Rede von
Dr.
Michael
Horlacher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich nehme an, daß der Entwurf Drucksache 227 an den Ausschuß für Außenhandelsfragen und an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß und daß der Entwurf Drucksache 221 an den Ausschuß für Außenhandelsfragen sowie an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überwiesen wird. Zu dem Entwurf Drucksache 221 möchte ich bemerken, daß hierzu von einer Reihe meiner Freunde Bedenken geäußert werden, die im Ausschuß noch näher geprüft werden müssen, weil der Einbruch in das Zollsystem mit Zolländerungen immer eine schwerwiegende Angelegenheit ist, nachdem wir die Vereinbarung mit dem sogenannten GATT haben. Man wird sich also über die Angelegenheit unterhalten müssen. Ich will dazu keine weiteren Bemerkungen machen, weil auf der einen Seite auch das Bedürfnis vorliegt, vielleicht in einem gewissen Umfang Nutzvieh zur Aufstockung der Viehbestände in Anspruch zu nehmen. Aber das Bedenkliche sind immer die Zollsatzänderungen.
Wesentliche Bedenken sind dagegen gegenüber dem Entwurf Drucksache 269 vorhanden. Der Bundesrat hat sich heute in seinem Agrarausschuß auch mit der Angelegenheit beschäftigt. Dabei sind, wie mir Informationen zugekommen sind, eine ganze Reihe von Ländern mit erheblichen Bedenken gegen diese Verordnung hervorgetreten. Sie wissen ja, daß ich voriges Jahr — es wird so im März oder April gewesen sein als die Käseliberalisierung durchgeführt wurde, hier im Plenum gegen dieses Vorgehen mit besonderem Nachdruck Stellung genommen habe. Ich habe damals gesagt, die Käseliberalisierung sei ein schwerer Fehler gewesen, weil man einseitig einen Teil der Milchverarbeitung herausgenommen und der Liberalisierung unterworfen habe. Später haben sich dann im Gefolge der Liberalisierung Nachteile bemerkbar gemacht. Als ich damals auf die Wirkungen hingewiesen hatte, die sich daraus ergehen können, habe ich von dem Vizekanzler Blücher ein längeres Telegramm bekommen. Darin erwiderte er, man nehme an, daß keine besondere Erhöhung der Käseeinfuhr stattfinden werde. Das ist überholt, die Käseeinfuhr hat sich erhöht. Man hat weiterhin zugesichert, daß man im Falle einer Erhöhung der Käseeinfuhr besondere Maßnahmen ergreifen werde, um die heimische Milchwirtschaft und die Käsereien entsprechend zu schützen. Über all das wird noch zu sprechen sein.
Wir sind nach wie vor der Meinung — auch nach den Ausführungen, die der Herr Bundesernährungsminister Lübke in der Öffentlichkeit gemacht hat —, daß alle Fragen der Milchwirtschaft einer besonders eingehenden und zusammenhängenden Prüfung bedürfen. Dazu gehört die Verordnung über Zollsatzänderungen auf dem Gebiet des sogenannten Almkäses, des Bergkäses — das ist ein Käse, der in etwa mit dem Emmentaler Käse zu vergleichen ist; da gibt es verschiedene Qualitäten —
— Na ja, ich wohne da unten, ich werde doch Bescheid wissen, worum es sich handelt.
— Sie sind mir ja freundlich, Herr Kriedemann. Es freut mich ganz besonders, daß wir endlich einmal einen vernünftigen Bundesgenossen haben.
Das erleichtert uns die Lage, es erschwert sie nicht.
Aber auch für mich ist das eine besondere Aufgabe, die mir gar nicht so leicht fällt.
Ich wohne an der bayrisch-österreichischen Grenze und bin sonst gewohnt, mit unseren österreichischen Freunden nachbarlich-freundschaftliche Beziehungen zu unterhalten. Dafür können Sie ja Verständnis haben. Aber da, wo die gegenseitigen Wirtschaftsinteressen nicht übereinstimmen, sondern sich überschneiden, da sind die Verhältnisse unter den besonderen sachlichen Gesichtspunkten zu beurteilen, die hier zutreffen. Das ist leider immer so.
Nun zum Text der Verordnung. Die Bundesregierung ist gar nicht vertreten; die hat sich selber eingeschmolzen, während wir über den Schmelzkäse reden.
Mindestens einer sollte doch da sein, aber da ist gar keiner da. Schön ist das auch nicht im demokratischen Staat,
wenn sich der Bundesrat heute vormittag mit der Angelegenheit beschäftigt und das Bundesernährungsministerium überhaupt gar nicht vertreten ist. Gestatten Sie, daß ich das moderato so vortrage.
Es wird ihr auch zu Gehör gebracht werden, auch wenn sie nicht da ist.
Die Fassung dieser Verordnung über Zolländerungen ist, entschuldigen Sie, sehr liederlich. Da heißt es:
Der Zollsatz des Zolltarifs für die nachstehend bezeichnete Ware wird bis auf weiteres wie folgt geändert.
Lesen Sie den Text nur nach: „bis auf weiteres". Dann steht unten, daß hier gewisse Konzessionen bezüglich einer Höchstmenge von 1000 t bis zum 31. Dezember 1954 gemacht werden sollen. Also das stimmt nicht miteinander überein.
Das Gefährliche an der Verordnung ist nämlich, daß man plötzlich eine vollständig zollfreie Einfuhr zugesteht. Woher das gekommen ist, wissen wir alle. Da besuchen sich die hohen Herren gegenseitig, und da werden natürlich manche Wünsche ausgetauscht, und da war der Käse auch mit dabei.
Infolgedessen haben wir uns hier über den Käse zu unterhalten.
Das weitere Gefährliche an der Angelegenheit liegt im ganzen GATT-System, im ganzen Zollsystem. Das muß man wissen. Wenn wir einem
Staat eine solche Zollfreiheit für ein Kontingent zugestehen, wirkt das auf andere Staaten zurück. Deswegen steht in der Begründung drin:
Die Zollfreiheit im Rahmen des Zollkontingentes von 1000 t bis zum 31. Dezember 1954 kommt vielmehr dem Almkäse aus allen Ländern zugute.
Da haben wir ja Glück, daß es in Schweden und Dänemark keine Almen gibt.
Aber die gibt es in der Schweiz. Also soweit das möglich ist, kommt es auch anderen Ländern zugute.
Deswegen ist die Sache so bedenklich. Wir haben auf der einen Seite die Käseliberalisierung, die durchgehend gilt, und auf der anderen Seite die Zugeständnisse eines besonderen Zollkontingents. Ich bitte das zu unterscheiden; es kommt hier auf „zollfrei" an. Sonst hätte das „zollfrei" gar keinen Sinn. Hier wird für ein besonderes Kontingent eine Zollfreiheit zugestanden. Im übrigen greift aber die Liberalisierung Platz, besonders mit verfehlten Maßnahmen bei der Käseliberalisierung. So ist der Tatbestand.
Für uns im Süden ist das keine rein bayerische Frage; da kommen auch die Württemberger dazu. Es handelt sich also um das bayrisch-württembergische Allgäu. Wir sind hier den gleichen Bedingungen unterworfen wie der ganze Grönlandgürtel im Süden — auf den kommt es ja an —, wo die Käseerzeugung eine besondere Rolle spielt. Die Frage ist für uns im Süden deswegen so brennend, weil wir dort unten die größten Schwierigkeiten haben und andererseits gleichzeitig die unmittelbaren Nachbarn dieser Staaten sind. 1000 t Käse ist auch etwas anderes als 1000 t Getreide. 1000 t Käse bringen uns, wenn der Markt überfüllt und die Preise rückläufig sind, in eine schwierige Situation.
Ursprünglich wollte ich beantragen, gleich die ganze Sache abzulehnen.
Soweit will ich aber gar nicht gehen. Wir wollen uns doch wenigstens über die Geschichte unterhalten und die Verhältnisse überprüfen. Ich habe aber die ernstesten Bedenken anzumelden und möchte so weit gehen, zu sagen, daß große Teile derer, die davon betroffen sind, dieser Verordnung nicht zustimmen können. Das ist die Lage, die sich da ergibt.
Wir wollen aber die Frage prüfen. Deswegen beantrage ich unter Anmeldung ernstester Bedenken Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Ich hoffe, daß wir dann zu Ergebnissen kommen, bei denen etwaige Gefahren
für unsere Käseerzeuger im bayerischen und württembergischen Allgäu vermieden werden.