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ID0202201700

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    2. Deutscher Bundestag — 22. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. April 1954 747 22. Sitzung Bonn, Freitag, den 2. April 1954. Geschäftliche Mitteilungen 747 C Glückwünsche zum Geburtstag der Abg. Frau Schroeder (Berlin) 747 D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Äußerungen des Bundesministers Dr. Wuermeling über das Filmwesen (Drucksache 234) in Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Ehemaliges reichseigenes Filmvermögen (Drucksache 250), mit der B) Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Bundesbürgschaft für Filmvorhaben (Drucksache 349), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Koordinierung der Filmpolitik des Bundes und der Länder in bezug auf Steuererleichterungen (Drucksache 380) und mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Ufi-Vermögen und Finanzierung deutscher Filmproduktion (Drucksache 381) 747 D Paul (SPD), Anfragender 748 A Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 751 A, 781 C Kalbitzer (SPD), Anfragender . . . 751 D, 770 B, C, D Dr. Westrick, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft 754 B, 759 A Muckermann (CDU/CSU), Antragsteller 756 A Kühn (Köln) (SPD) 759 B, 787 A Dr. Wuermeling, Bundesminister für Familienfragen 764 B, 766 A, 768 C, 789 C Jacobs (SPD) 766 A Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 768 C Bausch (CDU/CSU) 769 B, 770 C, D Dr. Mende (FDP) 775 C Kemmer (Bamberg) (CDU/CSU) . . 781 D Gräfin Finckenstein (GB/ BHE) . . . 785 A Becker (Hamburg) (DP) 785 C Dr. Strosche (GB/ BHE) 788 A Metzger (SPD) 790 A, 791 A Dr. Mommer (SPD) 791 A D. Dr. Ehlers (CDU/CSU) 792 A Überweisung der Anträge Drucksachen 349, 380, 381 an den Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik 792 C Absetzung der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Pressepolitische Pläne der Bundesregierung (Drucksache 313) von der Tagesordnung 785 C, 792 C Nächste Sitzung 792 D Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Franz-Josef Wuermeling


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich meine, der Film „Die Sünderin" dürfte Ihnen als Beispiel genügen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Aber nun möchte ich doch noch in diesem Zusammenhang auf etwas sehr Ernstes eingehen. In den Ausführungen des Herrn Kollegen Paul ist auch die Rede von „dunklen Bestrebungen" gewesen, die meinen Gedanken oder Zielen zugrunde lägen.

    (Zurufe von der SPD.)

    Ich sehe in dieser Andeutung einen Hinweis auf das, was jetzt draußen etwas deutlicher als „Konfessionalisierung" oder „Klerikalisierung des öffentlichen Lebens" herausgestellt wird. Ich lege das größte Gewicht darauf, bei Gelegenheit dieser Aussprache festzustellen, daß man mit dem Gerede — das gilt auch von dem Gerede einiger Zeitungen — von „Konfessionalisierung" und „Klerikalisierung" das Pech hat, daß meine familienpolitischen Aufgaben und Ziele doch ein gemeinsames Anliegen der Christen b e i d e r Konfessionen sind und daß es Ihnen deshalb einfach nicht gelingen kann, gewisse Affekte an meinem Ministerium erfolgreich abzureagieren oder gar konfessionellen Hader zu entfachen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen bei der SPD.)

    Meine Zusammenarbeit mit den Familienorganisationen beider Konfessionen und mit dem inter-konfessionellen deutschen Familienverband ist von Anfang an so eng und harmonisch und freundschaftlich gewesen, nicht zuletzt wurden meine Referate gerade auch von großen evangelischen Zuhörerkreisen so zustimmend und herzlich aufgenommen, daß ich Ihnen schon andere Methoden als konfessionelle Zersetzung anraten muß, wenn Sie meinen, meine Arbeit zum Schutze unserer Familien unbedingt stören zu müssen. Ich fürchte allerdings, meine Damen und Herren, daß Sie, wenn Sie so weitermachen wie bisher, dann nach der ersten „Volkszensur", den Bundestagswahlen von 1953,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    bei den nächsten Wahlen eine zweite „Volkszensur" erleben werden, deren Ergebnis allenfalls noch eine Versetzung in den linkesten Teil dieses Raumes ermöglichen wird.

    (Beifall in der Mitte. — Lachen bei der SPD. — Abg. Marx: Filmstar Wuermeling! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Aber meine Damen und Herren, das soll nicht meine Sorge sein. Mir als Angegriffenem kann es nur nützen, wenn mangels sachlicher Argumente gegen den Inhalt meiner Reden

    (Abg. Marx: Filmstar Wuermeling!)

    Unterstellungen benötigt werden, um überhaupt irgend etwas dagegen sagen zu können.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Nun ein Zweites. Ich habe von mir aus immer betont, daß ich den Schutz und die wirtschaftliche Sicherung unserer Familien für eine überparteiliche gemeinsame Aufgabe aller Fraktionen dieses Hauses halte, für die ich mit allen Fraktionen, auch mit der Opposition, gemeinsam arbeiten möchte.

    (Zuruf von der SPD: Das haben wir eben gemerkt! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    So habe ich in meiner ersten amtlichen Rede im neuen Bundestag am 5. Februar erklärt:
    Ich bin nicht hier heraufgekommen, um irgendwelche Unfreundlichkeiten nach der Seite der Opposition hin zu sagen.

    (Lachen bei der SPD.)

    Im Gegenteil, ich habe den sehr, sehr herzlichen und dringenden Wunsch, die Aufgabe, die mir als Bundesminister für Familienfragen gestellt ist, gemeinsam mit allen Seiten dieses Hauses in Angriff zu nehmen. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, daß sich zwischen allen Parteien und meiner Arbeit wertvolle Brücken echter Zusammenarbeit finden lassen.
    Im gleichen Sinne habe ich mich auch in verschiedenen öffentlichen Kundgebungen im Bundesgebiet geäußert. Um dieses Ziel allseitiger Zusammenarbeit nicht zu gefährden, habe ich mich, seit mir meine neue Aufgabe übertragen wurde — trotz manchen Anlasses —, jeder Polemik, auch gegen die SPD, enthalten und unter alle Anfeindungen aus dem letzten Wahlkampf aus dem ehrlichen Wunsch heraus, gemeinsam mit allen gutwilligen Kräften der mir gestellten wichtigen Aufgabe zu dienen, bewußt einen Strich gezogen. Wenn Sie mich heute angreifen, dürfen Sie von mir natürlich nicht erwarten, daß ich, zumal Sie mich darum gebeten haben, Ihnen zu antworten, auf diese Angriffe schweige oder Ihnen meinetwegen erkläre: „Sie haben vollkommen recht! Ich habe lauter Unsinn geredet".

    (Lachen und Zurufe von der SPD.)

    Das können Sie schließlich nicht verlangen.

    (Zuruf von der SPD: Polemik ist keine Antwort!)

    Im übrigen gilt das Gesagte auch für die Zeit nach dem 5. Februar, an welchem Tage die heute behandelte Große Anfrage gestellt wurde, die mir zunächst wie eine Kriegserklärung der SPD vorkam. Aber mit der heutigen Begründung hat die SPD ihre Anfrage wohl selber etwas ins Scherzhafte gezogen und damit gezeigt, daß sie ihre


    (Bundesminister Dr. Wuermeling)

    „Kriegserklärung" nicht so ernst nimmt. Ich freue mich darüber, daß sich die Diskussion heute trotz mancher Gegensätzlichkeit und mancher Anfeindung doch in Bahnen bewegte, die weithin sachlich waren.
    Nun noch ein Drittes: Nicht nur in der Presse, sondern auch hier in der Debatte wurde im Unterton und manchen Einzelworten das Thema, das wir heute erörtern, über den Rahmen der Filmfrage hinaus in die allgemeine kulturpolitische Ebene hinein ausgeweitet, auf der ja manche Leute ihren ganzen Kampf gegen mich führen, ohne begründeten Anlaß dazu zu haben.

    (Lachen bei der SPD.)

    Ich möchte deswegen zum Zwecke der Klarstellung ganz kurz drei Punkte berühren; denn die Dinge müssen einmal klar und konkret herausgestellt werden, damit endlich das dumme Gerede von dem „klerikalisierenden" Minister ein Ende findet.
    Meine amtliche Tätigkeit bewegt sich hauptsächlich auf der Ebene der wirtschaftlichen Hilfe für die Familie; aber die öffentliche Diskussion hat sehr wenig Interesse dafür gezeigt und sich nur um Dinge gekümmert, die an sich wirklich sehr am Rande meiner Arbeit liegen. Dabei geht es in diesem Randbereich um drei Themen, erstens den Film, zweitens die Ehescheidung und drittens den § 67 des Personenstandsgesetzes.
    Zur Filmfrage habe ich mich bereits geäußert. Ich stelle fest, daß die heutige Erklärung der Bundesregierung klargestellt hat, daß die in der Großen Anfrage über den Inhalt meiner Düsseldorfer Rede enthaltenen Behauptungen in wesentlichen Punkten unrichtig sind, und weiter, daß das in meiner Düsseldorfer Rede zum Thema Familie dargelegte sachliche Anliegen nicht nur mein Anliegen, sondern ein Anliegen unserer Bundesregierung ist, so daß in diesem Punkte nicht der mindeste Anlaß zu den gegen mich gerichteten Angriffen gegeben ist.
    Nun zur Ehescheidungsfrage. Was die von mir in öffentlichen Reden betonte Notwendigkeit einer Änderung des § 48 der vom Kontrollrat erlassenen Ehescheidungsvorschriften angeht, so habe ich die Forderung erhoben, ein Ehescheidungsrecht zu schaffen, nach dem es nicht möglich ist, seine in Ehren ergraute schuldlose Frau mit staatlicher Sanktionierung zu verstoßen, weil einem ein junges Mädchen besser gefällt. Der frühere Bundesjustizminister Dr. Dehler, der jetzige Vorsitzende der Freien Demokraten, hat ebenso wie unser jetziger Bundesjustizminister die gleiche Forderung bereits dahin formuliert, daß eine Ehescheidung nach § 48 — dreijährige Trennung — gegen den Willen des unschuldigen Teiles nicht mehr möglich sein soll. Es handelt sich dabei vor allem um den Schutz der Frau. Auch in diesem Punkt habe ich also nichts als eine gemeinsame Forderung aller derjenigen vertreten, die eine hohe Meinung von den Rechten und Pflichten der Ehepartner untereinander und gegenüber den Kindern haben. Wenn ich in diesem Punkte mit dem Herrn Kollegen Dehler einig bin, wo ist dann, so frage ich jetzt die Öffentlichkeit, hier „Konfessionalismus" oder „Klerikalismus"?

    (Beifall in der Mitte.)

    Der dritte Punkt betrifft den § 67 des Personenstandsgesetzes. Den Entwurf zur Aufhebung der von beiden christlichen Kirchen als diskriminierend empfundenen Strafvorschrift des § 67 habe ich erstmals zugleich mit allen Kabinettskollegen zur Kenntnis bekommen, ohne vorher irgendwie beteiligt gewesen zu sein, und ich habe ihm wie jedes andere Kabinettsmitglied zugestimmt. Ich bin also an diesem Gesetzentwurf etwa genau so schuldig oder unschuldig wie vielleicht Herr Kollege Reinhold Maier an der Kanzlerschaft Konrad Adenauers.

    (Lachen bei der SPD.)

    In der Frage der fakultativen standesamtlichen oder kirchlichen Eheschließung bin ich seit Jahr und Tag unverändert dafür eingetreten, es in Deutschland bei dem jetzigen Zustand zu belassen, weil die Meinungen über eine fakultative standesamtliche oder kirchliche Eheschließung in unserem konfessionell gemischten Lande zu verschieden sind. Wer, meine Damen und Herren, kann denn da ausgerechnet mir „Konfessionalisierung" oder „Klerikalisierung" vorwerfen, wenn ich als Katholik so eindeutig für Toleranz gegenüber den Auffassungen unserer evangelischen Mitbürger eintrete und weiter eintreten werde?
    Nun, es geht einigen Leuten im Lande draußen bei diesen Dingen ja um etwas ganz anderes. (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Es geht nicht um diese Einzelthemen, die ich soeben hier behandelt habe, weil das die konkreten Punkte sind, an denen man diese Hetze aufhängen kann. Meine Gegner wissen ganz genau, daß ich seit langen Jahren nicht müde werde, das uns in gemeinsamer Verfolgungszeit vor 1945 geschenkte Gemeinschaftsbewußtsein und Zusammengehörigkeitsgefühl der Christen beider Konfessionen zu vertiefen und zu festigen und alle konfessionelle I Fehde im politischen Raum ein für allemal zu begraben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Verwirklichung dieses Wollens soll durch Unterstellungen, durch Hetze, durch Verleumdungen und anderes mehr vereitelt werden, weil es in Deutschland eben eine Anzahl Leute gibt, die nur im trüben Wasser konfessionellen Haders noch politische Erfolge erzielen zu können glauben.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich gebe Ihnen die Versicherung: je stärker die Versuche, durch Entfachung konfessioneller Zwietracht die politische Atmosphäre zu trüben, fortgesetzt werden, um so mehr wird die allgemeine Erkenntnis wachsen, daß alle Christen in Deutschland gemeinsame Gegner haben. Ich danke Ihnen von der SPD, daß Sie durch die Aufrollung dieser Debatte diese Klarstellung ermöglicht haben.

    (Unruhe bei der SPD. — Zurufe von der SPD: Was wollen Sie damit sagen? — Ganz klar, was er will! — Das ist ganz klar, ist ja zu deutlich!)

    Auf diesem Hintergrunde aber nun noch ein anderes! In der heutigen Debatte wurde bereits der Herr Ministerpräsident a. D. Reinhold Maier zitiert. Ich pflege als Bundesminister keine Angriffe gegen Kollegen aus diesem Hause, insbesondere nicht aus der Koalition, zu führen; aber wenn ich selber angegriffen werde, wie das auf dem Hintergrunde des soeben Gesagten durch Herrn Kollegen Maier geschehen ist, so habe ich nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, mich gegen das, was gesagt wurde, zu verteidigen. In diesem Zusammenhang muß ich


    (Bundesminister Dr. Wuermeling)

    deswegen auch einige Worte zu den Mainzer Angriffen des Herrn Kollegen Reinhold Maier gegen mein Ministerium sagen. Herr Kollege Maier hat nach dem von ihm selbst in den „Deutschen Kommentaren" veröffentlichten Wortlaut in Mainz gesagt:
    Sichtbar hat der Kampf begonnen. Ein eigenes Ressort mit dem verharmlosenden Namen „Familienministerium" ist entstanden . . . Machen wir uns jedoch nicht leichtfertig nur auf Donquichotterien gefaßt! Es geht um sehr reale Dinge. Mit realen Methoden werden sie in die Wirklichkeit umgesetzt werden.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Der „frisch, fromm, fröhlich, frei" dahinströmende deutsche Geist soll versiegen, seine Quellen will man verstopfen. Meine Herren Kommilitonen, die Zeit ist gekommen, „Don Carlos" zu lesen. Marquis de Posa ist unser Mann. Sein Wort: „Geben Sie Gedankenfreiheit, Sire!" ist unser Wort.

    (Lebhafter langanhaltender Beifall bei der SPD und der FDP.)

    Nun, wenn in Deutschland keine Gedankenfreiheit bestände, hätte Herr Kollege Maier diese Rede nicht halten können.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen bei der SPD. — Abg. Schröter [Wilmersdorf] : So hat man auch schon mal vor 20 Jahren geantwortet!)

    — Ich stelle mit großem Bedauern fest, daß mir die Unterstellungen, mit denen draußen in der Presse gearbeitet wurde, offensichtlich auch von der SPD gemacht werden. Ich kann das nur nochmals schmerzlich bedauern. Wir sollten uns hier auf einem Boden ehrlicher Aussprache miteinander bewegen.

    (Lebhafte Zustimmung bei der CDU/ CSU. — Abg. Neubauer: Sagen Sie das mal dem Bundeskanzler!)

    Wenn ich nun hier etwas gegenüber einem Koalitionskollegen sage, so verteidige ich mich hier natürlich nicht in der Freiheit, deren Herr Kollege Dehler sich seit einiger Zeit wieder erfreuen darf, sondern im Rahmen der Pflichten eines Mitgliedes des Koalitionskabinetts.
    Ich habe zweierlei zu sagen. Erstens habe ich eine Frage an Herrn Kollegen Maier zu stellen: Was ist gemeint mit den „sehr realen Dingen, die mit realen Methoden in die Wirklichkeit umgesetzt werden"? Ich bitte Herrn Kollegen Maier um konkrete Angaben zu dieser Frage, damit endlich die Nebel einmal zerstreut werden, hinter denen sich diese Angriffe von den verschiedensten Seiten zu tarnen pflegen.

    (Zustimmung in der Mitte. — Zurufe von der SPD.)

    Meinen Standpunkt habe ich in aller Öffentlichkeit dargelegt. Tun Sie bitte das gleiche!

    (Abg. Schröter [Wilmersdorf]: Die „konkrete Angabe" steht am Rednerpult!)

    Das zweite, was ich dazu zu sagen habe, ist das Folgende. Herr Kollege Maier hat uns empfohlen, den „Don Carlos" zu lesen. Ich bin seinem Rate gefolgt und habe darin so wertvolle aktuelle Zitate gefunden,

    (Zuruf von der SPD: Bei Philipp?)

    daß ich gar nicht erst bei Goethe zu suchen
    brauchte. Wenn Herr Kollege Maier mich anscheinend doch auch mit einem Unterton im Sinne klerikalisierender oder konfessioneller Tendenzen verdächtigen zu sollen glaubte, so antworte ich zunächst mit Don Carlos aus dem ersten Akt:
    Schon seh ich deine Seele,
    Vom giftgen Schlangenbiß des Argwohns
    bluten.

    (Beifall in der Mitte und Heiterkeit.) An einer weiteren Stelle heißt es:

    Doch hab ich immer sagen hören, daß
    . . . Geschichtenträger
    Des Übels mehr auf dieser Welt getan,
    Als Gift und Dolch in Mörders Hand nicht
    konnten.

    (Beifall in der Mitte. — Zurufe von der SPD.)

    Auch im zweiten Akt ist eine in diesen Zusammenhang sehr schön passende Stelle, als die Prinzessin zum Prinzen sagt: — —


Rede von Dr. Max Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich frage den Herrn Familienminister, ob er auch den fünften Akt von „Don Carlos" gelesen hat, den Satz, wo der Kardinal-Großinquisitor dem König Philipp vorwirft, daß er die Gesetze der Monarchenkunst nicht mehr kenne und sagt: Menschen sind Zahlen, weiter nichts!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz-Josef Wuermeling


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege, ich darf Ihnen antworten, daß ich neuerdings auf die Aufforderung des Herrn Kollegen Maier den ganz en Don Carlos gelesen habe,

    (Heiterkeit)

    daß ich nur keinen Anlaß gefunden habe, gerade diese Stelle zu zitieren, weil sie mir in die heutige Situation nicht zu passen scheint.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und Heiterkeit.)

    In der gleichen Linie wie die eben von mir gegebenen Zitate liegt nun die Aufforderung der Prinzessin an Don Carlos im zweiten Akt, die ich an Herrn Kollegen Maier richten möchte und die da lautet:
    Sie sind nicht fröhlich, guter Prinz, — Sie
    leiden —Sie brauchen Ruhe, lieber Karl — Ihr Blut Ist jetzt in Aufruhr — setzen Sie sich zu mir — (Schallende Heiterkeit.)

    — Meine Herren, Sie lachen zu früh! Die Hauptsache kommt ja noch!

    (Erneute Heiterkeit.)

    Ihr Blut ist jetzt in Aufruhr — setzen Sie sich
    zu mir —
    Weg mit den schwarzen Fieberphantasien!

    (Fortgesetzte stürmische Heiterkeit im ganzen Hause.)

    Meine Damen und Herren, wegen dieser Zitate wurde mir gewiß der „Don Carlos" nicht empfohlen!
    Ich habe nun auch noch andere gefunden, die der gegenwärtigen Situation des Herrn Kollegen Maier vielleicht etwas näher liegen, nachdem er die Villa Reitzenstein verlassen hat. Der „Don Carlos" beginnt ja doch gleich mit den Worten:
    Die schönen Tage in Aranjuez
    sind nun zu Ende.

    (Heiterkeit. -Zuruf von der SPD: Lesen Sie ihn doch ganz vor!)



    (Bundesminister Dr. Wuermeling)

    Als das neue Kabinett Müller gebildet war, da schienen mir zwei Zeilen aus dem zweiten Akt von ganz besonderer Bedeutung:
    Wo bin ich? Rasender Betrug — ich habe Das rechte Kabinett verfehlt.

    (Erneute schallende Heiterkeit im ganzen Hause. — Abg. Schröter [Wilmersdorf] : Sie sind richtig eingestiegen!)

    Meine Damen und Herren, ich bin gewiß, mit dieser im wahrsten Sinne des Wortes klassischen Abwehr des Angriffs meines Koalitionskollegen Reinhold Maier dem Koalitionsfrieden bestmöglich gedient

    (Zuruf von der SPD: Und die Antwort auf die Anfragen?)

    und der Liebe zur klassischen Literatur neue Impulse gegeben zu haben. Wie schön hätte unsere ganze heutige Aussprache in allen ihren Teilen sein können, wenn auch bei anderen Reden solche Liebe spürbar gewesen wäre!

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Oho!-Rufe von der SPD.)