Rede:
ID0202617600

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 41
    1. die: 3
    2. der: 2
    3. besonders: 2
    4. Besprechung: 2
    5. Soll: 1
    6. Antrag: 1
    7. unter: 1
    8. Punkt: 1
    9. 3: 1
    10. b: 1
    11. Tagesordnung: 1
    12. begründet: 1
    13. werden?\n: 1
    14. —: 1
    15. Dann: 1
    16. sind: 1
    17. Großen: 1
    18. Anfragen: 1
    19. begründet.: 1
    20. Ich: 1
    21. brauche: 1
    22. wohl: 1
    23. nicht: 1
    24. Frage: 1
    25. zu: 1
    26. stellen,: 1
    27. ob: 1
    28. gewünscht: 1
    29. ist.: 1
    30. Das: 1
    31. ganze: 1
    32. Haus: 1
    33. will: 1
    34. diese: 1
    35. haben.Ich: 1
    36. erteile: 1
    37. das: 1
    38. Wort: 1
    39. dem: 1
    40. Herrn: 1
    41. Bundeskanzler.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 26. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. April 1954 1043 26. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. April 1954. Geschäftliche Mitteilung en . . . . 1046 A, 1092 C, 1101 D, 1141 A Gedenkworte des Präsidenten für die Todesopfer des Bergunglücks der Heilbronner Schüler und Lehrer und für ihre Hinterbliebenen und Dank für die an dem Rettungswerk Beteiligten 1046 B Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg Schuler, Höcker, Horn, Ladebeck, Gerns, Ritzel, Dr. Bartram, Cillien, Arnholz . . 1046 D Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags 1046 D Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 15, 39, 42, 43, 47, 50, 52, 54 (Drucksachen 144, 460; 342, 485; 383, 463; 384, 461; 408, 471; 426, 491; 438, 479; 457, 490) 1046 D Vorlage des Berichts des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über Maßnahmen betr. Verlängerung der Verordnung über die Beimischung inländischen Rüböls und Feintalges (Drucksache 465) 1047 B Vorlage des Geschäftsberichts der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein und der Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung der Verwertungsstelle für das Geschäftsjahr 1952/1953 (Drucksache 464) 1047 B Mitteilung über Vereinbarung im Ältestenrat betr. Behandlung von Fragen der Fragestunde, die wegen Abwesenheit des zuständigen Bundesministers oder seines Vertreters in der Fragestunde unerledigt bleiben 1047 C Fragestunde (Drucksache 477): 1. betr. Material zur Bewertung der Rede des Herrn Chruschtschew und zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage in der Sowjetunion: Dr. Lütkens (SPD) . . . 1047 C, D, 1048 A Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 1047 D, 1048 A 2. betr. Artikel in der Zeitschrift „Außenpolitik" und Vermeidung der Benennung Frankreichs als Partner des Potsdamer Abkommens sowie Auslegung des Begriffs „Vereinbarungen von 1945" in der amtlichen Begründung zum Bonner Vertrag vom 26. Mai 1952: Dr. Lütkens (SPD) 1048 B, C, D Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 1048 B, D 3. betr. Unterbindung des Schlachtens von Hunden und Katzen zum Zwecke des Verzehrs: Dr. Leiske (CDU/CSU) 1049 A, C, D, 1050 A Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . 1049 B, D Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 1050 A 4. betr. Vorschriften zum Schutz der Volksgesundheit im Bereich der Milchwirtschaft: Frau Nadig (SPD) 1050 A, C Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . 1050 A, C 5. betr. Fischereischutzboote für die Fanggebiete der deutschen Hochseefischerei: Schneider (Bremerhaven) (DP) . . . 1050 C Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . . 1050 D 6. betr. Steuererleichterung für den Schaustellerstand: Ruhnke (SPD) 1051 A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1051 A 7. betr. Bereitstellung von Mitteln für den Ausbau des Albaufstiegs auf der Autobahnstrecke von Aichelberg bis Hohenstadt (Kreis Göppingen): Finckh (CDU/CSU) 1051 B, C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1051 B, D 8. betr. Vorlage des Entwurfs eines neuen Bundesbesoldungsgesetzes: Jahn (Frankfurt) (SPD) 1051 D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1051 D 9. betr. Vorlage des Entwurfs eines Gesetzes über die Finanzgerichtsbarkeit: Dr. Bucher (FDP) 1052 A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1052 A 10. betr. Öffnung einer für das Auswärtige Amt bestimmten Kuriersendung durch eine Zoilkontrollstelle: Dr. Lütkens (SPD) 1052 B 11. betr. Teilnahme des Kulturattachés der Deutschen Botschaft in Paris von Tiechowitz an der Französisch-Deutschen Pädagogentagung Pfingsten 1953 in Paris: Dr. Lütkens (SPD) . . . 1052 C, D, 1053 A Dr. Hallstein , Staatssekretär des Auswärtigen Amts . . . . 1052 C, D, 1053 A 12. betr. Anwendung der Richtlinien des Bundesministeriums der Finanzen zur Neuregelung von Nutzungsentschädigungen für von der Besatzungsmacht beschlagnahmte landwirtschaftliche Nutzflächen: Kahn-Ackermann (SPD) . . 1053 B, C, D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1053 B, C, D 13. betr. Verwendung und Aufbewahrung des Forschungsguts des früheren Reichsinstituts für Inner-Asien-Forschung in München: Miller (CDU/CSU) 1053 D Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 1054 A 14. betr. Fährverbindung Cuxhaven-Brunsbüttelkoog (Fährschiff „Niedersachsen") : Dr. von Buchka (CDU/CSU) . . . . 1054 B Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1054 B 15. betr. Nichtberücksichtigung eines der vom Bayerischen Verkehrsbeamtenverein in München vorgeschlagenen Vertreters für den Postverwaltungsrat: Kramel (CDU/CSU) . . . . 1054 D, 1055 C Dr. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . 1055 A, C 16. betr. Maßnahmen zum Schutze der in den ostfriesischen Inselbädern ortsansässigen Einzelhandelsbetriebe gegen Beeinträchtigungen durch Filialbetriebe von Großunternehmungen des Festlandes während der Saison: Kortmann (CDU/CSU) 1055 B, C Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 1055 C, D 17. betr. Zustände an den Postämtern Reinheim und Reichelsheim im Odenwald: Banse (SPD) 1055 D Dr. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . . 1055 D 18. betr. Unterlassung einer Erhöhung der Beförderungsgebühren für Päckchen in die sowjetisch besetzte Zone: Becker (Hamburg) (DP) 1056 C Dr. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . . . 1056 D 19. betr. Maßnahmen zur Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes in den deutsch-schweizerischen Grenzkraftwerken des Oberrheins: Faller (SPD) 1057 A Storch, Bundesminister für Arbeit 1057 A 20. betr. Ablauf der Konzession der Privatbahn Hetzbach-Beerfelden (Odenwald) und weitere Sicherung der Personen- und Güterbeförderung auf dieser Strecke: Banse (SPD) 1057 C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1057 C 21. betr. Ausbau der Elb-Fährverbindung Glückstadt—Wischhafen: Dr. von Buchka (CDU/CSU) . . . 1054 C, D Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1054 C, D 22. betr. Maßnahmen zur Förderung des Wiederaufbaus von Räumungsgrundstücken: Dr. Hesberg (CDU/CSU) 1057 B Dr. Preusker, Bundesminister für Wohnungsbau 1057 B 23. bis 41.: Wegen Zeitablaufs der Fragestunde schriftliche Beantwortung vorgesehen 1057 D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Saarfrage (Drucksache 340; Entschließungsantrag Drucksache 493) in Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP betr. Entwicklung der außenpolitischen Lage (Drucksache 488) 1057 D Dr. Mommer (SPD), Anfragender 1058 A, 1070 D, 1071 A Dr. Kopf (CDU/CSU), Anfragender 1060 C Zur Geschäftsordnung, — Frage der Verbindung der Beratung der Punkte 2 und 3 der Tagesordnung: Dr. von Brentano (CDU/CSU) 1061 B, 1062 A Dr. Menzel (SPD) 1061 B Präsident D. Dr. Ehlers 1062 B Verbindung beschlossen 1062 C Fortsetzung der Beratung der Großen Anfragen 340 und 488 in weiterer Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Auswirkungen der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl auf die Wirtschaft der Bundesrepublik (Drucksache 455) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Bildung eines Ausschusses zur Beratung von Vorschlägen gemäß Art. 96 des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 459) 1061 B, 1062 C Dr. Deist (SPD), Anfragender . . . . 1062 C Dr. Adenauer, Bundeskanzler 1067 B, 1070 D, 1071 A, B Dr. Mommer (SPD) 1070 D, 1071 A, 1124 D Ollenhauer (SPD) 1076 D Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . 1085 D Dr. Pfleiderer (FDP) . . . . 1092 C, 1095 D Dr. Lütkens (SPD) 1095 C, 1120 C Seiboth (GB/BHE) 1098 D Dr. von Merkatz (DP) 1101 D Freiherr Riederer von Paar (CDU/CSU) 1107 D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 1110 A Walz (CDU/CSU) 1114 C Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein (FDP) 1115 C D. Dr. Gerstenmaier (CDU/CSU) . . 1117 D, 1120 C, 1126 B Trittelvitz (SPD) 1126 C Dr. Pohle (Düsseldorf) (CDU/CSU) 1127 D Dr. Kreyssig (SPD) 1130 B Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 1136 C Scheel (FDP) 1139 B Abstimmung vertagt 1140 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. das Abkommen vom 1. Juli 1953 über die Errichtung einer Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung (Drucksache 394) 1140 A Überweisung an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten 1140 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das deutsch-österreichische Protokoll vom 14. Dezember 1953 über die Verlängerung des deutschen Zollzugeständnisses für Loden (Drucksache 397) . . . 1140 A Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 1140 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Internationale Zuckerabkommen vom 1. Oktober 1953 (Drucksache 469) . . 1140 B Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 1140 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Zollabkommen vom 30. Dezember 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen (Drucksache 470) 1140 B Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 1140 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. November 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen (Drucksache 156); Mündlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 337) 1140 B Dr.-Ing. E. h. Schuberth (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 1142 Beschlußfassung 1141 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen über den Antrag der Abg. Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein, Walz, Trittelvitz, Seiboth, Schneider (Bremerhaven) u. Gen. betr. Reiseverkehr mit dem Saargebiet (Drucksachen 334, 170) 1141 C Walz (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 1144 Beschlußfassung 1141 D Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betr Betriebskostenpauschale für freie Berufe (Drucksache 418) 1141 D Beschlußfassung 1141 D Nächste Sitzung 1141 A, D Anlage 1: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten zum Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. November 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen (Drucksachen 156, 337) 1142 Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen über den Antrag der Abg. Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein, Walz, Trittelvitz, Seiboth, Schneider (Bremerhaven) u. Gen. betr. Reiseverkehr milt dem Saargebiet (Drucksachen 334, 170) 1144 Die Sitzung wird um 9 Uhr 4 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
  • folderAnlagen
    *) Siehe Anlage 1 Seite 1142. **) Siehe Anlage 2 Seite 1144. Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 26. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (4. Ausschuß) zum Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. November 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen (Drucksachen 337, 156) Berichterstatter: Dr.-Ing. E. h. Schuberth Die Bundestagsdrucksache 156 enthält den Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. 11. 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen. Neben diesem Entwurf liegt eine Begründung dazu und weiter der von der Vollversammlung der Vereinten Nationen am 21. 11. 1947 gebilligte Text des Abkommens vor. Es handelt sich dabei um folgendes. I. Die Bundesrepublik ist bekanntlich Mitglied einiger der sogenannten Sonderorganisationen der Vereinten Nationen, z. B. der Internationalen Arbeitsorganisation, der UNESCO, der Weltgesundheitsorganisation, des Internationalen Fernmeldevereins. In anderen Sonderorganisationen arbeitet die Bundesrepublik mit, ohne formell Mitglied zu sein, so z. B. in der Organisation für internationale zivile Luftfahrt, im Weltpostverein. Bis jetzt fehlt es an einer Rechtsgrundlage, die den Organisationen, in denen die Bundesrepublik Mitglied ist oder an deren Arbeiten sie teilnimmt, diejenigen Vorrechte und Befreiungen zukommen läßt, welche nach internationaler Übung den Organisationen und ihrem Mitarbeiterstab in anderen Staaten gewährt werden. Die Bundesregierung mußte schon bisher einigen Sonderorganisationen ohne die besagte Rechtsgrundlage Vorrechte und Befreiungen in beschränktem Rahmen einräumen, so z. B. der OEEC, der CARE-Organisation, der Liga der Rotkreuzgesellschaften, der Schweizer Europahilfe. Die Zugeständnisse waren dann notwendig, wenn eine Sonderorganisation im Gebiet der Bundesrepublik etwa eine Zweigstelle errichtete, so z. B. die Zweigstelle der Internationalen Arbeitsorganisation in Bad Godesberg, oder wenn eine Organisation in Deutschland Grundbesitz erwarb oder Bankkonten eröffnete oder schließlich, wenn eine Organisation im Gebiet der Bundesrepublik eine Tagung abhielt. Der Beitritt der Bundesrepublik zu dem Abkommen soll jetzt für solche Maßnahmen die Rechtsgrundlage schaffen und auch die Möglichkeit geben, über die schon bisher eingeräumten Befreiungen und Vorrechte hinaus die Beziehungen der Bundesrepublik zu anderen Sonderorganisationen auf eine einwandfreie Grundlage zu stellen. Zur Zeit wird verhandelt über Verträge mit der Arbeitsgemeinschaft der Skandinavischen Wohlfahrtsverbände, dem Weltkirchenrat, dem Lutherischen Weltbund, der World's Young Men's Christian Association und der National Catholic Welfare Conference. Zu dem Inhalt des Abkommens sei zunächst bemerkt, daß es weitgehend dem Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen des Europarats ähnelt. Im Gegensatz dazu ist das Abkommen für die Sonderorganisationen ein Rahmenabkommen. Es wird für die einzelnen Organisationen je nach der Interessenlage durch Anhänge ergänzt. Die Rechtsstellung, die der einzelnen Sonderorganisation zukommt, ergibt sich also aus dem Abkommen und dem Anhang. Die wesentlichsten Bestimmungen des Abkommens sind in den Artikeln II, III, V und VI enthalten. Die Artikel II und III befassen sich mit der Rechtsstellung, die der Organisation als solcher gewährt wird. Danach erhält die Sonderorganisation die Qualifikation einer Rechtspersönlichkeit. Sie kann also Verträge abschließen, Vermögen erwerben und darüber verfügen. Sie kann vor Gericht klagen und verklagt werden (Art. II § 3). Die völkerrechtliche Stellung der Organisation behandelt Art. III. Die hier zusammengefaßten Vorschriften geben den Sonderorganisationen die Freiheit, ihren Aufgaben in voller Unabhängigkeit von einzelnen Mitgliedern gerecht zu werden. Das heißt: die Sonderorganisationen sind für ihr Vermögen von der Gerichtsbarkeit befreit. Ihre Räumlichkeiten und Archive sind unverletzlich. Ihre Guthaben, ihre Einkünfte unterliegen nicht den direkten Steuern, und schließlich sind sie auch bezüglich der zum Amtsgebrauch bestimmten Gegenstände von allen Zöllen, Ein- und Ausfuhrverboten freigestellt. Art. III § 7 sieht auch eine Befreiung von devisenrechtlichen Beschränkungen vor. Das kann aber in vollem Umfange für die Bundesrepublik nicht gelten. Deshalb macht Art. 1 des Beitrittsgesetzes einen Vorbehalt zu § 7 b. Dies bedeutet aber nicht, daß die Sonderorganisationen ihre in der Bundesrepublik befindlichen Guthaben und Devisen usw. (Dr.-Ing. E. H. Schuberth) nicht transferieren dürfen. Der Transfer bedarf nur der nach deutschem Recht erforderlichen Genehmigung. Die persönlichen Vorrechte und Befreiungen sind Gegenstand der Vorschriften in Art. V und Art. VI. Art. V behandelt die Vorrechte und Befreiungen für die Vertreter der Mitgliedstaaten, die an Tagungen der Sonderorganisationen teilnehmen. Die Vertreter der Mitgliedstaaten sollen sich in voller Freiheit zum Tagungsort begeben, vom Tagungsort zurückkehren und auf der Tagung ihres Amts walten können. Art. V sieht deshalb die Befreiung von Verhaftung und Festnahme auf der Reise nach und vom Tagungsort, die Unverletzlichkeit aller Papiere und Schriftstücke, die Befreiung von fremdenpolizeilichen Vorschriften sowie eine Immunität für alle Äußerungen bei der Ausübung des Amts vor. Die Freiheiten, welche in dieser Weise den Vertretern der Mitgliedstaaten eingeräumt werden, gelten nicht im Verhältnis zu demjenigen Staat, dem der Vertreter angehört oder den er bei der Sonderorganisation zu vertreten hat (§ 17). Die Vorrechte und Befreiungen, die die Beamten der Sonderorganisationen erhalten haben, sind nach der Funktion, die der einzelne Beamte ausübt, abgestuft. Die Leiter der Sonderorganisationen genießen volle diplomatische Immunitäten für sich und ihre Familienangehörigen (§ 21). Die übrigen Beamten sind von der Gerichtsbarkeit befreit in bezug auf amtliche Äußerungen und Handlungen. Sie sind befreit von der Einkommensteuer, von fremdenpolizeilichen Vorschriften und vom Zoll für die erstmalige Überführung ihres Hausrats. Außerdem genießen sie eine bevorzugte Behandlung bei der Devisenbewirtschaftung. Welchen Beamten diese Befreiungen zustehen sollen, bestimmt jede Organisation für sich. Der Generalsekretär der Sonderorganisation hat die Namen der Beamten, die solche Befreiungen erhalten sollen, den Mitgliedsregierungen mitzuteilen (§ 18). Art. VII §§ 24 und 25 schafft Vorkehrungen, die es erlauben, einem Mißbrauch der Vorrechte zu begegnen. Von Interesse ist schließlich Art. IX, der ein Verfahren vorsieht, nach dem Streitigkeiten auf dem Gebiet des Vertragsrechts geschlichtet werden oder auch Streitigkeiten, an denen ein mit Immunitäten begabter Beamter beteiligt ist. Der Beitritt der Bundesrepublik wird dadurch wirksam, daß die Beitrittserklärung bei dem Generalsekretär der Vereinten Nationen oder dem Leiter der betreffenden Sonderorganisation hinterlegt wird. Das Abkommen wird jeweils im Verhältnis zwischen dem Staat und der in Frage stehenden Sonderorganisation wirksam. II. Der vorliegende Gesetzentwurf regelt nicht nur den Beitritt der Bundesrepublik zu dem Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen, sondern macht es im Art. III der Bundesregierung möglich, durch Rechtsverordnung Vorrechte und Befreiungen auch anderen zwischenstaatlichen Sonderorganisationen sowie ausländischen Wohlfahrtsorganisationen und ihren ausländischen Vertretern im Bundesgebiet zu gewähren. Solche amtlichen zwischenstaatlichen Organisationen sind z. B. internationale Schiedsgerichte, die mit dem Sitz in der Bundesrepublik errichtet werden, so der Schiedsgerichtshof des Londoner Schuldenabkommens. Ausländischen Wohlfahrtsorganisationen hat die Bundesregierung schon in der Vergangenheit auf Grund besonderer Abmachungen Steuer- und Zollvergünstigungen einräumen müssen (z. B. CARE, CRALOG, LICROS usw.); siehe Begründung des Gesetzentwurfs auf Seite 4. III. Aus allgemein politischen, aus rechtlichen, aber auch vielleicht aus moralischen Gründen sollte die Bundesrepublik dem Abkommen beitreten. Der Bundesrat hat dem Gesetzentwurf mit der Maßgabe zugestimmt, daß in Art. III Satz 3 die Worte eingefügt werden sollen: „mit Zustimmung des Bundesrats". Dieses Verlangen des Bundesrats scheint berechtigt; die Bundesregierung hat hiergegen auch nichts einzuwenden gehabt. Die Berlin-Klausel in Art. IV sollte die jetzt übliche Fassung erhalten, nämlich: Dieses Gesetz gilt auch im Lande Berlin, wenn das Land Berlin die Anwendung dieses Gesetzes feststellt. Bonn, den 29. April 1954 Dr.-Ing. E. h. Schuberth Berichterstatter Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 26. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen (35. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein, Walz, Trittelvitz, Seiboth, Schneider (Bremerhaven) und Genossen betreffend Reiseverkehr mit dem Saargebiet (Drucksachen 334, 170) Berichterstatter: Abgeordneter Walz Der Bundestag hat mit Beschluß vom 12. Juli 1950 die Bundesregierung aufgefordert, sich für die Aufhebung des Paß- und Visumzwangs im Reiseverkehr mit dem Saargebiet einzusetzen. Die daraufhin eingeleiteten Verhandlungen mit der Alliierten Hohen Kommission führten mit Wirkung vom 1. Januar 1951 zur Aufhebung des Visumzwangs. Der Paßzwang blieb bestehen. Das neue Bundesgesetz über das Paßwesen vom 4. März 1952 schreibt einen Paßzwang nur für Deutsche vor, die das Bundesgebiet über eine Auslandsgrenze verlassen oder betreten. Nach deutschem Recht besteht daher für die Ausreise von deutschen Staatsangehörigen aus dem deutschen Bundesgebiet in das Saargebiet oder für die Einreise von Saarbewohnern deutscher Staatsangehörigkeit aus dem Saar- in das Bundesgebiet kein Paßzwang. Bei der damaligen Beratung des neuen Paßgesetzes im Ausschuß des Bundestages für Angelegenheiten der inneren Verwaltung bestand daher Übereinstimmung darüber, daß rechtlich gegenüber dem Saargebiet ebensowenig ein Paßzwang für Deutsche in Frage kommt wie beim Übertritt über die Sowjetzonengrenze. Der Antrag der Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein, Walz, Trittelvitz, Seiboth, Schneider (Bremerhaven) und Genossen betreffend Reiseverkehr mit dem Saargebiet vom 8. Januar 1954 ist nach einem Beschluß des Bundestages dem Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen federführend unter Mitbeteiligung des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung überwiesen worden. In einer Sitzung vom 9. Februar 1954 beschloß der mitbeteiligte Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung daraufhin, dem federführenden Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen folgende Formulierung zu empfehlen: Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, den Reiseverkehr zwischen dem Saargebiet, den unter vorläufiger Auftragsverwaltung stehenden Westgebieten und dem Bundesgebiet nach den Gepflogenheiten des innerdeutschen Reiseverkehrs zu regeln. Der Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen hat in seiner Sitzung vom 16. März 1954 diese Formulierung gutgeheißen und beschlossen, sie als Antrag dem Bundestag vorzulegen. Als Berichterstatter empfehle ich Ihnen, in diesem Sinne zu beschließen. Bonn, den 29. April 1954 Walz Berichterstatter
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Ehlers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren, ich darf zunächst eine kleine Korrektur an der Darstellung des Herrn Kollegen Menzel über die Beratungen des Ältestenrates anbringen.

    (Zurufe: Lauter! Wir verstehen nichts!)

    Es hat im Ältestenrat Einmütigkeit darüber bestanden, daß diese Punkte in getrennten Ziffern der Tagesordnung untergebracht werden sollen.

    (Wiederholte Zurufe: Lauter!)

    — Gern! — Über die Frage, ob gemeinsam diskutiert werden sollte, bestand im Ältestenrat keine Einmütigkeit.

    (Abg. Dr. Menzel: Aber das war doch der Sinn der Trennung, Herr Präsident!)

    — Herr Abgeordneter Menzel, es steht mir nicht zu, den Sinn von Entscheidungen des Ältestenrates, die gar nicht gefällt worden sind, zu erläutern.
    Es wird der Antrag gestellt, der nach § 28 möglich ist,

    (Abg. Dr. Menzel: Nein!)

    getrennte Punkte der Tagesordnung gleichartigen oder verwandten Charakters zu verbinden.

    (Abg. Dr. Menzel: Das ist keine Gleichartigkeit!)

    Die Meinungsverschiedenheit im Hause besteht
    darüber, ob es sich um verwandte Gegenstände
    handelt oder nicht. Da ich nicht imstande bin,
    diese Frage von mir aus zu entscheiden, und da
    der Ältestenrat zu keiner Einmütigkeit darüber gekommen ist, bleibt offenbar nichts anderes übrig, als das Parlament selbst darüber entscheiden zu lassen. Im übrigen, meine Damen und Herren. besteht der Unterschied nach meiner Überzeugung nur darin, ob die Begründung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD, Punkt 3 a der Tagesordnung, vor oder nach der Antwort des Herrn Bundeskanzlers erfolgt.

    (Abg. Dr. von Brentano: Genau!)

    Das ist faktisch der einzige Unterschied.
    Ich kann also nicht anders, als den Antrag, den der Abgeordnete Dr. von Brentano gestellt hat, gemäß § 28 der Geschäftsordnung die Punkte 2 und 3 der Tagesordnung zu verbinden, zur Abstimmung zu stellen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrage zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; die Verbindung dieser Punkte ist beschlossen.

    (Zurufe von der SPD.)

    Ich habe dann zu fragen: Wünscht die Fraktion der SPD ihre Große Anfrage — Punkt 3 a - und ihren Antrag — Punkt 3 b — jetzt zu begründen? Wer wünscht, sie zu begründen? - Bitte schön, Herr Abgeordneter Dr. Deist.
    Dr. Deist (SPD), Anfragender: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in der Großen Anfrage ganz bestimmte wirtschaftspolitische Fragen gestellt. Da wir den Wunsch haben, wie das eben zum Ausdruck gekommen ist, daß darauf auch klare, wirtschaftspolitisch betonte Antworten gegeben werden, darf ich mich darauf beschränken, die Fragen unter rein wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten zu erläutern und gewisse allgemeine Gedanken dazu zu äußern, die unseres Erachtens für die Beantwortung der Anfrage von Bedeutung sind.
    Die Meinungsbildung über die wirtschaftlichen Auswirkungen und über die wirtschaftspolitische Bedeutung der Montan-Union hat sich im Laufe der letzten Monate und Jahre in Deutschland wesentlich gewandelt. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß das Problem der Montan-Union Fragen wirtschaftlicher Art und wirtschaftspolitischer Bedeutung aufwirft, die bei der Beschlußfassung über die Montan-Union als einem politischen Bekenntnis zweifellos nicht mit der genügenden Ernsthaftigkeit beurteilt worden sind.
    Zum Beweise dessen darf ich auf einige wichtige Äußerungen der letzten Zeit hinweisen. Einer der maßgeblichen Männer der deutschen Eisen- und Stahlindustrie, Herr M o m m s e n von den Klöckner-Werken, hat am 7. Januar 1954 in Essen in einer Rede, in der er den Herrn Bundeswirtschaftsminister persönlich ansprach, folgendes gesagt:
    Es muß hier auch einmal ausgesprochen werden, daß wir inzwischen genügend Opfer gebracht haben.

    (Abg. Mellies: Hört! Hört!)

    Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Herr Berg, hat verhältnismäßig hörbar die Tür des Beratenden Ausschusses der Montan-Union hinter sich zugeworfen, so daß der Vizepräsident der Montan-Union, Herr Etzel, nach Deutschland zitiert werden mußte, um die Wogen etwas zu glätten. Ich darf schließlich auf eine dritte Äußerung, die Äußerung eines nicht unmaßgeblichen Herrn der deutschen Wirtschaft, hin-


    (Dr. Deist)

    weisen. Es war Herr Präsident Abs , der als Aufsichtsratsvorsitzender des Dortmund-Hörder Hüttenvereins folgendes sagte, nachdem er die Entwicklung in der deutschen Eisen- und Stahlindustrie und im deutschen Kohlenbergbau untersucht hatte:
    Man könnte auf den Gedanken kommen, daß die Idee der Montan-Union nicht von den Montan-Unions-Ländern, sondern von ihren Konkurrenten gekommen ist.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, warum bringe ich diese Zitate? Ich bringe sie nicht, weil wir das Bedürfnis hätten, nachzuweisen, daß die Sozialdemokratie mit ihren Argumenten recht behalten hätte; denn die wirtschaftlichen Tatsachen an Rhein und Ruhr und diese prominenten Zeugen reden eine so deutliche Sprache, daß wir eine Erörterung darüber nicht mehr notwendig haben. Aber wenn wir das Problem der wirtschaftspolitischen Integration über die Montan-Union hier behandeln, so tun wir das aus einer echten Sorge heraus. Wir tun es aus der Sorge heraus, daß der Gedanke der europäischen Verständigung und der Gedanke der europäischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit, die ja nicht nur auf dem Wege über die Montan-Union vor sich geht, Not leiden müssen. ,Denn wenn es nur dazu kommt, daß aus dieser Montan-Union letzten Endes lediglich ein Montankartell der Art wird, wie wir es vor dem zweiten Weltkrieg in der Internationalen Rohstahlgemeinschaft gehabt haben, wenn sie sich darauf beschränkte, die Verkaufsgebiete abzugrenzen, die Preise je nach der Konjunkturlage herauf- oder herunterzusetzen, Quoten festzusetzen, dann wäre das ein Rückschritt, der der Idee der europäischen Verständigung und der europäischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit nicht nützlich wäre.

    (Sehr wahr! bei der SPD. — Vizepräsident Dr. Schmid übernimmt den Vorsitz.)

    Zur Begründung der Anfrage darf ich auf einige wichtige Tatsachen hinweisen, ohne zunächst Konsequenzen aus ihnen zu ziehen. Meine Damen und Herren, die Rohstahlproduktion hat sich vom Jahre 1952 zum Jahre 1953 wie folgt verändert. In Großbritannien ist sie von 16,7 Millionen auf 19,7 Millionen t gestiegen.

    (Zuruf rechts: Weil die Labour Party nicht mehr da ist!)

    Im Ostblock ist sie von 47,2 Millionen auf 53,8 Millionen t gestiegen.

    (Zuruf von der SPD: Weil da die Russen sind!)

    In der Montan-Union ist sie von 41,8 Millionen auf 39,7 Millionen t gesunken,

    (Hört! Hört! links)

    und in Deutschland ist sie entsprechend von 15,8 Millionen auf 15,4 Millionen t gesunken.

    (Zuruf von der SPD: Weil da Adenauer ist!)

    Meine Damen und Herren, ich bin noch gar nicht bei den Konsequenzen, sondern nur bei der Feststellung realer, unbestreitbarer Tatsachen. Diese Diskrepanz der Entwicklung zwischen England und Deutschland hat sich in den Monaten Januar bis März 1954 fortgesetzt. In Großbritannien ist die Rohstahlerzeugung in den ersten drei Monaten 1954 gegenüber den ersten drei Monaten
    1953 um 400 000 t gestiegen, während sie in Deutschland in der gleichen Zeit um 150 000 t gesunken ist.

    (Hört! Hört! links.)

    Das rührt an eines der wichtigsten Probleme der Montan-Union. Es hängt nämlich mit folgendem merkwürdigen Tatbestand zusammen. Genau so wie in England stellen wir auch in Deutschland eine steigende Produktion der Eisenverarbeitung fest. Infolgedessen müßte Deutschland auch einen steigenden Eisenverbrauch und eine steigende Eisen- und Stahlerzeugung haben. Frankreich hat demgegenüber eine rückläufige Konjunktur und daher eine rückläufige Eisen- und Stahlverarbeitung, darum hat es auch einen rückläufigen Eisenverbrauch.
    Es liegt nun im Wesen der Montan-Union, daß sich solche konjunkturellen Schwächen in der Wirtschaft eines Landes über die Eisen- und Stahlerzeugung und über den Kohlenbergbau in allen beteiligten Ländern auswirken und dort depressive Erscheinungen hervorrufen. Das ist ein Problem, mit dem wir uns zu befassen haben, wenn wir nicht an ihm vorbeigehen wollen, ein Problem, das die Montan-Union aufwirft.
    In der Steinkohle wirkt sich die schwankende Konjunktur im Hinblick darauf, daß sich die Förderung der steigenden oder sinkenden Nachfrage nur schwer anpassen kann, in stärkerem Umfang in der Beständeentwicklung aus. Gerade im Hinblick auf Anwürfe, die in der Presse erschienen sind und die besagten, ich hätte mir die Zahlen wohl nicht genau angesehen, möchte ich diese Zahlen, weil ich sie sehr genau kenne und auch kannte, hier wiedergeben. Wir haben an der Ruhr 3,8 Millionen t Koks und 1,2 Millionen t Kohle auf Halde liegen. Wenn ich den Koks auf Kohle umrechne, sind das etwa 6 Millionen t Kohle. Das ist eine Förderung von 2 bis 2 1/2 Wochen und bedeutet schon ein erhebliches Anwachsen der Bestände an der Ruhr, die letzten Endes, jedenfalls zu einem Teil, auf die Schwäche der Eisen-und Stahlkonjunktur in Deutschland zurückzuführen sind.

    (Sehr richtig! links.)

    Aber damit hängt noch ein anderes wirtschaftspolitisches Problem zusammen. Bei den Koksbeständen handelt es sich nicht nur um solche, die für die Eisen- und Stahlerzeugung in Frage kommen, sondern auch um für andere Zwecke vorgesehene Koksbestände. Damit erhebt sich das Problem konkurrierender Energiequellen, sei es Öl, seien es Gas oder Elektrizität. Auch dieses Problem müssen wir im Gesamtrahmen der Montan-Union sehen.
    Die Folgen für den Eisenerzbergbau haben wir aus Anlaß der Etatberatung besprochen; ich brauche hier darauf nicht zurückzukommen. Ich möchte nur ergänzend bemerken: die Eisenerzerzeugung ist in der gesamten Montan-Union in den Jahren 1952/53 um 5 bis 6 % zurückgegangen. Dieser Rückgang trifft ausschließlich den deutschen und den luxemburgischen Eisenerzbergbau, während die Förderung des französischen Eisenerzbergbaus weiterhin gestiegen ist.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich erwähne dies zunächst nur als Tatbestand, den jeder, der die Probleme der Montan-Union zu behandeln wünscht, zunächst zur Kenntnis zu nehmen hat.


    (Dr. Deist)

    Ich komme dann zu einem zweiten Fragenkreis, der die Frage der Startgleichheit umfaßt. Sie werden sich entsinnen, daß die sozialdemokratische Fraktion bei der Beratung des Montan-Vertrags im Jahre 1952 beantragt hatte, die Annahme dieses Vertrags mit bestimmten Vorbehalten zu versehen und diese den Vertragspartnern mitzuteilen. Die wesentlichen Punkte dieser Vorbehalte waren, die Bundesregierung sollte ein Investitionsprogramm aufstellen, um den Investitionsrückstand in der Eisen- und Stahlindustrie und im Kohlenbergbau zu beseitigen. Ferner sollte die Bundesregierung eine Neuordnung zur Beseitigung der Nachteile aus Gesetz Nr. 27 auf gesetzlichem Wege vornehmen. Die Mehrheit des Hauses hat damals geglaubt, diesen Antrag ablehnen zu müssen. Es wurde nur eine Resolution angenommen, in der das Verlangen nach einer Revision der Neuordnung fehlt. Aber immerhin waren zwei Gesichtspunkte in dieser Entschließung, die vom Bundestag angenommen wurde, von Bedeutung. Das erste Ersuchen verlangte, dafür Sorge zu tragen, daß im Rahmen des Vertrags eine brauchbare Kohlenverkaufsorganisation aufrechterhalten würde; und das zweite Ersuchen ging dahin, die Bundesregierung möge dafür sorgen, daß die notwendigen Investitionen gesichert würden. Die Mehrheit des Hauses hat damals geglaubt, mit einer solchen Resolution und solchen Wünschen könne man, wie es in der Einleitung der Entschließung hieß, „volle Gleichberechtigung und beste Wettbewerbsmethoden" herbeiführen.
    Die Frage der Startgleichheit ist dann sofort bei Eröffnung des Gemeinsamen Marktes für Eisen und Stahl — ich glaube, es war im Mai des vergangenen Jahres — an dem sogenannten Steuerstreit entstanden. Es tut mir leid, dieses Problem hier anrühren zu müssen, weil ich den Eindruck habe, daß sich in gewissem Umfang eine Verschwörung des Schweigens um dieses Problem gebildet hat.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Pelster: Keine Sorge, Herr Deist!)

    — Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie werden mir ja gestatten, daß ich meine eigene Auffassung über bestimmte Probleme habe; erst das erleichtert ja die Diskussion und macht sie fruchtbar.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Worum ging es denn bei dieser Frage des Steuerstreits? Es ging doch darum, daß der Montan-
    Union-Vertrag davon ausgeht: alle Beschränkungen beim Übergang von Eisen, Stahl und Kohle von einem Land in ein anderes Land der Montan-Union werden beseitigt. Infolgedessen fallen Zölle und Kontingente weg, und infolgedessen dürfen keine gebrochenen Frachtentarife mehr angewandt werden. Alles muß frei über die Grenze gehen; es darf keine Beschränkungen mehr geben.
    Aber eine Beschränkung blieb: wenn französischer Stahl z. B. nach Deutschland kommt, tritt durch die Rückerstattung der Produktionssteuer eine Ermäßigung um 16,5 % ein; in Deutschland wird dieser Stahl mit — ich glaube 4% — Umsatzsteuer belastet. Umgekehrt erhalten deutsche Erzeugnisse, wenn sie nach Frankreich gehen, in Deutschland zwar eine Umsatzsteuerrückerstattung von 4 bis 6%, werden aber drüben sofort mit 16 bis 17% Produktionssteuer belastet. Wir waren uns in diesem Hause alle darüber einig, daß eine solche Praxis dem Gedanken des Gemeinsamen
    Marktes nicht entspricht und eine Diskriminierung der deutschen Industrie darstellt. Deshalb wurde auch seinerzeit ein Gesetz angenommen, durch das die Bundesregierung ermächtigt wurde, die Umsatzausgleichsteuer auf Einfuhren von Halbfabrikaten und Fertigstoffen — also auch auf französischen Stahl — mit 12 % zu erheben, um einen gewissen Ausgleich herbeizuführen. Damals ist es nicht zur Anwendung dieser Bestimmung gekommen, weil die Bundesregierung darauf vertraute, daß man in Verhandlungen mit den übrigen Ländern zu einer Lösung dieses Problems kommen würde. Die Lösung sollte zunächst bis Ende 1953 erfolgen. Wenn ich nicht irre, hat man sich inzwischen geeinigt, daß sie zum Juni 1954 erfolgt sein sollte.
    Unsere Frage an die Bundesregierung geht dahin: Was ist im Hinblick auf den Steuerstreit in der Zwischenzeit geschehen? Ist die Bundesregierung bereit, diese gesetzliche Maßnahme anzuwenden, oder hat sie weiterhin die Hoffnung, daß es zur Beseitigung dieser Diskriminierung kommt? Irgendeine Maßnahme müßte doch wohl von der Bundesregierung ergriffen werden.
    Ich komme zu dem zweiten Problem, das ich angeschnitten habe, zu dem Problem der Investitionen. Die Entschließung der Sozialdemokratie wie auch die Entschließung der Koalitionsparteien hat auf dieses Problem ganz besondes hingewiesen. Ich glaube, nicht falsch unterrichtet zu sein, wenn ich erkläre, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister auf das Problem ungenügender Investitionen in der deutschen Grundstoffindustrie später noch von den verschiedensten Seiten, wenn ich mich nicht sehr irre, auch aus den Kreisen des Wirtschaftspolitischen Ausschusses des Bundestages angesprochen worden ist. Ich beschränke mich jetzt wieder auf Feststellungen. In den beiden Jahren 1952 und 1953 haben die Investitionen folgende Entwicklung genommen. Ich beziehe mich hierbei auf die Aufstellung der Hohen Behörde, die diese auf Grund der Meldungen der einzelnen Länder offiziell herausgegeben hat. Die Angaben stimmen mit den Aufstellungen und Meldungen, die man in Deutschland findet, im wesentlichen überein. In Deutschland sind im Laufe der letzten zwei Jahre je Tonne Jahres-Stahlerzeugung etwa 41 DM investiert worden; in Frankreich beträgt die Investition 57 DM. Dabei muß man berücksichtigen, daß die größte Investitionswelle in Frankreich bereits vor dem Jahre 1952 gelegen hat, im Rahmen der Monnet-Pläne und der Modernisierung der französischen Grundstoffindustrie. Es kommt ein zweites hinzu: die öffentliche Stützung der Investitionen durch zentral gesteuerte Mittel oder durch öffentliche Mittel betrug in Deutschland einschließlich der Investitionshilfe etwa 25 %, während in Frankreich öffentliche Kredite in Höhe von nahezu 50 % des Investitionsaufwandes zur Verfügung gestellt wurden.

    (Abg. Dr. Hellwig: Mit inflationistischer Wirkung!)

    — Es kommt hier zunächst auf die Feststellung einer Tatsache an. Es ist keineswegs gesagt, daß in Deutschland bei entsprechender Wirtschaftspolitik entsprechende Investitionen in der Eisen- und Stahlindustrie und im Kohlenbergbau zu inflationistischen Folgen hätten führen müssen. Es kommt entscheidend darauf an, die übrige Wirtschaftspolitik so zu führen, daß daraus keine inflationistischen Folgen entstehen.

    (Sehr gut! bei der SPD.)



    (Dr. Deist)

    Im übrigen darf ich darauf hinweisen, Herr Dr. Hellwig, daß ich mich bei meinen Auffassungen durchaus in Übereinstimmung mit einem großen Teil Ihrer Kollegen aus der Eisen- und Stahlindustrie und insbesondere aus dem Kohlenbergbau — vergleiche die „Carbona"-Nachrichten — befinde.

    (Abg. Dr. Bucerius: Sehr gute Gesellschaft!)

    — Ich hatte die Gesellschaft aus Ihren Reihen gewählt.
    Die Investitionen in der Steinkohle betrugen im Durchschnitt der letzten zwei Jahre in Deutschland 6 DM je Tonne; in Frankreich betrugen sie 17 DM je Tonne Jahresförderung.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich darf wiederum darauf hinweisen, daß in Deutschland an öffentlich gesteuerten Mitteln 20 %, dagegen in Frankreich öffentliche Mittel in Höhe von 50 % zur Verfügung gestellt wurden. Meine Frage geht dahin, ob damit einerseits dem Willen des Bundestages, ausreichend Investitionen sicherzustellen, Rechnung getragen ist und ob damit alles Erforderliche getan worden ist, um die Startnachteile gegenüber den Industrien der anderen beteiligten Länder zu beseitigen.
    Hinsichtlich der Startnachteile komme ich nunmehr zu einem dritten Punkt. Wir sind uns, glaube ich, alle darüber einig, daß die Neuordnung der Eisen- und Stahlindustrie auf Grund des Gesetzes Nr. 27 zu Organisationsformen geführt hat, die uns gegenüber der Eisen- und Stahlindustrie der anderen Länder Europas wettbewerbsmäßig benachteiligen. Es ist im Augenblick nicht meine Aufgabe, die Schuldfrage zu untersuchen. Ganz abgesehen davon, daß das unfruchtbar wäre, scheint es mir auch in den Rahmen dieser Diskussion nicht hineinzugehören. Nur weil ich hier einige zweifelnde und einige ermunternde Blicke vor mir sehe, möchte ich zumindest auf folgendes hinweisen. Die Entscheidung der Bundesregierung zugunsten der C-Gesellschaften in der Kohle und die Intervention der Bundesregierung im Interesse des Schutzes des Eigentums großer Konzernbesitzer hat jedenfalls eine große Mitverantwortung der Bundesregierung für die tatsächliche Gestaltung der Neuordnung zur Folge.
    Das Wesen der modernen Konzentrationsbewegung in Europa, die insoweit in Übereinstimmung mit der Entwicklung in den anderen großen Industrieländern steht, liegt darin, daß die horizontale Konzentration vorherrscht. Das heißt, es herrscht die Tendenz vor, nach Möglichkeit Produktionen der gleichen Produktionsstufe in größerem Umfange zusammenzufassen, weil man dann die Möglichkeit hat, auf breiter Basis zu spezialisieren und gewisse spezialisierte Produktionen mit dem Effekt erhöhter Wirtschaftlichkeit und geringen Kosten zu konzentrieren. Das ist eines der entscheidendsten Merkmale aller Konzentrationsbewegungen in den modernen Industriestaaten.
    Die Entwicklung hat zu folgendem geführt. Wenn ich einmal vergleiche, welche Stahlproduktion auf die drei größten Unternehmungen der wichtigsten Industrieländer entfällt, so haben in den USA die drei größten Unternehmungen eine Erzeugung an Rohstahl von 54 Millionen t auf sich vereinigt — das sind 60% der amerikanischen Erzeugung —, in Großbritannien 6 Millionen t — das sind etwa 35 % —, in Deutschland 5 Millionen t — das sind etwa 34% — und in Frankreich 4,4 Millionen t — das sind 40 %. Dabei muß man berücksichtigen, daß wir in Frankreich einen Konzentrationsprozeß ganz anderer Art als in Deutschland haben, daß er sich dort nicht nur in den festen Zusammenschlüssen großer Unternehmungen auswirkt, sondern daß darüber hinaus sonstige Verschachtelung, personelle Verflechtung, vertragliche Bindungen und dergleichen mehr eine viel größere Rolle spielen, als es bei uns in Deutschland der Fall ist. Die letzten Konzentrationen in Frankreich haben dazu geführt, daß der Gesamtbereich de Wendel, Longwy und Lorraine-Escaut eine Gesamtstahlerzeugung von 4 Millionen t in sich vereinigt — das sind 40 % der französischen Stahlerzeugung —, während das größte deutsche Hüttenwerk nur 2,3 Millionen t und damit 20 % auf sich vereinigt. Ich glaube, das ist Beweis genug, daß wir gerade im Hinblick auf die notwendige horizontale Konzentration im Hintertreffen sind.
    Sie können fragen, meine Damen und Herren: wozu diese Tatsachen? Was soll denn eigentlich auf diesem Gebiet geschehen? Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß der Montan-Union-Vertrag sowohl in Art. 65 Vereinbarungen wie auch in Art. 66 Zusammenschlüsse erlaubt. Ich darf Sie darauf hinweisen, daß die letzten Zusammenschlüsse in Frankreich unter der Herrschaft des Montan-Vertrages erfolgt sind, der Hohen Behörde zur Genehmigung vorgelegt worden sind und ganz zweifellos diese Genehmigung erhalten werden.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Aber eines ist entscheidend: die Entwicklung in Frankreich ist ein Ergebnis der großen Modernisierungskampagne, die unter öffentlicher Initiative von seiten der französischen Regierung entfacht worden ist. Die Konzentrationstendenz in England ist erheblich auf die Intervention von seiten der englischen Regierung zurückzuführen. Bei der Zersplitterung in Deutschland kommt es entscheidend darauf an, ob die Bundesregierung Möglichkeiten findet und freimacht, eine ähnliche fortschrittliche Organisationsbewegung in Deutschland auszulösen oder nicht. Hier sind reale Möglichkeiten gegeben, diese Startnachteile in organisatorischer Hinsicht zu beseitigen.
    Ich darf dann auf ein weiteres Problem kommen: auf das Problem der Teilintegration. Bereits aus den Darlegungen über die Entwicklung der Eisen-und Stahlindustrie in den verschiedenen Staaten der Montan-Union ergab sich, daß sich allgemeine wirtschaftliche Schwächeerscheinungen auf die gesamten Länder der Montan-Union ausbreiten. Man kann umgekehrt sagen, daß konjunkturelle Aufstiegstendenzen in der Eisen- und Stahlindustrie einzelner Länder sich über den Gemeinsamen Markt in die Gesamtheit der Länder verlaufen.
    Hinzu kommt eine weitere Komplikation. Es ist nämlich durchaus möglich, daß eines der Länder die weiterverarbeiteten Erzeugnisse der Eisen-und Stahlindustrie, die nicht unter die Zuständigkeit der Montan-Union fallen, durch Ausfuhrförderungsmaßnahmen stützt und damit in die Lage versetzt, die weiterverarbeitende Industrie und damit indirekt die Eisen- und Stahlindustrie benachbarter Länder der Montan-Union zu unterwandern. Auch das ist keine nur theoretische Möglichkeit, sondern im Hinblick auf die Einfuhr französischen Stahls nach Deutschland durchaus eine Realität.

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Abg. Dr. Hellwig: Das ist zum Teil Saarstahl!)



    (Dr. Deist)

    — Herr Kollege Hellwig, Sie sind ein anerkannter Saarsachverständiger; ich stelle anheim, sich dazu nachher noch zu äußern. Ich stelle im Augenblick nur folgendes fest: daß im Rahmen der Montan-Union diese Erscheinungen sich auf alle Staaten auswirken und daß — darüber ist die Meinung in Deutschland, glaube ich, einheitlich — diese Auswirkungen jedenfalls zunächst einmal zu Lasten der deutschen Eisen- und Stahlindustrie und des deutschen Kohlenbergbaues ausgefallen sind.
    Dasselbe Problem der Teilintegration stellt sich bei den Transportfragen. Ich brauche das hier nicht näher zu erläutern.
    Aber ich möchte noch auf den großen Fragenkomplex der Investitionen eingehen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, bis zum Jahre 1957 rechnet die Hohe Behörde der Montan-Union mit einer Steigerung der Kapazität der Stahlerzeugung von 48 auf 54 Millionen t. Es handelt sich dabei nicht um das Ergebnis einer planmäßigen Investitionspolitik der Hohen Behörde, sondern um die einfache Zusammenstellung der Investitionsvorhaben der beteiligten Unternehmen innerhalb der Montan-Union. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß es sich hier um eine reichlich hohe Kapazität handelt.
    Ich darf ergänzend die Investitionsprobleme und die Kapazität der Eisen- und Stahlindustrie in Deutschland kurz erörtern. Die Wirtschaftsvereinigung der Eisen- und Stahlindustrie hat vor kurzem eine Untersuchung darüber angestellt, wie hoch wohl der nachhaltige Eisen- und Stahlbedarf in Deutschland ist. Sie ist zu dem Ergebnis gekommen, daß wir einen nachhaltigen Walzstahlbedarf von etwa 800 000 bis 850 000 t monatlich haben. Wenn man unter Berücksichtigung von Ein- und Ausfuhr diese Zahl auf Rohstahl umrechnet, ergibt sich ein Verbrauch von 15 bis 16 Millionen t Rohstahl in den nächsten Jahren. Die Kapazität an Eisen- und Stahlerzeugung beträgt jedoch im Augenblick zumindest 18 Millionen t und wird zur Zeit auf 20 bis 21 Millionen t ausgebaut.
    Ich möchte ein weiteres Wort zu der Investitionspolitik in Deutschland sagen — und ich glaube, daß ich nicht zuviel sage —: daß sich unter den derzeit im Gange befindlichen Investitionen nicht unwesentliche Fehlinvestitionen befinden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus einer Feststellung dieser Tatsache, die wohl nicht bestritten werden kann, sind zwei Konsequenzen zu ziehen. Die erste Konsequenz ist, daß wir uns in Deutschland zu einer Investitionssteuerung aufraffen müssen. Wenn die Bundesregierung sich einmal mit den Sachverständigen der Eisen- und Stahlindustrie, des Kohlenbergbaues, vielleicht auch mit den Sachverständigen der Kreditanstalt für Wiederaufbau ins Benehmen setzen würde, dann würde sie erfahren müssen, daß die Notwendigkeit einer Investitionssteuerung in den Grundstoffindustrien ganz allgemein anerkannt wird, und ich hoffe, daß ich mich jedenfalls bei diesen Herren nach Ihrer Auffassung nicht in schlechter Gesellschaft befinde.
    Aber ich darf Ihnen noch ein anderes ins Gedächtnis rufen. Auf der letzten Tagung der Interparlamentarischen Union in Paris hat der frühere italienische Finanzminister Pella ausgeführt:
    Ich bin ein Liberaler; aber gerade weil ich ein Liberaler bin, halte ich eine Investitionsplanung und eine Investitionssteuerung in Europa für erforderlich.
    Ich glaube, das sollte man sich auch in der deutschen Wirtschaftspolitik merken.
    Eine zweite Konsequenz muß, glaube ich, aus diesen Tatbeständen gezogen werden. Das ist die Konsequenz, daß ernsthafte Ansätze zu einer gemeinsamen Konjunkturpolitik innerhalb der Staaten der Montan-Union gemacht werden müssen. Wir kennen selbstverständlich die Oktober-Resolution des Ministerrats, die gleichfalls dieses Bekenntnis ablegt. Aber die Frage, die wir zu stellen haben, ist folgende: Handelt es sich auch hier nur um ein theoretisches Bekenntnis, oder was ist faktisch an realen Ansätzen zu einer gemeinsamen Konjunkturpolitik der Länder der Montan-Union geschehen? Wir haben von der Hohen Behörde der Montan-Union einige Unterlagen bekommen; aber ihnen ist bisher an konkreten Dingen nur das Schema für einen regelmäßigen Konjunkturlagebericht zu entnehmen, jedoch nichts über effektive Maßnahmen zu einer Koordinierung der Wirtschaftspolitik.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, es handelt sich dabei um ein sehr ernstes Problem. Die Hohe Behörde hat in einem Bericht vom 14. April 1954 zur augenblicklichen Wirtschaftslage, der sich auf die gesamte Union bezieht, ausgeführt, daß erstens einmal die interne Nachfrage in der Union zunehmend schwächer wird, die Verbraucher sich zurückhalten, die Staatsausgaben nicht mehr steigen. Sie hat weiter festgestellt, daß die Investitionspolitik insgesamt stagniert und der Anteil der Investitionen am Sozialprodukt im Rahmen der gesamten Union langsam abnimmt. Die dritte Feststellung war, daß sich die Nachfrage nach Exportgütern im ganzen abgeschwächt hat.
    Die Hohe Behörde kommt zu folgender meines Erachtens schwerwiegenden Schlußfolgerung — ich darf den Herrn Präsidenten bitten, diese Zeilen verlesen zu dürfen —:
    Zusammenfassend ergibt sich, daß, obwohl die Wirtschaftstätigkeit in den Ländern der Gemeinschaft sich zur Zeit noch durchweg auf hohem Stande hält und Anzeichen für eine unmittelbar bevorstehende Verschärfung der Wirtschaftslage nicht zu erkennen sind, es doch an Impulsen fehlt, die kräftig und umfassend genug wären, um eine nachhaltige Aufwärtsbewegung der Produktion, der Beschäftigung und des Verbrauchs zu gewährleisten.
    Meine Damen und Herren, das sind sehr ernsthafte Bemerkungen, und wenn wir uns darüber einig sind, daß man eine Gesundung der europäischen Wirtschaft nur durch eine ständige Steigerung der Produktivität und der Expansion der Wirtschaft herbeiführen kann, dann zeigen uns diese Darlegungen, wie dringend das Problem einer gemeinsamen Konjunkturpolitik innerhalb der Montan-Union ist.
    Gestatten Sie mir noch eine letzte Bemerkung zu dem Problem der Konvertibilität und der europäischen Integration. Der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums hat bereits in seinem Gutachten vom 1. Mai 1953 auf die Diskrepanzen hingewiesen, die sich aus einer weltweiten Konvertibilitätspolitik und einer euro-


    (Dr. Deist)

    päischen Produktionspolitik ergeben können. Ich glaube aber, allen denen, die an der Konferenz in Paris teilgenommen haben, ist doch bewußt geworden, ein wie aktuelles Problem diese Frage der Währungskonvertibilität im Zusammenhang mit der europäischen Integration ist. Ich möchte dazu nur wenige Sätze sagen. Wenn man der Auffassung ist, daß das wirtschaftliche Ziel aller freien Völker die Hebung des Lebensstandards, die Steigerung der Produktivität und eine weitgehende Vollbeschäftigung sein soll, dann sind dazu konjunkturpolitische Maßnahmen notwendig, die mit einer Aufrechterhaltung der freien Konvertibilität unter allen Umständen nicht immer vereinbar sind. Andererseits müßte eine weltweite Konvertibilitätspolitik, die ja von dem Leitmotiv der Stabilität der Kurse bestimmt ist, bis zum letzten durchgeführt, in Kauf nehmen, daß Beschäftigungsschwankungen in den einzelnen Ländern auftreten, ganz gleich welches Ausmaß diese annehmen. Infolgedessen scheint doch die Frage berechtigt zu sein, ob das Problem der Konvertibilität der Währung nicht so zu sehen ist, daß die entscheidenden Stellen für die Geld- und Kredit-Politik sich auf denselben Raum erstrecken müssen wie die entscheidenden Stellen für die Konjunkturpolitik, um Konjunkturpolitik und Geld- und Kreditpolitik aufeinander abstimmen zu können. Es war sehr bemerkenswert für alle Teilnehmer der Pariser Tagung, daß Herr Marjolin und viele andere Diskussionsredner darauf hinwiesen, daß eine Durchführung der Währungskonvertibiltät unter den augenblicklich in Europa herrschenden Umständen zu einer Zerstörung der EZU und der OEEC und damit zu einer europäischen Desintegration führen würde.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    In kleineren Kreisen ist die Frage aufgeworfen worden — die man auf solchen internationalen Tagungen aus politischer Höflichkeit nicht offen auszusprechen wagt —, wie sich eigentlich die europäische Integrationspolitik der Bundesregierung mit der Erhardschen Politik weltweiter Konvertibilität verträgt. Ich glaube, auch das ist ein außerordentlich entscheidendes und ernstes Problem, das im Zusammenhang mit dem Fragenkreis der Montan-Union steht, und wir wären dankbar, wenn wir auch dazu eine entsprechende Antwort auf unsere Große Anfrage bekommen würden.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Soll der Antrag unter Punkt 3 b der Tagesordnung besonders begründet werden?

(Zuruf von der SPD: Folgt in der Aussprache!)

— Dann sind die Großen Anfragen begründet. Ich brauche wohl nicht besonders die Frage zu stellen, ob die Besprechung gewünscht ist. Das ganze Haus will diese Besprechung haben.
Ich erteile das Wort dem Herrn Bundeskanzler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Die Anfragen der Regierungsparteien und der Opposition bezüglich der Stellung der Bundesregierung zur allgemeinen außenpolitischen Lage, zur Saarfrage und auch zur Montan-Union geben eine willkommene Gelegenheit, in einem bedeutsamen Augenblick der weltpolitischen Entwicklung die Auffassung der Bundesregierung zu den uns beschäftigenden außenpolitischen Fragen darzulegen.
    Bei den außenpolitischen Erörterungen hat sich trotz mancher Meinungsverschiedenheiten im einzelnen eine völlige Einmütigkeit in einigen Fragen von zentraler Bedeutung ergeben. Der Platz Deutschlands ist auf der Seite der Völker der freien Welt. Hierüber gibt es keine Diskussion, hierüber kann es auch keine Diskussion geben. Wir wissen, daß das deutsche Volk auch da, wo es nicht frei seine Ansicht äußern kann, jede Gemeinschaft mit der Welt der totalitären Staatsgewalt, der kollektiven Vermassung, der Unfreiheit des Einzelmenschen und der wirtschaftlichen Reglementierung verabscheut. Das deutsche Volk will Sicherheit nach außen und innen. Wir wissen, daß wir dem deutschen Volk diese Sicherheit mit unseren eigenen Mitteln allein nicht schaffen können.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Aus diesen wohlerwogenen Gründen haben wir den Anschluß an den Westen vollzogen.
    Über die Art der Durchführung der Politik der Zusammenarbeit mit der freien Welt gab es und gibt es noch Meinungsverschiedenheiten. Sie betreffen aber nur die Methode, niemals das Ziel selbst. Diese Einmütigkeit in der Grundhaltung ist das große Positivum in der deutschen Außenpolitik.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Der Entschluß, den wir gefaßt haben, wurde in der freien Welt verstanden. Das Vertrauen, das uns in so erfreulicher Weise heute entgegengebracht wird, ist etwas Neues in der deutschen Geschichte und eine Frucht dieses Entschlusses. Das Vertrauen wird so lange bestehen, solange wir keinen Zweifel an der Klarheit und an der Festigkeit unserer Entscheidung aufkommen lassen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Das Vertrauen wird so lange bestehen, wie wir alle Fragen der Beziehungen zu unseren Nachbarn so entscheiden, daß die Bande, die uns mit dem Westen verknüpfen, nicht gelockert, sondern gefestigt werden.
    Diese Einmütigkeit und Klarheit unserer außenpolitischen Ziele sind heute notwendiger denn je. Die Beziehungen zwischen den beiden großen Mächtegruppen sind von schweren Problemen überschattet, die auf unserer Seite, auf der Seite des Westens, Selbstdisziplin, Unterordnung eigener Wünsche unter das große gemeinsame Ziel der Sicherung der Freiheit, gegenseitiges Verstehen und bereitwillige Zusammenarbeit in allen Dingen erfordern. Nur dann, wenn die Einheit und geschlossene Kraft des Westens eine wirkliche Realität darstellen, sind diese Probleme, die wie unheilvolle Wolken über der Welt und damit auch über uns hängen, zu lösen.
    Wie schwer das ist, meine Damen und Herren, hat die Berliner Konferenz gezeigt. Wer gehofft hatte, es werde möglich sein, mit der Sowjetregierung unter Darlegung guter Gründe, die logisch und unwiderlegbar sind, zu einem Einvernehmen zu kommen, ist bitter enttäuscht worden. Deutschland, Europa und die Welt bleiben infolge der intransigenten sowjetischen Haltung weiter geteilt. Das sowjetische Bestreben, seine Machtposition in Europa ohne jede Rücksicht auf Recht und Vernunft und auf den Willen der Völker selbst festzuhalten, ist im Falle Österreichs in seiner ganzen Nacktheit vor aller Welt demonstriert worden.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)



    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    In der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands ist das nicht anders. Moskau beharrt auf der Teilung Deutschlands und Europas, solange es hoffen darf, mit der Zeit ganz Deutschland und ganz Europa beherrschen zu können.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    In jenem bekannten Angebot eines sowjetischen Sicherheitspaktes für Europa enthüllt sich in aller Deutlichkeit die Absicht Moskaus, an der europäischen Grenze seines heutigen Einflußbereichs nicht haltzumachen. Zielt nicht der andere sowjetische Vorschlag, die Sowjetunion in die NATO aufzunehmen, auch in dieser Richtung? Zeigen nicht diese Vorschläge deutlich die Absicht der Sowjets, das Verteidigungssystem der freien Welt, dessen Wirksamkeit auf der Einstimmigkeit seiner Partner beruht, durch ihr Veto zu lähmen, so wie sie es mit so viel Erfolg so oft in den Vereinten Nationen getan haben? Die alliierten Regierungen haben diese Vorschläge mit Klarheit und Entschlossenheit abgelehnt. Die Wünsche Sowjetruß-lands zielen — und daran kann heute niemand mehr zweifeln — darauf hin, zunächst die Vereinigten Staaten aus Europa zu verdrängen, sodann das freie Europa zu unterminieren und schließlich zu absorbieren. Überall in den Ländern des Westens sehen wir die von den Sowjets mit großem Aufwand organisierten Versuche, die Staaten zu unterwühlen, durch Drohungen, Furcht und Gewalt zu lähmen und durch Versprechungen und Propagandamanöver aller Art zu gewinnen.
    Leider gibt es kaum Anzeichen dafür, daß die Konferenz, die in diesen Tagen in Genf begonnen hat, wesentlich bessere Ergebnisse haben kann als die Viererkonferenz in Berlin. Trotzdem möchte ich keine Prognosen stellen. Wenn es möglich wäre, in den ostasiatischen Fragen zu einer Entspannung zu kommen, so müßte sich das auch auf die Behandlung der europäischen Fragen auswirken. Es wäre völlig verkehrt, wenn wir uns auf den Standpunkt stellen wollten, daß der Streit auf der anderen Seite des Erdballs uns nichts anginge. Die gleichen Kräfte, die heute an der politischen, militärischen und wirtschaftlichen Grenze des Eisernen Vorhangs festhalten und durch die Mittel des Kalten Krieges ihre Macht darüber hinaus auszudehnen versuchen, befinden sich in Ostasien auf dem Wege der unverhüllten Expansion mit kriegerischen Mitteln. Der Waffenstillstand in Korea hat bis heute nur zur Aufrechterhaltung der Teilung dieses unglücklichen Landes geführt. Der Krieg in Indochina ist nicht allein eine französische Angelegenheit. Die Soldaten, die in Indochina Blut und Leben opfern, tun dies nicht für Frankreich allein, sondern im Dienste der Freiheit für die ganze Welt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es ist eine nicht zu bestreitende Tatsache, daß die kommunistischen Kräfte Ho-chi-minhs heute ihre Waffen und ihre Ausrüstung genau so wie die kommunistischen Nordkoreaner zu Beginn des Bürgerkriegs aus Rot-China beziehen. Angesichts der furchtbaren Gefahren, die sich aus einer solchen Situation für den Frieden der ganzen Welt ergeben können, gewinnt die Genfer Konferenz auch für uns eine außerordentliche Bedeutung.
    Die Schilderung der Gefahren unserer Zeit würde nicht vollständig sein, wenn man nicht des Wettrüstens in atomischen Waffen gedächte, mit denen die Wissenschaft Mittel der Massenvernichtung geschaffen hat, so furchtbar in ihren Wirkungen, daß man nur hoffen kann, sie werden niemals zur Anwendung kommen. Die Tatsache, daß die Welt zu einem Zeitpunkt in zwei große gegnerische Lager gespalten ist, in dem gleichzeitig neue, furchtbare Mittel der Vernichtung entwickelt werden, muß jeden verantwortungsvollen Menschen mit ernstester Sorge erfüllen. Über den Geschäften des Alltags dürfen wir nie aus dem Auge verlieren, welche Gefahren uns drohen und daß die Schicksale der Völker aufs engste miteinander verknüpft sind, gleichgültig, ob ihre Heimat Ostasien oder Europa heißt. Es gibt keine Krisen und keine Konflikte, die nicht auch auf uns ihre Wirkungen ausüben.
    Die Überzeugung, daß die Entwicklung des neuen deutschen Staates entscheidend von dem Verhältnis dieses Staates zur übrigen Welt beeinflußt werden würde, hat die außenpolitische Arbeit der Bundesregierung von Anfang an geleitet. Der Zusammenbruch Deutschlands im Jahre 1945 hatte die außenpolitischen Ziele einer deutschen Regierung vorgezeichnet. Diese Ziele lauteten für die Bundesregierung: Wiederherstellung der inneren und äußeren Selbstbestimmung, Gewährleistung von innerer und äußerer Sicherheit, Wiedervereinigung Deutschlands. Alle diese Ziele sind ohne Ausnahme in der Isolierung Deutschlands nicht zu erreichen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Das Mittel, um zu diesen Zielen zu gelangen, war und ist die Integration, die Eingliederung Deutschlands in die Gemeinschaft der freien Völker. Der von der Regierungskoalition und von der Bundesregierung eingeschlagene Weg führt zu diesem Ziel. Die Bundesrepublik besitzt heute innere und äußere Selbstbestimmung, die ihr ermöglicht, die außenpolitischen Interessen Deutschlands in wirksamer Weise wahrzunehmen.

    (Erneute Zustimmung in der Mitte.)

    Es gibt heute keine Frage von außenpolitischer Bedeutung, an der die Bundesrepublik mittelbar oder unmittelbar interessiert ist, die von den alliierten Mächten über den Kopf der Bundesregierung hinweg entschieden würde. Ich kann mit Befriedigung feststellen, daß die Bundesregierung nicht nur gehört wird, sondern auch an der Meinungsbildung und Beschlußfassung der großen Mächte mitwirkt. Formal haben wir die volle Souveränität heute noch nicht erreicht, da die Ratifikation des Deutschland-Vertrages, die mit der Ratifikation des Vertrages über die Verteidigungsgemeinschaft eng verknüpft ist, noch aussteht. Wenn es nach unseren Wünschen gegangen wäre, so wäre der europäische Zusammenschluß in den letzten Monaten mit verstärktem Eifer vorwärtsgetrieben und zum Ziele geführt worden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wenn die Europäische Verteidigungsgemeinschaft heute noch nicht von allen Unterzeichnerstaaten ratifiziert ist, so liegt die Ursache dafür sicherlich nicht bei Deutschland. Unsere Entscheidung ist gefallen. Wir haben alles getan, was wir zu tun haben.

    (Zuruf von der SPD: Mehr!)

    Leider haben wir feststellen müssen, daß nationale Egoismen mit den Tendenzen der europäischen Einigung im Kampf liegen. Wir werden aber diesen schwerwiegenden Vorwurf nur dann an die Adresse anderer richten können, wenn wir uns selbst in dieser Sache völlig einwandfrei verhalten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    Ich hoffe sehr, meine Damen und Herren, daß unter diesem Gesichtspunkt die Aussprache, die wir heute führen, nicht zu einer Schwächung, sondern zu einer Stärkung unseres Ansehens und unserer Glaubwürdigkeit in der Welt beitragen wird. Wir wollen hier in Deutschland nie vergessen, in welcher Gefahr dieser Kontinent und vor allem Deutschland schweben und wie kurzsichtig es ist, um dieser oder jener Mängel eines Vertrages willen das ganze Werk des Zusammenschlusses und damit die eigene Sicherung gegen Gefahren von außen und innen aufzuhalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich glaube, wir können aber trotzdem mit Befriedigung feststellen, daß seit Beginn dieses Jahres auf dem Gebiet der Sicherung Westeuropas Fortschritte erzielt worden sind. Das niederländische, das belgische und das luxemburgische Parlament haben den EVG-Vertrag gebilligt. Damit erhöht sich, wie Herr Abgeordneter Kopf schon gesagt hat, die Zahl der Staaten, in denen die parlamentarische Behandlung abgeschlossen ist, auf vier. Die italienische Regierung hat die Verträge dem Parlament inzwischen vorgelegt.
    Das in Paris am 13. April 1954 unterzeichnete Abkommen über die Zusammenarbeit zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft stellt einen weiteren bedeutsamen Schritt auf dem Wege zur Sicherung Westeuropas dar. Mit diesem Abkommen hat Großbritannien in konsequenter Verfolgung seiner bisherigen Politik gegenüber der EVG die organisatorische Zusammenarbeit mit den Behörden der EVG auf politischem, militärischem und verwaltungsmäßigem Gebiet ausgestaltet und damit seine Verbundenheit mit Westeuropa auf eine neue feste Grundlage gestellt. Das Abkommen sieht nicht nur eine Mitarbeit der britischen Regierung innerhalb des Ministerrates der EVG vor; britische Armee-und Luftwaffenverbände können nunmehr auf Verlangen des Obersten Befehlshabers in Europa in europäische Kontingente eingegliedert werden. Damit werden britische Streitkräfte, die der EVG zugeteilt werden, zwar nicht in deren supranationaler Struktur aufgehen; sie werden aber einem Befehlshaber der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft unterstehen und praktisch ebenso ein Teil der europäischen Armee sein wie die EVG-Einheiten selbst.
    Das Abkommen sieht weiterhin eine möglichst enge Angleichung der militärischen Ausbildung und Ausrüstung der Streitkräfte Großbritanniens und der EVG vor. Großbritannien wird Veränderungen im Bestand seiner auf dem Kontinent stationierten Streitkräfte nur nach vorheriger Konsultation mit den zuständigen Stellen der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft vornehmen. Von besonderer Bedeutung ist ferner die Versicherung der britischen Regierung, daß britische Streitkräfte so lange auf dem Kontinent stationiert werden, als eine Bedrohung Westeuropas und der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft besteht.
    Die britische Regierung erklärt weiter, daß nach ihrer Auffassung das Atlantikpaktbündnis von unbegrenzter Dauer sei. Sie zerstreut damit die Bedenken all derer, die in Westeuropa auf die unterschiedliche Geltungsdauer des atlantischen Bündnisses, das ein Ausscheiden der Mitglieder 20 Jahre nach der Unterzeichnung zuläßt, und des EVG-Vertrages, der auf eine Dauer von 50 Jahren abgeschlossen ist, hinweisen. Sie begegnet damit zu-
    gleich wirksam der Auffassung, daß die britischen Beistandsverpflichtungen gegenüber der EVG, die nur für die Dauer des Atlantikpakts festgesetzt sind, nach einigen Jahren an Wert verlieren und schließlich hinfällig werden könnten.
    Der Erklärung der britischen Regierung kommt jedoch nicht nur militärische Bedeutung zu. Es wird oft übersehen, daß der Atlantikpakt für die Teilnehmerstaaten nicht nur militärische Verpflichtungen, sondern auch Verpflichtungen auf anderen Gebieten, insbesondere auf dem Gebiet der wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit, mit sich bringt. Die britische Regierung bekennt sich in ihrer Erklärung zu einer intensiven Zusammenarbeit aller Mitgliedstaaten der atlantischen Gemeinschaft auf allen Gebieten und auf unbegrenzte Zeit.
    Dieser Schritt der britischen Regierung ist in der englischen Geschichte eine revolutionäre Tat. Indem Großbritannien die Sache der EVG zu seiner eigenen macht, wird ein Doppeltes offenbar. Großbritannien hat sich mit dem Schicksal des Kontinents solidarisch erklärt. Es hat damit bekundet, daß heute die Selbstbehauptung irgendeiner Nation in der Isolierung unmöglich ist. Es hat weiter seiner Überzeugung Ausdruck gegeben, daß die Verteidigungsgemeinschaft ein notwendiges Instrument der Verteidigung der westlichen Welt darstellt.
    Im gleichen Sinne begrüßt die Bundesregierung die Botschaft des Präsidenten der Vereinigten Staaten vom 16. April 1954. Diese Botschaft bringt in unmißverständlicher Weise das große Interesse der amerikanischen Regierung für das Schicksal der europäischen Integrationsbestrebungen zum Ausdruck und betont die Bedeutung, die der EVG nicht nur vom amerikanischen Standpunkt aus, sondern auch im Rahmen der atlantischen Gemeinschaft zukommt. Über ihre bei Unterzeichnung des EVG-Vertrags am 27. Mai 1952 gegenüber der EVG und deren Mitgliedstaaten eingegangenen Verpflichtungen hinaus präzisiert die amerikanische Regierung weitere Verpflichtungen, die sie bei Inkrafttreten des Vertrages zu übernehmen gedenkt. Die amerikanische Regierung wird hiernach in Europa - natürlich einschließlich Deutschlands — weiterhin die erforderlichen Streitkräfte in angemessener Stärke unterhalten, solange eine Bedrohung dieses Raumes anhält. Sie wird sich darüber hinaus mit den Mitgliedstaaten der NATO und der EVG über die Fragen gemeinsamen Interesses konsultieren, insbesondere auch über die Stärke der dem Alliierten Oberbefehlshaber in Europa zur Verfügung gestellten Kräfte; sie wird auch bestrebt sein, eine möglichst enge Integration der Streitkräfte der EVG, der Vereinigten Staaten sowie der anderen NATO-Länder im Hinblick auf Führung, Ausbildung und Organisation herzustellen und in verstärktem Maße über die Anwendung neuer Waffen und neuer Methoden für die Verbesserung der gemeinsamen Verteidigung Nachrichten auszutauschen. Auch die amerikanische Regierung spricht die Auffassung aus, daß das atlantische Bündnis auf unbegrenzte Zeit Geltung besitzt und damit eine ständige enge Zusammenarbeit der freien Völker gewährleistet, die es allen Mitgliedern ermöglicht, ihre Bemühungen zur Wahrung des Friedens und der Freiheit und zur Hebung des Wohlstandes ihrer Völker gemeinsam zu verfolgen. Meine Damen und Herren, es erscheint mir nötig, bei einem Überblick über die außenpolitische Lage gerade von unserem Standpunkt aus dieser Stellungnahmen der Regierung Großbritanniens und


    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    der Regierung der Vereinigten Staaten besonders dankbar zu gedenken.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ein dauerhafter Zusammenschluß der Völker ist
    aber nur möglich, wenn wir vernünftige Lösungen
    für alle die Probleme finden, die uns als Folgeerscheinungen der Interessengegensätze vergangener Zeiten belasten und die denen immer neue
    Begründungen liefern, die einen europäischen Zusammenschluß nicht wollen. Zu diesen Problemen
    gehört die Saarfrage. Sie werden verstehen, meine
    Damen und Herren, daß ich mich zu gewissen Teilen des Saarproblems mitten in den Verhandlungen, in denen wir zur Zeit mit der französischen
    Regierung stehen, nur zurückhaltend äußern kann.

    (Aha-Rufe von der SPD. — Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Aber aus dem, was ich sagen werde, werden Sie die Grundelemente einer Lösung, wie wir sie uns denken, erkennen können.
    Frankreich und wir dürfen diese Frage nicht allein im Lichte des alten deutsch-französischen Gegensatzes sehen. Das Saarproblem ist einfach unlösbar, wenn die beiden Teile es allein unter dem Gesichtspunkt ihrer nationalen Interessen lösen wollen. Auf diesem Wege ist, wie die Dinge nun einmal liegen, eine Lösung nicht zu finden.
    Wir Deutsche haben kein Mittel, Frankreich gegen seinen Willen zu einem Verzicht auf seine Position an der Saar zu zwingen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    — Na, wenn Sie ein Mittel wissen, werden Sie es ja sagen.

    (Heiterkeit bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD: Aber verzichten? — Nur Vorleistungen?)

    Dabei ist leider nicht entscheidend, ob Frankreich sich diese Stellung zu Recht oder zu Unrecht geschaffen hat.

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Zuruf links: Mit Ihrer Duldung! — Gegenrufe von der Mitte.)

    Die Bundesregierung hat mit großer Anstrengung jahrelang bei jeder sich bietenden Gelegenheit versucht, den Standpunkt, den unser eigenes nationales Interesse nahelegt, zur Anerkennung bei den anderen Regierungen zu bringen.

    (Abg. Pelster: Sehr richtig!)

    Lassen Sie mich Ihnen heute offen sagen, daß diese Versuche mit der Erfahrung geendet haben, daß für eine Politik, die allein unserem nationalen Interesse in der Saarfrage Genüge tut, auch wenn das Recht auf unserer Seite ist, eine Unterstützung außerhalb Deutschlands nicht zu erwarten ist.

    (Hört! Hört! links und in der Mitte.)

    Darum führt es uns leider nicht weiter, wenn wir in weitläufige und tiefgründige Untersuchungen über die aktuelle Rechtslage eintreten. Wenn wir keine Chance haben, für die Realisierung unseres noch so begründeten Rechtsstandpunkts die Unterstützung der Welt zu gewinnen, so bleibt uns, wenn wir eine realistische Politik machen wollen, nichts anderes übrig, als Ausschau nach einer neuen Lösung zu halten.
    Andererseits, meine Damen und Herren, kann auch Frankreich uns gegen unseren Willen ebensowenig dazu bringen, daß wir die Stellung anerkennen, die es sich im Saargebiet geschaffen hat.

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Abg. Brandt [Berlin] : Moskau hört mit!)

    Bleiben wir also beide bei den nationalen Vorstellungen, die uns aus der Vergangenheit überkommen sind, so ist die Folge einfach die, daß der gegenwärtige Zustand an der Saar aufrechterhalten bleibt. Ich brauche nicht zu schildern, was das bedeutet. Dem einseitigen Einfluß Frankreichs an der Saar würde weiter auf ungemessene Zeit Tür und Tor offenstehen. Die Saarbevölkerung selbst und das innerpolitische Leben an der Saar würden nicht zur Ruhe kommen. Der heftige Streit der Meinungen würde weitergehen. Der feste Boden würde weiterhin fehlen, der für jedes Gemeinwesen auf die Dauer unerläßlich ist.
    Viel wichtiger indessen, ja entscheidend sind zwei andere Faktoren. Zunächst ist es eine absolute Notwendigkeit, damit Europa und, meine Damen und Herren, damit das deutsche Volk einschließlich der Saarbevölkerung am Leben bleiben, die Differenzen unter den europäischen Völkern zu beseitigen.

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Abg. Dr. Mommer: Durch Verzicht?)

    Mehr noch: ohne Einigkeit unter den europäischen Völkern können auch die großen globalen Spannungen nicht beseitigt oder wenigstens gemildert werden. Was sich in solcher Lage anbietet, um dem unfruchtbaren und ausweglosen Gegensatz der nationalen Interessen zu entgehen, ist eine Lösung auf höherer Ebene, ist eine europäische Lösung.
    Die Bundesregierung hat deshalb auf der Konferenz der sechs Außenminister in Paris im Juli 1952 dem Gedanken zugestimmt, die Saar zum Sitz der europäischen Institutionen zu machen. Eine notwendige Konsequenz ist, daß dem Gebiet, das Sitz der europäischen Institutionen wird, ein besonderer Status gegeben wird. Was diesen Status im einzelnen anlangt, so waren bei den zahlreichen Gesprächen und Verhandlungen, die ich selbst oder Vertreter der Bundesregierung mit Mitgliedern der französischen Regierung über die Lösung des Saarproblems geführt haben, immer die folgenden Hauptgesichtspunkte bestimmend. Eine endgültige Lösung, die eine Entscheidung über die Grenzen des deutschen Staatsgebiets zum Inhalt hat, kann nur in einem Friedensvertrag erfolgen, der mit einer gesamtdeutschen Regierung frei auszuhandeln ist.