Rede von
Dr.
Hans-Joachim
von
Merkatz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht habe ich Ihnen einen Ersten Bericht zu erstatten über die von den Fraktionen der CDU/CSU, des GB/BHE und der DP auf Drucksache 124 und der Fraktion der FDP auf Drucksache 125 und Drucksache 171 eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes. Der Rechtsausschuß folgt damit einer Übung, die er schon in der ersten Wahlperiode angewandt hat, als er zwei oder gar drei Berichte über einen Gegenstand erstattete. Ich darf daran erinnern, daß der Ausschuß z. B. bei der Beratung des Strafrechtsänderungsgesetzes einen solchen Weg eingeschlagen hat. Damals wurden zunächst einige Abschnitte aus der Vorlage herausgenommen und dem Plenum in einem ersten Mündlichen Bericht zur Annahme empfohlen. Einige Zeit später wurden dann in einem zweiten Bericht die restlichen Vorschriften ,der ursprünglichen Vorlage zu einem Zweiten Strafrechtsänderungsgesetz zusammengefaßt und idem Plenum zur Annahme empfohlen.
Der Ausschuß hat geglaubt, auch diesmal ein solches Verfahren vorschlagen zu sollen, da die Mehrheit des Ausschusses überzeugt ist, daß die jetzt auf Drucksache 275 vorgeschlagenen Erläuterungen des Grundgesetzes vordringlich zu erledigen sind.
Wenn Ihnen daher heute die Ziffern 3, 4 und 9 der Drucksachen 124 und 125, die übrigens in den Vorlagen im Wortlaut übereinstimmen, vorgelegt werden, so bleiben die Ziffern 1, 2, 5, 6, 7 und 8 der Drucksachen 124 und 125 sowie die Vorlage auf Drucksache 171 beim Rechtsausschuß und beim EVG-Ausschuß weiter anhängig. Der Rechtsausschuß wird Ihnen darüber alsbald einen weiteren Bericht erstatten und einen weiteren Antrag vorlegen.
Die Anträge betreffend den Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes, die von den antragstellenden Fraktionen im Dezember 1953 bzw. im Januar 1954 beim Bundestag eingebracht worden sind, wurden in der 9. Sitzung am 14. Januar 1954 in erster Lesung behandelt und ohne Aussprache nach Abgabe von Erklärungen dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht als federführendem und dem Ausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit als mitbeteiligtem Ausschuß überwiesen.
Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht befaßte sich in ganztägigen Sitzungen am 9. Februar und am 19. Februar mit der Materie, der mitberatende Ausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit in einer Sitzung am Montag, dem 22. Februar 1954. Nach Mitteilung des Herrn Vorsitzenden des Ausschusses für Fragen der europäischen Sicherheit vom gleichen Tage hat dieser Ausschuß seine Beratungen auf Art. 1 Ziffer 3 beschränkt und mit Mehrheit beschlossen, gegen die vom Rechtsausschuß formulierte Fassung der Nr. 1 des Art. 73 des Grundgesetzes keine Bedenken zu erheben.
Das Ergebnis der Ausschußberatungen liegt Ihnen auf Drucksache 275 vor. Der vorliegende Getzentwurf soll, wie auch in seiner Präambel zum Ausdruck kommt, der Verdeutlichung der Verfassungsbestimmungen dienen. Bei den Ausschußberatungen wurde von den Koalitionsparteien ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sie ihren Rechtsstandpunkt, den sie bisher in der Frage der Wehrhoheit wie in der Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Vertragswerke eingenommen haben und den auch die Bundesregierung in dem vor dem Bundesverfassungsgericht anhängigen Rechtsstreit eingenommen hat, durch diese textlichen Klarstellungen des Grundgesetzes nichtaufgeben. Vielmehr ist es der Wille der Antragsteller und der Mehrheit des Rechtsausschusses, der Opposition entgegenzukommen und einen Weg zu finden, der die Bedenken der Opposition ausräumt.
Der Rechtsausschuß hat sich in dieser Frage auf den Standpunkt gestellt, den der Abgeordnete Herr D r. Weber in der ersten Lesung als Sprecher der Antragsteller zum Ausdruck gebracht hat. Ich darf mich deshalb auf die Ausführungen ides Herrn Kollegen Dr. Weber in der 9. Sitzung des Bundestages beziehen.
Der Rechtsausschuß hat sich bemüht, zunächst in diesem ersten Bericht gewisse Kernfragen, die der Klarstellung von Zweifeln über die Auslegung dienen, besonders herauszustellen. Die Mehrheit ist dabei der Auffassung, daß eine präzisierende Fassung des Art. 73 des Grundgesetzes, der die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes festlegt, sowie die erläuternde Fassung des Art. 79 und des Art. 142 a vorläufig genügen und daß die weiteren Fragen, z. B. die Frage des Oberbefehls, der landsmannschaftlichen Gliederung, überhaupt der sogenannten Wehrverfassung, in einem zweiten, das
Grundgesetz tatsächlich ergänzenden Gesetz behandelt werden sollen. Zu dieser Auffassung ist die Mehrheit besonders deshalb gekommen, weil im Verlaufe der Ausschußberatungen von der Minderheit eine ins einzelne gehende Regelung, die auch noch über den Rahmen der Vorlage hinausgeht, für notwendig gehalten wurde. Die beiden Ausschüsse haben dann später Zeit und die Möglichkeit, die mehr technischen Fragen der Wehrverfassung eingehend zu regeln.
Darf ich das Hohe Haus vielleicht für einen Moment um Aufmerksamkeit bitten, da jetzt von mir eine Erklärung abzugeben ist, die für alle Mitglieder des Hauses von besonderem Interesse sein dürfte.