Rede von
Walter
Seuffert
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war den Antragstellern in der Tat bekannt, daß eine Vorlage für ein Kriegsschädenschlußgesetz im Kabinett behandelt worden war. Auch die Veröffentlichungen der Bundesregierung und des Bundesfinanzministers darüber waren uns bekannt. Aber gerade der Umstand, daß nach den Ankündigungen die Regelung der Verbindlichkeiten mit der Behandlung einer Reihe von Entschädigungsfragen in diesem Kriegsschädenschlußgesetz verbunden werden sollte, war für uns der Hauptgrund dafür, diese Anfrage aufrechtzuerhalten und sie heute zur Debatte zu stellen. Auf der einen Seite scheinen uns gerade in dieser Verknüpfung Gründe für die Verzögerung der Regelung zu liegen, deren Berechtigung wir nicht anerkennen. Zum andern befürchten wir, daß hier Dinge miteinander verknüpft werden, die nichts miteinander zu tun haben. Die Regelung der Reichsverbindlichkeiten ist eine Frage der Ergänzung des Währungsrechts, eine Frage der wirklichen Verbindlichkeiten, bei denen wir von Anfang an anerkennen müssen, daß in erster Linie quotale Gesichtspunkte, juristische Gesichtspunkte und Gesichtspunkte der Zahlungsfähigkeit im Vordergrund stehen müssen.
Die Frage der Entschädigungen ist etwas ganz anderes. Hier kommen andere Gesichtspunkte in Betracht. Mit Recht hat der Herr Bundesfinanzminister gesagt, daß die Regelung, wenigstens die „Konsolidierung" der alten Reichsverbindlichkeiten mit der ganzen Finanz- und Steuerreform zusammenhängt, ich beschränke mich auf diesen Ausdruck „Konsolidierung", um deutlich zu machen, daß auch wir uns nicht getrauen möchten, übertriebene Vorstellungen und Illusionen zu erwekken. Dagegen sind Entschädigungsfragen etwas anderes. Es handelt sich also um zweierlei: ob, wie in einer ganzen Reihe von Entschädigungsfällen, durch Kredite aller Art Vorwegregelungen erfolgt, Vorweghilfen gegeben worden sind oder ob solche Hilfen z. B. den Gläubigern der alten Reichsverbindlichkeiten — mit Ausnahme der Rüstungsforderungen usw., die ich erwähnt habe — nicht gegeben worden sind. Gerade in dieser Beziehung haben mich die Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers, die darauf hinausliefen, daß alle Geschädigten gleichartig behandelt werden müßten und daß bei allen Entschädigungsfragen die gleichen Gesichtspunkte maßgeblich sein sollten, mit einiger Beunruhigung erfüllt. Denn hier ist zu unterscheiden zwischen Rechtsfragen, Währungsfragen und Entschädigungsfragen. Ich glaube, diese Differenz, die sich auch die Bundesregierung bei ihren Beratungen im Kabinett und in den Ressorts noch einmal überlegen sollte, ist so wichtig, daß man sie wohl zum Gegenstand einer Besprechung im Ausschuß für Geld und Kredit machen sollte.
Ich stelle deswegen den Antrag:*) Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Regelung der Verbindlichkeiten des Reiches, des Landes Preußen und der anderen nicht umgestellten Verbindlichkeiten unabhängig von der Lösung anderer Kriegsfolgen-Entschädigungsfragen beschleunigt durchzuführen.
Ich bitte Sie, diesen Antrag dem Ausschuß für Geld und Kredit zur Beratung zu überweisen.
*) Siehe Umdruck 10