Rede von
Dr.
Franz-Josef
Wuermeling
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Kollege, ich darf Ihnen antworten, daß ich neuerdings auf die Aufforderung des Herrn Kollegen Maier den ganz en Don Carlos gelesen habe,
daß ich nur keinen Anlaß gefunden habe, gerade diese Stelle zu zitieren, weil sie mir in die heutige Situation nicht zu passen scheint.
In der gleichen Linie wie die eben von mir gegebenen Zitate liegt nun die Aufforderung der Prinzessin an Don Carlos im zweiten Akt, die ich an Herrn Kollegen Maier richten möchte und die da lautet:
Sie sind nicht fröhlich, guter Prinz, — Sie
leiden —Sie brauchen Ruhe, lieber Karl — Ihr Blut Ist jetzt in Aufruhr — setzen Sie sich zu mir —
— Meine Herren, Sie lachen zu früh! Die Hauptsache kommt ja noch!
Ihr Blut ist jetzt in Aufruhr — setzen Sie sich
zu mir —
Weg mit den schwarzen Fieberphantasien!
Meine Damen und Herren, wegen dieser Zitate wurde mir gewiß der „Don Carlos" nicht empfohlen!
Ich habe nun auch noch andere gefunden, die der gegenwärtigen Situation des Herrn Kollegen Maier vielleicht etwas näher liegen, nachdem er die Villa Reitzenstein verlassen hat. Der „Don Carlos" beginnt ja doch gleich mit den Worten:
Die schönen Tage in Aranjuez
sind nun zu Ende.
Als das neue Kabinett Müller gebildet war, da schienen mir zwei Zeilen aus dem zweiten Akt von ganz besonderer Bedeutung:
Wo bin ich? Rasender Betrug — ich habe Das rechte Kabinett verfehlt.
Meine Damen und Herren, ich bin gewiß, mit dieser im wahrsten Sinne des Wortes klassischen Abwehr des Angriffs meines Koalitionskollegen Reinhold Maier dem Koalitionsfrieden bestmöglich gedient
und der Liebe zur klassischen Literatur neue Impulse gegeben zu haben. Wie schön hätte unsere ganze heutige Aussprache in allen ihren Teilen sein können, wenn auch bei anderen Reden solche Liebe spürbar gewesen wäre!