Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesjustizminister hat vorhin ganz kurz die Geschichte der PlatowAmnestie skizziert und auch die Gründe dargelegt, die die Bundesregierung veranlaßt haben, das vom Bundestag und vom Bundesrat Ende Juli 1953 beschlossene, also zustandegekommene Gesetz nicht gegenzuzeichnen und dem Herrn Bundespräsidenten nicht zur Verkündung weiterzuleiten. Diesen Ausführungen war, ich darf das wohl sagen, zu entnehmen, daß auch die Bundesregierung die entstandene Lage nicht für erwünscht hält, und sie hat jedenfalls ihre rechtlichen Bedenken nach dieser Richtung zum Ausdruck gebracht.
Die gegenwärtige, gewiß nicht ganz erfreuliche Situation ist entscheidend darauf zurückzuführen, daß der frühere Herr Bundesjustizminister geradezu leidenschaftlich, und zwar unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, gegen dieses Gesetz gekämpft hat Man muß Verständnis für diese Haltung haben. Aber es ist immerhin bemerkenswert, daß es dem damaligen Minister nicht gelungen ist, die Mehrheit des Rechtsausschusses oder die Mehrheit des Plenums von der Richtigkeit seiner verfassungsrechtlichen Einwendungen zu überzeugen. Denn das Gesetz wurde trotz all der Argumente, die vorgebracht wurden, mit erheblicher Mehrheit angenommen. Ja, ich halte es sogar auch für bemerkenswert, daß es damals dem Herrn Justizminister nicht einmal gelungen ist, Herrn Kollegen
Dr. Arndt zu überzeugen, der doch gewiß nicht im Rufe steht, gegenüber dem Grundgesetz besonders großzügig zu sein oder zu einer gewissen Skrupellosigkeit zu neigen, wenn verfassungsrechtliche Bedenken auftauchen.
Nachdem nun das Gesetz zustandegekommen war, durfte eigentlich über die Frage der Gegenzeichnung ein Rechtsstreit nicht entstehen.
Es stellt sich die Frage, ob dem zuständigen Bundesminister das Recht zusteht oder gar die Pflicht obliegt, bei einem ordnungsgemäß zustande gekommenen Gesetz die Gegenzeichnung deshalb zu, verweigern, weil er dieses Gesetz für im Widerspruch mit den Bestimmungen der Verfassung stehend hält.
Ich bin der Auffasung, daß das Grundgesetz zum mindesten in diesem Stadium des Gesetzgebungsverfahrens ein solches Recht nicht verleiht. Es gewährt nicht das Recht, einen verfassungsmäßig vorgeschriebenen Akt, den der Gegenzeichnung, mit der Begründung zu verweigern, das Gesetz sei verfassungswidrig. Zum mindesten muß das Gesetz dem Herrn Bundespräsidenten vorgelegt werden, dem allerdings die überwiegende Meinung ein weitgehendes Prüfungsrecht zuspricht.
Die Verweigerung der Gegenzeichnung war also verfassungsrechtlich wohl nicht begründet. Es entstand ein politischer Konflikt. Es wurde schon darauf hingewiesen, daß der frühere Herr Justizminister das heute auch ausdrücklich zugibt. Er sagte, er sei in eine politische Kampfsituation geraten, aus der er dann die notwendigen Folgerungen gezogen habe.
Wenn die Bundesregierung nunmehr versucht, diese schwierige Situation zu bereinigen, so will meine Fraktion dem selbstverständlich nicht im Wege stehen, schon deshalb nicht, weil die PlatowAmnestie wohl weder ein guter noch ein würdiger Anlaß ist, zwischen Regierung und Parlament eine grundsätzliche verfassungsrechtliche Frage auszutragen. Wegen dieser angebahnten Vermittlungsaktion, wegen der Entwicklung, die hier von der Regierung angedeutet wurde, und wegen der Erklärung, die sie abgegeben hat, sehe ich davon ab, zu den grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Problemen noch näher Stellung zu nehmen.
Nun zum .geplanten Straffreiheitsgesetz. Uns liegen zwei Entwürfe vor, die sich wahrscheinlich nicht so sehr unterscheiden, wie es zunächst den Anschein hat. Meine Fraktion ist dem Gedanken eines Zweiten Straffreiheitsgesetzes nicht gern und nicht ohne starke Hemmungen nähergetreten. Seit der ersten Amnestie der Bundesrepublik sind nur knapp vier Jahre vergangen. Wir sind uns sehr wohl darüber im klaren, daß jede Amnestie mit Fragwürdigkeiten belastet und vor allem dem Vorwurf ausgesetzt ist, die Autorität des Strafrechts zu untergraben und zu Ungerechtigkeiten zu führen. Besonders bedenklich wäre es aber wohl, wenn eine Art Gewöhnung an Amnestien oder eine Hoffnung auf periodische Straffreiheiten aufkommen würde. Wir können uns daher für eine allgemeine und weitgehende Amnestie, wie sie von manchen Kreisen — ich entnehme das aus Zuschriften — gefordert wird, nicht entschließen.
Eine derart weite und allgemeine Amnestie fordert der Entwurf unserer bayerischen Freunde nicht. Er geht wohl etwas weiter :als der Regierungs- entwurf, aber seine Amnestie unterscheidet sich
deutlich von einer allgemeinen, weiten Amnestie, da auch er nur eine Bereinigung der Verhältnisse will. Über den Stichtag der letzten Amnestie, den 15. September 1949 hinaus waren diese Verhältnisse doch noch so, daß man sagen kann: Es liegen Gründe vor, die dafür sprechen, eine Endbereinigung durchzuführen, also eine einmalige Bereinigung und nicht eine periodische Amnestierung. Wer die. Protokolle der Beratungen über die PlatowAmnestie durchliest, wird erkennen, daß schon damals von allen Seiten gesagt wurde, es wäre wohl notwendig, eine weitere, abschließende Amnestie zu bringen und sich nicht auf den PlatowKomplex zu beschränken. Man denke nur daran, daß hoch nach dem September 1949 eine Reihe von Notständen nicht behoben waren. Man denke an die neuen Ostflüchtlinge, man denke an die Vorgänge um Berlin, man denke an die spät zurückgekommenen Kriegsgefangenen, und man denke vor allem an die Menschen, denen es erst später gelungen ist, wieder in geordnete Lebensverhältnisse zu kommen. Wir dürfen auch nicht vergessen, daß wir heute von manchen Dingen doch weiter weg sind und in vielen Fragen ruhiger und deshalb auch sachlicher und wohl auch richtiger denken als vor Jahren noch.
Ich will nun nicht in Einzelheiten der beiden Entwürfe hineinsteigen, sondern möchte nur zu ein paar grundsätzlichen Fragen .Stellung nehmen.
Der Regierungsentwurf, so sehr er hier kritisiert und angegriffen wurde, hat die richtige Grundtendenz, nämlich deutlich zu machen: es soll keine zweite, gewissermaßen periodische, nach vier Jahren eintretende Straffreiheit gewährt werden. Deshalb differenziert der Regierungsentwurf. Er will überhaupt nur Straftaten unter die Amnestie fallen lassen, die entweder ,im Zusammenhang mit den außergewöhnlichen Kriegs- und Nachkriegsverhältnissen stehen oder aus einer unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage entstanden sind. Ich glaube, ein Großteil der Kritik an diesem Entwurf — und auch diejenige der. CSU — hängt mit den etwas schwierigen, detaillierten Formulierungen zusammen. Bei einer Amnestie ist es eigentlich erwünscht, daß ganz klare Richtlinien gegeben werden, damit der Richter nichts weiter zu tun hat, als die Amnestie zu vollziehen.
Nach dem Regierungsentwurf kann natürlich der Gedanke auftauchen, daß der Richter in jedem einzelnen Fall gezwungen ist, schwierige Erwägungen anzustellen, vielleicht auch noch Beweise zu erheben, um sich darüber klarzuwerden, ob im Einzelfall ein solcher Zusammenhang mit außergewöhnlichen Verhältnissen oder einer persönlichen wirtschaftlichen Notlage besteht. Ich glaube aber, der Regierungsentwurf ist in diesem Punkt nicht so schlecht, wie es nach der heutigen Debatte aussehen könnte, denn er hat ein großes Regulativ. Er stellt nämlich eine Art Beweisvermutungstatbestand auf, indem er in § 2 sagt, daß die Amnestie für Straftaten gewährt wird, bei denen ein Zusammenhang mit den außergewöhnlichen Verhältnissen nicht auszuschließen ist. In dieser sehr weit- gehenden Bestimmung kommt die Tendenz zum Ausdruck, den Gerichten nahezulegen, nicht kleinlich zu sein, sondern nur dann nicht zu amnestieren, wenn es offensichtlich ist, daß die Tat mit den turbulenten Verhältnissen nichts zu tun hat.
In der heutigen Aussprache ist allgemein anerkannt worden, daß es mit dem ersten Straffreiheitsgesetz nicht gelungen ist,. das Problem der
Straftaten der Untergetauchten zu bereinigen. Dieser Komplex als einziger hat sogar beim Bundesrat Gnade gefunden. Auch der Bundesrat wäre bereit gewesen, für die Untergetauchten eine neue Möglichkeit der Amnestie und vor allem eine neue Möglichkeit freiwilliger Bereinigung zu geben.
Nun aber zu etwas Wichtigem: Meine politischen Freunde und ich bejahen auch die Tendenz, die Straffreiheit in ein Gebiet hineinzutragen, das wie kein anderes unter dem Einfluß der entsetzlichen Verwirrung der Begriffe und der Umwälzungen der letzten Kriegszeiten und des Zusammenbruchs gestanden hat. Ich meine die Bestimmung, die in dem Regierungsentwurf mit „Taten während des staatlichen Zusammenbruchs" überschrieben ist. Man wird auch bei einer die Mentalität dieser Täter ablehnenden Einstellung schon deshalb einen Schritt tun müssen, weil es unser aller Bemühen ist, unsere früheren Kriegsgegner und auch neutrale Staaten dazu zu bewegen, die Deutschen zu begnadigen, die sich — im Zusammenhang mit dem Krieg -- noch in ihren Gefängnissen befinden.
Ich möchte hier vor allem zu dem Stellung nehmen, was Kollege Greve hier gesagt hat. Er hat einen Beschluß des , Bundesverfassungsgerichts zitiert, in dem davon die Rede ist, daß sich die Auffassung von der Amnestie gewandelt hat und daß man heute im Volksbewußtsein unter Amnestie weniger einen Gnadenakt als eine Korrektur des Rechts versteht. Man würde aber die Bedeutung dieser Bemerkung des Bundesverfassungsgerichts verkennen, wenn man unter einem solchen Gesichtspunkt einzelne der Amnestie wohl würdige Taten von der Amnestie ausnähme. Denn eines ist ja wohl sicher: die Amnestie macht Unrecht nicht zu Recht. Auch wenn Sie eine Generalamnestie erlassen, wird niemand behaupten wollen, in Zukunft seien der Diebstahloder der Betrug oder die Untreue als zu Recht geschehen anzusehen. Ebenso werden wir doch niemals annehmen, daß die Taten, die wir nun aus Gründen der Menschlichkeit unter die Amnestie bringen wollen, weil sie in Zeiten einer urigeheueren Verwirrung geschehen sind, Rechtens sind. Sie sollen nur aus politischen, menschlichen und allgemeinen Gründen — aus dem Rahmen der Strafbarkeit herausgenommen werden. Deshalb dürfte das genannte Argument wohl nicht entscheidend dagegen sprechen.
Der Regierungsentwurf hat auch in dieser Beziehung sehr starke Grenzen gezogen. Einmal zeitlich, indem er nur Taten berücksichtigt, die in der Zeit vorn 1. Oktober 1944 bis zum 31. Juli 1945 begangen worden sind. Es wird eine Reihe von Voraussetzungen aufgestellt, es werden Strafgrenzen bis zu drei Jahren gegeben. Vor allem sagt der Regierungsentwurf, daß Straftaten nicht amnestiert werden, wenn bei ihnen gewissenlos über die höhere Rechtspflicht hinweggegangen wurde. Selbstverständlich erhebt sich beim Juristen, wenn er eine solche Klausel liest, der Ein- wand mangelnder Bestimmtheit; selbstverständlich sucht der Jurist hier nach einer präziseren Formulierung Aber ich glaube, wenn man schon dem Gedanken folgt, die menschlich wirklich nicht mehr verständlichen und nicht mehr- zu billigenden Taten auszunehmen, kommt man um eine nicht einfache Formulierung nicht herum, weil die Verhältnisse und die Menschen eben zu verschieden und zu komplex sind.
Schwierig ist das Problem, ob Steuer- und Monopolvergehen amnestiert werden sollen. Wir müssen uns darüber einmal grundsätzlich klarwerden. Das erste Straffreiheitsgesetz schloß Steuervergehen grundsätzlich von seinem Anwendungsbereich aus. Die Entwürfe machen praktisch fast das gleiche, weil sie nur gewisse Ordnungswidrigkeiten unter die Amnestie fallen lassen. Vor allem ist überall da die Amnestie ausgeschlossen, wo im Steuerrecht eine tätige Reue möglich ist. Aber ich bitte, zu bedenken, ob es, wenn man schon einen Schlußstrich unter turbulente und vergangene Zeiten ziehen will. gerechtfertigt ist, hier so begrenzt vorzugehen. Zum mindesten könnte man daran denken, die Steuerdelikte aus der Reichsmarkzeit, die immer noch eine gewisse Rolle spielen, unter die Amnestie fallen zu lassen. Ich bitte, auch zu berücksichtigen, daß die Möglichkeit tätiger Reue sicherlich einen Unterschied zum normalen Strafrecht schafft. Jeder, der in der Praxis mit diesen Dingen zu tun hat, weiß aber, daß die tätige Reue mit einem so erheblichen Verlust an Ansehen verbunden ist und psychologisch so belastend ist, daß es nicht ohne weiteres gerechtfertigt ist, hier alles auszuschließen, wenn wir nicht eine allgemeine Amnestie, sondern eine Bereinigung der Vergangenheit wollen. Mindestens bitte ich zu erwägen, ob es, wenn wir uns nicht zu Weiterem entschließen können, nicht besser ist, auch die Steuerübertretungen und Ordnungswidrigkeiten wegzulassen, um dem Herrn Bundesfinanzminister vielleicht den Weg freizumachen, alte Sünder in Zusammenhang mit der erwarteten großen Steuerreform, mit der sich ja so viele Hoffnungen verbinden, zu amnestieren.
Ls bedarf wohl keiner besonderen Begründung, daß Wirtschaftsdelikte besonders stark mit den außergewöhnlichen Verhältnissen der Kriegs- und Nachkriegszeit in Zusammenhang standen. Es ist daher wohl zu überlegen, ob man bei Wirtschaftsdelikten nicht auf diesen Zusammenhang mit der Notlage verzichten und genereller vorgehen könnte. In den Zusammenhang der Wirtschaftsdelikte gehören auch die berühmt gewordenen Ost-West-Geschäfte, die durch gerichtliche Nachspiele Aufsehen erregt haben. Wir verstehen es, daß der Entwurf der CSU die Amnestie in begrenztem Umfang auch auf diese Geschäfte ausdehnen will.
Gegenstand sehr lebhafter Kritik war der Ausschluß einer Reihe von Gruppen von Delikten aus dem Regierungsentwurf. Die Regierung will schwere Vergehen nicht amnestieren. Ich glaube, sachlich sind wir da alle einig. Strittig war nur die Frage der Verkehrsvergehen. Ich möchte hier nur auf einige Gesichtspunkte hinweisen. Es war nicht willkürlich, wenn man sich sagte, die Verkehrsvergehen werden ausgeschlossen. Sicher ist, daß die Verkehrsvergehen heute keinen grundsätzlichen Zusammenhang mehr mit den Zuständen haben, die wir nun strafrechtlich bereinigen wollen. Es ist wohl auch verständlich, daß man die Verkehrssünder nicht frei ausgehen lassen kann in einer Zeit, wo sich alle Anstrengungen darauf richten, diese Leute, die so großes Unheil anrichten, durch Strafen zu erziehen. Eine Amnestie würde tatsächlich den Kampf gegen die Verkehrssünder zu schwächen geeignet sein. Wir müssen aber entweder die Verkehrssünder herauslassen oder sie mit begrenztem Strafrahmen völlig der Amnestie unterstellen. Wir dürfen es auf keinen Fall darauf ankommen lassen, daß man die Verkehrssünder viel-
leicht im Zusammenhang mit diesen außergewöhnlichen Verhältnissen der Nachkriegszeit amnestiert; denn dadurch würde, sagen wir, dialektischen Versuchen und Mißbräuchen der Amnestie Tür und Tor geöffnet. Sie haben bei den Debatten über den Haushalt und über das Verkehrsproblem ja betrübliche Feststellungen über den Zustand unserer Straßen anhören müssen. Es wäre wohl von Verteidigerseite kein besonderes Kunststück, nun in jedem Unfallprozeß zu behaupten, der Unfall in den zurückliegenden Jahren hänge noch mit den schlechten Straßen zusammen, sei begründet in den Verhältnissen der Nachkriegszeit; denn hätte der Straßenbau eine friedensmäßige Entwicklung genommen, dann wäre eine solche Brücke, eine solch enge Fahrbahn oder ein solch bedenklicher Zustand nicht entstanden. Wir würden dann erleben, daß in jedem Fall versucht würde, über diesen Vermutungstatbestand von einer Strafe wegzukommen, die wir vielleicht für richtig hielten.
Nun zurück zum Ausgangspunkt, nämlich zur Platow-Amnestie. Der Regierungsentwurf enthält im Gegensatz zum CSU-Entwurf eine Norm, die diese Dinge doch noch bereinigen will, die also versuchen will, dem Wunsche des 1. Bundestages zu entsprechen. Ob nun diese Norm. die die Regierung entwickelt hat, in dieser Form erwünscht ist, ob sie ausreicht und ob sie vor allem gegen die früher erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken gesichert ist, muß einer eingehenden und auch sehr speziellen Prüfung vorbehalten bleiben. Wir können im Augenblick nur erklären, zu einer endgültigen Erledigung dieses wenig erfreulichen Sachverhalts und der aus ihm hervorgegangenen Schwierigkeiten beitragen zu wollen. Wir tun das vor allem schon deshalb, weil inzwischen — ich bitte Sie, das zu beachten — zwei verfassungsrechtliche Streitkomplexe sich in diesem Fall übereinandergelagert haben und weil wir nichts unversucht lassen wollen, Auseinandersetzungen vor dem Bundesverfassungsgericht von vornherein zu vermeiden.
Nun enthalten beide Entwürfe natürlich auch eine Reihe von Bestimmungen, die zum Teil kritisierbar, zum Teil billigenswert sind. Sicher ist es gut, daß man einmal -die Möglichkeit gibt, auch Strafregistereinträge zu bereinigen und zu streichen, wenn es sich um Wirtschaftsdelikte handelt. Sicherlich wäre es auch erfreulich, wenn einige kleine Abfindungsbrenner, die unter die Räder des Branntweinmonopolgesetzes geraten sind, im Rahmen dieser Amnestie wieder zu ihrem Recht kommen könnten, wie es der CSU-Entwurf vorsieht. Wir würden dadurch nicht nur diesen kleinen Leuten helfen, sondern auch manchem süddeutschen Abgeordneten einen Herzenswunsch erfüllen.
Abschließend möchte ich folgendes sagen. Die Geschichte dieses kommenden Straffreiheitsgesetzes, das wurde schon einmal betont, ist jetzt schon ebenso lang wie voller Schwierigkeiten und Tükken. Sie wissen, der Bundesrat hat den Entwurf der Regierung einstimmig abgelehnt. Die CSU hat einen zweiten Entwurf eingebracht. Wir haben hier im Plenum eine noch völlig unübersehbare Situation. Alle diejenigen, die der Meinung sind, man solle in der Tat auch im Strafrecht einen Schlußstrich unter die Vergangenheit ziehen, müssen hoffen, daß wir noch eine Lösung finden, die die hier typischen und vor allem die sehr verzwickten verfassungsrechtlichen Schwierigkeiten
ausschaltet, berechtigte Wünsche erfüllt und vor allem nicht zu den Schäden führt, die die Gegner der großen Amnestie befürchten.
Ich beantrage im Namen meiner Fraktion, alle drei Vorlagen, also die beiden Entwürfe und die Anfrage über die Verkündung der Platow-Amnestie, dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zu überweisen, der hier sicherlich vor einer nicht einfachen Aufgabe stehen wird.