Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht der Augenblick, die Frage zu klären, woher und warum Flüchtling oder Umsiedler. Aber ich muß doch, um diese scheinbar so positive Darstellung Ihrer wohlwollenden Einstellung gegenüber dem Personenkreis, um den es jetzt geht, auf das richtige Niveau zu bringen, zu diesem Problem eine Sache vortragen.
Da wird nun aus öffentlichen Mitteln etwas getan zur Förderung des Wohnungsbaus für die Umsiedler in den Aufnahmeländern. Und wie wirkt sich das in der Praxis aus? Kommt das den Umsiedlern zugute? Oder wer profitiert davon? Das ist die Frage.
Ich habe hier ein Rundschreiben in der Hand: Allgemeiner Bauverein AG in Essen — das ist unser Essener städtischer gemeinnütziger Wohnungsbauverein, Kapital fast restlos in der Hand unserer Stadt, die ihrerseits wieder in der Hand eines kleinen Ablegers von Ihrem großen Konrad ist!
Nun aus dem Inhalt dieses Briefes einige Sätze: Allgemeiner Bauverein Essen
An unsere Mitglieder!
Wir haben an der Schwanenbusch-, Vollmerstraße und Oberschlesienstraße mit dem Bau von 191 Wohnungen im Rahmen des Programms für Sowjetzonenflüchtlinge begonnen. Die Wohnungen werden in einwandfreier Form mit eingerichteten Badezimmern und Linoleumfußboden erstellt und liegen in der Miete um 1,10 DM pro qm Wohnfläche.
— Nun der entscheidende Satz, auf den es mir ankommt.
Da anzunehmen ist, daß die Sowjetzonenflüchtlinge nur zu einem geringen Teil in der Lage sind, diese Mieten zu bezahlen, besteht die Möglichkeit, einen Wohnungstausch mit den Mietern durchzuführen, die wegen der Wohnlage oder wegen der Größe der Wohnungen bereit sind, die Miete von 1,10 DM je qm zu übernehmen.
Wir haben also den immerhin eigenartigen Tatbestand, daß für einen Personenkreis, den Sie bevorzugt behandeln wollen, etwas getan wird, was in der Endauswirkung aber nun nicht diesem Personenkreis zugute kommt, Herr Kather, sondern finanzkräftigeren Essener eingestammten Bürgern, um einmal das Wort zu gebrauchen.
Sehen Sie, da liegt der Hund begraben! Wenn man nämlich den Menschen helfen und sie aus ihren zur Zeit sehr üblen Unterbringungsräumen herausholen will, dann kommt es nicht nur darauf an, ein solches, nur halbes Gesetz zu machen, sondern man muß auch dafür sorgen, daß die Mieten in einem für die Umsiedler erträglichen Verhältnis gehalten werden. Dafür zu sorgen und das durchzusetzen, das haben Sie bisher noch nicht fertiggebracht!
Nur um diesen Zwiespalt und diese Halbheit in ihrer Maßnahme aufzudecken, habe ich zu der Sache etwas gesagt. Im übrigen sind wir natürlich auch dafür, daß den Kommunen zur Durchführung der Aufgaben, die bei ihnen nun einmal entstanden sind, die notwendigen Gelder gegeben werden.