Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist bedauerlich, daß die Frage der Weihnachtsbeihilfen sich zu einem Problem ausgewachsen hat. Man möchte manchmal meinen, daß der Streit um diese Dinge, der in der weiten Öffentlichkeit entstanden ist, dem Weihnachtsfrieden nicht besonders gut ansteht.
Wir sehen uns nicht in der Lage, dem Antrag der Fraktion der SPD zuzustimmen. Wenn auch fiskalische Überlegungen nicht immer und in allen Fragen allein bestimmend sein können, so sind doch die Zahlen, die hier vom Finanzministerium genannt worden sind, sehr beachtlich, gerade im Hinblick auf die Notlage der Bundespost und der Bundesbahn, die dadurch in einem vielleicht unerträglichen Maße weiter belastet werden würden.
Die weiteren Argumente, die auch in der Öffentlichkeit angeführt worden sind, gehen in zwei Richtungen. Einmal handelt es sich um die fiskalische Frage und zum anderen um die Grundsatzf rage. Wir gehen hier mit der Meinung, die im Beamten-rechtsausschuß geäußert und niedergelegt worden ist, im Grundsatz durchaus einig, obwohl ich gehört habe, daß diese Haltung im Beamtenrechtsausschuß von den Fraktionen sozusagen vorsorglich eingenommen worden ist, bevor der Antrag der Sozialdemokratie überhaupt vorlag. Ich sagte bereits, wir können diesem Antrag aus verschiedenen Gründen nicht zustimmen, nicht bloß aus dem Grunde nicht, den der Herr Vorredner soeben angeführt hat, sondern auch weil sich eben die Lage der Beamtenschaft im ganzen gesehen und zu einem erheblichen Teil durch die Gehaltserhöhungen schon wesentlich gebessert hat.
Das trifft allerdings nur für einen Teil zu. Diese Überlegung hat uns dazu geführt, unseren Änderungsantrag zu stellen. Ein Teil der Beamtenschaft und der im öffentlichen Dienst tätigen Angestellten und Arbeiter hat bis heute noch nicht in vollem Umfange an dem wirtschaftlichen Aufstieg des Volkes teilgenommen. Den Kleinen, der Bevölkerungsschicht, die der Herr Bundeskanzler selber an dieser Stelle ausgesprochen hat, muß noch geholfen werden. Dadurch werden nach unserer Auffassung die Dinge so schwierig, daß sie für den Augenblick die Grundsätze zu verwischen drohen. Wir haben nicht die Absicht, etwa an einer Tendenz mitzuwirken, die allmählich die Weihnachtsbeihilfen sich zu einer festen Übung auswachsen lassen würde. Wir glauben nur, daß es in den Jahren, die uns von einem wirtschaftlichen Aufstieg oder einer Konsolidierung auch der unteren Volksschichten trennen, nicht zu vermeiden sein wird, eine Gleichstellung vorzunehmen, um ein soziales Gefälle zu verhindern.
In der Beurteilung der grundsätzlichen Frage ist man sich ja durchaus nicht einig. In den Ländern hat man bezüglich der eigenen Beamten und eigenen öffentlichen Bediensteten dieselbe Frage prüfen müssen und ist zum Teil zu anderen Ergebnissen gekommen, nicht allein in Nordrhein-Westfalen, wie Herr Kollege Dr. Kleindinst vorhin gesagt hat, sondern z. B. auch in Bayern im vorigen Jahre und noch in diesem Jahre, was dann Gegenstand des überraschenden und an sich bedauerlichen Streites vor dem Bundesverfassungsgericht geworden ist.
Die Dinge liegen uneinheitlich. Die Kommunen sind auf Grund ihrer andern Situation bei den Angestellten vorausgeprescht; die Tarifbindungen haben sie dazu veranlaßt. Der Städtetag, ein Gremium, das sich immerhin auch Gedanken machen wird, hat sich vor einiger Zeit, wie man hört, an die Bundesregierung mit der Bitte gewandt, die Situation noch einmal zu überprüfen, um die Beamten mit den Angestellten und den Arbeitern in den Kommunen gleichzustellen. Es besteht die Gefahr, daß hier gerade in den unteren Einkommensschichten des öffentlichen Dienstes ein Sozialgefälle eintritt, das nicht wünschenswert sein kann.
Deswegen haben wir auch bewußt den Änderungsantrag*) als Parallele zu der Regelung gestellt, die das Hohe Haus bereits in der vorigen Woche auf Grund vorangegangener Schritte der Bundesregierung zur Kenntnis genommen und der es damit zugestimmt hat. Es bestand damals im Hause Einigkeit darüber, daß gewisse sozial schwachen Schichten eine Weihnachtsunterstützung, oder wie immer man sie ihrer Rechtsnatur nach nennen will, gewährt werden müßte. Es ist nun vielleicht auf den ersten Blick erstaunlich, aber bei näherem Hinsehen gar nicht mehr so verwunderlich, daß in den unteren Schichten des öffentlichen Dienstes jeder Art und so auch beim Bund gewisse Parallelen der Notlage doch noch gegeben sind. Wenn auch bei den kleinen Einkommen bis zu 300 DM brutto, wie wir beantragt haben, bereits eine gewisse Besserstellung erfolgen würde, so gibt es doch eine ganze Anzahl von kleinen Gehaltsempfängern, die diesen Betrag bei weitem nicht erreichen.
Noch eines ist zu berücksichtigen: der kleine, schlecht besoldete Beamte oder Angestellte hat in seinem Leben als Angehöriger des öffentlichen Dienstes ganz andere Verpflichtungen. Er kann die Not nicht so zeigen, wie mancher Mensch, dem das Schicksal Arbeit und Brot noch verweigert, sie notwendigerweise zeigen muß. Er muß sich als einer, der im öffentlichen Leben steht, an seinem Platz auch äußerlich den Erfordernissen des öffentlichen Dienstes anpassen, in der Kleidung, in allem, was dazu gehört, in seinem ganzen bescheidenen Standard. Darum glaubten wir, daß es im Sinne der Schließung von sozialen Lücken, die wir nicht gern sehen, doch notwendig wäre, hier die Parallele zu ziehen. Die Sätze, die wir dem Hohen Hause glauben vorschlagen zu sollen, sind die gleichen wie diejenigen, auf die sich die beteiligten Ministerien seinerzeit bereits in der gemeinsamen Bekanntmachung geeinigt haben, und deswegen geht unsere Begrenzung bewußt auf einen ganz kleinen Teil. Er ist nicht allzu klein — das gebe ich gern zu —; aber ich nehme doch an, daß, wenn bereits in der Begrenzung der Beträge nach diesem Vorschlag die Hälfte genommen worden ist und wenn weiterhin ein nicht unerheblicher Teil der höherbesoldeten Beamten, Angestellten und vielleicht auch Arbeiter aus dieser Regelung herausfallen würde,
*) Umdruck 6, siehe Anlage 1 Seite 237.
dann die Zuwendungen des Bundes, die dazu erforderlich wären, bei weitem nicht die Hälfte oder vielleicht noch viel weniger der Voranschläge erreichen würden, die vom Bundesfinanzministerium im Hinblick auf den konkreten Vorschlag der sozialdemokratischen Fraktion ausgearbeitet worden sind.
Ganz ablehnend scheint man ja im Bundesfinanzministerium dieser Frage doch nicht gegenübergestanden zu haben; denn immerhin ist in der gestrigen Beratung des Haushaltsausschusses gesagt worden, daß man kursorisch die Frage geprüft hätte, ob es nicht möglich wäre, zurückgreifend auf eine Verordnung aus dem Jahre 1939, einen Betrag von 8 Mark je Person der zu Versorgenden zu gewähren. Hier allerdings sind sich gestern im Ausschuß alle Fraktionen darin einig gewesen, daß man mit einer solchen Regelung der Angelegenheit mehr schaden als nützen würde. Ich stehe nicht auf dem Standpunkt der Fraktion der SPD, der gestern bekundet worden ist, daß die vorgeschlagene Regelung — 25 Mark für den Empfänger der Besoldung und 10 Mark für die zuschlagsberechtigten Familienangehörigen — einem Almosen entspreche. Für diejenigen, die es angeht, würde es wirklich eine Hilfe bedeuten.
Ich möchte noch einen Einwand, der sehr leicht auftauchen kann, anführen und mich bemühen, ihn von vornherein auszuräumen. Es ist nicht Sinn dieses Antrages und es kann auch nicht seine Folge sein, nivellierende Tendenzen zu begünstigen. Gerade wir, die wir immer energisch die Wiedererrichtung der durch den Krieg verlorengegangenen Sozialstruktur fordern, sind an allem anderen interessiert als an Dingen, die nivellierend wirken könnten. Aber an der unteren Grenze, dort, wo die Grundlage eines gesellschaftlichen Aufbaues liegt,
;) und sie ist etwa bei dieser Größenordnung erreicht, können nach unserer Auffassung im Sinne einer sozialen Gerechtigkeit diese Dinge keine oder zumindest keine entscheidende Rolle mehr spielen. Ich möchte hoffen, daß in dieser weitgehenden Einschränkung der Vorschläge der SPD vielleicht doch haushaltsmäßig die Möglichkeit gegeben wäre, über all die Schwierigkeiten hinwegzukommen, die aus der Diskussion der Probleme in der Öffentlichkeit entstanden sind.
Ich betone noch einmal: Uns kommt es nicht darauf an, damit Regelungen, die den Grundsätzen, die auch wir anerkennen, widersprechen würden, langsam und schleichend einzuführen. Wir sind der Meinung, daß solche Regelungen sobald wie möglich aufhören sollten, wenn die Voraussetzungen für sie entfallen sind. Bis dahin aber glauben wir, diesen Standpunkt vertreten zu müssen, und bitten um Ihre Zustimmung.