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ID0201701800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 17. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1954 551 17. Sitzung Bonn, Freitag, den 26. Februar 1954. Geschäftliche Mitteilungen 552 A, 607 C Zweite und dritte Beratung der von den Fraktionen der CDU/CSU, GB/BHE, DP und von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksachen 124, 125, 171); Erster Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Drucksache 275) 552 A Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter 552 B, 565 A D. Dr. Gerstenmaier (CDU/CSU) . . 556 A Erler (SPD) 558 B Dr. Arndt (SPD) 565 B, 578 D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 565 D Dr. Czermak (GB/BHE) 568 B Dr. Jaeger (CDU/CSU) 569 B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 572 A Neumayer, Bundesminister der Justiz 575 B Dr. Weber (Koblenz) (CDU/CSU) . . 577 C Hoogen (CDU/CSU) 581 B Dr. von Brentano (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 583 A Abstimmungen 583 A Namentliche Schlußabstimmung . . 583 A, 584 C, 610 Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Nachwahl eines Mitgliedes des Wahlprüfungsausschusses (Druck- sache 266) 583 B Beschlußfassung 583 B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Even (Drucksache 237) 583 C, 584 D Höcker (SPD), Berichterstatter . . . 584 D Beschlußfassung 585 A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Rinke (Drucksache 240) 583 C Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter 583 D Beschlußfassung 584 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Metzger (Drucksache 243) 584 A Dr. von Merkatz (DP): als Berichterstatter 584 A Schriftlicher Bericht 608 Beschlußfassung 584 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Henn (Drucksache 242) 585 A Dr. Klötzer (GB/BHE), Berichterstatter 585 B Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 585 C Beschlußfassung 585 C Erste, zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die Verlängerung der Wahlperiode der Betriebsräte (Personalvertretungen) in den öffentlichen Verwaltungen und Betrieben des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts (Drucksache 271) 585 C Abstimmungen 585 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. die Vereinbarung vom 23. Februar 1953 über die Regelung der Schweizerfranken-Grundschulden (Drucksache 159); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (Drucksache 238) 586 A Dr. Hesberg (CDU/CSU), Berichterstatter 586 A Beschlußfassung 586 C Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Verkündung des Gesetzes über Straffreiheit (Drucksache 226) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit (Drucksache 215) und mit der Ersten Beratung des von den Abg. Höcherl, Strauß, Stücklen u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit (Drucksache 248) 586 D Neumayer, Bundesminister der Justiz 586 D, 594 B Dr. Greve (SPD), Anfragender 588 D, 606 C Höcherl (CDU/CSU), Antragsteller . . 595 C Dr. Stammberger (FDP) 598 C Dr. Czermak (GB/BHE) 599 D Frau Dr. Ilk (FDP) 601 A Dr. Furler (CDU/CSU) 601 B Dr. Dehler (FDP) 604 A Überweisung der Gesetzentwürfe Drucksachen 215 und 248 an den Rechtsausschuß 607 C Nächste Sitzung 607 C Anlage: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Metzger 608 Zusammenstellung der namentlichen Schlußabstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Drucksache 275) 610 Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage zum Stenographischen Bericht der 17. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität (1. Ausschuß) betreffend Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Metzger (Drucksache 243) Berichterstatter : Abgeordneter Dr. von Merkatz A Verfahrensvoraussetzungen: 1. Die Privatklage ist fristgerecht eingegangen. 2. Der Ausschuß für Wahlprüfung und Immunität muß sich mit dem Ersuchen um Aufhebung der Immunität befassen. Zwar ist der Antrag auf Genehmigung zur Untersuchung und eventuellen Strafverfolgung vom Amtsgericht Wiesbaden unmittelbar an den Präsidenten des Bundestages eingereicht worden und nicht, wie das sonst notwendig ist, über das Landes- bzw. Bundesjustizministerium. Dieser Umstand ist aber unbeachtlich, da es sich um eine Privatklage handelt und das Amtsgericht hier nur als Vermittler des Privatklägers tätig geworden ist. Privatkläger aber können sich direkt an den Bundestag wenden (§ 114 der Geschäftsordnung des Bundestages, Grundsatz über die Behandlung von Immunitätsangelegenheiten). B Materielle Beurteilung: 1. Von dem Beschuldigten wird behauptet, daß er in der Wandelhalle des Landtages in bezug auf den Privatkläger erklärt habe, er halte den im Plenum des Landtages gemachten Vorwurf des „unsauberen Journalismus" gegenüber dem Privatkläger aufrecht. 2. Damit ist zu fragen, ob der gegenüber dem Privatkläger erhobene Vorwurf des „unsauberen Journalismus" vom persönlichen Straf ausschließungsgrund des Art. 46 Abs. 1 GG gedeckt wird oder nicht. a) Die Äußerung stellt eine Motivierung des Antrages des Beschuldigten dar auf Ausschluß des Privatklägers aus dem Plenarsaal des Landtages. Sie ist in der Wandelhalle, also weder im Plenum noch in einem Ausschuß noch in einer Fraktionssitzung gefallen, sondern lediglich im Gebäude des Landtages. b) Als Motivierung aber eines im Plenum des Landtages gestellten Antrages steht diese Äußerung in einem inneren Zusammenhang mit einer Äußerung, die im Plenum des Landtages gefallen ist. Sie ist daher meines Erachtens als im Plenum des Landtages gefallen zu betrachten. c) Hierauf sind auch bei einem Verfahren auf Aufhebung der Immunität im Bundestag die Grundsätze der hessischen Verfassung anzuwenden. Es ist zu fragen, ob Art. 95 der hessischen Verfassung dem Beschuldigten einen persönlichen Strafausschließungsgrund gewährt. Art. 95 ist dem Art. 36 der Weimarer Reichsverfassung nachgebildet worden. Er kennt nicht die Einschränkung des Art. 46 GG, der den persönlichen Strafausschließungsgrund für verleumderische Beleidigungen nicht gewährt. Wenn die Äußerung auch im Plenum des hessischen Landtages gefallen ist, so muß doch hier angenommen werden, daß sie als Motivierung des vom hessischen Landtag beschlossenen und vom Beschuldigten eingebrachten Antrages in Ausübung seiner Abgeordnetentätigkeit in der Wandelhalle des Landtages getan worden ist. Damit wäre auch für den Bundestag eine Aufhebung der Immunität mit Rücksicht auf Art. 95 der hessischen Verfassung nicht möglich. d) Selbst wenn man diese Rechtsauffassung nicht teilen wollte und den Tatbestand als außerhalb des hessischen Landtages vollendet ansehen und allein nach den Immunitätsgrundsätzen des Bundesrechtes behandeln wollte, ergibt sich keine Möglichkeit zur Aufhebung. Es handelt sich bei der dem Beschuldigten zur Last gelegten Äußerung nicht um eine verleumderische Beleidigung im Sinne des § 187 StGB, auch nicht, wie der Privatkläger behauptet, um eine üble Nachrede im Sinne des § 186 StGB, sondern (Dr. von Merkatz) möglicherweise um eine einfache Beleidigung im Sinne des § 185 StGB. e) Die Äußerung „unsauberer Journalismus" ist ein tadelndes Werturteil und keine Tatsachenbehauptung. Sie ist ein Werturteil, das letzthin logisch einem Beweise nicht zugänglich ist, da durch den Ausdruck „unsauberer Journalismus" auch reine Fragen des Geschmacks, des Stils oder der Stoffwahl getroffen werden können. Allerdings steht hier dieses tadelnde Werturteil mit einer Reihe von Tatsachen, die dem Beweis zugänglich sind, in logischem Zusammenhang. Dabei überwiegt aber der Charakter des Werturteils bei weitem die in ihm eingeschlossene Bezugnahme auf eine Unterstellung von Tatsachen. f) Wenn man dieser Folgerung nach den Tatumständen beitritt, würde es sich möglicherweise um eine einfache Beleidigung handeln, deren politischer Charakter — aus den Umständen zu folgern — nicht zu bestreiten ist. Beleidigungen politischen Charakters sollen aber nach den Grundsätzen des Bundestages in der Regel nicht zur Aufhebung der Immunität führen. Eine einfache Beleidigung, die im Parlament erfolgt ist, kann nicht verfolgt werden. Auch wenn diese Beleidigung außerhalb des Parlaments geschehen ist, soll sie nicht verfolgt werden, wenn sie nicht zugleich eine Verleumdung im Sinne des § 187 StGB darstellt. Die Erfüllung des Tatbestandes des § 187 StGB behauptet aber selbst der 1 Privatkläger nicht. g) Angesichts dieser Sachlage bedarf es keiner Prüfung der Frage, ob etwa die Strafbarkeit gemäß § 193 StGB ausgeschlossen ist. h) Selbst wenn der Ausschuß zu der Aufhebung der Immunität des Bundestages hinsichtlich des Beschuldigten gelangen sollte, könnte das Privatklageverfahren gegen den Beschuldigten nicht durchgeführt werden, da es dazu zusätzlich der Aufhebung der Immunität seitens des hessischen Landtages bedürfte, eine Frage, die nur nach den Grundsätzen der hessischen Verfassung entschieden werden könnte. Diese Feststellung rechtfertigt zusätzlich, daß für die Beurteilung, ob eine Aufhebung der Immunität durch den Bundestag erfolgen kann, auch das Immunitätsrecht des betreffenden Landtages herangezogen werden muß, wenn es sich um die Aufhebung der Immunität eines Bundestagsabgeordneten handelt, der zugleich Mitglied eines Landtages ist. Ich komme daher zu dem Ergebnis: Der Bundestag wolle beschließen: die Immunität des Abgeordneten Ludwig Metzger wird nicht aufgehoben. Bonn, den 26. Februar 1954. Dr. von Merkatz Berichterstatter Namentliche Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (16. Ausschuß) (Drucksache 275) über die von den Fraktionen der CDU/CSU, GB/BHE, DP und FDP eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Schlußabstimmung) Name Abstimmung Name Abstimmung CDU/CSU Frau Ackermann . . . . Ja Fuchs Ja Dr. Adenauer Ja Funk Ja Albers Ja Dr. Furler Ja Arndgen Ja Gedat Ja Barlage . . . . . . . Ja Geiger (München) . . . Ja Dr. Bartram Ja Frau Geisendörfer . . Ja Bauer (Wasserburg) . Ja Gengler . Ja Bauereisen Ja Gerns Ja Bauknecht Ja D. Dr. Gerstenmaier . Ja Bausch . . . . . Ja Gibbert Ja Becker (Pirmasens) . . . Ja Giencke. Ja Berendsen Ja Dr. Glasmeyer Ja Dr. Bergmeyer Ja Dr. Gleissner (München) Ja Fürst von Bismarck . ,Ja Glüsing Ja Blank (Dortmund) . Ja Gockeln Ja Frau Dr. Bleyler Dr. Götz Ja (Freiburg) . . . Ja Goldhagen Ja Bock ,Ja Gontrum. . . . . . Ja von Bodelschwingh . . . Ja Dr. Graf Ja Dr. Böhm (Frankfurt) . Ja Griem Ja Brand (Remscheid) . . . Ja Günther Ja Frau Brauksiepe . . . Ja Gumrum Ja Dr. von Brentano . . . . Ja Häussler Ja Brese Ja Hahn Ja Frau Dr. Brökelschen . . Ja Harnischfeger Ja Dr. Brönner . . . . . . Ja von Hassel Ja Brookmann (Kiel) . Ja Heix Ja Brück Ja Dr. Hellwig Ja Dr. Bucerius Ja Dr. Graf Henckel . . Ja Dr. von Buchka Ja Dr. Hesberg Ja Dr. Bürkel Ja Heye Ja Burgemeister Ja Hilbert Ja Caspers Ja Höcherl Ja Cillien Ja Dr. Höck Ja Dr. Conring Ja Höfler Ja Dr. Czaja Ja Holla Ja Demmelmeier Ja Hoogen Ja Diedrichsen Ja Dr. Horlacher. . Ja Frau Dietz Ja Horn Ja Dr. Dittrich Ja Huth Ja Dr. Dollinger Ja Illerhaus Ja Donhauser Ja Dr. Jaeger Ja Dr. Dresbach Ja Jahn (Stuttgart) . . . . Ja Eckstein Ja Frau Dr. Jochmus . . Ja D. Dr. Ehlers . Ja Josten Ja Ehren Ja Kahn Ja Engelbrecht-Greve .. Ja Kaiser Ja Dr. Dr. h. c. Erhard . Ja Karpf Ja Etzenbach Ja Dr. Kather Ja Even Ja Kemmer (Bamberg) Ja Feldmann Ja Kemper (Trier) . .. Ja Finckh Ja Kiesinger Ja Dr. Franz Ja Dr. Kihn (Würzburg) . Ja Franzen Ja Kirchhoff Ja Friese Ja Klausner Ja Name Abstimmung Name Abstimmung Dr. Kleindinst . . . Ja Frau Dr. Rehling . . . . Ja Dr. Kliesing Ja Richarts Ja Knapp Ja Frhr. Riederer von Paar Ja Knobloch Ja Dr. Rinke Ja Dr. Köhler Ja Frau Rösch Ja Koops Ja Rümmele Ja Dr. Kopf Ja Ruf Ja Kortmann .. . . . Ja Sabaß Ja Kramel Ja Sabel Ja Krammig Ja Schäffer Ja Kroll Ja Scharnberg Ja Frau Dr. Kuchtner Ja Scheppmann Ja Kühlthau Ja Schill (Freiburg) . . . . Ja Kuntscher . . . . Ja Schlick Ja Kunze (Bethel) Ja Schmidt-Wittmack . . . Ja Lang (München) . . . . Ja Schmücker Ja Leibfried Ja Schneider (Hamburg) . . Ja Dr. Leiske Ja Schrader Ja Lenz (Brühl) Ja Dr. Schröder (Düsseldorf) Ja Dr. Lenz (Godesberg) . Ja Dr.-Ing. E. h. Schuberth Ja Lenze (Attendorn) . . . Ja Schüttler Ja Leonhard Ja Schütz Ja Lermer Ja Schuler Ja Leukert Ja Schulze-Pellengahr . . . Ja. Dr. Leverkuehn. . . Ja Schwarz Ja Dr. Lindenberg . Ja Frau Dr. Schwarzhaupt Ja Dr. Lindrath Ja Dr. Seffrin Ja Dr. Löhr Ja Seidl (Dorfen) Ja Dr. h. c. Lübke Ja Dr. Serres Ja Lücke Ja Siebel Ja Lücker (München) Ja Dr. Siemer Ja Lulay Ja Solke Ja Maier (Mannheim) . Ja Spies (Brücken) . . . . Ja Majonica Ja Spies (Emmenhausen) . Ja Dr. Baron Manteuffel- Spörl Ja Szoege Ja Graf von Spreti . . . Ja Massoth Ja Stauch Ja Maucher Ja Frau Dr. Steinbiß . . . Ja Mayer (Birkenfeld) . Ja Stiller Ja Menke Ja Storch Ja Mensing Ja Dr. Storm Ja Meyer (Oppertshofen) Ja Strauß Ja Miller Ja Struve Ja Dr. Moerchel Ja Stücklen Ja Morgenthaler Ja Teriete Ja Muckermann . . . . . Ja Unertl Ja Mühlenberg Ja Varelmann Ja Dr. Dr. h. c. Milner ler (Bonn) Ja Frau Vietje Ja Müller-Hermann . . . . Ja Dr. Vogel Ja Müser Ja Voß Ja Naegel Ja Wacher (Hof) Ja Nellen Ja Wacker (Buchen) . . . . Ja Neuburger Ja Dr. Wahl Ja Niederalt Ja Walz Ja Frau Niggemeyer . . . Ja Frau Dr. Weber (Aachen) Ja Dr. Oesterle Ja Dr. Weber (Koblenz) . . Ja Oetzel Ja Wehking Ja Dr. Orth Ja Dr. Welskop Ja Pelster Ja Frau Welter (Aachen) Ja Dr. Pferdmenges . . . . Ja Dr. Werber Ja Frau Pitz Ja Wiedeck Ja Platner Ja Wieninger Ja Dr. Pohle (Düsseldorf) . Ja Dr. Willeke Ja Frau Praetorius . . . . Ja Winkelheide Ja Frau Dr. Probst . . . . Ja Wittmann Ja Dr. Dr. h. c. Pünder . Ja Wolf (Stuttgart) • • Ja Raestrup Ja Dr. Wuermeling . . . . Ja Rasner Ja Wullenhaupt Ja Name Abstimmung Name Abstimmung SPD Frau Albertz Nein Keuning Nein Frau Albrecht Nein Kinat Nein Altmaier Nein Frau Kipp-Kaule . . . Nein Dr. Arndt Nein Könen (Düsseldorf) . . . Nein Arnholz Nein Koenen (Lippstadt) . . Nein Dr. Baade Nein Frau Korspeter . . . . Nein Dr. Bärsch Nein Dr. Kreyssig Bals Nein Kriedemann Nein Banse Nein Kühn (Köln) Nein Bauer (Würzburg) . . . Nein Kurlbaum Nein Baur (Augsburg) . . . . Nein Ladebeck Nein Bazille Nein Lange (Essen) Nein Behrisch Nein Frau Lockmann . . . Nein Frau Bennemann Nein Ludwig Nein Bergmann Nein Dr. Lütkens Nein Berlin Nein Maier (Freiburg) . . . Nein Bettgenhäuser Nein Marx Nein Frau Beyer (Frankfurt) Nein Matzner Nein Birkelbach Nein Meitmann Nein Blachstein krank Mellies Nein Dr. Bleiß Nein Dr. Menzel Nein Böhm (Düsseldorf) . . . Nein Merten Nein Bruse Nein Metzger entschuld. Corterier Nein Frau Meyer (Dortmund) Nein Dannebom Nein Meyer (Wanne-Eickel) . Nein Daum Nein Frau Meyer-Laule . . . Nein Dr. Deist Nein Moll Nein Dewald Nein Dr. Mommer Nein Diekmann Nein Müller (Erbendorf) Nein Diel Nein Müller (Worms) . . . . Nein Frau Döhring Nein Frau Nadig Nein Erler Nein Odenthal Nein Eschmann Nein Ohlig Nein Faller Nein 011enhauer Nein Franke Nein Op den Orth Nein Frehsee Nein Paul Nein Freidhof Nein Peters Nein Frenzel Nein Pöhler Nein Gefeller Nein Pohle (Eckernförde) . . Nein Geiger (Aalen) Nein Dr. Preller Nein Geritzmann Nein Priebe Nein Gleisner (Unna) . . . . Nein Pusch Nein Dr. Greve Nein Putzig Nein Dr. Gülich Nein Rasch Nein Hansen (Köln) Nein Regling Nein Hansing (Bremen) . . . Nein Rehs entschuld. Hauffe Nein Reitz Nein Heide Nein Reitzner Nein Heiland Nein Frau Renger Nein Heinrich Nein Richter Nein Hellenbrock Nein Ritzel Nein Hermsdorf . . . . . . Nein Frau Rudoll Nein Herold Nein Ruhnke Nein Höcker Nein Runge Nein Höhne Nein Sassnick Nein Hörauf Nein Frau Schanzenbach . . Nein Frau Dr. Hubert . . . . Nein Scheuren Nein Hufnagel Nein Dr. Schmid (Tübingen) . Nein Jacobi Nein Dr. Schmidt (Gellersen) . Nein Jacobs Nein Schmidt (Hamburg) . . Nein Jahn (Frankfurt) • . • • Nein Schmitt (Vockenhausen) . Nein Jaksch Nein Dr. Schöne Nein Kahn-Ackermann . • . entschuld. Schoettle Nein Kalbitzer Nein Seidel (Fürth) Nein Frau Keilhack Nein Seither Nein Frau Kettig krank Seuffert . . Nein Name Abstimmung Name Abstimmung Stierle Nein Dr. Stammberger . . . Ja Sträter Nein Dr. Starke Ja Frau Strobel Nein Dr. Wellhausen . . . . Ja Tenhagen Nein Weyer Ja Thieme Nein Wirths Ja Traub Nein Trittelvitz Nein Wagner (Deggenau) . Nein Wagner (Ludwigshafen) Nein Wehner Nein GB/BHE Wehr Nein Welke Nein Bender Ja Weltner (Rinteln) . . . Nein Dr. Czermak Ja Lic. Dr. Wenzel . . . . Nein Dr. Eckhardt Ja Wienand Nein Elsner Ja Winter krank Engell Ja Wittrock Nein Feller Ja Ziegler Nein Gräfin Finckenstein . . Ja Zühlke Nein Frau Finselberger . . Ja Gemein Ja Dr. Gille Ja Haasler Ja Dr. Keller Ja FDP Dr. Klötzer Ja Körner Ja Dr. Atzenroth Ja Kraft Ja Dr. Becker (Hersfeld) . . Ja Kunz (Schwalbach) . . Ja Dr. Blank (Oberhausen) . Ja Kutschera Ja Blücher Ja Meyer-Ronnenberg . . . Ja Dr. Bucher Ja Dr. Mocker Ja Dannemann Ja Dr. Oberländer . . . . Ja Dr. Dehler Ja Petersen Ja Dr.-Ing. Drechsel . . . . Ja Dr. Reichstein Ja Eberhard Ja Samwer Ja Euler Ja Seiboth Ja Fassbender Ja Dr. Sornik Ja Frau Friese-Korn . . . Ja Srock Ja Frühwald Ja Dr. Strosche Ja Gaul Ja Dr. Hammer Ja Hepp Ja Dr. Hoffmann Ja Frau Dr. Ilk Ja DP Dr. Jentzsch Ja Kühn (Bonn) Ja Becker (Hamburg) . . . Ja Lahr Ja Dr. Brühler Ja Lenz (Trossingen) . . . Ja Eickhoff Ja Dr. Dr. h. c. Prinz zu Lö- Dr. Elbrächter Ja wenstein Ja Hellwege Ja Dr. Maier (Stuttgart) . . Ja Matthes Ja von Manteuffel (Neuß) . Ja Dr. von Merkatz . . . . Ja Margulies Ja Müller (Wehdel) . . . . Ja Mauk Ja Dr. Schild (Düsseldorf) . Ja Dr. Mende Ja Schneider (Bremerhaven) Ja Dr.Middelhauve . . . Ja Dr. Schranz Ja Dr. Miessner krank Dr.-Ing. Seebohm . . . Ja Neumayer Ja Walter Ja Onnen Ja Wittenburg Ja Dr. Pfleiderer Ja Dr. Zimmermann . . . Ja Dr. Preiß Ja Dr. Preusker Ja Rademacher entschuld. Dr. Schäfer Ja Scheel Ja Fraktionslos Schloß Ja Dr. Schneider (Lollar) Ja Brockmann (Rinkerode) Ja Schwann Ja Rösing Ja Stahl Ja Stegner Ja Zusammenstellung der Abstimmung Abstimmung Abgegebene Stimmen 478 Davon : Ja 334 Nein 144 Stimmenthaltung . — Zusammen wie oben . . 478 Berliner Abgeordnete Name Abstimmung Name Abstimmung CDU/CSU Mattick Nein Neubauer Nein Dr. Friedensburg . . . . Ja Neumann Nein Dr. Krone Ja Dr. Schellenberg . . . . Nein Lemmer Ja Frau Schroeder (Berlin) . Nein Frau Dr. Maxsein . . . Ja Schröter (Wilmersdorf) . Nein Stingl Ja Frau Wolff (Berlin) Nein Dr. Tillmanns Ja FDP SPD Dr. Henn Ja Brandt (Berlin) . . . . Nein Hübner Ja Frau Heise Nein Frau Dr. Dr. h. c. Lüders Ja Klingelhöfer Nein Dr. Reif Ja Dr. Königswarter . . . Nein Dr. Will Ja Zusammenstellung der Abstimmung der Berliner Abgeordneten Abstimmung Abgegebene Stimmen . 22 Davon : Ja . . . . . . 11 Nein . . . . . . 11 Stimmenthaltung . — Zusammen wie oben . . 22
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Richard Jaeger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich achte die Leidenschaftlichkeit, mit der Herr Kollege Erler vorhin seinen Standpunkt und den seiner Fraktion dargelegt hat; denn diese Leidenschaftlichkeit kommt aus einer langjährigen und ernsten Bemühung um diese Probleme und aus einer ehrlichen Überzeugung. Aber, ich glaube, das Pathos, das in seiner Rede zum Ausdruck kam

    (Abg. Schröter [Wilmersdorf]: Sie meinen doch wohl Herrn Gerstenmaier!)

    — ich spreche von Herrn Erler —,

    (weitere Zurufe von der SPD)

    war angebracht, als wir uns hier über die Verträge unterhalten haben. Ich glaube kaum, daß es heute noch angebracht ist; denn wir haben heute gar keine Sachentscheidung mehr zu fällen. Diese Sachentscheidung hat der erste Deutsche Bundestag erstmals im Dezember 1952 gefällt; er hat sie einige Monate später wiederholt. Wir ziehen heute auf Grund des Wahlergebnisses aus dieser Sachentscheidung, die das Volk bestätigt hat, nur noch einige formale Konsequenzen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

    Das Ja, das die Regierungsparteien damals den Verträgen gegeben haben, war für viele von uns —vielleicht für alle — ein in schwerem inneren Kampfe errungenes Ja. Es ist aber darum heute ein um so klareres und ein um so überzeugteres Ja, und wir vermögen es heute deshalb erneut eindeutig und klar auszusprechen.
    Sie können uns fragen, warum wir überhaupt eine Verfassungsergänzung wollen; denn wir vertreten auch heute noch die Rechtsauffassung, daß diese Verfassungsergänzung an sich nicht rechtsnotwendig ist. Wir sprechen deshalb auch nicht von einer Verfassungsänderung, weil es sachlich keine Änderung ist, sondern nur eine Ergänzung, die der Verdeutlichung nach allen Seiten dient. Wenn Sie, Herr Kollege Erler, uns gefragt haben, warum wir nun diese Verfassungsergänzung vornehmen, dann kann ich darauf schlicht und einfach antworten: um die Skrupel der Opposition zu beseitigen!

    (Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Man hat diese politische Frage an das höchste deutsche Gericht nach Karlsruhe getragen. Wir sind der Überzeugung, daß dies dem Gedanken des Rechtsstaates nicht gutgetan hat,

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    weil es sich hier nicht um eine justitiable, nicht um eine Rechtsfrage handelt, sondern um die elementare politische Frage, ob das deutsche Volk wie alle anderen Völker der Welt das Recht hat, sich zu schützen und zu verteidigen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

    Man soll uns nicht sagen, wir gingen hier mit der Würde der Verfassung in irgendeiner zweifelhaften Weise um. Wer ist denn mit der Würde der Verfassung umgegangen

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    und hat zur Erzielung politischer Zwecke in Karlsruhe eine Klage angestrengt?

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD: Wie ist das mit den gefälschten Dokumenten? — Weitere Zurufe von der SPD.)



    (Dr. Jaeger)

    — Sie wissen ganz genau, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei, daß Sie im alten Bundestag, wenn Ihre Rechtsauffassung die richtige gewesen wäre, uns politisch in der Hand gehabt hätten, weil es einer Zweidrittelmehrheit bedurfte, um das Grundgesetz zu ändern, und daß Sie die Absicht hatten, sich über die Zweidrittelmehrheit mit Ihren Stimmen den Platz im Kabinett zu erringen, den Sie natürlich politisch legitimerweise erstreben. Aber diesen Druck hat der deutsche Wähler von uns genommen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. Zurufe von der SPD.)

    Sprechen Sie doch nicht davon, daß wir die parlamentarische Demokratie entmachten wollten. Das hat Ihnen Herr Dr. Becker schon widerlegt. Ich kann noch hinzufügen: von der Entmachtung der parlamentarischen Demokratie hätte man eigentlich bei denen sprechen können, die diese politische Frage vor ein Gericht getragen haben.

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Im übrigen handeln wir bei dieser unserer Entscheidung nur in Konsequenz der Bundestagswahlen vom 6. September, die einen eindeutigen Volksentscheid darstellen.

    (Zuruf von der SPD: Wahlschwindel!)

    Wir dokumentieren nur mit der vom Volk gegebenen Zweidrittelmehrheit diesen politischen Willen in einer Erläuterung und Ergänzung des Grundgesetzes. Sie können nicht behaupten, Herr Kollege Erler, die Zweidrittelmehrheit ginge hier mit einer Handbewegung über das Grundgesetz hinweg.

    (Zuruf von der SPD: Tut sie aber!)

    Wir ändern oder ergänzen das Grundgesetz nur mit der Methode, die dieses Grundgesetz selbst festgelegt hat.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Für uns ist der Auftrag des von Ihnen so oft zitierten souveränen Volkes, wie er am 6. September zum Ausdruck kam, keine Handbewegung, sondern eine verpflichtende Entscheidung.

    (Erneuter lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD: Gefälschte Dokumente!)

    Es handelt sich deswegen auch nicht um ein Amnestiegesetz für eine vergangene, vielleicht nicht ganz ausreichende Mehrheit, sondern allein um die Vollstreckung dieses Volkswillens.
    Was besagt nun die Verfassungsergänzung? Ein Doppeltes: sie erklärt die Wehrhoheit des Bundes und beseitigt Zweifel, die darüber entstanden sind, ob das Vertragswerk mit dem Grundgesetz übereinstimmt. Man kann uns zu diesem letzten Punkt nicht mit dem Einwand kommen, hiermit seien die Verträge eine „Oberverfassung", und der deutsche Bürger müsse in ihr erst nachlesen, was für ihn gelte. Erlauben Sie mir, daß ich aus dem Bereich, in dem ich seinerzeit in diesem Hause die Berichterstattung hatte, als Beispiel einen einzelnen Punkt herausgreife. In den Verträgen wird von der Todesstrafe gesprochen. Trotzdem steht fest, auch in den Verträgen, daß sie in den Ländern nicht angewandt werden kann, in denen sie verfassungsmäßig oder sonst rechtlich verboten ist.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen] : Sie ist besonders ausgenommen!)

    Unbeschadet dessen, wie wir grundsätzlich zu der Frage der Todesstrafe stehen, haben wir, solange sie das Grundgesetz ausschließt, das zu achten und achten es auch. Wir stellen an diesem Beispiel wieder einmal fest, daß die These eben nicht richtig ist, die Verträge stellten eine Oberverfassung dar; denn hier gilt ja das Recht des Grundgesetzes vor dem Recht der Verträge.

    (Abg. Dr. von Brentano: Gut!)

    Wenn Sie aber den Begriff der Oberverfassung schon einmal in die Diskussion einführen wollen, muß ich doch darauf hinweisen, daß wir derzeit unter der Oberverfassung des Besatzungsstatuts leben und diese „Oberverfassung" mit dem Deutschland-Vertrag abschaffen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Menzel: Und die Notstandsklausel? — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Was den Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft angeht: Was sorgen Sie sich darum, wenn hier nun tatsächlich einmal eine Bestimmung eines europäischen Rechts dem deutschen Recht vorgeht, nachdem Sie uns auf Grund ihrer unitarischen Staatsauffassung j a immer wieder erzählen, daß Bundesrecht Landesrecht bricht! Lassen Sie das doch nicht nur im Verhältnis zwischen dem deutschen Bund und seinen Ländern gelten, sondern auch zwischen dem kommenden Europa und den einzelnen Nationalstaaten!

    (Lebhafter Beifall in der Mitte. — Lachen bei der SPD. — Abg. Tenhagen: Das hat der „Billige Jakob" auch schon mal gesagt!)

    — Auf diesen Jahrmarktston möchte ich meine Rede nicht abstimmen; den überlasse ich der Opposition.

    (Beifall in der Mitte. — Zuruf von der SPD: Darin sind Sie Spezialist!)

    Was die Wehrhoheit betrifft, so ist es Sache dieses Parlaments, ob es die große oder die kleine Lösung treffen will. Herr Erler hat zwar gemeint, man könne diese Lösung nur ganz oder gar nicht treffen; aber er hat es nicht begründet. Es liegt beim Parlament, ob es eine Ergänzung des Grundgesetzes in einem Stück oder in zweien oder gar in dreien beschließen will.

    (Abg. Dr. von Brentano: Richtig!)

    Wir haben uns dafür entschieden, die kleine Lösung zu wählen, um jeden Zweifel über das Vertragswerk und die Wehrhoheit des Bundes im Innern und nach außen zu beseitigen und um Zeit zu haben, die Probleme ernsthaft zu lösen, die uns alle — auch Sie, meine Damen und Herren (zur SPD) — beschäftigen sollten, wofür jedenfalls jetzt in beiden Ausschüssen noch nicht Zeit gegeben war.
    Wir sehen in dieser Teilung keinen Blankoscheck für eine einmalige Gesetzgebung durch einfaches Gesetz, keinen Blankoscheck für die Mehrheitsfraktion dieses Hauses. Wir sind der Überzeugung — und sie ist von den maßgeblichen Sprechern der Bundesregierung ebenso wie von dem Herrn Berichterstatter zum Ausdruck gekommen —, daß eine zweite Ergänzung des Grundgesetzes kommen wird, eine Ergänzung, die die Beschränkung der Grundrechte auszusprechen und zu umschreiben, das Ernennungsrecht des Bundespräsidenten für Offiziere und Unteroffiziere festzulegen, die Frage
    des Oberbefehls zu regeln hat, auch die Frage der


    (Dr. Jaeger)

    Wehrverwaltung, die eine Bundesverwaltung sein wird, die Frage einer möglichen Auftragsverwaltung im Sinne der Drucksache 124, die Einführung von Wehrmachtgerichten und schließlich die Verwirklichung des landsmannschaftlichen Prinzips. Wir halten daran fest, daß bei der Gesetzgebung auf diesem Gebiet, wie es in dem Antrag von drei Koalitionsfraktionen heißt, auch die Gliederung des Bundes in Länder und die besonderen landsmannschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen sind. Da wir das heute nicht zu entscheiden haben, brauche ich nicht ausführlich darauf einzugehen, um so weniger als der Herr Berichterstatter hierüber in völlig zutreffender Weise gesprochen und damit auch unsere Überzeugung zum Ausdruck gebracht hat. Nachdem in einer tausendjährigen deutschen Geschichte die Wehrmacht in Deutschland stets landsmannschaftlich gegliedert war — mit Ausnahme einiger weniger Jahre in jenem Dritten Reich, das niemand von uns zum Vorbild nehmen wird —, soll es auch in Zukunft dabei bleiben, um so mehr als wir damit für das Grundgesetz nur fordern, was in der Weimarer Verfassung bereits ausgesprochen war, in der Weimarer Verfassung, die zweifellos dem unitarischen Gedanken näher-und dem föderativen fernerstand als das Grundgesetz.
    Meine Damen und Herren! Dieses landsmannschaftliche Prinzip ist für uns keine föderalistische Prinzipienreiterei, schon gar nicht die Einführung irgendeines neuen Gedankens in das Grundgesetz, sondern nur die Konsequenz aus seinem rechtlichen Aufbau und auch die Konsequenz aus praktischen, sogar aus militärischen und militärpolitischen Erfordernissen; denn ich habe noch von keiner Seite, die über militärische Erfahrung verfügt, hiergegen irgendeine Einwendung gehört. Dieses Anliegen aber ist nicht nur ein solches der Christlich-Sozialen Union in Bayern, es ist ein solches der gesamten Fraktion der CDU/CSU,

    (Abg. Dr. von Brentano: Richtig!)

    und es bedeutet für uns die Voraussetzung zur Zustimmung zur Wehrverfassung und zum Wehrgesetz.
    Jedoch ist jetzt nicht der Zeitpunkt, diese Fragen des landsmannschaftlichen Prinzips, des Oberbefehls und der anderen Punkte, die ich erwähnt habe, zu entscheiden. Diese Fragen bleiben bei den beiden Ausschüssen anhängig. Wir haben heute nur die Entscheidung des ersten Bundestages in neuer Form zu wiederholen, die Entscheidung, die damals die CDU, die CSU, die FDP, die Deutsche Partei und die Bayernpartei gefällt haben und die nunmehr verfassungsmäßig ihren Ausdruck finden soll.
    Daß die Sozialdemokratische Partei nein sagt, haben wir wahrhaftig nicht anders erwartet; das hat Herr Kollege Erler richtig ausgesprochen. Denn wir wissen genau, daß diese Partei nun einmal festgefahren ist,

    (Lachen bei der SPD)

    und wir wollen sie da auch nicht von ihrem Riff herunterbringen.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD. — Abg. Marx: Das ist eine Jahrmarktsrede! Der billige Jakob!)

    Die Argumente, die dabei vorgebracht werden, kommen mir doch recht merkwürdig vor. Ich habe da gehört von dem alten Gegensatz zwischen der
    Arbeiterschaft und der Wehrmacht. Meine Damen und Herren (zur SPD), aus welcher verstaubten Mottenkiste des 19. Jahrhunderts haben Sie denn dieses Argument hervorgeholt?

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Erneute Zurufe von der SPD: Jahrmarktsrede!) Von der Pflichterfüllung, die die deutsche Arbeiterschaft in zwei Weltkriegen für ihr Vaterland geleistet hat, haben Sie vielleicht noch keine Kenntnis genommen!


    (Erneut lebhafter Beifall in der Mitte und rechts. — Anhaltende Zurufe und Unruhe bei der SPD. — Zurufe von der SPD: Unverschämt! Lausbüberei!)

    Sicherlich haben Sie davon noch keine Kenntnis genommen, daß am 6. September zum ersten Male in einem noch nie dagewesenen Umfang ein Einbruch der Regierungsparteien in die deutsche Arbeiterschaft hinein erfolgt ist, und zwar gerade bei der Frage der Wehrhoheit.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Marx: Machen Sie sich keine Illusionen!)

    Herr Kollege Erler hat dann einen Satz gesprochen, den man allerdings nicht deutlich genug wiederholen und auch außerhalb dieses Hauses immer wieder wiederholen kann. Er hat gesagt, die Mehrheit entscheide nicht, wer recht hat, sondern wem sie recht gibt. Das entspricht allerdings seit jeher der von uns vertretenen Staatsauffassung, nach der es eine Wahrheit gibt, die vor jedem Parlament existiert, und ein Recht, das vor jeder staatlichen Ordnung und vor jeder parlamentarischen Arbeit gegeben ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Erler: Herr Kollege Jaeger!)

    Diese Begrenzung des aus der Aufklärung stam-

    (Abg. Erler: Endlich begreifen Sie, daß Sie diese Auffassung nicht gepachtet haben, sondern daß es auch andere anständige Leute gibt, die so denken! — Zurufe von der CDU/CSU: Weiter!)

    — Eine Erkenntnis ist an sich nicht nur eine Frage der Anständigkeit, sondern auch der Vernunft. Ich habe Ihnen, Herr Kollege Erler, niemals die Anständigkeit und auch niemals die Vernunft abgesprochen. Wir diskutieren doch hier auf einer persönlich fairen Basis. Aber ich darf Ihnen doch auch erklären, daß Sie einmal recht haben, nachdem Sie sich nach meiner Überzeugung recht oft irren. Das ist meine ebenso ehrliche Überzeugung.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber ich möchte hier an etwas ganz anderes erinnern. Im Deutschen Reichstag hat der Abgeordnete Otto Wels der Sozialdemokratischen Partei einmal erklärt, er wolle lieber mit der Mehrheit irren als gegen die Mehrheit recht behalten. Meine Damen und Herren, da scheint mir doch der Fortschritt der Erkenntnis in der Sozialdemokratie trotz allem, was man sonst sagt, greifbar, und wir freuen uns darüber.

    (Heiterkeit in der Mitte und rechts.)

    Im übrigen mag der Unterschied darin bestehen, daß die Sozialdemokraten früher mit der Mehrheit geirrt haben und heute mit der Minderheit irren.

    (Erneute Heiterkeit und Beifall in der Mitte und rechts.)



    (Dr. Jaeger)

    Aber über den Irrtum werden wir uns natürlich streiten können, und erst die Historiker werden sagen, wer wirklich recht gehabt hat.
    Sicher aber ist, Herr Erler, und darauf darf ich mich beziehen, daß das deutsche Volk mit Zweidrittelmehrheit den Regierungsparteien recht gegeben hat, und auf Grund unserer Überzeugung, unseres Gewissens und der vom Volk gegebenen Ermächtigung sagen wir heute ja.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schmid.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe einige Ausführungen zu machen, nicht um die Rede meines Freundes Erler zu ergänzen, sondern um auf einige der Vorbringen zu antworten, die wir hier zu hören bekommen haben.
    Der Herr Abgeordnete Becker hat in seinen Darlegungen ausgeführt, die Sozialdemokratische Partei habe heute wieder einmal gesagt, daß sie das zur Verteidigung der Bundesrepublik Notwendige nur im Rahmen der Vereinten Nationen zuzugestehen bereit sei. Er hat vorher in einer recht balladesken Weise von dem „Donner der Kanonen" gesprochen, der unsere Debatte begleitet habe. Er hat die Schlacht von Valmy bemüht. Vielleicht hätte er auch von dem „Donner der Kanonen" sprechen können, von dem Don Basilio im „Barbier von Sevilla" in der Arie singt, die Sie sicherlich kennen. Sei dem, wie ihm wolle, offensichtlich hat ihm dieser Kanonendonner das Gehör verschlagen,

    (Heiterkeit bei der SPD)

    sonst hätte er nämlich unseren Sprecher nicht so verstehen können, wie er ihn verstanden hat.
    Ich wiederhole — ich weiß nicht zum wievielten Male —: Für das vereinigte Deutschland — für das vereinigte Deutschland, Herr Dr. Bekker, nicht für die Bundesrepublik! — scheint uns die wirksamste Möglichkeit, in ein Sicherheitssystem eingebaut zu werden, der Rahmen, den die Satzungen der Vereinten Nationen ziehen. Für die Bundesrepublik — das heißt, solange die Spaltung Deutschlands dauert — sind wir bereit, das zur Verteidigung Nötige im Rahmen jeder Möglichkeit zu tun, die erstens echte Sicherheitschancen bietet, zweitens die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands nicht gefährdet und schließlich uns die echte Gleichberechtigung gibt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Na also!)

    Damit sage ich nichts Neues, sondern wiederhole zum hundertsten Male, was hier schon gesagt worden ist. Für die Zeit der Spaltung Deutschlands sind wir bereit, unter diesen Voraussetzungen auch Lösungen zuzustimmen, die man im klassischen Sinne des Sprachgebrauchs nicht als Systeme kollektiver Sicherheit ansprechen könnte.
    Nun sagen Sie: „Dann stimmt doch dem EVG-Vertrag zu!", und Sie sagen uns, wir stimmten offenbar nur deswegen nicht zu, weil wir Perfektionisten seien und uns nun einmal nicht alles an diesem Vertrage gefalle. Sie wissen, daß das nicht stimmt, und es ist Ihnen gestern sehr ausführlich gesagt worden, daß das nicht stimmt.
    Natürlich muß man auch manchmal etwas zustimmen, das man nicht für ganz vollkommen hält — aber das kann man doch nur im Rahmen gewisser Grenzen tun, und wo diese Grenzen liegen, hat in Gottes Namen der zu bestimmen, der die Verantwortung für sein Ja und Nein zu tragen hat;

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    da gibt es keine Gefolgschaftspflicht der Minderheit der Mehrheit gegenüber!

    (Beifall bei der SPD.)

    Auf Ihrer Seite, meine Damen und Herren, hat man in sehr entscheidenden Stunden unserer Nation selbst so gehandelt. Ich erinnere die Herren von der Deutschen Partei daran, daß sie gegen das Grundgesetz gestimmt haben,

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    weil es ihnen nicht vollkommen genug war. Und ich erinnere Sie, Herr Dr. Jaeger, an die gleiche Haltung der CSU in demselben Parlamentarischen Rat. Sie haben gegen das Grundgesetz gestimmt, weil es Ihnen nicht vollkommen genug war, und der Bayerische Landtag hat sich Ihnen angeschlossen.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Dehler: Alle diese Entscheidungen waren doch falsch, Herr Kollege Schmid!)

    Soll ich denn hier auch, Herr Dr. Jaeger, von den verstaubten Mottenkisten — des Partikularismus — des 19. Jahrhunderts reden?

    (Erneuter starker Beifall bei der SPD.)

    Ich tue es nicht, Herr Dr. Jaeger, weil es uns mit unserem Anliegen ernst ist, daß wir uns so zueinander verhalten sollten, daß wir miteinander das gemeinsam Notwendige tun können, ohne auf Selbstachtung verzichten zu müssen.
    Es ist davon gesprochen worden, wir hätten heute keine Sachentscheidung zu treffen, sondern nur — gewissermaßen als die Notare oder Rechtskonsulenten der Wähler — das auszuführen, was sie am 6. September beschlossen hätten. Man hat, um dies zu begründen, hier eine erstaunliche Jurisprudenz entwickelt. Die Frage: Was kann man mit einer Verfassung machen, wie kann man mit einer Verfassung umgehen? führt nicht zu einer Formalentscheidung, sondern zu einer Sachentscheidung, einer politischen Entscheidung ersten Ranges!

    (Beifall bei der SPD.)

    Hier ist gesagt worden — es ist dem Bericht des Herrn Berichterstatters nach im Rechtsausschuß sehr ausgiebig ausgeführt worden —, die Verfassung sei zwar ein Gesetz von besonderer Feierlichkeit, aber im Grunde doch ein Gesetz, das der Substanz nach ein Gesetz wie jedes andere sei. Man könne darum mit entsprechenden Mehrheiten dieses Verfassungsgesetz durch und durch verändern. Was die „Verfassung" von anderen Gesetzen unterscheide, sei, daß die Abänderung erschwert sei. Wenn man legal über diese Hürden springe, könne man die Verfassung auch in entscheidenden Punkten ändern. — Wir kennen diese Jurisprudenz. Sie ist von Laband eingeleitet und bis in den Kommentar weitergeführt worden, den Anschütz zur Verfassung von Weimar geschrieben hat. Das ist ein verhängnisvoller Weg gewesen; und ich als Sozialdemokrat stehe nicht an Ihnen zu sagen, daß ich sehr vieles aus der Kritik der konservativen Juristen der Mitte des 19. Jahrhunderts für sehr


    (Dr. Schmid [Tübingen])

    begründet halte, der Kritik gegen diesen Holzweg der Jurisprudenz einer Zeit, die zu sehr geglaubt hat, daß im Recht der Zweck das Entscheidende sei. Ich erinnere Sie auch, Herr Kollege Jaeger — und hoffe dann Ihren heimatlichen Stolz zu wecken —, an den großen bayerischen Juristen Seidl und dessen Kritik gegen diese Rechtswissenschaft. Er war zwar ein greulicher Partikularist, aber er war auch ein großer Jurist, dieser Ihr Landsmann.

    (Heiterkeit.)

    Ich will damit nicht gesagt haben, daß alle greulichen Partikularisten große Juristen seien . . .

    (Erneute Heiterkeit. — Abg. Schütz: Aber auch nicht alle großen Juristen greuliche Partikularisten!)

    Nun, der „Konservativismus", von dem heute einiges zu hören war, bringt mich in die Versuchung, ein altes pseudokonservatives Wort: „Und der König absolut, wenn er unseren Willen tut" abzuwandeln: „Und die Verfassung absolut, wenn sie unseren Willen tut. Tut sie uns den nicht, dann werden wir schon sehen, was wir mit ihr machen."

    (Beifall und Heiterkeit bei der SPD.)

    Wenn man der These der Mehrheit folgte, dann wäre dieser Bundestag eine Art von Konstituante, die in Permanenz tagt, und die Verfassung wäre dauernd etwas wie ein knetbarer Teig in den Händen der jeweiligen Zweidrittelmehrheiten;

    (Abg. Kunze [Bethel]: Aber Herr Schmid!)

    er könnte dann als eine Art sekundärer Schöpfer—Herr Kollege Kiesinger, Sie verstehen sicher, was ich hier sagen will — das ursprüngliche Schöpfungswerk jederzeit in sich selbst erneuern. Nun, diese Art von Jurisprudenz hat u. a. auch das Ermächtigungsgesetz vom März 1933 möglich gemacht. Bitte mißverstehen Sie mich nicht. Ich werfe Ihnen nicht vor, daß Sie ein solches Ermächtigungsgesetz wollen.

    (Bravo! in der Mitte.)

    Ich sage nur, mit dieser Art zu denken, gibt es letzten Endes kein Argument gegen eine Gesetzgebung wie jene, die einmal zu dem Ermächtigungsgesetz geführt hat.
    Ich glaube nicht, daß diese juristische Grundthese richtig ist. Eine Verfassung ist etwas anderes als ein sehr wichtiges Gesetz, für dessen Abänderungen Hindernisse aufgerichtet sind. Eine Verfassung ist sehr viel mehr. In seiner Verfassung trifft das Volk in dem Augenblick, in dem es sich „in Verfassung bringt" — diese Augenblicke pflegen Landmarken seiner geschichtlichen Entwicklung zu sein; hier wird gegenüber der Vergangenheit eine Abschlußbilanz und gegenüber der Zukunft eine Eröffnungsbilanz gezogen —, Grundentscheidungen politischer Art. Es trifft Entscheidungen über bestimmte Lebenswerte, die das Fundament des Staates sein sollen, in dem es leben will.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Alles andere, was sonst in den Verfassungen steht, hat seinen Sinn nur darin, daß es die Ausführung, die Spezifizierung dieser Werte ist und den organisatorischen und institutionellen Aufbau ermöglicht, der nötig ist, um sie in Ordnung zu verwirklichen.
    Diese Grundentscheidungen sind die eigentliche „Konstitution" des Staates. Ob Monarchie oder Republik, ob Einheitsstaat oder Bundesstaat, ob
    Gewaltenteilung oder alle Gewalt in einer Hand, ob parlamentarische Demokratie oder plebiszitäre Demokratie, ob relative Grundrechte oder absolute Grundrechte: das sind Grundentscheidungen über Lebenswerte. Sie machen die Verfassung aus. Wer diese Dinge ändert, der ändert nicht nur etwas an der Verfassung, sondern der macht eine ihrer Substanz nach andere Verfassung

    (Zustimmung bei der SPD)

    als die Verfassung, für die das Volk sich im entscheidenden Augenblick entschieden hat. Wie man diese politischen und ethischen Grundentscheidungen im einzelnen ausgestaltet, das ist in weitem Umfang variabel. Aber die Grundentscheidung selber ist unantastbar, wenn die Verfassung sich gleichbleiben soll.

    (Abg. Dr. Jaeger: Bleibt sie ja auch!)

    Will man anders verfahren, nun, dann muß man sieh dafür entscheiden, aus der Verfassung heraustreten zu wollen. Das ist dann in allen Formen der Legalität eben ein revolutionärer Akt oder ein kalter Staatsstreich oder wie man es sonst nennen mag.

    (Oho-Rufe von den Regierungsparteien.)

    Wenn ich zu Ihnen von einem kalten Staatsstreich spreche, dann denke ich nicht an Dinge, wie sie gegenwärtig mancherorts vor sich gehen.

    (Heiterkeit.)

    Es wurde davon gesprochen, was hier geschehe, gehe doch alles legal vor sich. Vielleicht! Aber ob etwas Recht ist oder ob es nur den Schein des Rechts an sich trägt, nun, das bestimmt sich nicht nur aus der Legalität, sondern auch aus der Legitimität des Vorgangs. Nur wenn sich die formale Legalität innerhalb der substantiellen Legitimität vollzieht, schafft sie Recht. Legalität ohne Legitimität kann nur ein Monstrum gebären. Legitim ist aber nur, was in Ausführung der ethischen, politischen Grundentscheidung geschieht, die die verfassunggebende Gewalt zum Fundament unserer Lebensordnungen gemacht hat.
    Über diese Dinge gibt es in der Literatur echter Verfassungsstaaten keinen Streit. England ist ein Sonderfall: sein Parlament hat eine andere Stellung als das unsere. Es war der Rechtswissenschaft der Wilhelminischen Epoche, in der in weiten Kreisen der Staat wesentlich als Instrument und die Verfassung als eine Art von Reglement einer Anstalt gesehen wurden, vorbehalten, das ethische Fundament des Verfassungsdenkens zu ruinieren. Im Parlamentarischen Rat sind wir uns dieser Dinge bewußt gewesen, und, Herr von Brentano, Sie werden mir bestätigen: wir haben darum ganz bewußt ein Grundgesetz schaffen wollen, das von einer anderen Vorstellung des Verfassungsrechts ausgeht als der Labandschen und der Anschützschen, auch von einer anderen Auffassung als der, die einst das Reichsgericht in einigen Urteilen zum Ausdruck gebracht hat. Für uns waren damals Art. 79 und Art. 20 nicht nur technische Bestimmungen, nicht nur Verzierungen, sondern Entscheidungen für etwas Fundamentales, und solche Grundentscheidungen sind es gewesen, die letzten Endes von den Landtagen unserer deutschen Bundesländer ratifiziert worden sind.
    Eine besonders bedeutsame Grundentscheidung ist gewesen, daß wir diesen Staat auf das Prinzip der Teilung der Gewalten gründen wollten. Das war nicht nur die Entscheidung für ein besonders


    (Dr. Schmid [Tübingen])

    bekömmliches technisches Verfahren des Regierens und Verwaltens, sondern diese Entscheidung hat die Qualität, d. h. inneren Wert und inneres Sein des Staates bestimmt. Teilung der Gewalten bedeutet: Wer regiert, darf nicht Gesetze geben; wer die Gesetze gibt, darf sie nicht anwenden und auslegen; anwenden und auslegen darf die Gesetze nur die richterliche Gewalt.
    Nun ist davon gesprochen worden, daß das Parlament das Recht haben müsse, Gesetze, auch Verfassungsgesetze, authentisch zu interpretieren. Ich glaube nicht, daß das richtig ist, insbesondere dann nicht, wenn eine Verfassung wie unser Grundgesetz expressis verbis das Interpretationsmonopol des Bundesverfassungsgerichts aufgerichtet hat.

    (Beifall bei der SPD.)

    Nun wird gesagt: Ja, aber die Karlsruher Prozesse betreffen doch gar keine justitiablen Sachen! Es ist in der ganze Rechtslehre unbestritten, daß über die Frage, ob ein Verfahren zulässig ist oder nicht, ob eine Sache justitiabel ist oder nicht, nicht die Parteien entscheiden, sondern das Gericht selbst.

    (Erneuter Beifall bei der SPD.)

    Herr Kollege Weber, wie ich aus Ihren Zwischenrufen entnommen habe, haben Sie eine besondere Vorliebe für das Völkerrecht. Gestatten Sie mir einen Hinweis! Eine kleine Analogie zur Erhärtung dessen, was ich sagte. In dem ausgezeichneten Deutsch-Schweizerischen Schiedsgerichts- und Vergleichsvertrag von 1920, in dem von justitiablen und nichtjustitiablen Sachen die Rede ist, ist ausdrücklich bestimmt, daß das Schiedsgericht entscheidet, ob eine vor den Richterstuhl gebrachte Sache justitiabel ist oder nicht, und daß die Parteien sich darauf beschränken müssen, Einreden oder Einwände zu erheben, und daß sie nicht die Einlassung verweigern dürfen. Wenn man einem Parlament das Recht gibt, im Wege authentischer Interpretation die Übereinstimmung irgendeines Aktes, und sei es ein Gesetz, mit der Verfassung zu bestimmen, macht man das Parlament zu einer richterlichen Institution.

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Widerspruch von den Regierungsparteien.)

    Damit hat man auf einem wesentlichen Gebiet den Grundsatz der Teilung der Gewalten verlassen.

    (Zuruf des Abg. Euler.)

    Es gibt eine ganze Reihe von geschichtlichen Beispielen, Herr Euler, für Parlamentsjustiz, angefangen mit dem Parlament Cromwell's. In den Verfassungen der Sowjetzone ist übrigens in vieler. Fällen das Parlament zum Interpreten der Verfassung gemacht worden.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ich glaube nicht, daß wir diesem Beispiel folgen sollten, auch nicht auf einem einzelnen Gebiet, auch nicht auf einem Sondergebiet. Parlamentsjustiz ist der Anfang einer möglichen Mehrheitsdiktatur, und das ist nichts Gutes. Ob es sich bei einem Mehrheitsbeschluß um eine „sic volo, sic iubeo" handelt, um ein „ tel est mon bon plaisir", oder um die konkrete Definition des Gemeinwillens, bestimmt sich danach, ob die jeweilige konkrete politische Entscheidung unter die Verfassung gestellt wird, oder ungewollt die Verfassung unter die konkrete politische Entscheidung.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es ist hier eine Auffassung vertreten worden — von einem der Herren des BHE —, nicht ernstlich, aber dem Sinne nach: Not kennt kein Gebot. Ich erinnere an einen deutschen Reichskanzler, de; einmal dieses Wort gesprochen hat;

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    kurz darauf sprach er vom „Fetzen Papier"! (Beifall bei der SPD.)

    Ich glaube nicht, daß wir Versuchungen in dieser
    Richtung Vorschub leisten sollten. Ich glaube nicht,
    daß Sie das wollen, meine Herren. Aber manchmal
    sollte man besonders ernsthaft bemüht sein, sich
    das In-Versuchung-Fallen nicht zu leicht zumachen.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Wenn man einer Änderung des Grundgesetzes zustimmt, wonach mit Zweidrittelmehrheit durch einen Beschluß dieses Hauses außenpolitische Verträge bestimmter Art als dem Grundgesetz gemäß erklärt werden können, dann stellen wir diese Verträge den Bestimmungen der Verfassung gleich. Es ist von „Klärungsgesetzen" gesprochen worden. Es ist das erste Mal, daß ich einen solchen Ausdruck höre. Vielleicht liegt es an mir, aber ich kenne die juristische Literatur einigermaßen, und ich habe ihn dort noch nie gefunden. Im allgemeinen erläßt man Gesetze nicht zur Klärung von Gesetzen, sondern, wenn sich herausstellt, daß ein Gesetz nicht praktikabel ist, dann erläßt man ein neues Gesetz, mit dem man das alte aufhebt. Das ist der Weg, ungeklärte Situationen im Wege der Gesetzgebung zu klären.

    (E Umständen zwei Rechtsnormen vor uns haben, einen Artikel der Verfassung und einen Artikel eines der mit dem Unbedenklichkeitsvermerk beschlossenen Verträge. Wir werden damit genau den Fall haben, Herr von Brentano, den wir in der Weimarer Republik hatten, wo wir mit Zweidrittelmehrheit beschlossene Gesetze auch dann als Rechtens gelten ließen, wenn der Verfassungstext ihnen entgegenstand. Es ist genau dieselbe Situation. Weil wir sie verhindern wollten, haben wir, mit Ihrer sehr energischen und verdienstlichen Mithilfe, Herr von Brentano, diesen Art. 79 in unser Grundgesetz geschrieben. (Abg. Dr. von Brentano: Das tun wir ja gar nicht! — Abg. Dr. Weber [Koblenz]: Wir machen es ja nicht wie in Weimar!)


    (Zuruf des Abg. Dr. Weber [Koblenz].)

    Die Praxis, mit Zweidrittelmehrheit die Verfassung zu durchlöchern, hat damit sehr entscheidend dazu beigetragen, das Ansehen der Weimarer Verfassung zu ruinieren.

    (Abg. Dr. von Brentano: Deswegen tun wir's ja nicht!)

    — Doch, Sie tun das, Herr von Brentano.
    Dieser Art. 79 hatte für uns im Parlamentarischen Rat nicht nur technische und nicht nur ästhetische Bedeutung. Er sollte eines der Fundamente sein, auf die unser Verfassungsrecht gestellt werden sollte. Er gehört zu den ethisch-politischen Vorentscheidungen über Grundprinzipien, die unser staatliches Leben tragen sollten. Wenn Sie


    (Dr. Schmid [Tübingen])

    dieses Prinzip aufgeben — und Sie könnnen es nur entweder ganz aufgeben oder ganz respektieren —, dann verändern Sie die Verfassung in ihrem Kerne. Sie nehmen ihr dann den Rang, den sie nach dem Willen des Verfassungsschöpfers haben sollte und den das Grundgesetz haben muß, wenn es mehr sein soll als nur ein Modus vivendi von Fall zu Fall. Was Sie da wollen, das ist keine vom Grundgesetz erlaubte Verfassungsänderung mehr, sondern die Aufhebung eines diese Verfassung selbst ausmachenden Prinzips.

    (Beifall bei der SPD.)

    Mit der Veränderung des Art. 79 ändern Sie nicht
    eine Wand des Hauses ab, sondern Sie nehmen
    damit dem Fundament einen tragenden Eckstein.

    (Abg. Dr. Weber [Koblenz] : Was nicht änderbar ist, ist in Absatz 3 gesagt!)

    Man kann nicht, ohne eine Verfassung umzustülpen, die Sperren beseitigen, die die Verfassung zum Schutze ihrer Fundamente aufgerichtet hat. Sie haben doch sonst immer sehr gern, und mit Recht, für überpositives Recht plädiert, das auch den Gesetzgeber bindet und binden muß. Ich habe den Eindruck, daß man heute von der Vorstellung eines überpositiven Rechtes übergeht zu einem Überpositivismus, der noch über das hinausgeht, was das 19. Jahrhundert in die Welt gesetzt hat, und dessen Unverständnis für das, was eine wirkliche Verfassung ist, einiges dazu beigetragen hat, die Weimarer Republik in allen legalen Formen Rechtens ruinieren zu lassen. Einige der Thesen, die hier vertreten worden sind, machen schlechthin alles möglich.
    Noch einige Worte zum neuen Art. 142 a. Alle anderen Staaten, die Partner dieses Vertragswerks sind, haben seine Bestimmungen an den Normen ihrer Verfassung gemessen und gewertet. Wir werden künftig unsere Verfassung an den Bestimmungen dieser Verträge messen müssen. Wir werden so viel Verfassung haben, wie die Verträge uns zugestehen. Die Abschaffung der Todesstrafe haben sie uns gelassen. Danach, Herr Dr. Jaeger, beanspruchen also offensichtlich die Verträge dort, wo solche Konzessionen nicht explizit gemacht worden sind, den Vorrang vor unserem Grundgesetz.

    (Abg. Dr. Weber [Koblenz]: Das haben wir doch allgemein in Art. 25 GG für die „allgemeinen Regeln des Völkerrechts" übernommen!)

    Wo die anderen Länder fanden, daß gewisse Verträge einzelnen Bestimmungen, — aber natürlich nicht dem Kern — ihrer Verfassungen vorzuziehen seien, haben sie ihre Verfassungen im einzelnen abgeändert. Das ist der rechte Weg. Wir haben, vor allem im ersten Bundestag, häufig genug verlangt, daß man vor Inkraftsetzung der Verträge das Grundgesetz entsprechend ändern möge, d. h. daß man seinen Text in all den Einzelheiten abändern möge, in denen die Einzelheiten der Verträge unserer Verfassung widersprächen.
    Aber genau das tut man nicht, sondern man unterstellt einfach das Grundgesetz im ganzen den Verträgen. Damit macht man eben diese Verträge zur Oberverfassung, zur freiwillig übernommenen Oberverfassung, Herr Kollege Gerstenmaier, im Gegensatz zum oktroyierten Besatzungsstatut.

    (Abg. D. Dr. Gerstenmaier: Wir befinden Uns nicht in der Heteronomie der SPD, das ist wahr!)

    — So viel Theologie verstehe ich nicht, Herr Kollege.

    (Heiterkeit bei der SPD. — Abg. D. Dr. Gerstenmaier: Das ist bedauerlich!)

    Ich kann Ihnen also nicht folgen.

    (Abg. D. Dr. Gerstenmaier: Wir sollen Ihre juristische Seiltänzerei hier anhören; das ist doch allerhand! — Abg. Kiesinger: Herr Kollege Schmid, das war Philosophie, nicht Theologie!)

    Wirklich?

    (Abg. D. Dr. Gerstenmaier: Sie sind j a ein Dilettant darin!)

    Man hat darauf hingewiesen, daß ja schon einmal so etwas gemacht worden sei, nämlich mit dem Versailler Vertrag. Das ist richtig. Aber die Beziehung der Weimarer Verfassung auf diesen Vertrag wurde uns aufgezwungen unter der Drohung, im Weigerungsfalle die Kanonen sprechen zu lassen. Heute übernehmen wir eine solche Unterstellung freiwillig, und das ist nicht gut.
    Es ist hier schon davon gesprochen worden, daß es sich manchmal nicht so sehr darum handle, die Grundlagen für eine Wehrverfassung zu schaffen, als vielmehr die Zweifel „im Wege authentischer Interpretation" zu beseitigen, um so das Vertragswerk in Karlsruhe kugelfest zu machen. Man will also die formalen Voraussetzungen für die Einstellung eines vor dem Verfassungsgericht schwebenden Verfahrens schaffen.
    Man hat uns vorgeworfen, daß wir an die Stelle politischer Entscheidungen den Gang zur Richterbank gesetzt hätten. Nun, meine Damen und Herren, wir haben diesen Gang zur Wahrung des Rechtes getan, auf das unser Volk in diesem Grundgesetz sein Leben hat stellen wollen. Sie setzen an die Stelle der politischen Entscheidung, den Rechtsstaat in allen seinen Konsequnzen auch dann ernst zu nehmen, wenn es unbequem ist, das Finessieren mit dem Recht. An einem solchen Unternehmen mitzuwirken, verbietet uns nicht nur unser Widerstand gegen die Politik des EVG-Vertrags; daran mitzuwirken verbietet uns in erster Linie der Respekt vor den Prinzipien, auf die unser Volk seine Zukunft hat stellen wollen.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Zurufe von der Mitte.)