Rede von
Dr.
Theodor
Oberländer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich danke Herrn Kollegen Kather für seine Erklärung zur Mitarbeit. Ich darf aber sagen, daß ich nicht glaube, daß jene dreieinhalb Millionen Wähler der CDU/CSU gewissermaßen von der Verantwortung ausgeschlossen sind. Ich glaube nämlich, daß wir diese Verantwortung gemeinsam tragen müssen, und ich hoffe, daß wir auch künftig bei den Fragen, die hier zu behandeln sind, in allen diesen Dingen gemeinsam vorgehen. Denn letzten Endes ist dieses Ministerium für alle Heimatvertriebenen da, gleich wo sie hingehören. In dem Sinne darf ich auch die Hoffnung aussprechen, daß nun endlich einmal eine Einigung der Verbände eintritt. Wir wären vielleicht in manchen Dingen der Eingliederung im Interesse aller — auch der Einheimischen — ein großes Stück weiter, wenn wir nicht so viel Gegensätzlichkeiten gehabt hätten.
Ich darf vielleicht eines hier ganz kurz betonen. Wir müssen doch immer die ernsteste Lage annehmen. Unter diesem Gesichtspunkt hat Herr Kollege Kather völlig recht. Es ist doch so, daß, wenn der Sinn der Vertreibung darin lag, hier Dynamit im Sinne des kalten Krieges zu schaffen, wir heute alles tun müssen, ihn zu beseitigen. Wenn heute eine einzige Krise kommen würde, so würden wir sehen, daß diese Eingliederung, in der wir Bedeutendes geleistet haben, noch lange nicht so weit ist, wie es äußerlich erscheint. Die Menschen haben acht Jahre gewartet. Es ist nun entscheidend, daß in der nächsten Periode dieser Regierung und dieses Bundestages, also in den nächsten vier Jahren, die soziale Struktur unseres Volkes verbessert wird; denn Menschen, die acht Jahre gewartet haben, warten vielleicht nochmals vier Jahre, aber dann gibt es doch nur die Frage, ob Millionen unseres Volkes echt eingegliedert oder ob sie Masse werden. Das ist letztlich die Aufgabe,die die Exekutive zu lösen hat. Wir haben heute vielleicht kaum mehr als ein Viertel echt eingegliedert.
Die Frage der Kompetenz dieses Ministeriums ist angeschnitten worden. Dazu darf ich auch ein Wort sagen: Auf der einen Seite ein Berg von Aufgaben — sie sind eben genannt worden, ich brauche sie nicht zu wiederholen —, auf der andern Seite die Möglichkeit, überall mitzuwirken, anzuregen, allenfalls gehört zu werden, aber sehr wenig wirkliche Entscheidung. Aus diesem Grunde haben wir gesagt: Wenn wir die Dinge jetzt planmäßig anfassen und diesen großen Gefahrenherd, der da ist, beseitigen wollen, muß zumindest versucht werden, mit wenigen Mitteln viel zu erreichen. Sie werden mir recht geben, meine Damen und Herren, daß sich mit dem Lastenausgleich heute vielleicht manches mehr erzielen läßt. Es kann manches besser gemacht werden. Vor allen Dingen muß es jetzt einen Rahmen, einen Plan für diese Eingliederung geben, dem man die Dinge anpaßt. Das ist der Grund dafür gewesen, daß wir gerade diese Koordinierung für so entscheidend gehalten haben. Denn gibt es heute in Westdeutschland eine bessere Aufgabe als die, die Dinge so gesund zu machen, daß wir der Zwangsvermassung der anderen Seite die echte Gliederung der Bundesrepublik gegenübersetzen? Eine bessere Vorbereitung für den Tag X kann es überhaupt nicht geben. In diesem Sinne sehe ich auch die Aufgaben, die ich durchzuführen habe.
Wir sind hier in einem Wettlauf mit der Zeit. Sie haben aus den Zahlen über die Eingliederung des Bauerntums gesehen, daß wir bereits sehr ernste, vielleicht überhaupt nicht wieder einholbare Verluste erlitten haben. Daher dieser Teil der Regierungserklärung! Ich kann nur sagen, daß alles geschehen soll, um im Sinne dieser Regierungserklärung die Probleme in den nächsten vier Jahren zu lösen. Ich bitte darum, daß alle daran mitarbeiten, gleich welcher Auffassung sie sind; denn darüber, daß diese Aufgabe in allernächster Zeit gelöst werden muß, kann es in diesem Hause wohl keine Meinungsverschiedenheit geben. Die Wege mögen verschieden sein; aber wir werden, wie ich überzeugt bin, auch hier zu einer klaren Auffassung kommen.