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ID0202200600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 22. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. April 1954 747 22. Sitzung Bonn, Freitag, den 2. April 1954. Geschäftliche Mitteilungen 747 C Glückwünsche zum Geburtstag der Abg. Frau Schroeder (Berlin) 747 D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Äußerungen des Bundesministers Dr. Wuermeling über das Filmwesen (Drucksache 234) in Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Ehemaliges reichseigenes Filmvermögen (Drucksache 250), mit der B) Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Bundesbürgschaft für Filmvorhaben (Drucksache 349), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Koordinierung der Filmpolitik des Bundes und der Länder in bezug auf Steuererleichterungen (Drucksache 380) und mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Ufi-Vermögen und Finanzierung deutscher Filmproduktion (Drucksache 381) 747 D Paul (SPD), Anfragender 748 A Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 751 A, 781 C Kalbitzer (SPD), Anfragender . . . 751 D, 770 B, C, D Dr. Westrick, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft 754 B, 759 A Muckermann (CDU/CSU), Antragsteller 756 A Kühn (Köln) (SPD) 759 B, 787 A Dr. Wuermeling, Bundesminister für Familienfragen 764 B, 766 A, 768 C, 789 C Jacobs (SPD) 766 A Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 768 C Bausch (CDU/CSU) 769 B, 770 C, D Dr. Mende (FDP) 775 C Kemmer (Bamberg) (CDU/CSU) . . 781 D Gräfin Finckenstein (GB/ BHE) . . . 785 A Becker (Hamburg) (DP) 785 C Dr. Strosche (GB/ BHE) 788 A Metzger (SPD) 790 A, 791 A Dr. Mommer (SPD) 791 A D. Dr. Ehlers (CDU/CSU) 792 A Überweisung der Anträge Drucksachen 349, 380, 381 an den Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik 792 C Absetzung der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Pressepolitische Pläne der Bundesregierung (Drucksache 313) von der Tagesordnung 785 C, 792 C Nächste Sitzung 792 D Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Hermann Ehlers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der Fraktion der SPD Drucksache 234 ist beantwortet. Ich stelle formell die Frage, ob eine Besprechung gewünscht wird.

    (Zurufe von der SPD: Nachher!)

    — Ja, nachher. Ich wollte nur formell feststellen,
    ob die Voraussetzungen der Geschäftsordnung für
    die Besprechung der Großen Anfrage gegeben sind.
    Es folgt die
    Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend ehemaliges reichseigenes Filmvermögen (Drucksache 250).
    Herr Abgeordneter Kalbitzer, bitte!
    Kalbitzer (SPD), Anfragender: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Anfrage Druck-


    (Kalbitzer)

    sache 250 ist aus zwei Besorgnissen heraus gestellt worden. Die erste Besorgnis ist, daß öffentliche Gelder nicht zweckmäßig für die Filmwirtschaft verausgabt werden. Sie erinnern sich vielleicht, daß wir im ersten Bundestag 60 Millionen DM Bundesbürgschaften für den Film zur Verfügung gestellt haben. Ein erheblicher Teil davon ist inzwischen gegeben worden. Die Richtlinien der Bürgschaftsvergabe sind von uns von Anfang an nachdrücklichst kritisiert worden, weil der Zweck, nämlich die notwendige Sanierung des 1945 total ruinierten Films, nicht erfüllt wird und nicht erfüllt werden kann. Einer der wesentlichsten Mängel der Richtlinien über die Vergabe der Gelder liegt darin, daß die Filmproduktion zu 100 °/o verbürgt wird, d. h. mit anderen Worten, daß jedes eigene Risiko der Produzenten ausgeschaltet und zur gleichen Zeit infolge der Form der Bürgschaftsvergabe ein Anreiz zu einer dauernden Überproduktion gegeben wird, ohne daß damit den Filmproduzenten wirklich zu einer Sanierung verholfen wird; diese werden vielmehr weiter wirtschaftlich am Gängelband geführt. So wird genau das Gegenteil von dem erreicht, was der Bundestag mit den Bürgschaften beabsichtigt hat.
    Auf der andern Seite haben wir ein zweites, bundeseigenes Unternehmen, das der Filmwirtschaft erhebliche Kredite zur Verfügung stellt. Das ist das ehemals reichseigene, jetzt bundeseigene und zu liquidierende Goebbels-Ufa-Vermögen. Die Firmen, die nach dem Liquidationsgesetz zu entflechten und zu reprivatisieren sind, produzieren einstweilen mit ihrem eigenen Kapital weiter und machen der neu gegründeten Filmwirtschaft, der durch die Bürgschaften geholfen werden soll, die schärfste und in diesem Maße unlautere Konkurrenz, zumal sie die Kapitalien, die sich im Laufe der Jahre angesammelt haben, mit verwenden können. Es ist nach unserer Auffassung unerträglich, daß zwei bundeseigene Unternehmungen gegeneinander arbeiten und sich auf verschiedene Art in der Filmwirtschaft betätigen, so daß der Erfolg des einen notwendigerweise den Mißerfolg des andern Unternehmens herbeiführen muß. Die Filmwirtschaft leidet heute einerseits an der Überproduktion und andererseits an dem Mangel an Eigenkapital, soweit es sich um die nach 1945 aus der Not der Zeit neu entstandenen Unternehmungen handelt. Die Verluste dieser falschen und von der Bundesregierung und ihren Unternehmungen falsch geleiteten Filmproduktion trägt die öffentliche Hand. Damit ist der Beweis für die Berechtigung unserer Besorgnis darüber, daß die Gelder falsch angelegt worden sind, erbracht.
    Selbstverständlich müssen wir nun überlegen, welche Möglichkeiten zur Sanierung der Filmwirtschaft gegeben sind. Da möchte ich an die alten Forderungen erinnern, die im Bundestag zwar wiederholt ausgesprochen, aber in keinem einzigen Fall in die Praxis umgesetzt worden sind: die Einfuhr der Filme ist mengenmäßig zu begrenzen, die Zahl der öffentlich geförderten Filme ist auf den Umfang des voraussichtlichen Bedarfs zu begrenzen, und es muß eine Überprüfung der Bürgschaftsrichtlinien vorgenommen werden, um sie mit den Gepflogenheiten der Kredithergabe der Ufi-Liquidationsgeselischaften in Übereinstimmung zu bringen, damit das Gegeneinander dieser beiden bundeseigenen Unternehmungen aufhört. Außerdem muß der Frage der Exportförderung des deutschen Films Aufmerksamkeit gewidmet werden. Dabei sind wir uns darüber klar, daß es sich einerseits um ein wirtschaftliches, andererseits natürlich um ein qualitatives Problem handelt, weil der deutsche Film bisher nur in Ausnahmefällen die Möglichkeit gehabt hat, qualitätsmäßig auf dem Weltmarkt anzusprechen.
    Die nächste Frage ist die der Vergnügungssteuer, die vom Film bezahlt werden muß und auf die die Gemeinden natürlich dringend angewiesen sind. Bezüglich der Frage der Vergnügungssteuer, die ja auch noch von der Regierungskoalition angesprochen werden wird, möchte ich darauf hinweisen, daß ein Abbau dieser Steuer etwa zu Lasten der Einnahmen der deutschen Gemeinden ganz undenkbar ist. Andererseits ist es aber ein Unsinn, den Film zentral, vom Bund her mit Subventionsgeldern zu unterstützen, die zum Schluß, wenn sie die ganze Filmproduktion durchlaufen haben, als Steuerabgaben wieder herausfließen. Damit hat man weder dem Film gedient, noch ist dadurch der Sinn dieser Subvention erfüllt. Im Gegenteil, man hat das Geld zur Zahlung an die Gemeinden eigentlich nur einen Umweg fließen lassen.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Richtig gesagt handelt es sich also um ein Problem der Finanzreform, auf die wir heute allerdings nicht eingehen wollen. Wir müssen aber doch feststellen, daß wir eine der Aufgaben der Finanzreform zum Beispiel darin gesehen hätten, derartige Unsinnigkeiten zu beseitigen.
    Lassen Sie mich nun eine zweite Besorgnis, die wir haben, kurz ansprechen. Sie betrifft die Liquidierung des Goebbels-Ufa-Vermögens, die vom Bundestag beschlossen worden ist und bei der wir befürchten, daß die Entwicklung von der Goebbels-Ufa zurück zu einer Hugenberg-Ufa verläuft. Mit anderen Worten: das Staatsmonopol, wie es die Nazis aufgebaut haben, wird nun bei der Reprivatisierung nicht echt aufgeteilt, sondern geht durch Strohmänner dieses ehemals reichseigenen Goebbels-Ufa-Vermögens an eine Zentrale, an einen privaten Monopolisten über.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Dabei möchte ich betonen, daß wir nicht für eine Atomisierung der Filmwirtschaft sind. Die Filmwirtschaft ist ihrer ganzen wirtschaftlichen Konstruktion nach eine Industrie und benötigt große Betriebe. Wir sind deshalb für konkurrierende Großbetriebe und halten die Konkurrenz nicht nur für eine wirtschaftliche, sondern, was wichtiger ist, für eine kulturelle Notwendigkeit.
    Die Liquidation ist vor einiger Zeit angelaufen. Wir müssen erklären, daß wir in diesem Punkte angesichts dessen, was wir bisher gesehen haben, die allerschwersten Bedenken hegen. Diese Bedenken richten sich gegen die Spitze des Liquidationsausschusses. Die Spitze des Liquidationsausschusses bietet nach unserer Überzeugung leider nicht die Gewähr für eine loyale Durchführung des Gesetzes. Ich habe keinerlei Ressentiments gegen die politische Vergangenheit des Herrn Kollegen Dr. Vogel. Es ist nur die Frage, ob der Herr Kollege Dr. Vogel durch seine politische Vergangenheit, die in der Presse allgemein publiziert worden ist und, wie man weiß, auch der Bundesregierung zur Kenntnis gekommen Ist, für diese verantwortungsvolle Aufgabe, wo es sich darum handelt, einen Meinungsbildner, nämlich den Film, auf anständige Weise in ein Konkurrenzverhältnis zu bringen und damit jedes Meinungsmonopol auszuschließen, die richtige Eignung besitzt.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)



    (Kalbitzer)

    Ich muß hier leider einen Ihnen wahrscheinlich schon bekannten Satz aus einem früheren Artikel von Herrn Dr. Vogel — mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten — wiederholen. Herr Kollege Dr. Vogel hat am 2. September 1938 zu den Filmfestspielen in Venedig geschrieben:
    Wenn trotzdem der deutsche Großfilm einen so durchschlagenden Erfolg erzielte, so ist das der ebenso stillen wie hingebungsvollen Arbeit zu verdanken, die von allen Beteiligten am Film geleistet wird. Es ist bekannt, daß vor allem auch Reichsminister Dr. Goebbels gerade dem deutschen Film seine besondere Aufmerksamkeit und Energie zugewandt hat.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich will Sie hier nicht mit einer Reihe sehr peinlicher Artikel allgemein nazistischer Tendenz langweilen, sondern möchte nur feststellen, daß diese Einstellung zu Goebbels und den Filmmethoden der Nazizeit einen Kollegen nicht besonders geeignet erscheinen läßt, heute diese Aufgabe zu übernehmen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ich glaube, wenn Herr Dr. Vogel es mit der Demokratie gut meinte, würde er sich von selber von dieser Aufgabe zurückziehen.

    (Beifall bei der SPD und rechts.)

    Denn es gibt in unserem Bundestag weiß Gott genügend Aufgaben, die nicht von dieser politischen Delikatesse sind wie die vorliegende.
    Ungefähr das erste, was der Liquidationsausschuß beschlossen hat, war — man kann es nur unter die Überschrift „Vom Hoheitsträger zum Wissensträger" stellen —, Herrn Dr. Winkler, der von 1933 bis 1945 die demokratische freie Presse und den unabhängigen Film für Goebbels aufgekauft hat, in einer Form, die man schlechthin nur als politische Leichenfledderei bezeichnen kann,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    dem Herrn Dr. Winkler, der bis 1945 der oberste Chef der deutschen Nazifilmwirtschaft gewesen ist, 100 000 Mark — D-Mark! — zuzusprechen, und zwar mit der erstaunlichen Begründung, daß Herr Dr. Winkler ein Wissensträger der Filmwirtschaft sei.

    (Lebhafte Rufe von der SPD: Hört! Hört! — Zuruf von der SPD: War auch ein Kriegsgeschädigter!)

    Diese 100 000 DM werden erst dann ins rechte Licht gesetzt, wenn man weiß, daß derselbe Liquidationsausschuß für weitere eintausend Ufa-Pensionäre ganze 200 000 DM als Pension und Abfindung zur Verfügung gestellt hat.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Hier ist doch wohl die Frage erlaubt, was die Herren des Liquidationsausschusses, wenn sie in dieser Form Geld ausgeben, noch weiterhin verschenken werden.
    Wir halten es für unbedingt notwendig, daß die Ufi-Liquidation, wie es von der Sozialdemokratischen Partei schon von Anfang an gefordert worden ist, einer demokratischen Kontrolle unterstellt wird. Es ist unerträglich, wenn die Bundesregierung einerseits sagt, diese Liquidation sei eine reine Verwaltungsaufgabe und könne nur von Beamten gemacht werden, andererseits aber außer den Beamten, die in dem Ausschuß tätig sind, an die Spitze ausgerechnet einen einzigen CDU-Abgeordneten und dann auch noch Herrn Dr. Vogel stellt. Entweder ist es eine wirkliche Verwaltungsaufgabe, bei der dann auch die Verwaltung die dazu notwendigen Methoden anzuwenden hat, oder es ist eine Aufgabe, bei der das Parlament zu kontrollieren hat; dann ist Herr Dr. Vogel nicht derjenige, der für das Parlament diese Kontrolle ausüben kann.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich muß Ihnen offen sagen, daß, wenn diese demokratische Kontrolle jetzt nicht nachträglich und schnellstens gewährt wird, ein politischer Skandal unschwer vorauszusagen ist.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Zum dritten möchte ich auf ein Bedenken zu sprechen kommen, das sich damit befaßt, wer als Strohmann dieses frühere Nazieigentum übernimmt. In der Öffentlichkeit ist bekanntgeworden, daß Strohmänner der früheren Firma Krupp versuchen, die verschiedenen zu liquidierenden Firmen aufzukaufen. Soweit bisher bekanntgeworden ist, sind als Reflektanten dieses Vermögens Banken und Finanzmakler hervorgetreten. Banken sowohl als auch Finanzmakler sind in der Regel keine eigenen Käufer, sondern kaufen für jemandes anderen Rechnung; das ist nur natürlich. Die Öffentlichkeit hat in dieser wichtigen Angelegenheit ein Recht darauf, vor dem Verkauf zu wissen, wer der wirkliche Käufer dieser Vermögen sein wird.

    (Beifall bei der SPD. — Vereinzelte Zustimmung rechts.)

    Das ist durch die jetzigen Methoden des Liquidationsausschusses nicht nur nicht sichergestellt, sondern garantiert verhindert, weil er bisher im geheimen gearbeitet hat und man das, was über seine Tätigkeit zu erfahren war, nur unter der Hand erfahren konnte.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Um also das Liquidationsgesetz durchzuführen, muß man auf die in dem Gesetz mit ausreichender Sicherheit vorgesehene Ausschaltung der Strohmänner hinarbeiten.
    Ich komme zu einem letzten Problem, dem Problem des amerikanischen Einflusses auf den westdeutschen Filmmarkt. In der Bundesrepublik vagabundieren zur Zeit schätzungsweise über 50 Millionen DM in Form von Sperrmark als amerikanisches Kapital. Diese hohen Summen haben sich dadurch angesammelt, daß nach dem Kriege amerikanische Filme einflossen, weil keine deutschen Filme produziert wurden und die Nazi-Filme in der Regel nicht laufen durften. Diese über 50 Millionen DM werden offenbar von den amerikanischen Eigentümern dazu verwandt, in wirtschaftlich unverantwortlicher Weise deutsche Filmtheater aufzukaufen. Außerdem sind heute von den großen Filmverleihen, die ihrerseits von den Bundesbürgschaften profitieren, faktisch mehrere in ausländischer Hand. Es ist uns hier keineswegs darum zu tun, daß alle Unternehmungen, die sich in Deutschland betätigen, auch in deutscher Hand sein müssen, und es wird hier keinesfalls einer nationalen Autarkie das Wort geredet. Aber es ist ein ungesunder Zustand, daß, dank der wirtschaftlichen Unterentwicklung des neuen deutschen Films, nun das ausländische Kapital hier eine übermächtige Rolle spielen kann.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)



    (Kalbitzer)

    Wir meinen deshalb, daß es dringend an der Zeit ist, daß die Bundesregierung Schritte unternimmt, um mit den amerikanischen Sperrmarkbesitzern zu vereinbaren, in welcher loyalen Weise die amerikanische Sperrmark hier in Deutschland weiter verwandt wird, und zwar in einer Form, daß sie entweder ihre Sperrmark dadurch verausgaben, daß sie in Deutschland Filme produzieren lassen, oder daß diese Sperrmark transferiert wird, aber nicht dadurch, daß von den Amerikanern deutsche Filmtheater aufgekauft und zu Theaterketten zusammengeschlossen werden und damit dem amerikanischen Film ein übergebührlicher — ich sage: übergebührlicher — Einfluß eingeräumt wird.
    Ebenso ist es mit der Frage der Filmeinfuhren. Wir haben seit langem darauf bestanden, daß ausländische Filme — wobei es sich in erster Linie um amerikanische, erst in zweiter und dritter Linie um englische, französische und italienische Filme handelt — in einem begrenzten Umfange eingeführt werden, so wie es außer in Deutschland überall in der Welt üblich ist. Die Bundesregierung hat bisher gemeint, dafür keine Möglichkeit durch Schaffung gesetzlicher Grundlagen zu haben. Ich meine dagegen, die Bundesregierung hätte längst die Möglichkeit gehabt, gesetzliche Grundlagen dafür zu schaffen, oder hätte versuchen können, selbst ohne gesetzliche Grundlage zu einem Gentleman's Agreement, zu einer Vereinbarung mit den Amerikanern zu kommen. Zu einer Gesundung der deutschen Filmwirtschaft gehört es auch, daß diese den deutschen Markt als erste beliefern kann und daß das Verhältnis zwischen deutschen und ausländischen Filmen auch wirtschaftlich ein gesundes und vertretbares Maß hat. Wenn das nicht der Fall sein kann, dann werden alle Subventionen, die in der Vergangenheit und in der Gegenwart für den Film gegeben wurden und gegeben werden, umsonst gegeben; und das hieße in der Tat eine Verschwendung des Vermögens.
    Wir sind der Meinung, daß es möglich sein sollte, die Sanierung des deutschen Films mit einigen Abänderungen der Bürgschaftsrichtlinien zu erreichen, und bitten die Bundesregierung um mehr Aktivität als in der Vergangenheit.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Zur Beantwortung dieser Großen Anfrage hat das Wort der Herr Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministeriums.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf die Anfrage Drucksache 250 wird wie folgt geantwortet.
    Zu Ziffer 1: Die werbenden Teile des ehemals reichseigenen Filmvermögens, nämlich die Aktiengesellschaft für Filmfabrikation (Afifa) in Berlin mit dem Auslagerungsbetrieb in Wiesbaden, die Universum-Film A. G. (Ufa) in Berlin und die Bavaria-Filmkunst GmbH. in München-Geiselgasteig, arbeiten seit dem Zusammenbruch 1945 als filmtechnische Betriebe. Den Atelieranlagen in Berlin, Wiesbaden und München sind jeweils Kopieranstalten angegliedert. In den Atelieranlagen werden laufend Filme deutscher wie auch ausländischer Produzenten hergestellt, während in den Kopierwerken deutsche und ausländische Filme kopiert werden.
    Die Gesellschaften haben, wie es seit Jahrzehnten in der Filmindustrie brancheüblich ist, Filmproduzenten bzw. Filmverleihern Atelier- und Kopierwerkskredite eingeräumt. Teile dieser Kredite werden in der Regel aus den anfallenden Einspiel-erlösen abgedeckt, während ein anderer Teil der Sachleistungen jeweils sofort bei Rechnungserteilung bar bezahlt wird. Eine Besicherung der Atelierleistungskredite erfolgt in der Weise, daß die Gesellschaften Wechsel erhalten, die nicht nur die Unterschrift des Produzenten, sondern auch die der Verleihgesellschaft tragen.
    Zu diesem brancheüblichen Verfahren der Kreditgewährung sind die ehemaligen Treuhänder des Ufa-Liquidations-Komitees in der Zeit der alliierten Treuhänderschaft durch das Film-Reorganisations-Komitee mit Memo (52) 202 vom 13. September 1952 noch einmal ausdrücklich angewiesen worden. Insgesamt wurden in den Jahren 1951 bis 1953 von den Ufa-Afifa-Betrieben in Berlin rund 71/2 Millionen DM Kredit gegeben, während von der Bavaria-Filmkunst GmbH. in den gleichen Jahren 1951 bis 1953 insgesamt knapp 5 Millionen DM Kredite gewährt wurden. Außer diesen Atelier-und Kopierwerkkrediten, ohne die im übrigen in der Vergangenheit die Produktion deutscher Filme fast unmöglich gewesen wäre, wurden von den Theatergesellschaften der Ufa an eine Reihe deutscher Verleihgesellschaften Filmmietenvorauszahlungen geleistet, die nach Maßgabe der Einspielerlöse bei Abspielen der Filme in den Theatern der Ufa wieder einbehalten worden sind. Auch die Besicherung dieser Forderungen erfolgte durch Verleihwechsel. So sind im Jahre 1951 Filmmietenvorauszahlungen von 100 000 DM, im Jahre 1952 400 000 DM und im Jahre 1953 1 130 000 DM gegeben worden. Kredithilfen der eben geschilderten Art sind jeweils auch von seiten der Atelier- und Kopierbetriebe gegeben worden, die nicht zum ehemals reichseigenen Filmvermögen gehören, sondern sich in privater Hand befinden. Es handelt sich also um ein absolut übliches Verfahren; diese Maßnahmen sind allerdings der Bundesregierung bekannt. Die Bundesregierung ist aber der Auffassung, daß diese in der Filmwirtschaft seit je üblichen Kredithilfen keineswegs im Gegensatz zu der Übernahme von Bürgschaften durch die Bürgschaftsgesellschaft für Filmkredite mbH in Frankfurt stehen, sondern daß sie vielmehr diese ergänzen.
    Die Bürgschaftsgesellschaft für Filmkredite ist am 1. August 1953 gegründet worden und hat am 1. September des gleichen Jahres ihre Arbeit aufgenommen. Ihre Aufgabe ist es, die Herstellung deutscher Filme durch die Übernahme von Bürgschaften zu fördern, und zwar mit dem Ziel, durch Hebung der Wirtschaftlichkeit, aber auch durch Qualitätsverbesserung die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Filmproduktion zu steigern. Die Bürgschaften werden gegenüber Banken oder Bankenkonsortien übernommen, die sich bereit erklärt haben, einem Unternehmen, das seinen Sitz oder seine gewerbliche Hauptniederlassung im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder in Berlin-West hat und sich gewerblich mit der Herstellung oder dem Verleih von Filmen befaßt, einen Kredit einzuräumen, der der Herstellung einer bestimmten Anzahl im gleichen Verleihjahr uraufzuführender Filme dienen soll. Dabei ist die Anzahl der Filme so bemessen, oder sie soll jedenfalls so bemessen sein, daß ein wirksamer Risikoausgleich gesichert erscheint. Die Filmbürgschafts-Richtlinien 1953 sehen eine hundertprozentige Verbürgung der eingeräumten Kredite vor, um auf diese Weise eine fühlbare Zinsverbilligung zu erzielen.


    (Staatssekretär Dr. Westrick)

    Die Bundesregierung vermag hiernach eine gegensätzliche Geschäftspraktik in den Kredithilfen der werbenden Betriebe des ehemals reichseigenen Filmvermögens und in der Übernahme von Bürgschaften durch die Bürgschaftsgesellschaft für Filmkredite mbH. nicht zu erblicken. Beide Hilfsmaßnahmen dienen der deutschen Filmproduktion, um sie in den Stand zu setzen, ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der ausländischen Filmproduktion auf dem Inlands- und Auslandsmarkt zu erhalten und zu steigern.
    Zu Ziffer 2 der Anfrage. Zu der Frage, wie die Bundesregierung die Entflechtung der drei ehemals reichseigenen Filmunternehmen Ufa, Bavaria und Afifa und ihrer Tochtergesellschaften vorzunehmen gedenkt, ist zunächst zu bemerken, daß hierbei die Vorschriften des Gesetzes zur Abwicklung und Entflechtung des ehemals reichseigenen Filmvermögens vom 5. Juni 1953 einzuhalten sind. Die praktische Durchführung der Entflechtung liegt den beiden Abwicklern der bereits aufgelösten Muttergesellschaft, der Ufa-Film-GmbH., ob, die dabei an die Weisungen des durch das Gesetz vom 5. Juni 1953 errichteten Abwicklungsausschusses gebunden sind. Dieser Ausschuß setzt sich im Sinne des Gesetzes aus je sechs Vertretern des Bundes und der Länder Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hamburg und Berlin sowie vier Wirtschafts- und Filmsachverständigen mit beratender Stimme zusammen. Die Bundesregierung kann also nicht etwa allein über die Entflechtung der ehemals reichseigenen Filmgesellschaften bestimmen. Bereits im Vorschlag der Bundesregierung vom 13. November 1952 zur Neuordnung der deutschen Filmwirtschaft unter Verwendung des zu reprivatisierenden ) ehemaligen reichseigenen Filmvermögens ist die Bildung mehrerer unabhängiger Gesellschaften vorgesehen worden, und zwar einer Münchner Gesellschaft, einer Berliner Gesellschaft und einer nordwestdeutschen Gesellschaft in Düsseldorf. Die Bundesregierung gedenkt daher, unter grundsätzlichem Festhalten an den in diesem Vorschlag bereits vorgesehenen Maßnahmen im Abwicklungsausschuß folgende Grundsätze zur Entflechtung und Reprivatisierung des ehemals reichseigenen Filmvermögens zu vertreten:
    1. Als Eigentümer ist der Bund bei der gesetzlich vorgeschriebenen Reprivatisierung an einer günstigen Verwertung des Vermögens interessiert. Eine Überführung des Bundesvermögens in private Hand zu unangemessen niedrigen Preisen würde diesem Ziel zuwiderlaufen und würde von der Bundesregierung nicht verantwortet werden können; sie würde auch nicht im Interesse der Filmwirtschaft liegen, da nach § 15 des deutschen Gesetzes der Abwicklungserlös für die Förderung der Filmwirtschaft zu verwenden ist.
    2. Bei der Entflechtung und Reprivatisierung wird die Bundesregierung bestrebt sein, den Gesamtkomplex so zu gliedern, daß die entstehenden neuen Unternehmungen in sich wirtschaftlich gesund und ertragreich sind, um die Enstehung neuer Krisenherde in der Filmwirtschaft zu verhindern. In diesem Zusammenhang wird auch auf die berechtigten Interessen der gegenwärtigen und ehemaligen Betriebsangehörigen im Rahmen des Möglichen Rücksicht zu nehmen sein. Die vom Abwicklungsausschuß gemäß § 3 des Gesetzes am 8. Januar 1954 beschlossene und inzwischen durchgeführte Neubesetzung der Aufsichtsräte der Ufa, Afifa und Bavaria erlaubte den drei Gesellschaften, ihre bis dahin unter Treuhänderschaft stehenden Betriebe nach dem deutschen Gesellschaftsrecht weiterzuführen. Diese Gesellschaften werden übrigens, voneinander unabhängig und untereinander im Wettbewerb stehend, nach kaufmännischen Gesichtspunkten geführt. Auf ausdrücklichen Wunsch der Bundesregierung soll nach beschleunigter Erstellung eines Verkaufsprospektes die Bavaria unter angemessener Berücksichtigung der Vermögensinteressen des Bundes so schnell als möglich zum Verkauf gestellt werden. Die Bundesregierung glaubt, schon damit eindeutig ihren Willen zur Privatisierung des ehemals reichseigenen Filmvermögens und ihre klare Absage an ihr unterstellte staatliche Monopolbestrebungen unter Beweis zu stellen.
    3. Mit vorstehenden Grundsätzen ist die Frage nach der Betriebsgröße der neu zu bildenden Gesellschaften noch nicht ohne weiteres geklärt. Bei ihrer Lösung wird vorzüglich auch darauf zu achten sein, daß durch die Einschaltung der neuen Unternehmen die deutsche Filmwirtschaft in Zukunft technisch leistungsfähig und international wettbewerbsfähig wird. Sie sollte in die Lage versetzt werden, nicht nur den Inlandsmarkt gegenüber
    einer übermächtigen Konkurrenz des Auslands zu
    behaupten und zurückzugewinnen, sondern dem deutschen Film auch wieder die Exportmärkte zu erschließen. Es wird daher im wohlverstandenen volkswirtschaftlichen Interesse liegen, dafür zu sorgen, daß die neuen Unternehmen auch in bezug auf ihre Betriebsgröße sowohl mit der technischen als auch mit der wirtschaftlichen Entwicklung der ausländischen Filmwirtschaft Schritt halten können.
    Aus dem Gesetz und den vorstehend angegebenen Grundsätzen ergibt sich demnach folgende Grundkonzeption:
    1. Man wird bei dem ehemals reichseigenen Filmvermögen die filmtechnischen Betriebe — das sind Ateliers, Synchronisations- und Kopierbetriebe — grundsätzlich getrennt vom Theaterbesitz entflechten müssen. Bei den filmtechnischen Betrieben wird sich die Frage der künftigen Betriebsgröße aus der bereits bestehenden wirtschaftlich-technischen Verbindung der vorhandenen Betriebsteile weitgehend von selbst beantworten. Auch die Frage der zweckmäßigen Betriebsgröße bei der Neugliederung des Theaterbesitzes wird unter den vorgenannten Gesichtspunkten zu beurteilen sein. Jedenfalls verbietet sich aus gesamtwirtschaftlichen wie auch aus filmwirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Zersplitterung in Kleinstunternehmungen.
    2. Die Reprivatisierung wird im allgemeinen zweckmäßigerweise durch eine Veräußerung von Anteilen an den neuen Gesellschaften, nicht dagegen durch Einzelveräußerungen der Substanz zu erfolgen haben. Diese nämlich würde leicht zu einer unwirtschaftlichen Verschleuderung, führen. Schon das jetzt aufgehobene Gesetz Nr. 32 der Alliierten Hohen Kommission schrieb im Art. 5 Abs. 1 vor, daß die in Betrieb befindlichen Unternehmen als Ganzes verkauft werden sollten. Das Bundesgesetz vom 5. Juni 1953 sieht die Veräußerung von Anteilsrechten an den Gesellschaften als Verfahren der Entflechtung und Reprivatisierung ausdrücklich vor.