Rede von
Dr.
Adolf
Arndt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion bedauert, daß der Beamtenrechtsausschuß sich nicht den Entwurf zu eigen gemacht hat, den die Länderjustizminister unter dem Datum des 10. April einstimmig beschlossen hatten und der auch bereits die Zustimmung einiger Landesregierungen gefunden hatte. In der Ausschußberatung habe ich diesen Entwurf der Landesjustizminister zum Antrag erhoben, aber er hat leider nur die Stimmen der sozialdemokratischen Mitglieder bekommen. Der Ausschußantrag, dem auch wir dann selbstverständlich zustimmten und der ohne diese Zustimmung keine Mehrheit gefunden hätte, wird über die in jedem Fall erforderliche Gesetzgebung eines jeden Landes hinaus erst noch eine Verständigung der Länder untereinander über die Einzelheiten notwendig machen. Dies ist ein Mangel des Ausschußantrags, weshalb wir dem Entwurf der Landesjustizminister den Vorzug gegeben hätten; denn der Gesetzentwurf in der Ausschußfassung schließt die doppelte Gefahr nicht aus. daß wir entweder eine die Rechtseinheit im Justizwesen beeinträchtigende Unterschiedlichkeit in der Richterbesoldung bekommen oder daß unser Gesetz ohne Wirkung bleibt, weil die Länder sich vielleicht nicht über die Art der Ausführung einigen können.
Trotzdem begrüßen wir das Gesetz als einen Fortschritt. Es entsperrt die Regelung der Gehälter für bestimmte Gruppen der Richter und Staatsanwälte mit der einzig en Begrenzung, daß die im Gesetz bezifferten Endgrundgehälter nicht überschritten werden dürfen. Im schriftlichen Ausschußbericht ist dazu gesagt, daß die Länder nicht nur eine Erweiterung der Besoldungsstufen, sondern auch eine Änderung der Besoldungsgruppen vornehmen können. Der Sinn des Gesetzes ist also
*) Siehe Anlage 2 Seite 13832
nicht, den bisherigen Besoldungsstufen lediglich am Schluß noch eine weitere und letzte hinzuzufügen, sondern das Gesetz räumt den Ländern die Freiheit ein, insbesondere auch die Zeitspannen zwischen den Besoldungsstufen zu verkürzen und die Anfangsgehälter zu erhöhen.
Die Aufgabe des Gesetzes ist es, den Weg zu einer justizeigenen Art der Besoldungsordnung vorzubereiten, und zwar gerade zu dem Zweck, die brennenden Nachwuchssorgen der Rechtspflege zu lindern. Die Neuregelung wird den Richtern und Staatsanwälten also nicht um ihrer Person willen, auch nicht zum Zwecke einer Bevorzugung oder wegen ihrer wirtschaftlichen Lage als Gehaltsempfänger gewährt, die sie mit anderen Angehörigen des öffentlichen Dienstes teilen. Entscheidend ist vielmehr, daß es in der Gerichtsbarkeit und ähnlich auch im Erziehungswesen anders als in den hierarchisch aufgebauten Verwaltungen keine eigentlichen Laufbahnen gibt, sondern die Eingangsstelle grundsätzlich auch die Endstelle ist und sogar sein soll. Darum ist es notwendig, um der Rechtspflege willen und somit zum Nutzen von Volk und Staat zu einer justizeigenen Besoldungsart zu kommen, die am Ende mit dem Richtergesetz zu verbinden sein wird, an dessen Dringlichkeit immer wieder zu erinnern ist.
Einer allgemeinen Besoldungsreform wird durch die gegenwärtigen Notmaßnahmen nicht vorgegriffen. Wir werden darauf dringen, daß mit der Besoldungsreform für den gesamten öffentlichen Dienst ernst gemacht wird, wobei im einzelnen noch manche Verzerrungen auszugleichen sein werden, insbesondere die so unzulängliche Besoldung der Polizeibeamten. Aber die Einsicht, daß allgemein das Besoldungsrecht reformbedürftig ist, kann nicht ausschließen, dieses Gesetz als Notmaßnahme aus seinen besonderen und einzigartigen Gründen heraus zu erlassen.
Ich darf dankbar feststellen, daß der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Beamte in so großer Zahl innerhalb seiner Mitgliedschaft hat, volles Verständnis für die Erfordernisse beweist, die in der Rechtspflege und im Erziehungswesen bestehen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund weiß, daß die allgemeine Besoldungsreform dadurch weder aufgeschoben noch aufgehoben werden kann.
Anders ist leider die unverständliche Haltung des in seiner Leitung bedauerlicherweise parteipolitisch einseitigen Deutschen Beamtenbundes. In den Beratungen des Beamtenrechtsausschusses war es oft peinlich zu beobachten, wie sich eine unsachliche Einflußnahme des Deutschen Beamtenbundes bemerkbar machte. Der Herr Bundesminister der Justiz, der sonst die Organisationen, die sich die Interessenvertretung zur Aufgabe gemacht haben, so heftig anzugreifen pflegt, hätte hier ein Wort finden sollen, um die Staatsnotwendigkeit eines justizeigenen Besoldungsfortschritts zu rechtfertigen. Diese Staatsnotwendigkeit darf nicht deshalb geringer bewertet werden, weil die Richterschaft keine bei einer Wahl gewichtige Massenorganisation darstellt. Unser Gesichtspunkt, der unsere Zustimmung zu dem Gesetz begründet, ist die Unabhängigkeit der Rechtspflege, deren Verwirklichung eine Pflege der Gerichtsbarkeit voraussetzt.