Rede:
ID0201400400

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 12
    1. der: 2
    2. Zur: 1
    3. Beantwortung: 1
    4. Großen: 1
    5. Anfrage: 1
    6. hat: 1
    7. das: 1
    8. Wort: 1
    9. Herr: 1
    10. Bundesminister: 1
    11. für: 1
    12. Verkehr.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Februar 1954 407 14. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 11. Februar 1954. Geschäftliche Mitteilungen 408 B, 465 A, 467 A, C Nachruf für den verstorbenen Abg. Görlinger 408 B Glückwünsche zu den Geburtstagen des Bundesministers Kaiser und der Abg. Hepp, Dr. Leiske, Geritzmann und Frau Dietz . 408 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 24 betr. Autobahnbau FrankfurtWürzburg—Nürnberg (Drucksachen 207, 246) 408 D Beratung der Übersicht 3 über Anträge von (B) Ausschüssen des Deutschen Bundestages betr. Petitionen (Drucksache 220) . . 409 A Beschlußfassung 409 A Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Wirtschaftliche Ordnung des Verkehrswesens (Drucksache 180) in Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Verkehrspolitik der Bundesregierung (Drucksache 185), mit der Beratung des Antrags des Abg. Morgenthaler u. Gen. betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Beschränkung des Lastwagenverkehrs an Sonn- und Feiertagen (Drucksache 135), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Ordnung des Omnibusverkehrs (Drucksache 181), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Finanz- und Verkehrskrise der Deutschen Bundesbahn (Drucksache 182), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Gutachten zur Verkehrspolitik (Drucksache 183), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Ausbau des Netzes der Bundesfernstraßen (Drucksache 184) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Finanzierung der Deutschen Bundesbahn (Drucksache 244) 409 A Dr. Bleiß (SPD), Anfragender . . . . 409 B Müller-Hermann (CDU/CSU), Anfragender 412 B Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 414 C, 446 D Rümmele (CDU/CSU) 423 A Rademacher (FDP) 428 C Schmidt (Hamburg) (SPD) 436 D Schneider (Bremerhaven) (DP) . . . . 451 C Morgenthaler (CDU/CSU) 455 A Jahn (Frankfurt) (SPD) . . . . 456 B, 458 A Unterbrechung der Sitzung . . 457 D Scheuren (SPD) 459 A Dr. Bucerius (CDU/CSU) 459 C Baur (Augsburg) (SPD) 462 B Brück (CDU/CSU) 464 D Überweisung der Anträge Drucksachen 135 und 183 an den Ausschuß für Verkehrswesen, des Antrags Drucksache 181 an den Ausschuß für Verkehrswesen und an den Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen, der Anträge Drucksachen 182, 184 und 244 an den Haushaltsausschuß und an den Ausschuß für Verkehrswesen 464 D, 465 A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik über den Antrag der Fraktion der DP betr. Wiederherstellung des einheitlichen Rechtes in der Sozialversicherung (Drucksachen 208, 10) . . 465 A Stingl (CDU/CSU), Berichterstatter 465 B Beschlußfassung 465 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik über den Antrag der Fraktion der DP betr. Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau in der Rentenversicherung (Drucksachen 209, 20) . 465 C Frau Döhring (SPD), Berichterstatterin 465 D Beschlußfassung 466 A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik über den Antrag der Fraktion der DP betr. Aufhebung der Zweiten Lohnabzugsverordnung (Drucksachen 210, 22) 466 A Meyer (Wanne-Eickel) (SPD), Berichterstatter 466 A Beschlußfassung 466 B Erste Beratung des von den Abg. Dr. Dr. h. c Müller (Bonn), Schrader u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Verordnung über Zolländerungen (Drucksache 203) 466 B Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) (CDU/CSU), Antragsteller 466 B Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 466 C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Fischen und Fischwaren (Fischgesetz) (Drucksache 213) 466 C Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik . . 466 C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend die Abzahlungsgeschäfte (Drucksache 197) . 466 C Schmitt (Vockenhausen) (SPD): als Antragsteller 466 D Schriftliche Begründung 468 Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 466 D Überweisung an die Ausschüsse für Wirtschaftspolitik, für Geld und Kredit, für Mittelstandsfragen sowie an den Rechtsausschuß 466 D Beratung des interfraktionellen Antrags betr Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 11) 467 A Nächste Sitzung 467 C Anlage 1: Schriftliche Begründung des Abg Schmitt (Vockenhausen) (SPD) zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betr. die Abzahlungsgeschäfte (Drucksache 197) 468 Anlage 2: Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 11) 471 Die Sitzung wird um 9 Uhr 33 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
  • folderAnlagen
    468 2 Deutscher_Bundestag — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag. den 11. Februar 1954 Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 14. Sitzung Schriftliche Begründung des Abgeordneten Schmitt [Vockenhausen] (SPD) zur ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur .nderung des Gesetzes betreffend die Abzahlungsgeschäfte (Drucksache 197) Das Teilzahlungsgeschäft hatte sich vor dem Kriege gut entwickelt und wurde dann durch den Krieg und die Nachkriegsjahre völlig zurückgeworfen. Nach der Währungsreform, vor allem aber mit dem Obergang vorn Verkäufer- zum Käufermarkt, hat es wieder sehr stark an Bedeutung gewonnen und ist in seinem Umfang heute weit über das Volumen der Vorkriegszeit hinaus gewachsen. Die verschiedenen Untersuchugen über den Anteil des Abzahlungsgeschäfts am Un tz des Einzelhandels in der. Bundesrepublik haben ergeben, daß heute rund 10 % des Einzelhandel-Umsatzes, der im Jahre 1953 nach Ermittlungen des IFOInstitutes 41,9 Milliarden DM betrug, im Teilzahlungsgeschäft getätigt werden. Das wären also rund 4 Milliarden DM. Hinzukommen noch die Abzahlungsgeschäfte unmittelbar mit der Industrie und dem Handwerk, die schätzungsweise 1,5 bis 2,5, Milliarden DM betragen dürften; so daß man die gesamten Teilzahlungsumsätze mit etwa 6 Milliarden DM annehmen Die steigende Entwicklung des Teilzahlungsgeschäfts der Nachkriegszeit ist vor allein eine Auswirkung der in der Entwicklung zurückgebliebenen Löhne und Gehälter und ein Ausfluß des erheblichen Bedarfs unserer Arbeitnehmer und des gewerblichen Mittelstandes, die mit ihren Einkommen ihren Nachholbedarf bisher noch nicht, befriedigen konnten. Wir sind der Auffassung, daß das Teilzahlungsgeschäft an sich nicht als eine ungesunde Erscheinung angesehen werden sollte. Im Gegenteil sollte heute dafür gesorgt werden, daß insbesondere • den Arbeitnehmern und dem gewerblichen Mittelstand durch das Teilzahlungsgeschäft zu günstigen Bedingungen die Möglichkeit gegeben wird, ihren Lebensstandard durch vorausgenommenen Einkauf möglichst bald zu verbessern. Im Mittelpunkt unserer Überlegungen steht natürlich, daß durch jedes Teilzahlungsgeschäft vorzeitig über Kaufkraft verfügt wird, so daß sie also am Zeitpunkt ihres Entstehens nicht mehr der freien Konsumwahl zur Verfügung steht. Für jeden einzelnen bringt das gewisse Gefahren für diesen Zeitpunkt mit sich, denn sein Verdienst kann durch Krankheit, Arbeitslosigkeit, Invalidität oder sogar Tod unterbrochen werden. Wenn auch der Ausfall von Ratenzahlungen in unserer heutigen konjunkturellen Situation verhältnismäßig gering ist und sich nach den verschiedenen Erhebungen über das Gebiet der Teilzahlungsgeschäfte unter 1 % der Umsätze im Teilzahlungsgeschäft beläuft, so darf jedoch volkswirtschaftlich nicht übersehen werden, daß bei einem konjunkturellen Rückgang der Anteil der Ausfälle plötzlich einen viel größeren Umfang annehmen wird. Auch darf nicht verkannt werden, daß das Teilzahlungsgeschäft in Wirklichkeit für die gesamte Industrie auf die Dauer keine Belebung bringen kann. Es wird sich immer nur, weil die Massenkaufkraft leider nicht erheblich gestiegen ist, um eine Umsatzverlagerung, um eine Kaufkraftvorwegnahme, handeln, denn man kann sein Geld nur einmal ausgeben. Wir wollen also nicht vergessen, daß die Konsumausweitung durch das Einkommen begrenzt ist. Die Konjunkturreserve ist durchaus nicht unerschöpflich. Der Umfang des Teilzahlungsgeschäfts ist allerdings auch landsmannschaftlich verschieden. So sind die Menschen im Badisch-Württembergischen weniger leicht für Abzahlungsgeschäfte zu gewinnen als vor allem im Ruhrgebiet. Hier vor allem haben sich nach der übereinstimmenden Meinung aller Beteiligten offenkundige Mißstände ergeben.. Unter Berücksichtigung dieser Umstände haben wir vorgeschlagen, das Teilzahlungsgesetz von 1894, das vor 60 Jahren natürlich unter ganz anderen Umständen und Voraussetzungen geschaffen wurde, durch zeitgemäße Bestimmungen zu ergänzen. Diese Bestimmungen sollen den gesunden Teilzahlungskredit fördern, den vorhandenen Übelständen entgegenwirken und vor allem den Grundsätzen der Wahrheit, Klarheit und des sozialen Schutzes des Verbrauchers zeitgemäßen Ausdruck verleihen. Die Grundsätze der Wahrheit und des sozialen Schutzes des Verbrauchers verstehen sich von selbst. Der Grundsatz der Klarheit ist volkswirtschaftlich mit dem Grundsatz der Markttransparenz identisch. Die Markttransparenz ist einer der wichtigsten Grundsätze der Marktwirtschaft, denn es ist auf dem Markt unerläßlich, daß der 'Käufer frei nach Qualität und Preis wählen kann. Es ist aus diesem Grunde auch sehr wichtig, daß er, bevor er ein Teilzahlungsgeschäft eingeht, die Möglichkeit hat, Preisvergleiche, nämlich zwischen dem Barpreis einer Ware und dem Teilzahlungspreis einer Ware anzustellen; denn nur so hat der Verbraucher die Möglichkeit, in freier Konsumwahl diesen Grundsätzen entsprechend sich zu entscheiden. Der Käufermarkt der letzten Jahre (Schmitt [Vockenhausen]) hat erwiesen, daß vielfach versucht wird, die wirklichen Marktbedingungen zu verschleiern, wodurch der Verbraucher in seiner Konsumwahl irregeführt wird und zu leicht Verpflichtungen eingeht, über deren Tragweite und Auswirkungen er sich bei Kaufabschluß allzuoft nicht im klaren ist. Es ist uns bekannt, daß es vielfach üblich ist, daß der Verkäufer einer Ware im Teilzahlungsgeschäft durch Einholung von Informationen über die Tätigkeit, die Einkommensverhältnisse und Familienverhältnisse des Teilzahlungskunden sowie durch Inanspruchnahme der „Schufa"-Organisationen sich eingehend informiert und nur unter Berücksichtigung der besonderen privaten und finanziellen Verhältnisse des Teilzahlungskunden entsprechende Teilzahlungskredite gewährt, die nach dem Ermessen des Verkäufers tragbar sind. Allerdings wird in anderen Fällen eine solche Auslese nicht getroffen und in unverantwortlicher Weise dem Teilzahlungskunden ein Teilzahlungskredit angeboten, den der Teilzahlungskunde überhaupt nicht oder nur unter größten Schwierigkeiten zu tilgen vermag. Wir sind uns darüber im klaren, daß auch dieser Gesetzentwurf nicht ausreicht, um derartige Auswüchse in allen Fällen zu verhindern. Wir haben jedoch nach eingehender Überlegung uns zunächst auf diese Vorschriften des Gesetzentwurfs beschränkt, weil wir glauben, daß dadurch wenigstens der größte Teil der Mißstände in geregelte Bahnen geführt wird. Eine Beseitigung aller Mißstände und Auswüchse im Teilzahlungsgeschäft wäre unseres Erachtens nur durch eine derartig straffe und enge Kontrolle des Teilzahlungsgeschäftes möglich, die in nicht erwünschter Form die Handlungsfreiheit im Markt wiederum einschränken würde. Hinzukommt, daß das Teilzahlungsgeschäft in der Bundesrepublik in zahlreichen unterschiedlichen Systemen vor sich geht, die eine einheitliche Erfassung in einem Gesetzentwurf kaum ermöglichen dürften. So beschränkt sich beispielsweise das Gesetz betreffend Abzahlungsgeschäfte von 1894, das der vorliegende Gesetzentwurf erweitert, lediglich darauf, die Abzahlungsgeschäfte, die außerhalb des Bankverkehrs vor sich gehen, zu erfassen. Das bedeutet, daß Teilzahlungsbanken und sonstige Kreditinstitute, die das Teilzahlungsgeschäft betreiben, . in ihrem Geschäftsverkehr von diesem Gesetzentwurf überhaupt nicht erfaßt werden. Erfaßt wird von diesem Gesetzentwurf lediglich das Teilzahlungsgeschäft, das außerhalb des Bankverkehrs getätigt wird, beispielsweise in "eigener Regie des Einzelhandels, des Handwerks oder auch der Industrie. Wir haben uns auch mit der Frage beschäftigt, ob und inwieweit das Teilzahlungsgeschäft der Banken und Kreditinstitute in eine allgemeine Regelung einbezogen werden sollte. Soweit das Teilzahlungsgeschäft von den Kreditinstituten selbst durchgeführt wird, unterliegen diese mit ihren Bedingungen der Bankenaufsicht, so daß diese jederzeit in der Lage ist, entstehende- Auswüchse von vornherein auszuschließen. Ich glaube, wenn wir den vorliegenden Entwurf beraten, sollten wir uns trotzdem auch noch einmal mit den Anregungen des Sonderausschusses Bankenaufsicht beschäftigen, in denen dem Staat zumindest eine Ermächtigung zur Festlegung eines Kredithöchstsatzes vorgeschlagen wurde. Darüber hinaus ist natürlich eine Anpassung der Konditionen der Kreditinstitute an die Bestimmungen dieses Gesetzes erforderlich, um die Startgleichheit zu gewährleisten. Soweit wir aus unseren eigenen. Erfahrungen, aber auch aus den verschiedenen Gutachten und Stellungnahmen zu dem Gebiet der Teilzahlungsgeschäfte in der Bundesrepublik ersehen konnten, wurden Auswüchse im Teilzahlungsgeschäft vor allem festgestellt hinsichtlich der Anzahlung bei Aufnahme des Teilzahlungskredites. Wir wollen nicht übersehen, daß es heute im Einzelhandel, im Handwerk usw. in vielen Fällen üblich ist, daß der Verkäufer im Teilzahlungsgeschäft eine Anzahlung vom Teilzahlungskunden in Höhe von 30 und sogar 35 % des kreditierten Betrags fordert. In anderen Fällen hingegen wird eine Anzahlung bei Einräumung eines Teilzahlungskredites überhaupt nicht gefordert oder nur in einem geringen,, im Verhältnis zum Kaufpreis unangemessenen Anteil. So ist es volkswirtschaftlich und im Interess der Verbraucher unverständlich, daß beispielsweisem heute Kühlschränke auf dem Markt angeboten werden mit einer Anzahlung von 20 DM, und Radios von 5 DM. Der Teilzahlungskäufer ist sich nachrewiesenermaßen bei einem solchen Teilzahlungnkauf häufig überhaupt nicht im klaren darüber, welche Verpflichtungen ihm in Zukunft bei einem solchen Abzahlungsgeschäft entstehen, wobei die Ratenzahlungen in derartigen Fällen häufig über 24 Monate hinausgehen und sich auf drei Jahre und darüber erstrecken. Damit ist der Verbraucher, dem das Angebot eines solchen Verkäufers in die Hände fällt, über Jahre hinaus in seiner freien Konsumwahl, in seiner Entscheidungsfreiheit auf dem Markt festgelegt, wobei wir ganz davon absehen wollen, auf die volkswirtschaftlichen Auswirkungen, die sich insbesondere bei einem Konjunkturrückgang oder aus persönlichen Gründen bei dem Teilzahlungskunden 'ergeben, noch näher hinzuweisen, da dies bereits geschehen ist. Die von uns vorgeschlagenen Bestimmungen schaffen mit der Begründung einer Anzahlungspflicht beim Verbraucher Hemmungen gegen eine leichtfertige Kreditaufnahme. Wenn man schon einmal eine Anzahlung in bar leisten muß, wird man sich normalerweise doch mehr Gedanken über die Zweckmäßigkeit des Kaufs und die Möglichkeiten der Rückzahlung des Kredits machen.. Jedenfalls kommt es allzu häufig vor, daß ein Arbeiter und vor allem auch seine Ehefrau, die sich in wirtschaftlichen Fragen nicht so auskennen, zum Schluß feststellen müssen, daß sie viel tiefer in die Tasche greifen und viel länger zahlen mußten, als man beim Abschluß des Geschäfts erzählte. Es ist ja auch niemandem damit gedient, daß er beliebig viel auf Raten kaufen kann. Allzu viele Hausfrauen sind schon überredet worden und haben nachher die Folgen für sich und ihre Familien gespürt. Aber nicht nur den Verbraucher wollen wir durch durch eine solche Mindestbegrenzung des Anzahlungsanteils schützen, sondern insbesondere auch die mittelständischen Gewerbetreibenden, die infolge des starken Wettbewerbs im Teilzahlungsgeschäft miteinander häufig dazu gezwungen werden, ihren Kreditkunden unseriöse Bedingungen einzuräumen, weil ihre Konkurrenten dies auch machen. Die in dem Gesetzentwurf angegebenen Mindestgrenzen sollen auch nur als solche gedacht sein. Es wäre unerwünscht, wenn ein solcher Gesetzentwurf zur Folge haben würde, daß Teilzahlungsverkäufer, die bisher höhere Anzahlungsbeträge gefordert haben, nunmehr auf diese Mindestsätze zurückgehen. Im Gegenteil wird es von uns begrüßt, wenn diejenigen Teilzahlungsverkäufer, die sich ihrer gesamtwirtschaftlichen Verpflich- (Schmitt [Vockenhausen]) tung bei der Einräumung von Teilzahlungskrediten bewußt sind, auch weiterhin ihr Marktverhalten beibehalten. Da der Kreditnehmer oder Käufer nur in den seltensten Fällen seine finanziellen Verhältnisse über einen Zeitraum von mehreren Jahren vorher beurteilen kann, ist eine Begrenzung der Laufzeit der Kredite unerläßlich. Eine solche Begrenzung ist nicht nur zum Schutz des Kreditnehmers sondern darüber hinaus auch zum Schutz der Teilzahlungsgeschäfte tätigenden mittelständischen Gewerbetreibenden dringend erforderlich, weil diese aus Konkurrenzrücksichten bisher zu Auswüchsen gezwungen wurden. Entsprechende gesetzliche Regelungen sind auch in anderen Ländern eingeführt. Im Gegensatz zu den dortigen Bestimmungen beruht der Entwurf nicht auf einer Bewertung der vom Kreditnehmer gekauften Waren, weil dieses eine weitestgehende Katalogisierung der Waren erforderlich machen würde. Ein solcher Katalog müßte laufend geändert werden, weil insbesondere auf dem technischen Gebiet immer wieder Neuerungen :auf dem Markt erscheinen. Hinzukommt, daß eine Globalregelung, beispielsweise für bestimmte Warengruppen, nicht zweckmäßig erscheint, weil die Wertspanne einer solchen Warengruppe zu unterschiedlich ist. Bei der Bekleidung würde der Wert zwischen niedrigsten Beträgen und Summen von mehreren Tausend DM, etwa bei hochwertigen Pelzmänteln, liegen. Die Einführung einer DM-Grenze erscheint daher vorteilhafter. Wir halten es auch volkswirtschaftlich für verantwortungslos, wenn Teilzahlungsgeschäfte sich in den Ratenzahlungen über zwei Jahre hinaus erstrecken. Im Gegenteil sollte es das Bestreben der Teilzahlung gewährenden Wirtschaft sein, die Ratenzahlungen möglichst noch stärker auf höchstens ein Jahr zu begrenzen. Auch hier sind die Auswüchse auf einige wenige Branchen beschränkt. Diese sind aber in ihrer Bedeutung innerhalb der Gesamtwirtschaft so groß, daß eine Behandlung. dieser Auswüchse zum Schutz des Verbrauchers in den Gesetzentwurf mit einbezogen werden mußte. Insbesondere sollte es weiterhin bei den Teilzahlung gewährenden Gewerbetreibenden Gepflogenheit bleiben, daß kurzlebige Wirtschaftsgüter. wie insbesondere Schuhe, Textilien und Bekleidung in der Regel weiterhin nur in • fünf bis sechs Monatsraten abgezahlt werden. Außerdem wäre es erwünscht, daß Gegenstände des täglichen Bedarfs, wie insbesondere Lebens- und Genußmittel, überhaupt nicht in das Teilzahlungsgeschäft mit einbezogen werden. In der Regel wird in diesen Gegenständen des täglichen Bedarfs ein Teilzahlungsgeschäft auch nicht in Frage kommen, sondern viel mehr das Anschreiben. Obwohl dieses nicht erwünscht ist, dürfte jedoch die Höhe der Anschreibungsbeträge im Verhältnis zum Umsatz des Lebensmitteleinzelhandels nicht mehr so bedeutend sein wie in der Vorkriegszeit, so daß wir von einer Einbeziehung des Anschreibens, soweit es nicht mit einer Zinszahlung verbunden ist, abgesehen haben. Dasselbe gilt hinsichtlich des Ansparens, das im Einzelhandel vielfach üblich Ist, aber in der Regel keinesfalls als unerwünscht angesehen werden kann. Beim Ansparen handelt es sich darum, daß der Käufer eine Ware kauft, aber lediglich einen bestimmten Betrag anzahlt, während die Ware so lange im Besitz des Verkäufers bleibt, bis der gesamte Betrag gezahlt ist. Derartige Anspargeschäfte vollziehen sich in der Regel innerhalb eines oder zweier Monate. Allerdings gibt es hier auch Auswüchse, indem das Anspar-System von Kaufleuten angewandt wurde, die die kreditierte Ware nicht auf Lager hatten. Sie haben dann die Ware erst aus den Ansparbeträgen erworben. Ein solches Verfahren ist aber nach der neuesten Rechtsprechung unzulässig und bedürfte gegebenenfalls der Genehmigung der Bankenaufsicht. Immerhin ist es vielleicht zweckmäßig, diese Frage im Ausschuß nochmals zu erörtern. Das Gesetz betreffend die Abzahlungsgeschäfte von 1894 schloß die Kaufleute im Sinn des Handelsgesetzbuchs von den Vorschriften aus. Da heute in nicht unerheblichem Umfang mittelständische Gewerbetreibende Teilzahlungskunden sind, halten wir es zum Schutz dieser Kaufleute für notwendig, diese insoweit in die Ergänzungen dieses Gesetzes einzubeziehen, um auch ihnen im Teilzahlungsgeschäft Schutz zu gewähren. Eine Ausnahme bilden lediglich Teilzahlungsgeschäfte über einen Betrag von 100 000 DM hinaus. Wer eine Ware mit einem Wert von 100 000 DM oder mehr kaufen kann, und wem sie geliefert wird, muß normalerweise über die geschäftlichen Erfahrungen. verfügen. Die Frage der Höchstzinssätze sollte im Ausschuß im Zusammenhang mit der von mir schon erwähnten Anregung des Sonderausschusses Bankenaufsicht noch einmal besprochen werden, obwohl sich bei dem Teilzahlungsgeschäft des Einzelhandels, das ja in dem Gesetz geregelt ist, gezeigt hat, daß die Teilzahlung gewährende Wirtschaft eine gewisse Selbstbeschränkung übt, die sich aus dem Wettbewerb ergibt. Die Meinung verschiedener Wirtschaftspolitiker, daß das Teilzahlungsgeschäft in der bisherigen Form unbegrenzt weiter betrieben, ja sogar durch noch niedrigere Anzahlungen und längere Laufzeiten gefördert werden sollte, muß jedem unverständlich sein, der sich über die wirtschaftliche Tragweite einer zügellosen Konsumausweitung auf Pump im klaren ist. Wir sind uns darüber im klaren, daß wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nur den Auswüchsen steuern können. Wir wollen auch nicht etwa das Teilzahlungsgeschäft an sich einschränken. Dagegen sprechen die wirtschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik, denn Beamte, Arbeiter und Angestellte sowie weite Kreise des Mittelstandes, die sich heute eine Wohnung einrichten wollen und, wenn sie überhaupt eine Wohnung haben, nicht in leeren Wänden hausen und auf Margarinekisten sitzen wollen, sind gezwungen, mit Hilfe von Abzahlungsgeschäften wieder zu Eigentum zu kommen. Der Entwurf, den wir im Interesse des Kredits des kleinen Mannes und des mittelständischen Gewerbetreibenden eingebracht haben, soll aber diese Kreise veranlassen, vor allem zu prüfen, welche Gegenstände so dringend gebraucht werden, daß ein Kreditkauf nicht zu, umgehen ist, und dem Käufer bis zum letzten zeigen, welche Belastungen er auf sich nimmt, und schließlich soll es ihn vor Übervorteilungen schützen. Ich beantrage im Namen meiner Fraktion die Überweisung an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß sowie zur Mitberatung an den Ausschuß für Geld und Kredit und den Rechtsausschuß. Schmitt (Vockenhausen) Bonn, den 11. Februar 1954 Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 14. Sitzung Interfraktioneller Antrag betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 11) Der Bundestag wolle beschließen: Die folgenden Anträge werden ohne Beratung gemäß § 99 Abs. 1 der Geschäftsordnung dem zuständigen Ausschuß überwiesen: 1. Antrag der Abgeordneten Ritzel und Genossen an den Haushaltsausschuß; betreffend Bundeszuschuß zum Deutschen Leder- museum in Offenbach (Main) (Drucksache 190) 2. Antrag der Fraktion der DP betreffend Ein- an den Haushaltsausschuß (federführend), an den fuhr- und Vorratsstellen (Drucksache 196) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten; 3. Antrag der Abgeordneten Arndgen, Dr. Leiske an den Haushaltsausschuß (federführend), an den und Genossen betreffend Entlastung der Ver- Ausschuß für Verkehrswesen; kehrsverhältnisse in den engen Ortsdurchfahrten im Rheingaukreis (Bundesstraße 42) (Drucksache 206) 4. Antrag der Fraktion der FDP betreffend ab- an den Ausschuß für Außenhandelsfragen. gabenfreie Einfuhr von Tabakwaren im Reise- verkehr (Drucksache 217) Bonn, den 2. Februar 1954 Dr. von Brentano und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Haasler und Fraktion Dr. von Merkatz und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Ehlers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Zur Begründung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU hat das Wort der Abgeordnete Müller-Hermann.
    Müller-Hermann (CDU/CSU), Anfragender: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Herr Vorredner hat für die Opposition versucht, die Verantwortung für die Verkehrskrise einseitig dem Herrn Bundesverkehrsminister und der Bundesregierung aufzubürden.

    (Zurufe von der SPD: Wem sonst? — Uns etwa?)

    Sie werden verstehen, daß mich und auch die weiteren Sprecher aus den Koalitionsparteien das Kollegialitätsprinzip zu einer gewissen Zurückhaltung in dieser Debatte veranlassen wird.

    (Rufe: Aha! und Lachen bei der SPD.)

    Wir alle haben allen Anlaß, wesentlich zu berücksichtigen, daß die Verkehrskrise, die wir im Augenblick in Deutschland haben, in allererster Linie eine Folge des verlorenen Krieges und einer sogenannten Verkehrspolitik des Dritten Reichs ist. Wir dürfen wohl auch nicht vergessen — das gilt zumindest als eine gewisse Kritik an uns, die wir dem ersten Bundestag angehört haben —, daß die Verkehrsprobleme in den letzten vier Jahren auch bei uns in allen Fraktionen nicht die Aufmerksamkeit gefunden haben, die sie beanspruchen müssen.

    (Zurufe von der SPD: Stimmt ja gar nicht! — Nicht bei uns!)

    Das Verkehrsproblem ist kein Randproblem. Wir werden uns in den nächsten Monaten und Jahren sehr intensiv, auch wiederholt hier im Plenum, mit den Verkehrsproblemen auseinandersetzen müssen. Ich möchte für meine Fraktion erklären: wir legen Wert darauf, daß neben der Steuerreform und der Sozialreform die Ordnung des Verkehrswesens, eine Verkehrsreform, als gleichwertiger und gleich dringlicher Faktor der Innenpolitik betrachtet wird.

    (Zuruf von der SPD: Späte Erkenntnis!)

    Die Große Anfrage, die meine Fraktion eingebracht hat, ist notwendig geworden, weil die Verkehrskrise so offensichtlich ist, daß zu Recht eine erhebliche Beunruhigung in der Bevölkerung eingetreten ist.

    (Aha-Rufe links.)

    Ich möchte nur auf die Zahl der Verkehrsunfälle im letzten Jahr hinweisen: 450 000 Verkehrsunfälle, 300 000 Verletzte, 10 000 Verkehrstote! Mehr Tote im Straßenverkehr als durch Unfälle in der gewerblichen Wirtschaft! Wir wünschen, daß die Bundesregierung mit größtmöglicher Beschleunigung geeignete Maßnahmen ergreift, um in erster Linie die Verkehrssicherheit wiederherzustellen und zu gewährleisten, daß der Staatsbürger sich ohne Lebensgefahr auf die Straße begeben kann. Wir fragen daher den Herrn Bundesverkehrsminister: Was gedenkt er zu tun,

    (Zuruf von der SPD: Gar nichts! — Heiterkeit.)

    um die Auswüchse, Übertreibungen und Unarten, die im deutschen Straßenverkehr eingerissen sind, zu beseitigen?
    Das Verkehrsproblem ist, darüber gibt es wohl keinen Zweifel, äußerst diffizil und vielschichtig. Es ist auch nicht auf uns in der Bundesrepublik beschränkt, sondern das gleiche Problem besteht in den meisten Ländern. Ich glaube, wir haben allen Anlaß, bei der Lösung unserer Schwierigkeiten des öfteren auch über unsere Grenzen hinauszusehen und uns darüber zu informieren, welche Wege man in den anderen Ländern Europas oder auch Amerikas gesucht und gefunden hat.
    Die technische Entwicklung hat zu einem Strukturwandel im Verkehr geführt. Es wäre meines Erachtens unklug, diese technische Entwicklung und ihre Folgen in Deutschland etwa aufhalten zu wollen, nicht zuletzt deshalb, weil dadurch auch die Konkurrenzfähigkeit unserer Wirtschaft erheblich leiden müßte. Aber wir stehen vor der Notwendigkeit, unsere Verkehrspolitik der technischen Entwicklung und den durch sie hervorgerufenen Strukturwandel anzupassen. Bei uns in Deutschland kommt als besonderes Erschwernis hinzu, daß in den Jahren des Dritten Reichs und aus erklärlichen Finanzgründen in den Jahren nach 1945 der Straßenbau zwangsläufig zurückbleiben mußte, während die Motorisierung in den Jahren nach 1945 in einem erstaunlich schnellen Maße in Deutschland Platz greifen konnte. So hat sich eine Schere zwischen dem Straßenvolumen und der Beanspruchung der Straße ergeben. Das ist das eine Problem.


    (Müller-Hermann)

    Das andere ist die Finanzsituation der Bundesbahn. Es scheint mir wichtig zu sein, darauf hinzuweisen, daß die sogenannte Finanzkrise der Bundesbahn im Grunde eine unechte Krise ist. Die Bundesbahn ist ein an sich gesundes wirtschaftliches Unternehmen. Ihre heutige Finanzsituation ist nur der Ausfluß einer nicht richtig angelegten Verkehrspolitik bzw. ist darauf zurückzuführen, daß eine sinnvolle Koordinierung der Verkehrsträger bisher gefehlt hat und in der Bundesrepublik ein volkswirtschaftlicher Luxus eingerissen ist, den wir uns einfach nicht leisten können.

    (Zurufe von der SPD: Aha! Hört! Hört!)

    Die Situation der Bundesbahn und die Überlastung des Straßenverkehrs sind — das möchte ich noch einmal ausdrücklich unterstreichen — nicht die Krankheitsursachen, sondern sind Symptome für die Krankheit des Verkehrswesens. Ich bin der Meinung, daß wir alle, auch die Bundesregierung, schlecht beraten wären, wenn wir nur an den Symptomen herumkurieren und bequeme Lösungen suchen würden,

    (Abg. Dr. Bucerius: Sehr richtig!)

    die im Augenblick hier und da vielleicht die Situation erleichtern würden. Wir müssen vielmehr das Übel an der Wurzel packen und in erster Linie zu einer klaren Verkehrskonzeption kommen,

    (Abg. Dr. Bucerius: Sehr richtig!)

    d. h. zu einer Verkehrskonzeption, die die Voraussetzungen für ein wirkungsvolles Einsetzen der Verkehrsträger schafft. Dabei müßten die Vorzüge der verschiedenen Verkehrsträger zur Geltung kommen, und durch richtige Nutzung der vorhandenen Kapazitäten und Herstellung unverfälschter Wettbewerbsbedingungen müßte der höchste volkswirtschaftliche Nutzeffekt erzielt werden.
    Wir bedauern, daß der Herr Bundesverkehrsminister nicht schon vor zwei oder drei Jahren eine weit vorausschauende Initiative ergriffen hat, um eine solche Konzeption dem Hause bzw. der Bundesregierung vorzulegen,

    (Zustimmung bei der SPD)

    sondern daß sich das Bundesverkehrsministerium darauf beschränkt hat, Einzelgesetze vorzulegen, von denen wir nicht mit Sicherheit wissen, ob sie tatsächlich wie ein Räderwerk ineinandergreifen. Es ist bedauerlich, daß man erst heute, in einem Zeitpunkt, in dem die Verkehrskrise so weit vorgeschritten ist, darangehen muß, eine Verkehrskonzeption mühsam zu erarbeiten, die sich mit den heute besonders aufgelaufenen Schwierigkeiten deckt.
    Ich denke, wenn ich von Verkehrskonzeption spreche, an den Wirtschaftsminister Professor Erhard. Ich meine damit nicht, daß sich seine Wirtschaftskonzeption unbedingt völlig auf das Verkehrswesen übertragen läßt. Aber Herr Professor Erhard hat dem deutschen Volke eine klare und konsequente Konzeption vorgelegt. Sie ist so klar, kühn und erfolgreich gewesen, daß heute selbst die Opposition sich bemüht, sie nach Möglichkeit stillschweigend in ihr Programm zu übernehmen.

    (Heiterkeit in der Mitte. — Lachen und Zurufe von der SPD.)

    Sie ist so konsequent, daß selbst eifrige Befürworter seines Kurses jetzt zum Teil mit Bedenken kommen. Aber die Klarheit seiner Konzeption hat für alle Beteiligten in der Wirtschaft einen Sicherheitsfaktor geschaffen, und Herr Professor Erhard hat es mit einem politischen Fingerspitzengefühl vor allem auch verstanden, die Spannungen im Bereich der Wirtschaft zu sehen und den Versuch zu machen, sie am runden Tisch auszugleichen.
    Wir sollten uns aber heute nicht darauf konzentrieren, Kritik an dem zu üben, was bisher versäumt worden ist. Wir sollten vielmehr jetzt alle miteinander darangehen, Wege zu suchen, die eine solche klare Konzeption ermöglichen und die heute vorhandenen Schwierigkeiten beseitigen. Ich bedaure — das kann ich auch im Namen meiner Fraktion eindeutig erklären —, daß diese Debatte heute stattfindet, ohne daß uns eine Vorlage der Regierung als Diskussionsgrundlage zur Verfügung steht.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Wir hatten unsererseits den Wunsch geäußert, die Debatte zu vertagen, bis diese Konzeption bzw. die entsprechenden Gesetzentwürfe vorliegen. Denn die Aufgabe des Bundestages kann nicht darin bestehen, die vielleicht ganz interessanten, aber, wie ich annehme, eben nicht für die Gesamtregierung ausgesprochenen verkehrswirtschaftlichen Überlegungen von Herrn Minister Seebohm anzuhören und zu debattieren. Ich bedaure allerdings, daß von seiten des Bundesverkehrsministeriums die Meinung vertreten worden ist, mit der Vorlage dieser Gesetzentwürfe sei vor Mai nicht zu rechnen. Ich möchte daher an die Bundesregierung und vor allem an das Wirtschaftskabinett den dringenden Appell richten, die Verkehrsfragen mit größter Dringlichkeit zu behandeln und dafür zu sorgen, daß wir in allernächster Zukunft eine Regierungsvorlage bekommen.
    Nicht nur die Bevölkerung verlangt endlich Sofortmaßnahmen zur Abstellung der Verkehrsunsicherheit. In allen Bereichen der Wirtschaft macht sich wegen dieser ungeklärten Verkehrssituation eine sehr unangenehme Unsicherheit bemerkbar, nicht nur bei der Verkehrswirtschaft, sondern auch bei der verladenden Wirtschaft, bei der Exportindustrie und bei allen Industriezweigen, die von den Verkehrsträgern Aufträge zu erwarten haben.
    Die dritte Komponente, die eine dringliche Erledigung dieser Vorlage notwendig macht, ist die Kassenlage der Bundesbahn. Wir werden vielleicht heute hier noch besonders zu besprechen haben, wie wir durch eine Kassenhilfe sicherstellen können, daß die Bundesbahn ihren Verkehrssicherheitsbetrieb aufrechterhalten und vor allem auch ihr Auftragsprogramm für die Wirtschaft, die auf ihre Aufträge angewiesen ist, durchführen kann.
    Zum Schluß der Begründung der Großen Anfrage der CDU/CSU möchte ich noch zwei Bitten an die Bundesregierung herantragen und sie mit entsprechenden Fragen an den Herrn Bundesverkehrsminister verknüpfen. Es scheint uns notwendig zu sein, daß bei der Lösung der Verkehrsprobleme von allen beteiligten Seiten mit offenen Karten, d. h. mit offenen Unterlagen und unter Offenlegung des Zahlenmaterials gearbeitet wird,

    (Zuruf von der SPD: Siehe unser Antrag!)

    das für die Erledigung und die Beschlußfassung im Bundestag notwendig ist. Wir sind der Meinung, daß die Geheimhaltung dieser Zahlen, soweit sie überhaupt vorhanden sind,

    (Lachen in der Mitte)

    eine außerordentliche Erschwernis für uns alle bedeutet. Es wäre meines Erachtens sehr bedauerlich,


    (Müller-Hermann)

    wenn wir heute feststellen müßten, das das Bundesverkehrsministerium, wenn es in den letzten Jahren schon nicht eine Verkehrskonzeption hat entwickeln können, nicht einmal die statistischen Voraussetzungen und eine wissenschaftliche Analysierung des Materials so weit betrieben hat, daß heute auf gesicherten Grundlagen, die von der öffentlichen Meinung respektiert und anerkannt werden können, die Erarbeitung neuer Gesetzesvorschläge möglich ist. Die Frage an den Herrn Bundesverkehrsminister ist: Wie sieht es mit diesen Unterlagen aus,

    (Zuruf von der SPD: Schlecht!)

    und können wir damit rechnen, daß sie der Öffentlichkeit und den beteiligten Wirtschaftsgruppen auch zur gegenseitigen Kritik und Überprüfung übergeben werden?
    Die zweite Bitte, die ich an die Bundesregierung zu richten habe, ist die, daß sie vor endgültiger Beschlußfassung über die Verkehrsgesetzgebung mit allen beteiligten Wirtschaftsgruppen Gespräche führt. Meine Frage an den Herrn Bundesverkehrsminister ist die: Sind die Vorschläge, die er ausgearbeitet hat — und die bisher so geheimgehalten worden sind, daß man sie nur an der Milchbar des Bundeshauses gegen Schwarzmarktpreise ausgehändigt bekommen konnte —,

    (Heiterkeit)

    ist diese Verkehrsvorlage nur mit der Bundesbahn oder auch mit den anderen an den Verkehrsproblemen beteiligten Wirtschaftsgruppen und Verkehrsträgern abgesprochen worden? Nicht nur ich, sondern auch eine Reihe von anderen Kollegen aus meiner Fraktion haben in den letzten Wochen mit fast allen an den Verkehrsproblemen beteiligten Wirtschaftsgruppen Gespräche geführt, um sich über die Ansichten zu informieren. Wir kennen ja alle die Memoranden, Stellungnahmen und Gutachten, die bereits vorliegen und die — davon können wir überzeugt sein — in noch verstärktem Maße in den nächsten Wochen und Monaten auf unsere Tische flattern werden. Wir wissen alle, daß wir den sehr ernsthaften Versuch machen müssen, die verkehrspolitischen Probleme nicht im Blick auf einen Verkehrsträger oder auf eine Wirtschaftsgruppe zu lösen, sondern daß wir versuchen müssen, diese Probleme ausschließlich unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu lösen. Die Memoranden der verschiedenen Gruppen stellen ja letzten Endes nur Ausgangspositionen fest; denn soweit ich ermitteln konnte, besteht bei allen Beteiligten die Einsicht, daß es ohne Konzessionen von allen Seiten einfach nicht gehen wird. Ich wünschte, daß wir von seiten des Bundestages nur eine gesetzgeberische Form für etwas zu beschließen hätten, das vorher durch eine freie Vereinbarung der Beteiligten ausgehandelt worden wäre. Sicherlich ist das eine Ideallösung, auf die wir nicht rechnen können. Aber ich bin überzeugt, daß sich in sehr vielen Punkten zwischen den einzelnen Wirtschaftsgruppen prinzipielle und auch ins einzelne gehende Übereinstimmungen werden erzielen lassen; denn es besteht wohl Klarheit darüber, daß die Lösung der Frage nur mit dem gesunden Menschenverstand und mit vernünftigen volkswirtschaftlichen Überlegungen vor sich gehen kann und daß sich daraus zwangsläufig gewisse Wege als notwendig ergeben werden.
    Ich bedauere, daß die heutige Diskussion über die beiden Großen Anfragen in Ermangelung einer
    Vorlage der Regierung wahrscheinlich mehr oder weniger im luftleeren Raum stattfinden wird.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Meine Bitte an den Herrn Bundesverkehrsminister und auch an Herrn Vizekanzler Blücher als den Vorsitzenden des Wirtschaftskabinetts geht dahin: Sorgen Sie bitte dafür, daß die Kabinettsvorlage so schnell wie möglich zum Abschluß gebracht wird, damit wir auf einer gesicherten Grundlage, von einer bestimmten, in Worte gefaßten Ausgangsposition aus hier in kurzer Zeit eine detaillierte Verkehrsdebatte führen können, die uns dann hoffentlich einen wirklichen Schritt vorwärts bringen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Zur Beantwortung der Großen Anfrage hat das Wort der Herr Bundesminister für Verkehr.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Christoph Seebohm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für das Interesse an der Verkehrspolitik, das die beiden großen Fraktionen des Hohen Hauses durch ihre Großen Anfragen bekundet haben, kann der Bundesminister für Verkehr nur dankbar sein. Aus Zeitgründen werde ich mich in meiner Antwort allerdings im wesentlichen auf die beiden großen Inlandsverkehrsträger und ihre Probleme beschränken müssen.
    Die beiden Großen Anfragen der Fraktionen der SPD und der CDU/CSU decken sich zu einem Teil. Die Punkte 3 unid 4 der Großen Anfrage der SPD werde ich zusammen mit der Großen Anfrage der CDU/CSU beantworten können. Nur die beiden ersten Punkte der SPD-Anträge bedürfen gesonderter Beantwortung, und ich möchte mich daher ihnen vorweg zuwenden.
    Die Fraktion der SPD fragt zunächst, welche Maßnahmen die Bundesregierung zur Wiederherstellung einer geordneten Wirtschaftsentwicklung im Bereich der Deutschen Bundesbahn ergriffen hat unid welchen Erfolg diese Maßnahmen zu verzeichnen hatten.
    Meine Damen unid Herren! Bereits im Frühjahr des vorigen Jahres hat das Bundesverkehrsministerium eine Reihe von Vorschlägen ausgearbeitet und sie in einer Kabinettsvorlage vom 16. April 1953 zusammengefaßt. Diese Vorschläge sollten der Verbesserung der wirtschaftlichen und finanziellen Lage der Deutschen Bundesbahn dienen. Dieses sogenannte erste Bundesbahnprogramm erstreckte sich auf
    1. Kreditmaßnahmen,
    2. Steuermaßnahmen,
    3. tarifpolitische Maßnahmen,
    4. Rationalisierungsmaßnahmen,
    5. Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen der Bundespost und der Bundesbahn.
    Dias Kabinett hat dieses erste Bundesbahnprogramm eingehend beraten und es in seiner Sitzung am 8. Mai 1953 im Grundsatz gebilligt. Bedauerlicherweise konnten jedoch in der Zwischenzeit, durch die Neuwahlen und ihre Vorbereitung bedingt, nicht alle wichtigen Punkte, insbesondere nicht die gesetzgeberisch zu regelnden Punkte, dieses Programms durchgeführt werden.
    Im einzelnen möchte ich dazu noch ausführen:
    1. Die von mir vorgeschlagenen Kreditmaßnahmen sahen die Gewährung eines Darlehens des


    (Bundesminister Dr. Seebohm)

    Bundes an die Deutsche Bundesbahn vor, und zwar in Höhe des in einem Zeitraum von vier Jahren entstehenden Aufkommens an Beförderungsteuer im Bundesbahnverkehr. Dieses Darlehn sollte vor allem der Erneuerung und Ausbesserung des Oberbaus der Deutschen Bundesbahn, also besonders der Wiederherstellung und Verbesserung der Gleisanlagen, dienen. Das Aufkommen an Beförderungsteuer im Bundesbahnverkehr beläuft sich jährlich auf etwa 250 Millionen DM. Der Deutschen Bundesbahn sollte demnach in vier Jahren der Betrag von insgesamt einer Milliarde D-Mark für den genannten Zweck zufließen. Im Jahre 1953 hat die Deutsche Bundesbahn zwar keine Beförderungsteuer an den Bund abgeführt; der Betrag von 250 Millionen DM aber konnte nicht wie beabsichtigt für zusätzliche Arbeiten im Oberbau verwendet werden, sondern mußte zur Dekkung des Kassendefizits herangezogen werden.
    Ferner hatte ich vorgeschlagen, daß die Deutsche Bundesbahn eine Forderung aus Leistungen für die Besatzungsmächte an den Bund abtritt. Die gesamte Forderung der Deutschen Bundesbahn aus Leistungen für die Besatzungsmächte belief sich auf 106,7 Millionen DM. Davon hat der Herr Bundesminister der Finanzen einen Betrag von 93,5 Millionen DM auf den Bund übernommen und gegen rückständige Beförderungsteuern aufgerechnet. In Höhe dieses Betrages ist also der finanzielle Status der Deutschen Bundesbahn verbessert worden. Außerdem hatte der Herr Bundesminister der Finanzen Ende April 1953 die Zahlung der gesetzlichen Gehaltserhöhung dadurch ermöglicht, daß er der Deutschen Bundesbahn im Vorgriff auf das Bundesdarlehen aus dem Haushalt 1953/54 einen Betrag von 60 Millionen DM überwies. Dieser Betrag soll der Deutschen Bundesbahn zusätzlich als Darlehen belassen bleiben.
    Schließlich hat die Deutsche Bundesbahn auf meinen Antrag zur Behebung der Kassenschwierigkeiten eine Überbrückungshilfe von 200 Millionen DM erhalten. Die Bank deutscher Länder hat in dieser Höhe unverzinsliche Schatzanweisungen der Deutschen Bundesbahn auf dem Kreditmarkt untergebracht.
    2. Die Steuermaßnahmen, die in meinem ersten Bundesbahnprogramm vom 16. April 1953 vorgesehen waren, sind in diesem Hohen Hause im Sommer vorigen Jahres eingehend beraten worden. Diejenigen von Ihnen, meine Damen und Herren, die bereits dem ersten Bundestag angehörten, werden sich daran erinnern. Bekanntlich haben damals die Fraktionen der CDU/CSU, der FDP und der DP sowie drei Abgeordnete der SPD zwei Initiativanträge eingebracht. Der eine Initiativantrag betraf die Änderung der Kraftfahrzeugsteuer, der andere die Änderung der Beförderungsteuer. Beide Anträge entsprachen etwa den vom Kabinett am 8. Mai 1953 grundsätzlich gebilligten Vorschlägen des Bundesministers für Verkehr.
    In der Kraftfahrzeugsteuer sollte die bisherige Begünstigung für die schweren Lastkraftwagen und Kraftomnibusse wegfallen. Der sogenannte Knick in der Steuerstaffel sollte beseitigt werden. Ferner sollte der Steuersatz für Anhänger erhöht werden. Die Beförderungsteuer sollte auf den gewerblichen Güternahverkehr, der bisher nur Umsatzsteuer bezahlt hat, und auf den Werknahverkehr, der bisher steuerfrei war, ausgedehnt werden. Der Werkfernverkehr ist bekanntlich seit längerer Zeit der Beförderungsteuer unterworfen.
    Beide Initiativanträge wurden von dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und von dem Ausschuß für Verkehrswesen des 1. Bundestages beraten und im wesentlichen mit Stimmenmehrheit angenommen. Das Plenum des 1. Bundestages hat diese beiden Änderungsgesetze leider nicht mehr verabschieden können.
    3. Bei den tarifpolitischen Maßnahmen stand besonders die Ermäßigung der Eisenbahntarifklassen A bis D des deutschen Eisenbahn-Gütertarifs im Vordergrund. Ich habe gegen diese Maßnahmen Bedenken gehabt, weil ich bezweifelte, daß für die Deutsche Bundesbahn ein echter Verkehrszuwachs eintreten werde, der den Verlust durch die Tarifminderung aufwiegen würde. Daneben habe ich den Einnahmeausfall des gewerblichen Güterverkehrs vermeiden wollen und weiter vermeiden wollen, daß der gewerbliche Güterverkehr zwecks Ausgleichs verstärkt in die Massengüter einzudringen versucht. Die Deutsche Bundesbahn dagegen hatte auf diese Tarifänderung besonderen Wert gelegt, weil sie der weiteren Abwanderung hochtarifierter Güter von der Schiene zur Straße vorbeugen wollte. Die Bundesregierung hat durch Beschluß dem Antrag der Deutschen Bundesbahn entsprochen. Der Beobachtungszeitraum reicht heute noch nicht aus, um endgültig über Erfolg oder Mißerfolg dieser Maßnahme zu urteilen.
    Von weiteren größeren tarifpolitischen Maßnahmen wurde damals abgesehen; denn sie können ihre volle Wirkung nur im Rahmen eines verkehrspolitischen Gesamtprogramms entfalten. Hierauf werde ich noch eingehen.
    4. Ich bin mit der Leitung der Deutschen Bundesbahn darüber einig, daß die Deutsche Bundesbahn ihren Betrieb verstärkt rationalisieren und modernisieren muß, um den wachsenden Anforderungen der Wirtschaft entsprechen zu können und wettbewerbsfähig zu bleiben. Nur einige wenige bereits eingeleitete wichtige Rationalisierungsmaßnahmen möchte ich hier kurz erwähnen.
    Das Bundesbahnprogramm vom 16. April 1953 sieht eine Personaleinsparung in den Jahren 1953, 1954 und 1955 um weitere 45 000 Köpfe vor. Ich darf das Hohe Haus daran erinnern, daß die Bundesbahn bereits seit 1949 eine Einstellungssperre erlassen hat, um Personaleinsparungen durchzuführen, die sozial vertretbar sind. Diese Einstellungssperre hat zu einer erheblichen Verminderung des Personalbestandes geführt; aber diese Verminderung ist größtenteils aufgewogen worden durch die gesetzlichen Maßnahmen, die in der ersten Legislaturperiode beschlossen wurden, insbesondere durch das Gesetz gemäß Art. 131 des Grundgesetzes, das zu einer Neueinstellung, besser gesagt zu einer Wiedereinstellung von 41 000 Bediensteten führte. Bei der Personaleinsparung, die jetzt vorgesehen ist, sollen wie bisher alle sozialen Härten nach Möglichkeit vermieden werden. Von. den natürlichen Abgängen in Höhe von 22 000 Köpfen jährlich sollen jeweils 15 000 nicht wieder ersetzt werden. Dadurch sind im Jahre 1953 bereits 30 Millionen DM an Personalausgaben eingespart worden. Die Einsprung wird sich bis Ende 1956 auf jährlich 180 Millionen DM erhöhen.
    Außerdem konnten im Jahre 1953 die Lagervorräte der Deutschen Bundesbahn, durch die erhebliche Mittel gebunden waren, im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung, die eine schnelle Deckung der notwendigen Materialien aus dem Markt ermöglicht, um 80 Millionen DM gesenkt werden. Die


    (Bundesminister Dr. Seebohm)

    Einsparung ist allerdings einmalig. Im laufenden Jahr werden wesentliche Einsparungen auf diesem Gebiet nicht mehr erzielt werden können.
    Ein weiterer Punkt der Rationalisierung war die Einschränkung des Werkstättendienstes. In Ausführung des Bundesbahnprogramms vom 16. April 1953 hat die Deutsche Bundesbahn Maßnahmen eingeleitet, die den Werkstättendienst dem infolge der technischen Entwicklung abnehmenden Arbeitsvolumen anpassen und gleichzeitig weiter rationalisieren sollen. In gleicher Weise sind Bestrebungen im Gange, überzählige Ämter einzusparen. Sie wissen, daß das hier im Raume Bonn in letzter Zeit zu gewissen Auseinandersetzungen, auch in den Zeitungen, geführt hat. Dabei ist die Deutsche Bundesbahn anerkennenswerterweise bemüht, einen gerechten Ausgleich zwischen ihren wirtschaftlichen Interessen, den arbeitsmarktpolitischen Notwendigkeiten und den sozialen Belangen ihrer Bediensteten zu finden.
    Eine besondere Sorge bereitet dem Bundesminister für Verkehr und der Deutschen Bundesbahn die Vereinfachung des Nebenbahnbetriebes. Auf Grund des Bundesbahnprogramms vom 16. April 1953 habe ich den Vorstand der Deutschen Bundesbahn gebeten, eingehend zu untersuchen, wie der Nebenbahnbetrieb wirtschaftlich gestaltet werden kann. Seit 1949 hatte die Leitung der Deutschen Bundesbahn bei dem Bundesminister für Verkehr nur in drei Fällen Antrag auf Teileinstellung des Betriebes von Nebenbahnen gestellt. In welchem Umfange Nebenbahnen geschlossen werden, steht noch dahin. Diese Frage darf nicht allein unter sozialen und politischen Gesichtspunkten gesehen werden. Die Nebenbahnen sind vielmehr auch Zubringer des Verkehrs auf den Hauptstrekken und haben dadurch oft eine wesentlich größere wirtschaftliche Bedeutung für das Gesamtnetz, als ihre spezielle Betriebsabrechnung ergibt. Die umfangreichen Untersuchungen bei den 482 Nebenbahnen sind noch nicht abgeschlossen. Anträge auf Einstellung bestimmter Strecken sind bei dem Bundesminister für Verkehr bisher noch nicht gestellt. Wir haben allerdings bereits durch eine Vereinfachung in der Bedienung der Nebenbahnen, z. B. durch den Einsatz von Schienenomnibussen an Stelle aufwendiger Dampfzüge, Ersparnisse auf diesem Gebiet erzielt und Nebenstrecken wirtschaftlich aktiv gestalten können, und wir hoffen, im Laufe der nächsten Jahre auch hier zu einer spürbaren Ausgabenminderung zu gelangen.
    5. Als letzte Maßnahme war in dem vom Bundeskabinett gebilligten ersten Bundesbahnprogramm vom 16. April 1953 eine enge Zusammenarbeit zwischen der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost im Kleingut- und im Straßenomnibusverkehr vorgesehen. Die Verhandlungen darüber sind noch nicht abgeschlossen. Leider konnte auch das Gesetz über die Personenbeförderung zu Lande wegen sehr schwieriger Ressortverhandlungen von der Bundesregierung noch nicht verabschiedet und dem Hohen Hause zugeleitet werden. Im ersten Bundestag war es leider zeitlich nicht mehr möglich, diese Frage noch zu behandeln.
    Meine Damen und Herren! Wenn ich jetzt zu Punkt 2 der Großen Anfrage der Fraktion der SPD übergehe, so glaube ich, mich sehr kurz fassen zu können. Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn hat vor einigen Wochen eine Broschüre „Verkehrspolitische Forderungen der Deutschen Bundesbahn" veröffentlicht, die der Herr Abgeordneter Dr. Bleiß hier soeben in der Hand gehabt hat und die auch in der Presse, insbesondere in der Fachpresse, eingehend besprochen worden ist. Ich darf ihren Inhalt daher als bekannt voraussetzen. Weitere Forderungen hat die Leitung der Deutschen Bundesbahn auch der deutschen Bundesregierung nicht unterbreitet. Die Denkschrift der Deutschen Bundesbahn ist mir erst zu einem Zeitpunkt überreicht worden, in dem die verkehrspolitische Konzeption des Bundesministeriums für Verkehr nach der Neubildung der Bundesregierung bereits vorgelegt war.
    Der Verband Deutscher Nichtbundeseigener Eisenbahnen hat der neugebildeten Bundesregierung offiziell keine Vorschläge unterbreitet. Allerdings steht mein Haus mit dem Verband Nichtbundeseigener Eisenbahnen in laufender enger Verbindung. Obwohl für die nichtbundeseigenen Eisenbahnen in erster Linie die Länder zuständig sind, hat sich der Bundesminister für Verkehr stets bemüht, den berechtigten Wünschen der nichtbundeseigenen Eisenbahnen im Rahmen des Möglichen Rechnung zu tragen.
    Ich darf in diesem Zusammenhang auf die Frage des Herrn Abgeordneten Müller-Hermann eingehen, der sich erkundigt hat, ob mit allen beteiligten Wirtschaftsgruppen Gespräche geführt worden sind, bevor die Konzeption des Bundesministeriums für Verkehr endgültig abgeschlossen worden ist. Sie wissen, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß es üblich ist, solange im Kabinett keine Abstimmung über grundsätzliche Voraussetzungen bestimmter Vorlagen erfolgt ist, diese Vorlagen als vertraulich zu behandeln. Ich habe deshalb zwar Gespräche mit den Spitzen der beteiligten Wirtschaftsgruppen geführt, aber streng unter dieser Voraussetzung der Vertraulichkeit, die es den Herren nicht gestattete, etwa die Mitglieder ihrer Verbände über die geplanten Maßnahmen zu unterrichten, die es aber wohl zuließ, daß diese Herren meinen Mitarbeitern und mir ihre speziellen Sorgen und Wünsche vortrugen.
    Daß in der letzten Zeit eine solche Fülle von Denkschriften erschienen ist, dürfte darauf zurückzuführen sein, daß die Herren aus diesen Gesprächen mit uns doch ein ganz erhebliches Material sowie Anregungen geschöpft haben, die sie dann veranlaßt haben, ohne direkt auf diese Gespräche einzugehen, ihre Stellungnahme zu den Verkehrsproblemen darzulegen. Wir verfügen daher über eine Fülle von Denkschriften, aus denen wir die Auffassungen der einzelnen Verbände und Wirtschaftsgruppen sehr wohl kennen. Ich darf darauf hinweisen, daß selbstverständlich in den letzten vier Jahren stets in enger Zusammenarbeit mit all diesen Gruppen gearbeitet worden ist und daß die Probleme, die jetzt anstehen, wie auch aus den Begründungen der Großen Anfragen hervorgegangen ist, nicht etwa neuesten Datums sind, sondern uns schon lange beschäftigen.
    Herr Abgeordneter Müller-Hermann hat weiter nach Zahlenmaterial gefragt. Worüber wir zur Zeit an Zahlenmaterial zur Begründung der Regierungsvorlage verfügen, haben wir den Mitgliedern des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestags unterbreitet.
    Ich darf aber hier auf folgendes aufmerksam machen. Die Frage des statistischen Materials und sei-


    (Bundesminister Dr. Seebohm)

    ner Beschaffung für den Verkehr hat uns in den letzten Jahren schon laufend große Sorge bereitet und uns in ständige und enge Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt geführt. Die Möglichkeiten, statistisches Material über die Verkehrsvorgänge zu beschaffen, sind leider nicht nur bei uns, sondern in der ganzen Welt verhältnismäßig beschränkt. Die Bundesbahn verfügt natürlich über ausreichendes statistisches Material; aber auf dem Gebiet der anderen Verkehrszweige, insbesondere auf dem Gebiete des Straßenverkehrs, ist dieses statistische Material sehr dünn und lange nicht in dem gewünschtem Maße vorhanden, auch nicht bei dem Statistischen Bundesamt. Erst mit dem Güterkraftverkehrsgesetz, das der Erste Bundestag beschlossen hat, haben wir überhaupt die gesetzlichen Voraussetzungen erhalten, um den Werkverkehr in die Verkehrsstatistik einzubeziehen. Naturgemäß brauchen solche statistischen Maßnahmen erhebliche Anlaufzeiten und bereiten in ihrer endgültigen Formung viel Schwierigkeiten. Ich darf darauf hinweisen, daß wir deswegen ja niemals eine laufende statistische Untersuchung im ganzen Verkehrswesen, sondern immer nur Repräsentativuntersuchungen und -erhebungen gehabt haben. Es ist aber mein ständiges Bemühen gewesen, Unterlagen zu schaffen, die wir dauernd benutzen können. Deshalb habe ich seinerzeit einen Ausschuß einberufen, der sich mit der Schaffung der Grundlagen für die Selbstkostenermittlung bei den Verkehrsträgern beschäftigen soll. Wir kennen Selbstkostenrechnungen im Verkehr in der Welt nur für einzelne Sparten, kennen sie auch in den Vereinigten Staaten nicht so, daß wir auch nur Vergleichszahlen gewinnen könnten. Wir haben uns sehr große Mühe machen müssen — und das hat des Schweißes wirklich sehr guter Sachverständiger bedurft, und zwar in einer verhältnismäßig langen Zeit, wobei ich selbst sehr bedaure, daß ich die Arbeiten in ihrem Zeitablauf nicht stärker habe straffen können —, um überhaupt erst die Grundlagen für diese Statistik zu erarbeiten. Wir brauchten ja eine Statistik, die nicht nur den einzelnen Verkehrsvorgang mit seiner Vorbereitung, mit dem eigentlichen Transport, der Auflösung des Transportes und seinen Nebenkosten erfaßt, sondern wir müssen, nach Kostenstellen und Kostenarten gegliedert, eine Selbstkostenrechnung des Verkehrs erarbeiten, die hinsichtlich der einzelnen Verkehrsträger brauchbare und vergleichbare Resultate liefert. Und hier liegt allerdings der Hund begraben.
    Ich darf Sie bitten, wenn Sie diese Frage einmal sehr ernsthaft untersuchen wollen, sich mit den Verkehrswissenschaftlern unserer Universitäten und Hochschulen darüber zu unterhalten. Sie werden von ihnen bestätigt bekommen, daß bisher derartige statistische Unterlagen über den Verkehr nur unzureichend vorlagen und über die Selbstkosten im Verkehr praktisch überhaupt nichts vorhanden gewesen ist.
    In diesem Zusammenhang möchte ich auf einige Ausführungen unseres Herrn Kollegen Dr. Bleiß eingehen. Er hat darauf hingewiesen, daß nach Zeitungsnachrichten die Bundesbahn ein Defizit für das verflossene Jahr von 680 Millionen DM zu verzeichnen habe. Wenn ich sage, daß sie nur ein Defizit von 605 Millionen DM aufzuweisen hat, so will ich damit der Tatsache, die Herr Dr. Bleiß herausstellen wollte, natürlich nicht entgegentreten. Ich teile mit ihm die Sorge, die er über diese Entwicklung hat. Ich darf aber das Hohe Haus
    darauf aufmerksam machen, daß die Deutsche Bundesbahn im Schnitt der Jahre 1949 bis 1952 einen
    Ausgleich ihrer Betriebsausgaben durch die Betriebseinnahmen aufweist und daß in diesen vier
    Jahren, also im ganzen gerechnet, kein Defizit entstanden ist, das sich aus dem Verhältnis der Betriebseinnahmen zu den Betriebsausgaben, also aus
    der reinen Betriebsrechnung, ergab. Die Verluste,
    die im Jahre 1953 eingetreten sind, sind im wesentlichen darauf zurückzuführen, daß wir durch
    gesetzliche Maßnahmen eine Erhöhung der Gehälter, denen eine Erhöhung der Löhne folgte, gehabt
    haben und daß die Eisen- und Kohlenpreise für
    die Bundesbahn nicht unerheblich gestiegen sind,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Mehrbelastungen, die ich insgesamt pro Jahr mit 600 bis 700 Millionen DM beziffere, die also praktisch jenem Defizit entsprechen, das im letzten Jahr ausgewiesen worden ist.
    Dazu darf ich darauf hinweisen — und das dürfen wir in dieser Diskussion nicht vergessen —, daß die Einnahmen des gesamten Verkehrs gegenüber der gesamtwirtschaftlichen Preisentwicklung zurückgeblieben sind. Der Anteil der Verkehrsleistungen am Brutto-Sozialprodukt ist 1952 gegenüber dem Jahre 1936 um 10% gesunken und also nicht gestiegen. Die Indizes der Tonnenkilometerleistung liegen für 1952, wenn wir 1936 gleich 100 setzen, für die Bundesbahn bei 120 und für die Binnenschiffahrt ohne den internationalen Durchgangsverkehr bei 101. Der Rückgang der Wertschöpfung der Verkehrsleistung am Sozialprodukt ist also rein wert- oder besser rein preismäßig zu erklären. Diese Entwicklung wird durch einen Vergleich der Transportkostenanteile am Warenpreis bestätigt. Zum Beispiel lag im süddeutschen Kohlenverkehr die Transportkostenbelastung vor dem Krieg bei etwa 40 bis 42% des Preises; heute ist sie auf etwa 28 bis 30% des Preises abgesunken. Fs kann daher wohl kaum bestritten werden, daß die Entgelte der Verkehrsträger, insonderheit der Bundesbahn, weit hinter der Entwicklung der Warenpreise zurückgeblieben sind. Infolgedessen wird im Zuge der Sanierung der Bundesbahn — darauf habe ich auch schon früher hingewiesen — eine Verbesserung der Einnahmen im Rahmen des wirtschaftlich Möglichen unerläßlich sein.
    Der Herr Abgeordnete Dr. Bleiß hat sich weiter zu den Gründen der Verkehrskrise geäußert. Ich darf sagen, sehr verehrter Herr Dr. Bleiß: für mich liegt der tiefste Grund dieser Verkehrskrise — worauf auch Herr Abgeordneter Müller-Hermann schon hinwies — in der Zerreißung Deutschlands. ich werde Ihnen das mit einer sehr einfachen Zahl belegen. Die durchschnittliche Entfernung der Transporte der Bundesbahn beträgt zur Zeit 203 km. Würde diese durchschnittliche Entfernung der Transporte auf 300 km steigen, so würden wir um ein Drittel mehr Einnahmen aus dem Güterverkehr haben, und dieses Drittel Mehreinnahmen würde etwa einer Milliarde DM entsprechen. Auch wenn Sie die Mehrkosten, die dabei anfallen, in Abzug bringen, kommen Sie daraus doch zu einer wesentlichen Deckung des zur Zeit vorliegenden Defizits, rein in seiner Zahlengröße betrachtet.
    Wir dürfen auch nicht vergessen — darauf ist ja ebenfalls bereits hingewiesen worden —, daß der Wiederaufbau der zerstörten Anlagen bei unseren Eisenbahnen aus ihrer eigenen Kraft erfolgt


    (Bundesminister Dr. Seebohm)

    ist und bisher außer Darlehen und Anleihen keinerlei verlorene Zuschüsse der Deutschen Bundesbahn zugeflossen sind. Aber ich möchte doch fragen, sehr verehrter Herr Dr. Bleiß, ob Sie Ihr Wort aufrechterhalten, daß kein ernster Versuch zur Behebung des technischen Rückstands der Bundesbahn gemacht worden sei. Ich glaube, im Interesse der Bediensteten der Bundesbahn und ihrer Leitung doch sagen zu können, daß das, was an Behebung der technischen Rückstände unter den gegebenen Voraussetzungen gerade in den letzten vier Jahren geleistet worden ist, doch der allseitigen Anerkennung dieses Hohen Hauses würdig ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und rechts.)

    Sie haben, sehr verehrter Herr Dr. Bleiß, mir den Vorwurf gemacht, daß wir kein Gesetz über die Koordinierung vorgelegt hätten. Ich darf das Hohe Haus ergebenst darauf aufmerksam machen, daß es mir bisher trotz eifrigen Suchens nicht gelungen ist. festzustellen, daß in irgendeinem Land der Welt dieses berühmte Wort „Koordinierung" durch ein Gesetz zur Wirklichkeit geworden ist. Ich habe schon wiederholt darauf hingewiesen, daß dort, wo im Deutschen die Begriffe fehlen, zur rechten Zeit ein Fremdwort sich einstellt und daß an dieses Fremdwort, das eben nicht ein klarer Begriff ist, sich die verschiedenen Illusionen der einzelnen Betrachter klammern. Man kann eine solche Illusion gesetzmäßig kaum fassen, und deswegen hat man auch in den übrigen Ländern der Welt den Ausgleich der Interessen der Verkehrsträger immer wieder mit administrativen Mitteln versucht. Auch wir haben das getan, z. B. in bezug auf das Verhältnis von Binnenschiffahrt zu Bundesbahn. Ich glaube, diese administrativ erreichte Zusammenarbeit zwischen Binnenschiffahrt und Bundesbahn hat doch ein sehr gutes Ergebnis gehabt, nämlich das, daß der Deutsche Bundestag sich bisher nicht, wie es der Deutsche Reichstag nach 1918 in regelmäßigen Abständen tun mußte, mit der Frage einer Subventionierung der Binnenschiffahrt hat beschäftigen müssen. Im Gegenteil, die Binnenschiffahrt hat sich in dieser Relation eines gesunden, freiwillig erreichten Ausgleichs mit der Deutschen Bundesbahn zu unserer Zufriedenheit entwickelt. Sie ist zwar kein ganz stabiles Element geworden, weil sie viel zu sehr innerhalb unserer Grenzen der ausländischen Konkurrenz ausgesetzt ist. Die deutsche Binnenschiffahrt — und das ist einer der Gründe, weshalb man nicht von einer grundsätzlichen Übertragung marktwirtschaftlicher Komponenten auf den Gesamtverkehr sprechen kann — ist kein Inlandsverkehrsträger wie die Binnenschiffahrt in anderen Ländern, denn sie unterliegt im Inland schärfster ausländischer Konkurrenz, insbesondere im grenzüberschreitenden Verkehr und im Transitverkehr. Sie hat daher Anspruch auf einen besonderen Schutz des Staates und kann daher nicht Belastungen auf sich nehmen, die sie zwar im Verhältnis zu den anderen Inlandsverkehrsträgern — nämlich Schiene und Straße — zu tragen vermöchte, die ihr aber im Verhältnis zu ihrer ausländischen Konkurrenz das Lebenslicht ausblasen würde.
    Meine Damen und Herren, ich möchte mich nun den Punkten 3 und 4 der Großen Anfrage der Fraktion der SPD zuwenden und diese beiden Punkte zusammen mit der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CDU beantworten.
    Die SPD-Fraktion fragt, welche Maßnahmen und Gesetze zur Behebung der Eisenbahnkrise und zur Herstellung einer volkswirtschaftlich zweckmäßigen Ordnung des deutschen Binnenverkehrs von der Bundesregierung in Aussicht genommen sind. Sie fragt ferner, ob die Bundesregierung der Meinung ist, daß die gemeinwirtschaftliche Tarifgebarung der Deutschen Bundesbahn auch in Zukunft das Rückgrat der deutschen Verkehrspolitik bleiben muß.
    Die CDU/CSU ersucht in der Großen Anfrage die Bundesregierung um Auskunft, welche verkehrspolitische Linie sie in den nächsten vier Jahren einzuschlagen gedenkt und insbesondere wie sie das Problem Schiene und — ich sage es mit besonderer Bedeutung —, Schiene und Straße einer Lösung zuzuführen beabsichtigt.
    Auf diese beiden Anfragen möchte ich Ihnen folgendes antworten: Das Bundesministerium für Verkehr hat auf Grund von Vorarbeiten, die in das Frühjahr 1953 zurückgehen, nämlich in jene Zeit, als wir erkannten, daß die Bundesbahn infolge der gesetzlichen Belastungen einem Defizit entgegensteuern müßte, bereits umfassende verkehrspolitische Vorschläge ausgearbeitet. Diese Vorschläge sind nach den Besprechungen mit den hauptbeteiligten anderen Ministerien in eine Kabinettsvorlage zusammengefaßt worden, die ich am 12. Dezember 1953 dem Kabinett zugeleitet habe. Die Beratung im Kabinett hat sich jedoch zu meinem Bedauern verzögert.
    In Verfolg der Vorarbeiten aus dem ersten Bundesbahnprogramm hat dann der Herr Bundesminister der Finanzen gemeinsam mit mir den Entwurf eines Verkehrsfinanzgesetzes am 14. Januar 1954 im Kabinett eingebracht. Am 22. Januar hat sich das Kabinett erstmalig mit der von mir vorgelegten verkehrspolitischen Konzeption vom 12. Dezember 1953 und dem Entwurf eines Verkehrsfinanzgesetzes vom 14. Januar 1954 befassen können. Beide Kabinettsvorlagen wurden von ihm zur eingehenden Prüfung an den Kabinettsausschuß verwiesen.
    Ich darf hier darauf verweisen, daß die grundsätzliche Meinung der Bundesregierung im Protokoll der Kabinettssitzung vom 22. Januar niedergelegt und im Bulletin vom 26. Januar 1954 veröffentlicht worden ist. Ich darf mich darauf beziehen und diese Unterlage als bekannt voraussetzen.
    Die Beratungen im Kabinettsausschuß, die eine Entscheidung des Bundeskabinetts vorbereiten sollen, sind noch nicht abgeschlossen, da die Probleme sehr schwierig sind. Auch Sachverständige werden selbstverständlich dazu gehört. Die Beratungen sind jedoch so weit gediehen, daß ich hoffe, daß der Wirtschaftsausschuß des Kabinetts noch in diesem Monat die Entscheidung des Kabinetts anrufen kann. Ich kann daher heute zu meinem großen Bedauern noch nicht die verkehrspolitischen Maßnahmen und Gesetze behandeln, die die Bundesregierung durchzuführen gedenkt, wohl aber kann ich Ihnen die Probleme aufzeigen, um deren Lösung wir uns bemühen.
    Wenn die Bundesregierung in der Lage ist, Anfang März die Gesetzesvorlagen zu verabschieden und die übrigen Punkte des Programms zustimmend oder ablehnend oder mit Abänderungen zu behandeln, dann wird — das darf ich auf die An-


    (Bundesminister Dr. Seebohm)

    frage des Herrn Abgeordneten Müller-Hermann noch bemerken — naturgemäß mit dem Vorlauf an den Bundesrat, dem Rücklauf zum Kabinett und der Einbringung beim Bundestag sicherlich eine Zeit von zwei Monaten vergehen — das ist erfahrungsgemäß der Zeitablauf —, bis das Problem dann hier in erster Lesung besprochen werden kann. Daher war die Auskunft, daß ich nicht damit rechne, daß wir uns vor dem Monat Mai hier im Hohen Hause mit diesen Fragen auseinandersetzen könnten, wohl nicht ganz unbegründet. Wenn es schneller geht, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist darüber niemand glücklicher als ich.