag wurde im Ausschuß für allgemeine Angelegenheiten des Europarates in Paris über den sogenannten Naters-Plan zur Regelung der Saarfrage abgestimmt. Die Abstimmung fand, ebenso wie es bei den langwierigen Verhandlungen vorher der Fall gewesen war, unter dem Vorsitz des französischen Abgeordneten M. Guy Mollet statt. Ehe ich von irgend etwas anderem spreche, möchte ich hier hervorheben, daß M. Guy Mollet der gerechteste und umsichtigste Vorsitzende war, den man sich wünschen konnte,
eine jener vorbildlichen, klar denkenden und uneigennützigen Persönlichkeiten, an denen sich die
europäischen Hoffnungen aufrichten können, wenn
sie aufs tiefste gesunken sind. Ich möchte nicht versäumen, die Dankbarkeit der deutschen Abgeordneten im Plenum des Bundestages aufs angelegentlichste und sehr bewegt zum Ausdruck zu bringen.
Die drei deutschen Abgeordneten haben in der Abstimmung den ganzen Reichtum des deutschen politischen Gemüts erstrahlen lassen. Ich verrate kein Geheimnis, sondern gebe nur wieder, was die Presse sagt, wenn ich mitteile, daß jeder von uns anders abgestimmt hatte als der andere.
Herr Kollege Gerstenmaier sagte ja, Herr Kollege Mommer sagte nein, und ich enthielt mich der Stimme.
Die Abstimmung war insofern europäisch, als wir
nicht nach Delegationen, auch nicht nach Parteien
abstimmten, sondern nach unseren eigenen Über-
zeugungen, freilich unter angemessener Berücksichtigung der Überzeugungen unserer politischen Freunde.
Ich selber hatte keinen Ehrgeiz, den Rebellen zu spielen.
Ich darf folgendes hervorheben: alle drei deutschen Abgeordneten im Ausschuß für allgemeine Angelegenheiten kommen aus Württemberg,
jeder grenzt mit seinem Wahlkreis an die Wahlkreise seiner beiden Kollegen, Waiblingen an Ludwigsburg und an Backnang und so reihum. Jeder von uns ist unmittelbar gewählt, und, obwohl die Menschen in allen drei Wahlkreisen ziemlich gleichartig sind, haben sie in jedem Wahlkreis den Abgeordneten einer anderen Partei gewählt. Herr Präsident, ich glaube, ich darf hier schon sagen, es gibt noch Charakterköpfe in Württemberg.
Mein lieber Freund und Bundesbruder Reinhold Maier wird dies bestätigen, falls ihn der Herr Bundeskanzler als Zeugen hierzu hören wollte.
Die französische Regierung hat den Saarstreit oder, besser, die Saarfrage mit der EVG insofern verbunden, als sie die Verträge der Kammer erst vorlegen will, wenn eine für Frankreich befriedigende Grundsatzerklärung über die Saarfrage abgegeben ist. Umgekehrt ist in Art. 1 Abs. 1 des Naters-Plans die Saarfrage mit der Europäischen Politischen Gemeinschaft verbunden. Damit ist die Angelegenheit über sich selbst hinausgewachsen. Die Saarfrage bedingt die Verteidigungsgemeinschaft und den politischen Zusammenschluß des Erdteils. Sie berührt sich mit den Verhandlungen über Indochina und greift in das „do ut des" der ganzen Welt. Auf der anderen Seite wird die Saarfrage vergiftet, weil mancher, der die EVG zu Fall bringen möchte, die Saar zum Vorwand nimmt, um seine Gegnerschaft zur Geltung zu bringen.
Gerade aus diesem Grunde muß, wer das Wort Saar hört, die echten von den falschen Tönen unterscheiden lernen. Ich selber möchte, obwohl ich sehr unmusikalisch bin, nur echte und keine falschen Töne anstimmen.
Die Abstimmung in Paris war deshalb so schwierig, weil in dem Naters-Plan positive und negative Elemente nebeneinanderstehen, die kaum auf einen Nenner zu bringen sind. Herr Kollege Gerstenmaier hat bei seinem Ja-Wort Vorbehalte angemeldet, die sich auf die Frage der Endgültigkeit nach Art. 19, auf die Frage der Vereinbarkeit mit den Art. 2 und 7 des Deutschlandvertrages und auf die Frage der Menschenrechte beziehen. Ich habe mir diese Vorbehalte zu eigen gemacht und glaube, auch Herr Kollege Mommer hat es getan. So sind die drei Deutschen in vielem doch einer Meinung gewesen; nur haben sie in der Abstimmung verschiedene Folgerungen daraus gezogen. Die Vorbehalte des Herrn Kollegen Dr. Gerstenmaier waren jedoch, ich möchte sagen, Mindestvorbehalte. Es gab darüber hinaus noch „Spitzen" individueller Natur.
Ich möchte über die Frage der Menschenrechte hier nicht besonders sprechen; sie sind im Laufe der Debatte schon eingehend behandelt worden. Im übrigen haben Sie ja, Herr Kollege Gerstenmaier, in London darüber verhandelt und wären der Berufenste, darüber zu sprechen.
Der Herr Bundeskanzler hat in seinen Ausführungen zur Saarfrage von der Notwendigkeit eines Kompromisses gesprochen, von der Notwendigkeit, sich auf einer mittleren Linie oder einer höheren europäischen Ebene zu treffen. Meine politischen Freunde haben oft mehr als ich selber die außenpolitische Linie des Herrn Bundeskanzlers bejaht und unterstützt und in den europäischen Fragen — ich darf nur an meinen Freund Herrn Dr. Becker erinnern — tatkräftig mitgearbeitet. Meine Freunde sind auch, und ich bin es erst recht, von Natur aus und von Partei wegen gutartig und freundlich und kompromißbereit.
Die Fragen aber, um die es sich bei der Saar handelt, sind von so grundsätzlicher Bedeutung, daß sie Kompromissen schwer zugänglich sind und uns zwingen, unsere Ansichten, oder besser: die Lage Deutschlands so deutlich zu formulieren, daß es keine Mißverständnisse darüber geben kann.
Wenn der Herr Bundeskanzler gesagt hat, daß wir hier einseitige Rechtsänderungen hinnehmen müßten, so stimmen meine Freunde darin nicht zu. Auf dieser Grundlage kann man schwer zusammen kämpfen, wenn man sich mit anderen dazu zusammenschließen will.
Die Wirklichkeit der französischen Deutschlandpolitik ist von deutscher Seite schwer darzustellen. Es hat immer etwas Mißliches, sich zum Dolmetscher fremder Überlegungen und Absichten zu machen. Ich bin deshalb auch gern bereit, mich berichtigen zu lassen, und was ich vortrage, trage ich vor, ohne es gut oder böse, gerecht oder ungerecht zu heißen. Jeder Staat verfolgt die Politik, die ihm gutdünkt. Gerade wir Deutschen sollten endlich lernen, die Staaten so zu nehmen, wie sie sind, und sollten als die Besiegten zweier Weltkriege den Sieger nicht ändern und umerziehen wollen.
Wir glauben nun, in der französischen Saarpolitik wirtschaftliche und politische Beweggründe zu sehen, Beweggründe, die verschieden stark sind und zuweilen auch wechseln. Zuerst war von den Kohlen die Rede, dann von den Devisen, dann von Reparationen oder gar von dem Konjunkturpuffer für Lothringen. Oft aber, und hierin scheint etwas Dauerndes zu liegen, ist von dem Wunsch die Rede, uns Deutsche als die als gefährlich empfundenen Nachbarn um Gebiet und Wirtschaftskraft der Saar zu schwächen. Das Gleichgewicht zwischen Bundesrepublik und Frankreich sei gestört, so heißt es, wenn die Saar bei Deutschland bleibe.
Mit all dem habe ich mich im Augenblick nicht auseinanderzusetzen. Es würde nur die tausendjährige Reihe von Klage, Widerklage und Verteidigung auslösen. Wohl aber habe ich zu prüfen und haben wir alle zu prüfen, was der Verbund der Saarfrage mit der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft bedeutet. Und nicht nur wir Deutschen haben das zu prüfen, sondern alle Staaten haben es zu prüfen, denen am Zustandekommen der gemeinsamen Verteidigung gelegen ist.
Die Bundesrepublik hat die Verteidigungsgemeinschaft unterschrieben und ratifiziert. Sie will sich auf militärischem Gebiet auf Gedeih und Verderb, auf Leben und Tod mit Frankreich verbinden, und das ist etwas ganz anderes als der Beitritt zum Internationalen Gesundheitsamt oder zur Internationalen Reblaus-Konvention.
Nun, was bedeutet das Junktim von Saar und EVG?
Die Notwendigkeit, Westeuropa zu einer Verteidigungsgemeinschaft zusammenzuschließen, wird damit begründet, daß Europa von Osten her bedroht sei. Diese Bedrohung ist, wenn man sie anerkennt — und die Bundesregierung und viele andere Regierungen erkennen sie an —, für Frankreich nicht geringer als für die Bundesrepublik; sie ist für uns nicht größer, als sie für Frankreich ist. Wenn nun aber der eine Teil seine Bereitwilligkeit zur gemeinsamen Verteidigung von der Lösung eines bestimmten, mit der Verteidigung an sich gar nicht zusammenhängenden Streitfalles abhängig macht, und zwar in dem Sinne abhängig macht, daß er gewillt ist, auf die gemeinsame Verteidigung zu verzichten, wenn der Streitfall nicht in seinem Sinne gelöst wird, dann wird die Auffassung, daß man bedroht sei und sich gemeinsam verteidigen müsse, unglaubwürdig,
dann wird dem Gedanken der gemeinsamen Verteidigung der Boden entzogen, es wird seine Berechtigung zerstört. Wer die Lösung der Saarfrage zur Vorbedingung der westlichen Verteidigung erhebt, stellt innereuropäische Streitfragen über die gemeinsame Verteidigung und leugnet damit die Notwendigkeit dieser Verteidigung selbst.
Denn entweder ist man bedroht, oder man ist nicht bedroht; und wenn man bedroht ist, kann man nicht so tun, als wäre man es nicht.
Dies ist ein sehr ernster Punkt; denn er stellt die Gemeinsamkeit in Frage. Wenn der eine unter allen Umständen will und der andere nur unter bestimmten Umständen will, dann ist der, der unter allen Umständen will, hoffnungslos im Nachteil.
Diese Lage müssen wir unter allen Umständen vermeiden, weil wir sonst von Vorleistung zu Vorleistung gezogen werden,
ohne sicher zu sein, die Gegenleistung zu erhalten.
Wir wissen, daß die Grundsatzerklärung über die Saarfrage die Voraussetzung dafür bildet, daß die EVG vor die französische Kammer kommt. Aber wir haben noch keine Sicherheit dafür, daß die EVG dann sicher ratifiziert wird. Wir befinden uns hier in einer höchst unbefriedigenden Lage, und weite Kreise des deutschen Volkes beginnen ja auch unruhig zu werden, weil wir mit den zentralen Fragen unserer Außenpolitik, mit den Fragen der Sicherheit und Verteidigung von völlig ungewissen Mehrheitsverhältnissen in einem fremden Parlament abhängig sind. Man mag wohl darüber nachdenken, was in Frankreich geschehen wäre, wenn wir schon vor anderthalb Jahren ratifiziert hätten.
Heute jedenfalls ist die Lage die, daß zum zweiten Jahrestag der Unterzeichnung das Schicksal der EVG eher unsicherer ist als vor einem Jahr oder bei der Unterzeichnung selbst. Wir wissen, daß die grundsätzliche Lösung der Saarfrage eine Vorbedingung dafür bildet, daß die EVG in der Kammer behandelt wird. Aber sie ist nicht die einzige Vorbedingung. Da gibt es ja noch die militärischen Zusagen der Vereinigten Staaten und Großbritanniens und die Frage der Zusatzprotokolle. Heute ist lange davon gesprochen worden, diese sei befriedigend geregelt, aber wir wissen, daß sich die französische Regierung und französische Kreise vorbehalten zu sagen, ob nun diese Zusagen wirklich auch genügten. Es gibt noch ganz andere und viel schwierigere Fragen, und wenn man sie nicht oder noch nicht öffentlich vorbringt, dann soll das nicht heißen, daß man sich ihrer in Frankreich nicht sehr bewußt wäre. Es handelt sich um die ganze Problematik der deutschen Ostgrenzen, mit der man sich in Frankreich durch die Verteidigungsgemeinschaft viel enger verbunden glaubt als ohne diese. Ich unterziehe mich der höchst undankbaren Aufgabe, diese Fragen hier vorzubringen, und zwar deshalb, weil wir mit der Möglichkeit rechnen müssen, daß hinter dem Junktim von Saar und Europäischer Verteidigungsgemeinschaft nicht nur der begreifliche und lobenswerte Wunsch unserer französischen Freunde steht, vor Eingehen einer Partnerschaft so enger Art, wie es die Verteidigungsgemeinschaft wäre, alten Streit mit uns zu bereinigen und zu begraben, sondern vielleicht auch der Wunsch, die EVG selbst zu treffen und ganz andere Lösungen anzustreben als die, die wir unterzeichnet und zum Leitstern unserer Politik erhoben haben.
Meine Damen und Herren, ich möchte es vermeiden, die heute schon wiederholt berührte heikle Frage der Alternative aufzuwerfen. Ich habe einmal Alternativen vorgeschlagen und bin dadurch fast berühmt geworden.
Ich fand diesen Zustand aber höchst unbequem und möchte alles vermeiden, ihn erneut herbeizuführen. Wohl aber sei einmal rein dialektisch gesagt, daß, wenn sich eine Politik a nicht verwirklichen läßt, dann der Zustand non-a eintritt, ohne Rücksicht darauf, ob man ihn Alternative heißt oder nicht heißt. In Wirklichkeit trägt jede Politik durch die Möglichkeit ihres Scheiterns die Möglichkeit und Notwendigkeit ihrer Alternative in sich.
Diese Tatsache sollte zumindest dazu zwingen, daß man sich ernstlich mit ihr befaßt. Wir leben, als käme es nie dazu, und darin sehe ich eine große Gefahr.
Meine Freunde und ich finden das Junktim zwischen Saar und EVG über alle Maßen schädlich, schädlich für die Saarfrage, die dadurch überbewertet wird und ihre Größenverhältnisse verliert, und schädlich für die Europäische Verteidigungsgemeinschaft, die durch diese ihr völlig fremde Frage beschwert wird. Das Junktim ist erst nach der Unterzeichnung der Verträge aufgestellt worden. Es wäre besser gewesen, man hätte sich nie darauf eingelassen, und es wäre heute noch besser, sich von ihm zu lösen.
— Ja, offenbar doch!
— Warten Sie nur! — Man würde nach den Folgen, die sich daraus ergeben, zu einer klareren Erkenntnis der französischen Verteidigungspolitik kommen. Ich meine, auch ohne dieses Junktim fließt der Rhein, wo er fließt, und werden Kräfte auf Verständigung drängen, hüben und drüben, vielleicht weniger stürmisch und weniger vollkommen, aber auch mit weniger Konflikten und mit einem weit geringeren Verlust an kostbarer Zeit. Wir wollen nicht vergessen, in welchen Verhandlungen und in welchen Kämpfen Frankreich steht. Da sieht sich manches anders an als von unserem Standpunkt. Vielleicht kann man die französische EVG-Politik nicht verstehen, wenn man dies nicht berücksichtigt.
Nach dem Naters-Plan soll das Saargebiet europäisches Gebiet werden, sobald eine europäische politische Gemeinschaft gegründet ist. Das Saargebiet soll dieser Gemeinschaft unterstellt werden, ohne eine eigene Staatlichkeit zu erlangen. Dies versteht man unter „Europäisierung" des Gebiets. Abgesehen nun von der Frage, welche Beschaffenheit das europäisierte Gebiet und die Gemeinschaft haben sollen und welche besonderen Erleichterungen der Vorgang der Europäisierung für das Saargebiet mit sich bringen soll, die Tatsache bleibt bestehen, daß wir es mit einer echten Loslösung aus dem deutschen Staatsverband zu tun haben,
mit einer echten Grenzfrage.
Hier erhebt sich die weitere Frage, ob die Bundesrepublik überhaupt Rechtsgeschäfte vornehmen kann, die sich auf die Grenzen Deutschlands beziehen.
Durch den Deutschland-Vertrag hat die Bundesrepublik, wie vorläufig sie auch als Staatswesen sein mag, volle Macht über ihre inneren und äußeren Angelegenheiten erhalten. Darin ist an sich auch jede Abmachung über das Saargebiet eingeschlossen. Schranken sind der Bundesrepublik jedoch gezogen, wenn es sich um die Rechte handelt, die sich die drei westlichen Mächte in Art. 2 des Deutschlandvertrages im Hinblick auf die internationale Lage, d. h. vor allem im Hinblick auf die vierte Besatzungsmacht, auf die Sowjetunion, vorbehalten haben. Diese Rechte beziehen sich auf Deutschland als Ganzes einschließlich der Wiedervereinigung und einer friedensvertraglichen Regelung.
Diesen Rechten der Westalliierten gegenüber der Bundesrepublik entsprechen die Verpflichtungen der Westalliierten gegenüber der Sowjetunion. Es handelt sich hier um Tatbestände von höchster politischer Bedeutung, es handelt sich um die Klammer um Deutschland, um die letzten Bestimmungen, auf denen unsere Einheit beruht, aber auch um die letzte Grundlage, auf der wir die Besatzungsmächte für unsere Einheit verantwortlich halten können.
Von Bedeutung ist ferner der Art. 7 des Deutschlandvertrages, in dem es heißt:
Die Bundesrepublik und die Drei Mächte sind darüber einig, daß ein wesentliches Ziel ihrer gemeinsamen Politik eine zwischen Deutschland und seinen ehemaligen Gegnern frei vereinbarte friedensvertragliche Regelung für ganz Deutschland ist, welche die Grundlage für einen dauerhaften Frieden bilden soll. Sie sind weiterhin darüber einig, daß die endgültige Festlegung der Grenzen Deutschlands bis zu dieser Regelung aufgeschoben werden muß.
Nach diesen Bestimmungen soll alles, was sich auf Grenzen bezieht, dem Friedensvertrag vorbehalten bleiben. Dieser Friedensvertrag, das haben wir heute schon gehört, soll zwischen Deutschland, d. h. Gesamtdeutschland, und seinen ehemaligen Gegnern, d. h. auch der Sowjetunion, geschlossen werden. Gelegentlich wird gesagt, daß an die Stelle eines Friedensvertrages auch ein anderer dementsprechender Vertrag treten könnte. Aber was für ein Vertrag müßte das denn sein, der an die Stelle eines solchen Friedensvertrags treten könnte? Ein Vertrag nur zwischen der Bundesrepublik und den drei westlichen Alliierten könnte es ja wohl nicht gut sein; denn er wäre seinem Wesen nach etwas anderes als ein Vertrag zwischen Gesamtdeutschland und den vier ehemaligen Gegnern. Und ein Vertrag, der nur Teilstücke behandelte und den politischen Zusammenhang, der zwischen allen Teilstücken besteht, auseinanderrisse, wäre gleichfalls etwas ganz anderes als ein Friedensvertrag, der die Fragen der deutschen Freiheit, Sicherheit und Einheit in einem löste. Ersatz wäre hier unvollkommener als sonst.