Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben vielleicht Verständnis für das Gefühl, das mich beschleicht, wenn ich dieses Podium nun zum erstenmal als völlig freier Mann,
— als wirklicher „Freier Demokrat", sehr schön!
— betrete. Es war natürlich so, daß ich — hier und anderswo — bisher noch immerhin in der Zucht des Kabinetts stand
und auch Rücksicht auf die Sonntagsruhe des von mir — ach — so geliebten Herrn Bundeskanzlers nehmen mußte.
— Nein, ich darf Ihnen sagen, meine Damen und Herren: ich freue mich, daß ich jetzt hier — fast möchte ich sagen: Manch' Verloren ist gewonnen — in der politischen Arena stehe und mit Ihnen diesen zweiten Bundestag beginnen kann. Ich möchte meinen, es kann ein schöner Beginn werden. Wir können von ihm viel verlangen. Wir können die doch immerhin beachtliche Tätigkeit des ersten Bundestags in der Form und in der Sache steigern. Wir können auf die Erfahrungen des ersten Bundestags, der ein Stück Tradition gelegt hat, fußen. Wir können auch aus unseren Fehlern lernen, — mea culpa, mea maxima culpa!
Ich möchte den Beginn des zweiten Bundestags unter das Zeichen des guten Willens stellen, und ich bin in dieser Absicht durch die Rede unseres verehrten Herrn Kollegen Ollenhauer zutiefst bestätigt worden. Wieviel guter Wille sprach aus dieser Rede! Vergessen alles, was uns jemals getrennt hat! Ist es nicht so, daß Lehren, die nun hundert Jahre heilig gehalten worden sind, mit einem Male über Bord geworfen worden sind,
daß sogar die Antithese der Marktwirtschaft und der geplanten Wirtschaft abgelehnt wird? Im Grunde bekennt man sich also doch zu der richtigen Wirtschaft, zu der freien Wirtschaft, zur Unternehmerwirtschaft! Auch sind offensichtlich die Zeiten sehr weit, in denen man auf Plakaten las: Wer Schumacher wählt, wählt den Frieden, und wer die anderen wählt, wählt den Krieg! oder in denen man das deutsche Volk aufforderte, sich zwischen Stahlhelm und Strohhut zu entscheiden. Ich will nicht anklagen. Ich sage, es ist ein schönes Zeichen der Verständigung, das uns Herr Ollenhauer heute gegeben hat. Ich möchte zum mindesten seine wirtschaftspolitische und seine grundsätzliche außenpolitische These doch einmal als Arbeitshypothese zugrunde legen. Vielleicht könnten es mehr sein als Arbeitshypothesen, vielleicht könnte es das ehrliche Zugeständnis des guten Willens des ,Gegners sein, und vielleicht könnten wir diese Arbeitshypothesen und diese Zugeständnisse z. B. auf die Unterstellung ausdehnen, daß alle, die in diesem Hause wirken, aus christlicher Verantwortung handeln, daß wir alle in diesem Hause — ich habe persönlich Anlaß, dies zu sagen — für gegenseitige Achtung der religiösen Bekenntnisse in der Öffentlichkeit eintreten und den konfessionellen Frieden als wertvolles Gut erachten und erstreben,
daß wir alle sozial denken und das Soziale wollen, daß wir alle das Ziel haben-, die Not aus unserem Volke zu bannen und denen zu helfen, die sich nicht helfen können, daß wir alle die Lebenslage unseres gesamten Volkes bessern wollen, daß niemand in diesem Hause restaurieren will oder reaktionären oder gar autokratischen Zielen nachstrebt, daß es unser aller Ziel ist, den Frieden zu wahren, und daß wir alle in brennendem Verlangen Deutschland, das ganze Deutschland wiederherstellen wollen.
Wenn wir uns darüber einig wären, könnten wir uns auf den echten politischen Kampf, nämlich auf den Kampf um die richtigen Mittel zur Verwirklichung der gemeinsam als richtig erkannten Ziele beschränken. Wie fruchtbar könnte eine solche politische Arbeit sein! Ich erkenne als das wesentliche Mittel unserer Arbeit das Gespräch, das unmittelbare, vorbehaltlose Gespräch, das löst und das, wenn es echt ist, zum Humanen und damit zum Gemeinsamen führt. Da knüpfe ich an das an, was Herr Kollege Ollenhauer sagt: es gibt ja nicht nur Monologe, es gibt ja auch nicht nur Dialoge — etwa Adenauer—Ollenhauer —, nein, es gibt auch den runden Tisch. Und vielleicht verhindern Gespräche am runden Tisch die Mißverständnisse, will ich einmal sagen, von denen Sie, Herr Kollege Ollenhauer, vorhin so mit Bitterkeit gesprochen haben. Wir sind jederzeit zu jedem Gespräch bereit; denn wir glauben an die Kraft des Gespräches und wir wollen dazu verhelfen, daß niemand in diesem Hause im rein Negativen verharrt. Zu sehr hatten wir im letzten Bundestag diesen Eindruck in den außenpolitischen und in den wirtschaftspolitischen Dingen. Um so schöner die Bekenntnisse, die uns Herr Kollege Ollenhauer heute gemacht hat. Wir wollen uns doch stets des eigentlichen Wesens des Politischen bewußt sein. Politik ist nicht Zustand. Politik ist Handlung, ist Bewegung auf ein bestimmtes Ziel, über die Nahziele hinweg auf das Fernziel, über das wir uns einigen müssen. Wesentliche Aufgabe ist es, mit Geduld und mit Bedacht ein Gefälle des Geschehens zu errichten. Diese Aufgabe muß von Stunde zu Stunde, zumindest von Tag zu Tag neu durchdacht werden. Wir wollen gemeinsam denken. Es darf sich in diesem Hause nicht wiederholen, daß wir in den Schicksalsfragen unseres Volkes uneins sind oder daß gar parteitaktische Erwägungen unsere Entscheidungen über das Schicksal unseres Volkes beeinflussen. Wenn das geschähe, dann wäre das das Zeichen einer beklagenswerten Verkümmerung des politischen Sinnes unseres Volkes.
Die Wahl vom 6. September hat, glaube ich, einen klaren Auftrag erteilt. Das deutsche Volk will, daß die Politik des ersten Bundestages bzw. der ersten Bundesregierung, vor allem ihre Außen-und ihre Wirtschaftspolitik, fortgesetzt wird. Meine Partei erkennt die in der Entscheidung des deutschen Volkes für sie liegende Verpflichtung an, und sie nimmt das Angebot des Bundeskanzlers an, die Zusammenarbeit im bewährten Geiste fortzusetzen. Sie ist überzeugt, daß sie, wie im ersten Bundestag, Wesentliches zur Erfüllung der Aufgaben, die uns gestellt sind, beitragen kann.
Es wäre trügerisch, aus dem Ergebnis der Wahl den Zug oder gar den Zwang zum Zweiparteiensystem herauslesen zu wollen. Ich äußere mich dazu, weil aus den Worten des Herrn Kollegen Dr. von Brentano der Glaube daran und an ein diesem Glauben entsprechendes Wahlrecht herausklang. Ein Zweiparteiensystem und damit im Grunde ein Mehrheitswahlrecht sind nur dort praktikabel, wo zwei Parteien nicht polar sind, sondern das gleiche Staatsleitbild und die gleiche Wirtschafts-und Gesellschaftsordnung vertreten, wenn also eine Wahl nicht jeweils die Grundlagen unseres Staates und unserer Gesellschaft, der Gemeinschaft erschüttert, sondern wenn die Wahl um die praktischen Fragen des Tages und vornehmlich um die Auswahl der Persönlichkeiten geht, in deren Hand die politische Gewalt liegen soll. Ein Wechsel, sagen wir einmal, von einem liberalen Staat mit
einer Wirtschaft des Marktes zu einem sozialistischen Staat mit einer — bisher mußte man das annehmen — zentral gesteuerten Wirtschaft wäre doch viel mehr als der Wechsel einer Regierungsmehrheit. Das wäre ein Übergang von einem System zum andern; das wäre ein völliger Umbruch der gesellschaftlichen Lage. Nicht viel anders wäre ein Übergang zu irgendeiner Form eines theokratischen Staates mit einem ständischen Aufbau der Politik oder der Wirtschaft. Wir Freien Demokraten glauben unsere Mission, an die liberale Aufgabe, an die bestimmende Kraft unserer Haltung, die vor allem von dem tiefen Zusammenhang zwischen geistiger, wirtschaftlicher und politischer Freiheit weiß. Deswegen glauben wir, daß wir ein Recht auf Bestand haben. Es wäre trügerisch, gerade nach den Erfahrungen der letzten Wahl zu glauben, daß das sogenannte Mehrheitsoder Persönlichkeitswahlrecht wirklich eine Auswahl der Persönlichkeiten wäre; ja, die Erfahrungen mit der letzten Wahl — damit beschuldige ich niemand oder setze niemand herab — beweisen das klare Gegenteil. Darum wollen wir uns reiflich überlegen, welches Wahlrecht den politischen Willen unseres Volkes richtig wiedergibt, und wollen nicht vergessen, daß wir — hoffentlich sehr bald — ein Wahlrecht zu schaffen haben, das für die Konstitution des gesamtdeutschen Staates gelten und das dann nicht zu weit von dem Wahlrecht, das hier gilt, entfernt sein soll.
Die Kabinettsbildung, — oh, es wäre viel zu sagen.
Aber, meine Damen und Herren, wir müssen ja darüber reden, insbesondere auch angesichts der Kritik, die Herr Kollege Ollenhauer geübt hat. Ich möchte nur eines sagen: ich bin mit daran schuld — und wenn ich auch das Opfer meines eigenen Willens bin —,
daß der Kanzler stark ist. Regierungsbildung heißt, daß der Kanzler sich die Leute sucht, die er zur Erfüllung seiner politischen Aufgabe braucht; daran ist nichts zu deuteln. Meine Damen und Herren, wir wollen doch wahrlich nicht mit den Erwägungen des kleinen Mannes kommen, der da nach dem Geld schaut.
Ich glaube, wir würden heute noch Brüning und sein Kabinett mit Gold aufwiegen, wenn er politisch Erfolg gehabt hätte, wenn er den Abrutsch in das politische Abenteuer, das mit dem Hitlertum geendet hat, verhindert hätte. Ich meine, die Dinge um eine Regierungsbildung sind doch wahrlich zu bedeutsam, als daß man an sie mit den Maßstäben des kleinlichen Makelns herangehen könnte. Aber ich bin verpflichtet, namens meiner Partei zu sagen, daß wir keinen Wunsch nach einer Vergrößerung des Kabinetts hatten
und daß der Eindruck, der insoweit in die Öffentlichkeit gekommen ist, durchaus falsch ist. Wir haben niemals einen Wunsch danach an den Herrn Bundeskanzler gerichtet, sondern sind auf den Wunsch des Herrn Bundeskanzlers gestoßen. Aber die Stimmung — um Ihnen das genau zu schildern
— in meiner Fraktion war derart, daß wir kurz vor Schluß der Verhandlungen den Beschluß gefaßt haben, dem Herrn Bundeskanzler unseren sehr dringenden Wunsch vorzulegen, das Kabinett klein zu halten, und daß wir uns ausdrücklich bereit erklärt haben, uns mit zwei Ministern zu begnügen. Das war unsere Haltung.
Es ist also unrichtig, was auch der Herr Kollege Ollenhauer geäußert hat, als ob wir bei der Regierungsbildung irgendwelche politischen Geschäfte hätten machen wollen.
Aber ich teile die Meinung des Herrn Kollegen Ollenhauer, daß es nicht sehr erquicklich ist, was sich teilweise bei der Zugrundelegung der konfessionellen Parität in der Zusammensetzung des Kabinetts gezeigt hat. Das rührt auch an Grundfragen des Politischen. Es ist keine richtige Auffassung, wenn man glaubt, die Parität — und wie viele Kategorien der Parität, der konfessionellen, der soziologischen, der geographischen, gibt es? — müßte sich in den politischen Gremien und am Ende — Herr Ollenhauer hat durchaus recht — auch im obersten politischen Gremium niederschlagen. Ich möchte fast von einem Unheil des Schlagwortes der Parität sprechen. Wenn eine Partei aus übergeordneten politischen Gesichtspunkten ans Werk geht, wenn eine Partei in Wahrheit überkonfessionell ist und über den Klassen steht, wenn eine Partei nach Lösungen sucht und nur nach Lösungen sucht, die allen nützen, dann ist es die unsere.
Deswegen haben wir die Vorgänge bei der Kabinettsbildung mit Unbehagen verfolgt.
Man darf sich über die Bedeutung der Wahlen auch nicht täuschen, man darf ihre Wirkung nicht dramatisieren. Man muß sie auch messen an der Skala der Aufgaben, die wir uns stellen.
Darüber sind wir auch verschiedener Meinung. Der Herr Kollege Ollenhauer meint, die Verscheuchung der Not sei ein vornehmliches Gesetz; in der Regierungserklärung ist die Wiedervereinigung als vordringliche Aufgabe gesehen worden. Nun, ich bin ein Mann des Staates, ich sehe die wesentliche Aufgabe, die wir zu erfüllen haben, darin, einen Staat zu bilden, ein Staat zu werden. Da wäre vieles darüber zu sagen, ob diese Wahlen wirklich ein Bekenntnis zum Staate sind, ob das Staatsgefühl, das allein diesen Staat tragen kann, lebendig genug ist. Niemand wird sich doch der Erkenntnis verschließen, daß wir nicht ruhigen Zeiten entgegengehen. Die gewaltige Erschütterung, die seit 40 Jahren durch die Welt geht, ist doch mit dem Jahre 1945 nicht mit einemmal zu Ende gegangen. Das deutsche Volk, dieses schon in seiner staatlichen Einheit zerrissene deutsche Volk, wird schwersten Belastungen entgegengehen und wird ihnen nur gewachsen sein und wird sie nur bestehen können, wenn ein starkes bewußtes Staatsgefühl diesen demokratischen Staat, für den der Herr Kollege Ollenhauer so schöne anerkennenswerte Worte fand, trägt. Darauf kommt es an.
Wir brauchen Bürger des Staates. Eins habe ich in der Regierungserklärung ein wenig vermißt — auch in der Rede des Herrn Kollegen Ollenhauer —: Es wird zuwenig gesagt von den Pflichten des deutschen Volkes, von den Pflichten der deutschen Menschen, es wird zuviel versprochen.
Meine Damen und Herren, am Ende besteht ein Staat ja nicht aus der Bürokratie und nicht aus dem Parlament und nicht aus der Regierung, sondern aus dem, was die deutschen Menschen diesem Staat geben, nicht nur materiell, sondern auch seelisch und geistig geben.
Lag dieser Wille in den letzten Wahlen? Hat das deutsche Volk ein Gefühl für die Verpflichtung zu diesem Staat? Nur wenn es dieses Gefühl hat, wird unser zweiter Versuch, einen demokratischen Staat zu schaffen, nicht so verhängnisvoll scheitern wie der der Weimarer Demokratie.
Ich sehe Gefahren für das Staatsgefühl, meine Damen und Herren, von mancherlei Seiten. Surrogate des Staatsgefühls werden vorgeschoben. Die Konfessionalisierung des öffentlichen Lebens scheint mir übertrieben. Wenn am letzten Samstag und Sonntag in Regensburg bei der Tagung des bayrischen Bauernverbandes die bisherige Organisation der Bauernjugend zerschlagen wurde mit dem Ziele, katholische und protestantische Bauernjugendorganisationen zu schaffen, — ist das ein guter Weg?
Führt dieser Weg zum Staatsbewußtsein, wenn sogar im Ständischen das Religiöse vorangestellt wird, ohne daß ein Erfordernis besteht?
Auch das europäische Denken — möchte ich einmal sagen — das unserer Jugend so gut eingeht, darf nicht zu einem Ersatz des Staatsdenkens werden.
Das Gesetz, nach dem nun nicht nur im 19. Jahrhundert, sondern auch in diesem Jahrhundert unsere Staaten angetreten sind, ist das Gesetz, daß die Menschen einer Geschichte, eines Volkes, einer gemeinsamen Sprache und Kultur zu ihrem Staate wollen. Auch im europäischen Verbinde werden diese nationalen Staaten die politischen Protagonisten sein, und es wäre falsch, wenn man unserer Jugend als Surrogat eines echten Staatsgefühls den Gedanken Europa vor Augen stellen wollte.
Ein Wort zum Föderalismus. An der Stirnwand unseres Saales hängen nun nicht mehr die Landeswappen. An ihre Stelle ist der Bundesadler getreten als Symbol unserer Arbeit an Deutschland. Ich meine, der Bund ist das Größere. Dessen milssen wir uns bewußt sein. Wir müssen uns auf unseren Dienst an Deutschland besinnen und wissen, daß die Länder Stufen zu diesem Altar sind. Aber ich nehme auf, was der Kollege von Brentano vorhin gesagt hat: Dieses Problem wird um so geringer, je größer die wirtschaftliche Freiheit ist. Je geringer die Abhängigkeit des einzelnen vom Staate ist, desto geringer ist auch die Bedeutung des Problems, ob dieser Staat als Land oder als Bund in Erscheinung tritt.
Ich verfolge auch mit Sorge das Bestreben aller möglichen berufsständischen Verbände, sich vor den
Staat zu schieben und Einfluß auf den Staat zu nehmen. Sie wissen, das Wirken der Lobbyisten der verschiedensten Art drängt bis in diese Gänge. Ein trübes Zeichen! Ich meine, es ,darf keine außerpolitischen, es darf vor allem keine anonymen Kräfte geben, die auf den Staat Einfluß zu nehmen oder ihn gar zu beherrschen suchen. Wir, Sie sind allein die Repräsentanten des deutschen Volkes. Sie entscheiden und niemand sonst.
Natürlich spreche ich damit auch das Problem der Gewerkschaften an.
Wir erkennen die Aufgaben der Gewerkschaften vorbehaltlos an. Sie können aber nur bestehen und wirken, wenn sie sich entpolitisieren und legalisieren.
Wenn sie glauben, sie könnten Einfluß auf die Wirtschaftspolitik nehmen, dann vergessen sie, daß die Wirtschaftspolitik ein wesentlicher Teil der Staatspolitik ist und niemals ihrer unmittelbaren Beeinflussung unterliegen darf.
Ich leugne aber keinen Augenblick, daß diese Gefahr genau so für andere Verbände gilt
und daß für diese Verbände diese Warnung in gleicher Weise gilt.
Wenn der Herr Kollege Ollenhauer vorhin festgestellt hat, daß die Gewerkschaften nur an die Willensentschließung ihrer Mitglieder gebunden sind, möchte ich ihm sagen, daß sie auch an die rechtliche Ordnung unseres Staates gebunden sind.
Nun komme ich zu einem besonderen Kummer. Die Regierungserklärung hat kein Wort vom Recht, sie hat kein Wort von der Justiz enthalten. Ich hoffe nicht, daß das mit einer Mißstimmung gegen mich zusammenhängt.
Ich habe ein tiefe Beziehung zum Recht. Vielleicht sehe ich seine Bedeutung stärker als andere. Ich sehe die Krisis des Rechtes als eine der Ursachen der Erschütterung unserer Zeit.
Fin weites Gebiet; ich kann es nicht erschöpfend behandeln. Aber das Unheil für unseren Erdteil begann, als das Rechtsideal erschlaffte, als der Glaube der Menschen an die Unverbrüchlichkeit des Rechtes schwand. Man könnte sagen, daß darin die Tragik der deutschen Geschichte liegt. Kaum hatte sich dieses Rechtsstaatsideal im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts durchgesetzt, da begannen sehr bald wieder die Gegenkräfte lebendig zu werden, gerade der Glaube sozialreformerischer Denker, man könne dem Staat die Aufgabe überbürden. die Ungleichheiten, die in der Welt sind — die Ungleichheiten der Anlagen und der Umstände — vom Staate her auszugleichen. Da begann der Schwund des Rechtes: denn da hat man dem Staate die Pflicht auferlegt, diese Ungleichheiten durch Eingriffe vom Staate her zu egalisieren. Damit schwand die bindende Kraft des Rechtes, und
am Ende stand dann dieses Gestrüpp von Gesetzen, in denen sich der Staat, das öffentliche Leben verstrickte. Hier wurde der Weg zu Lenin und Hitler gelegt.
Das Schlimmste: wenn der Gesetzgeber glaubt, er könne in der Form des Gesetzes alles beschließen. Sie erinnern sich, was in diesem Hause geschah. Das Gesetz, das wegen meines Widerspruches nicht verkündet wurde, über Straffreiheit für 40 Journalisten und Beamte — Platowkreis — in Form einesallgemeinen Straffreiheitsgesetzes verstößt gegen Grundsätze der Verfassung, aber auch gegen Grundsätze des Rechtes, gegen den Grundsatz der Gleichheit vor dem Rechte. Es ist trotzdem beschlossen worden! Wir haben einen besseren Bundestag gewählt. Ich hoffe, daß er auch diesen Sündenfall heilt.
Ich erzähle ihn nur, um Ihnen zu sagen, was Recht und was Rechtsstaat ist.
Das Recht führt doch auch in die Welt und regelt unsere Beziehungen mit den anderen Völkern. Vieles ist hier noch nicht im Gleichgewicht. Ich denke an die Verstöße gegen die Rechtsordnung, die in der Behandlung des deutschen Auslandsvermögens liegen. Ich stelle mit Freuden fest, daß für die Kriegsverurteilten, die im Inland einsitzen, jetzt die Tätigkeit der Gnadenausschüsse begonnen hat. Wir hoffen auf großzügige Erledigung. Wir müssen aber auch an jene denken, die außerhalb Deutschlands noch einsitzen, die jetzt achteinhalb Jahre Untersuchungshaft verbüßt haben. Wir müssen bedenken, was das an Seelenqual, was diese Unsicherheit bedeutet, und wir möchten meinen, daß hier Sühne genug geleistet ist und daß die allgemeinen Grundsätze der Humanität und des Rechtes Platz greifen sollten.
Dabei drängt sich einem auch das Bild des Straßburger Oberbürgermeisters Ernst vor Augen, der ein ähnliches Los zu tragen hat.
Unser Schicksal ist die Außenpolitik, meine Damen und Herren; sie steht im Vordergrund aller Erwägungen. Die Politik der Bundesregierung, die Politik des Bundeskanzlers, der mit vollem Recht bis zum Abschluß der Politik, die er eingeleitet hat, das Außenministerium und damit die Entscheidung der Dinge in seiner Hand behalten hat, wird von uns unbedingt bejaht. Ich glaube nicht, daß die Ausführungen der Opposition Anlaß geben, hier etwas zu ändern. Wir sind vorbehaltlos zur europäischen Kooperation bereit, weil wir nur in ihr die Möglichkeit der Sicherung des Restes sehen, der von Europa geblieben ist. Wir wollen dieses Zusammenwirken mit gleichen Rechten und mit gleichen Pflichten. Ich möchte nach dem, was geschehen ist, die Pflichten unterstreichen. Wir werden mit dem Herrn Bundeskanzler gehen, wenn er eine entschlossene Europapolitik treibt, die die Sicherheit für uns schafft. Wir sind bereit, alles zu tun, um die politische europäische Gemeinschaft mit Mut anzugehen und voranzutreiben. Ich möchte sagen: wir bitten den Herrn Bundeskanzler, hier seine ganze Kraft einzusetzen. Ihm ist diese Aufgabe gestellt; ich möchte meinen, daß ihm die Geschichte den Lorbeer flicht, wenn er sie erfüllt. Dann hat er Europa und damit das Abendland aus einer großen Gefahr gerettet.
Es muß daher jeder irgendwie mögliche Fortschritt auf dem Wege zur politischen, zur wirtschaftlichen, währungs- und finanzpolitischen Integration Europas von uns wahrgenommen werden; ich meine: mit dem guten Gewissen, daß wir den anderen damit noch mehr nützen als uns. Herr Ollenhauer beklagt, daß nicht alle sich anschließen. Wir stimmen seiner Klage zu. Der Umstand kann uns nicht hindern, das Mögliche zu tun. Ich möchte auch meinen, man sollte nicht allzuviel Rücksicht auf die oft kurzsichtige und kleinliche Einstellung einiger Partner in der Montan-Union und vielleicht auch in der künftigen Europäischen Verteidigungsgemeinschaft nehmen.
Wir haben den Wunsch, daß das Verhältnis zu Frankreich befriedet wird, daß die jahrhundertelangen Spannungen und Zwistigkeiten zwischen Deutschland und Frankreich in einer echten und ehrlichen Gemeinschaft überwunden werden. Die Verwirklichung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft ist das dringende Erfordernis. Der Kontinent ist ohne die Beteiligung der Bundesrepublik nicht zu verteidigen.
Der Herr Kollege Ollenhauer hat Betrachtungen darüber angestellt, ob man den Russen den Glauben zumuten kann, daß die Europäische Verteidigungsgemeinschaft wirklich defensiven Charakter trägt. Sie kann nach dem Willen und der Technik keinen anderen Effekt erzielen. Ich glaube, von dieser Stelle sollte man sehr klar und bestimmt ausdrücken, daß sich das deutsche Volk nie und nimmer in irgendeine aggressive Kriegspolitik einlassen wird.
Daß der militärische Beitrag Deutschlands in unserem und im europäischen Interesse am besten im Rahmen einer europäischen Armee geleistet wird, kann ernstlich nicht bestritten werden. Wir freuen uns, daß auch jede Möglichkeit eines deutschen militärischen Abenteuers ausgeschlossen ist. Ich halte die Befürchtungen Frankreichs, die jetzt wieder auftauchen und die von den Russen genährt werden, für unbegründet. Daß die Europäische Verteidigungsgemeinschaft enge Fühlung mit Großbritannien wird suchen müssen, hat der Kollege Ollenhauer mit Recht unterstrichen.
Aus den Äußerungen des Herrn Kollegen Ollenhauer klang so ein bißchen Schadenfreude über die Schwierigkeiten, in die unser Vertragswerk geraten ist. Ich weiß nicht, ob diese Schadenfreude ganz berechtigt ist. Herr Ollenhauer, Sie und Ihre Freunde habe unmittelbar und in der Rückwirkung Ihres Verhaltens manches dazu getan, daß diese Verträge nicht unter Dach und Fach sind. Ich habe es nie verstanden, daß man über das Schicksal des deutschen Volkes Prozesse führt.
Vieles wäre zu sagen; aber meine Zeit ist begrenzt. Ich komme zur Frage der Wiedervereinigung. Wir stellen die Wiedervereinigung und den Grundsatz der Wahrung des deutschen Besitzstandes auf allen Seiten über alles. Wir erheben den Anspruch auf die deutschen Ostgebiete und auf die Saar
und können uns dabei auf die Charta der UNO und die dort festgelegten gültigen Grundsätze berufen.
Unsere Stellung zur Saar: Wir sind bereit, die von uns erstrebte Europäisierung der Wirtschaft vorwegzunehmen. Wir sind auch gewillt, bestimmte wirtschaftliche Interessen Frankreichs an der Saarwirtschaft anzuerkennen, auch Vereinbarungen über die Beteiligung Frankreichs an Kohlengruben zu treffen. Wir bieten Frankreich ferner die Möglichkeit an, während einer Übergangszeit bis zur europäischen Wirtschaftsintegration saarländische Erzeugnisse ohne Transferschwierigkeiten und ohne mengenmäßige Beschränkungen zu beziehen.
Eine politische Europäisierung der Saar lehnen wir ab.
Wir bestreiten die Kompetenz eines saarländischen Parlaments, auch der saarländischen Bevölkerung, über den politischen Status des Saargebiets, d. h. also doch in Wirklichkeit: über den Bestand Deutschlands, zu entscheiden. Auch die Landtagswahlen an der Saar können nicht den Anspruch erheben, als Entscheidung über das Schicksal des Saargebiets zu gelten.
Meine Damen und Herren, es geht um mehr als um die Sicherung des Deutschtums an der Saar. Es genügt also nicht etwa die Teilnahme der Saarbrückener Regierung an der deutschem Kultusministerkonferenz, nein, es geht um die Wiedervereinigung des deutschen Gebietes. Wir wollen nicht vergessen, daß zu diesem Gebiet auch Trierer und Pfälzer Land gehören.
Ein Wort zu Berlin. Herr Kollege Ollenhauer hat gesagt, wir müßten Berlin als einen Teil der Bundesrepublik anerkennen. Ich gehe weiter: Daß Berlin besteht und lebt, ist für uns das Unterpfand dafür, daß Deutschland wiederersteht.
Deswegen, meine Damen und Herren, kann für Berlin gar nicht genug getan werden.
Das wirtschaftliche Ziel muß sein, daß Berlin an die Bundesrepublik so viel liefern kann, wie es aus der Bundesrepublik bezieht. Die vordringliche Sorge gilt den Arbeitslosen, die in Berlin niemals Arbeit finden können, weil Berlin die Funktion der Hauptstadt jetzt nicht mehr hat: dem Heer der Büroangestellten. Ich meine, es müßte ein Weg gefunden werden, sie in der Bundesrepublik in Arbeit zu bringen.
Herr Kollege Mellies hat eben auf die Regierungsbildung in Berlin hingewiesen.
— Nein, ich glaube, Herr Mellies hat es gemacht. Verzeihung! — Ich glaube, Sie geben den Ereignissen dort einen falschen Akzent.
Auch in Berlin gibt es Demokratie und gibt es souveräne Entscheidungen. Daß sich Parteien zusammenschließen und einen Führungsanspruch erheben, verstößt wirklich nicht gegen demokratische Grundsätze. Es tut dem Andenken des auch von mir hochverehrten Herrn Oberbürgermeisters Reuter wirklich keinen Abbruch, daß auf seinem Stuhl jetzt ein Mann anderer politischer Haltung
sitzt. Berlin — damit müssen sie sich abfinden — ist nicht mehr sozialistisch, sowenig wie die Bundesrepublik sozialistisch ist.
Auch hier eine schöne Gemeinschaft und Einheit.
Weiter ein Wort zu dem Raum an der Zonengrenze. Ich meine, das ausgezeichnete Programm, das mein Parteifreund Henn noch am Schluß des ersten Bundestages als Ergebnis sorgfältigster Feststellungen hier verkündet hat, müßte schleunigst verwirklicht werden.
Einige Feststellungen innerpolitischer Art. Die Dienststelle Blank macht einem, soweit ihr spannungsreiches Innenleben nach außen dringt, etwas Sorge.
Es wäre betrüblich, wenn hier nicht wirklich eine stabile und solide Grundlage für den in der Zukunft auf ihr lastenden Überbau geschaffen würde. Ich meine, der Rat erfahrener, politisch denkender Parlamentarier sollte häufig erholt werden.
Wir haben Anlaß, meine Damen und Herren, den Beamten des Bundes für die hingebungsvolle Arbeit, ihre Leistungen während der letzten vier Jahre zu danken. Nur der, der drinsteckte, weiß, wie gearbeitet wurde, mit welchem heiligem Eifer geschafft wurde, daß dieser Staat entstand.
Wir, meine Parteifreunde und ich, bekennen uns nach wie vor zu den bewährten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Wir verwahren uns gegen die Bestrebungen, das Beamtenrecht mit arbeitsrechtlichen Kategorien zu versetzen. Die Verabschiedung des Personalvertretungsgesetzes und die Vereinheitlichung des Beamtenrechts des Bundes und der Länder durch ein Rahmengesetz nach dem Grundgesetz, dann die Überprüfung der Grundsätze der Besoldungsordnung sind dem zweiten Bundestag als dringende Aufgaben gestellt.
Mit gutem Gewissen kann gerade ich die Forderung des Herrn Kollegen Ollenhauer aufnehmen, daß entsprechend dem Gebote des Grundgesetzes jeder ohne Rücksicht auf Glaube und Religion und politische Überzeugung Anspruch auf Tätigkeit im Staate hat. Nun, ich glaube, ich habe im Bundesjustizministerium ein vorbildliches Beispiel dafür gegeben, wie man diese Aufgabe erfüllen kann.
Wir sind besorgt, daß die Aufstockung des Bundesgrenzschutzes auf 20 000 Mann, wahrlich eine dringliche Forderung, trotz der vorbildlichen Bemühungen meines verehrten Herrn Kollegen Lehr und unter Mißachtung des klar geäußerten Willens des Bundestages aus finanziellen Gründen verzögert worden ist. Ich möchte meinen, das Geld wäre hier besser als anderswo angewandt.
Die Neuordnung des Rundfunks und des Fernsehens in der Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes und die Beseitigung des Besatzungsrechts im nordwestdeutschen Raum sind ein dringendes Gebot.
Ein etwas bitteres Wort über den Bundesjugendplan. Er droht der Jugend mehr zu schaden als zu nützen.
Er züchtet Jugendfunktionäre, die aus ihrer Jugend einen Beruf machen wollen.
Er muß insgesamt neu geordnet werden. Auch hier ist die Mitwirkung verantwortungsbewußter Parlamentarier notwendig — wir haben ja Gott sei Dank viele junge Kollegen im Hause —, damit diese Dinge rasch heilsam gebessert werden.
Die Wirtschaft! Nun, da möchte ich gern in ein Streitgespräch mit Herrn Kollegen Ollenhauer kommen.
Ich denke an Diskussionen, die ich mit dem früheren bayerischen Wirtschaftsminister Dr. Zorn im bayerischen Landtag hatte. Heute war mir genau so zu Mute. Ich habe ihn einmal provoziert, im Landtag seine wirtschaftspolitischen Grundsätze darzulegen, mit der Folge, daß meine Freunde und ich ihm mit frenetischem Beifall zustimmten und daß die Sozialdemokraten mit betretenen Gesichtern dabeisaßen.
Ich glaube, heute könnte es so ähnlich sein. Der Herr Professor Schiller wird mit dem Herrn Kollegen Ollenhauer restlos einig sein.
— Ich bin überzeugt!
— Sie sind ja ein zu den Sozialdemokraten verirrter Liberaler, Herr Kollege Schmid!
Ein guter Liberaler!
— Herr Kollege Schmid, ich glaube es gern. Aber ich denke auch an Herrn Kollegen Kreyssig! Er hat schon mit etwas süßsaurer Miene, glaube ich, die Festlegungen seines Kollegen Ollenhauer verfolgt. Und mit dem schönen Geständnis allein ist es nicht getan. Es ist zu wenig, wenn man sagt, Wettbewerb und Planung seien keine echten Antithesen. Zunächst, meine Damen und Herren, muß man wissen: es gibt nur eine richtige Wirtschaft, es gibt nur eine Wirtschaft, und das ist unsere, 'das ist die liberale Wirtschaft, die man auch soziale Marktwirtschaft nennen kann.
Es gibt nur das echte Wirtschaften, die Wirtschaft, die sich gründet auf den Wettbewerb, auf die Leistung des einzelnen, auf die Vertragsfreiheit, auf ein weitgestreutes und gesichertes Eigentum, die sich auch gründet auf den Glauben an die Möglichkeit des wirtschaftlichen und sozialen Ausgleichs im freien Staat, die sich darauf gründet, daß die Stände nur miteinander, nicht gegeneinander wirtschaften können.
— Nun Gott, das ist jetzt ein Hilfswort für eine Arbeitshypothese.
Aber einem patentierten Marxisten dürfte ja diese klassenmäßige Scheidung nicht schwerfallen.
Ich höre es nicht gern, wenn Herr Ollenhauer sagt, er lehne den Gegensatz zwischen Marktwirtschaft und Planwirtschaft ab — darüber ist nicht zu diskutieren —, aber dann sofort wieder unterstellt, es gebe eben weite Bereiche der Wirtschaft, in denen die Marktwirtschaft nicht funktioniere. Hier ist jetzt der springende Punkt. Meine Damen und Herren! Es ist ja schade, daß der Herr Kollege Schoettle jetzt gerade beim Mittagessen ist, sonst würde ich ihm gern einmal vorhalten, was er so im Laufe der Jahre über diese Reservatgebiete, die angeblich für die Marktwirtschaft nicht zugänglich sein sollen, gesagt hat.
Es waren früher einmal die Textilien, die Schuhe, große Teile der Konsumgüterindustrie.
Na, und das ist heute bei Ihnen noch — das ist ja ganz deutlich geworden; Herr Ollenhauer hat es ja gesagt — das Gebiet der Energieversorgung, das Gebiet des Verkehrs, das Gebiet des Wohnungsbaues.
Meine Damen und Herren! Das habe ich langsam erkannt: in der Politik ist noch wichtiger als die richtige Einsicht der Mut,
der den Herren Sozialdemokraten heute fehlt. Be-
grüßen wir es doch: sie sind auf dem rechten Weg,
aber sie haben noch nicht den Mut,
die letzten Hürden zu nehmen. Gewöhnlich straucheln sie immer noch bei jeder Hürde. Schauen Sie einmal rückwärts, was Sie an Hürden umgeworfen haben!
Deswegen haben Sie jetzt ja auch so eine schlechte Zeit im politischen Wettlauf.
Nein, meine Damen und Herren, wir müssen dann schon das Gespräch vertiefen. Also wenn Sie sagen „Marktwirtschaft", wenn Sie sagen „Unternehmerinitiative" — ja, wie können Sie dann diese Punkte ausklammern? Warum soll auf dem Gebiet des Verkehrs,
der Energieversorgung, des Wohnungsbaues etwas anderes gelten? Wir haben ja — Sie und ich, Herr Kollege Schmid — in das Grundgesetz geschrieben, daß diese Bundeseisenbahn nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen verwaltet werden soll!
Dann müßte ich, meine Damen und Herren, jetzt die Herren Sozialdemokraten weiter fragen: Herr Ollenhauer fordert Mitbestimmungsrecht — nicht
nur für die Grundstoffindustrie, nicht nur für Kohle und Eisen, sondern nun auch eine Ausweitung des Betriebsverfassungsgesetzes.
Er ist sich nicht bewußt, daß mit dem wirtschaftlichen Mitbestimmungsrecht die Unternehmerinitiative nicht vereinbar ist, daß sie ein Widerspruch dagegen ist.
— Nein, das ist ein Fehlschluß, Herr Kollege Schmid.
— Sie brauchen sich nur den Herrn Bundeskanzler anzuschauen, um zu wissen, was politische Mitbestimmung ist!
— Aber, meine Damen und Herren, jetzt habe ich aus der Schule geplaudert! Das hätte ich nicht tun dürfen!