Meine Damen und Herren! Trotz der Ankündigung, die der Herr Präsident eben dem Hohen Hause gemacht hat, werde ich mich befleißigen, recht kurz zu sein. Das Thema ist ausgiebig nach allen Seiten hin erörtert worden. Vor allen Dingen ist der deutschen Filmproduktion von dieser Stelle .aus eine Unzahl von Belehrurigen, Ratschlägen und Ermahnungen gegeben worden. Die Lichtblicke, die der deutschen Filmproduktion gegeben worden sind, sind nur gering. Als Faktum konnte man eigentlich nur den Willen der CDU-Fraktion feststellen, die Bundesbürgschaften allmählich ablaufen zu lassen. Als Äquivalent dafür wurden von den verschiedenen Rednern, beispielsweise auch der FDP, eigentlich nur einige vage Andeutungen gemacht. Danach ist der gute Wille vorhanden, in unserem Ausschuß für Film, Presse und Funk noch einmal die Frage zu überprüfen, ob etwa durch Einführung einer Synchronisationssteuer, vielleicht auch durch nochmalige Aufnahme des Projekts des Filmgroschens oder, wie der Antrag der CDU es vorsieht, durch gemeinsame Beratungen des Bundes und der Länder über steuerliche Erleichterungen ein gewisses Äquivalent für das Wegfallen der Bundesbürgschaften zu erreichen ist. Das ist für die Filmproduktion und damit für das Filmpublikum sehr wenig.
Bedauerlicherweise hat die heutige Debatte nicht dazu geführt, daß auch seitens der Regierung ein ganz klares Bekenntnis zur deutschen Filmproduktion abgelegt worden ist. Gerade angesichts der Mißverständnisse, die durch die hier so oft zitierte Düsseldorfer Rede des Herrn Ministers Wuermeling entstanden sind, hat der Minister Wuermeling selber heute eine große Chance verpaßt. Er hätte nämlich die Möglichkeit gehabt, von dieser Stelle aus eine versöhnliche Haltung einzunehmen. Er
hätte betont darauf hinweisen können, welchen Dienst alle Filmschaffenden im Laufe der letzten Jahre der deutschen Familie geleistet haben.
Denn sie sind es doch gewesen, sowohl die Produzenten als auch die Künstler, die Kameraleute, die Regisseure, die das bißchen Licht in das trostlose Dasein der auseinandergerissenen Familien in der Nachkriegszeit hineingebracht haben. Wenn von Regierungsseite — allerdings außerhalb amtlicher Funktion — draußen bei den Reden gerade die Filmproduktion mit moralischen Ratschlägen, Appellen und Beanstandungen bedacht wird, dann möchte ich hier als Abgeordneter dieses Hauses sagen: was die Filmproduktion in der Nachkriegszeit geleistet hat, ist der sittlichen Leistung ebenbürtig, die die 'deutsche Familie in ihrer Gesamtheit durch ihren Zusammenhalt im Volke gezeigt hat. Ich glaube, die positiven Seiten, die die Filmproduktion aufweist, sind viel größer als die negativen Seiten, die nach unserem Empfinden zum größten Teil von der 'außendeutschen Produktion kommen.
Dieser versöhnliche Schritt ist nicht getan worden. Herr Minister Wuermeling hat sich vielmehr darauf zurückgezogen, unter Zitierung aus dem Schiller eine gewisse heitere Polemik mit seinen Gegnern zu führen. Herr Innenminister Schröder hat die Erklärung abgegeben, es werde keine Staatszensur angestrebt. Die Redner der CDU/ CSU, Herr Muckermann und Herr Bausch, haben ebenfalls versöhnliche Worte gefunden, und alles stand so ungefähr unter dem Thema „Der Kulturkampf findet nicht statt". Den Rednern, die hier gesprochen haben — selbstverständlich auch den Vertretern der Regierung — glaube ich aufs Wort, daß es nicht in ihrem Willen liegt, einen Kulturkampf zu entfachen oder zu fördern. Aber das, was im Lande vor sich geht, stimmt doch den einzelnen sehr bedenklich.
Meines Erachtens liegt die Gefahr darin, daß, da der Minister Wuermeling aus einer gewissen ganz stark geprägten kirchlichen Vorstellungswelt kommt, hier nicht die Unterscheidung wahrgenommen wird, die zwischen einem weltlichen Amt und einem religiös-kirchlichen Bestreben liegt.
Darauf sind letzten Endes auch die Mißverständnisse zurückzuführen. Es ist nicht nur die Düsseldorfer Rede; noch im vorigen Monate wieder — es war, glaube ich, in Fulda — hat Herr Minister Wuermeling erklärt, der Familienminister wolle nichts weiter sein als der Schutzpatron der deutschen Familie. Das ist bestimmt gut gemeint. Wie klingt das aber in unseren norddeutschen Ohren? Wir wollen nicht einen Schutzpatron. Ich weiß nicht, wie ein Katholik darüber denkt, wenn sich ein Minister selber zum Schutzpatron erhebt; das kann er vielleicht nicht nachempfinden.
Aber ich muß auf der anderen Seite sagen, wir wollen doch in einem Minister unseres Landes nicht nur den Vertreter der Interessen der christlichen Familien sehen, sondern aller deutschen Familien. Wir wollen auch nicht, daß hier von der Regierung aus autoritativ mit Wortprägungen und Begriffen aus einer bestimmten geistigen Umwelt heraus gearbeitet wird, die in anderen Teilen unseres Vaterlandes ganz anders klingen als dort, wo sie gesprochen werden.
Darum möchte ich hier klar und ausdrücklich erklären: von der konservativen Haltung meiner Partei her haben wir keine Verbindung mit jenen Bestrebungen, die heute darauf hinauslaufen, etwa die vielgerühmte bürgerliche doppelte Moral wiederherzustellen.
Ich erkläre, mir persönlich wäre es viel lieber, die Moral in unserem Volke ist um einen Punkt oder um zwei Punkte geringer, als daß wir wieder diese doppelte Moral bekommen, wo vor der Öffentlichkeit wer weiß welche guten Prinzipien verfochten werden, während hinter verschlossenen Türen es anders aussieht. Herr Dr. Mende hat vorhin seinen liberalen Standpunkt vertreten. Ich kann als Vertreter einer konservativen Partei nur sagen: soweit es sich darum handelt, die Geistesfreiheit zu verteidigen, nämlich die Freiheit auf dem Gebiete, auf dem sie wirklich zu Hause sein soll, dem Gebiete des Kulturschaffens und des Geisteslebens, werden diese Ausführungen von unserer konservativen Partei aus unterschrieben. Wir haben nicht etwa die Absicht, jene Zustände wieder einreißen zu lassen oder wieder herbeizuführen, daß die geistliche Macht nach dem weltlichen Schwert greift. Gerade das wollen wir als Konservative verhindern. Es war mir ein Bedürfnis, dies in diesem Zusammenhang auszuführen.
Noch ein Wort zu der Entflechtung des Ufa-Vermögens. Auch da waren die Erklärungen der Regierung, glaube ich, bisher nicht so, daß hinsichtlich der Bedenken eine Beruhigung innerhalb des Lagers der deutschen Filmproduktion eintreten kann. Es .ist mir z. B. nicht verständlich, warum nicht der Abwicklungsausschuß und auch die Vorstände der neu gebildeten Gesellschaften einmal klar und deutlich vor der Öffentlichkeit erklären: Jawohl, wenn es irgend möglich ist, werden wir den Theaterpark in kleinen Einheiten wieder in private Hände zurückführen. Es ist mir nicht verständlich, daß hier kein Wort darüber gesagt wird, inwieweit z. B. die Heimatvertriebenen dabei berücksichtigt werden, wie es ja das Gesetz betreffend die Entflechtung der Ufa vorsieht. In der Filmwirtschaft ist es genau so wie in allen anderen Wirtschaftszweigen wünschenswert, daß es große, mittlere und auch kleine Firmen gibt. Gerade beim Theaterbesitz ist es unser Anliegen, eine möglichst weitgehende Streuung zu erreichen. Dann ist der Theaterbesitz nämlich unter Umständen krisenfester, als wenn er sich mit einer Produktions- oder Verleihfirma liiert. Wenn eine solche Firma in Konkurs gerät, geraten all diese Theater auf Grund ihrer Abhängigkeit mit in den Konkurs. Ich würde es also sehr begrüßen, wenn die Bundesregierung in Verfolg der Antwort, die sie wahrscheinlich noch auf die Anträge der CDU geben wird, diesem Thema der Reprivatisierung speziell der Filmtheater noch ein besonderes Augenmerk widmete.
Ich darf zusammenfassend hinsichtlich der wirtschaftlichen Seite noch folgendes sagen. Es ist doch eigentlich unverständlich, daß ausgerechnet ein Wirtschaftszweig, der so eng mit dem Kulturellen verbunden ist, unter der größten Steuerlast leidet, die überhaupt ein Wirtschaftszweig aufzubringen hat. Ich glaube, daß hier unbedingt etwas geändert werden muß, und sei es, daß im Wege der Großen Steuerreform die Verteilung der Steuern anders geregelt wird. Es ist einfach unverständlich,
daß ausgerechnet die Filmwirtschaft in allen ihren Sparten auf die Dauer dieser Sonderbesteuerung unterliegt. Das ist gerade das Gegenteil von dem, was andere Staaten tun, die nämlich Gelder zur Verfügung stellen, ohne damit irgendeine Staatszensur zu verbinden.
Da die Zeit so weit fortgeschritten ist, möchte ich meine Ausführungen hier abschließen. Ich betone, daß einige Anträge der CDU insofern besonders begrüßenswert sind, als sie den Anlaß geben, die ganze Materie im Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films weiter zu behandeln. Ich hoffe, daß die Beratungen dieses Ausschusses zu dem Ergebnis führen, daß die Filmwirtschaft und damit das von ihr bediente Filmpublikum mit etwas leichterem Herzen in die Zukunft hineinschauen kann, als es augenblicklich der Fall ist.